92 II 73
12. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Juni 1966 i.S. X. gegen X.
Regeste (de):
- Art. 148 Abs. 2 ZGB, Scheidungsklage nach Ablauf der Trennung.
- Dem schuldlosen, auf Scheidung beklagten Ehegatten kann nicht vorgeworfen werden, er verweigere die Wiedervereinigung, wenn der Kläger diese überhaupt nicht oder nicht ernstlich verlangt. Ein ernsthafter Wiedervereinigungsvorschlag liegt nicht vor, wenn der alleinschuldige Scheidungskläger zwar zur Wiedervereinigung bereit, aber nicht gewillt ist, sein ehewidriges Verhalten aufzugeben (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Art. 148 al. 2 CC. Divorce après la fin de la séparation de corps.
- On ne saurait faire grief à l'époux innocent, défendeur à l'action en divorce, de ce qu'il refuse de reprendre la vie commune, lorsque le demandeur ne sollicite pas cette reprise ou qu'il ne la demande pas sérieusement. Ne formule pas une proposition sérieuse de reprendre la vie commune l'époux seul coupable qui est certes prêt à cette reprise, mais qui n'est pas disposé à mettre fin à son comportement contraire aux devoirs découlant du mariage (confirmation de la jurisprudence).
Regesto (it):
- Art. 148 cpv. 2 CC. Azione di divorzio dopo la fine della separazione.
- Non si puó rimproverare al coniuge innocente, convenuto nell'azione di divorzio, di rifiutare la riconciliazione se l'attore stesso non la sollecita o non la domanda seriamente. Non formula una seria proposta di riconciliazione il coniuge solo colpevole che è si pronto alla riconciliazione, ma non peró disposto a por fine al suo comportamento contrario ai doveri matrimoniali (conferma della giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 73
BGE 92 II 73 S. 73
A.- Am 2. Juni 1960 wurde die Ehe der Parteien X. auf Begehren der Ehefrau vom Bezirksgericht in Anwendung von Art. 142
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BGE 92 II 73 S. 74
des Ehemannes auf Scheidung wurde gestützt auf Art. 142 Abs. 2 abgewiesen. Das Gericht war der Auffassung, der Beklagte sei "zum weitaus überwiegenden Teil" für das Scheitern der Ehe verantwortlich, weil er während einer langen Reihe von Jahren krass ehewidrige Verhältnisse mit andern Frauen, in der letzten Zeit namentlich mit Berta Y., unterhalten hatte.
B.- Am 18. Oktober 1963 fragte der damalige Anwalt des Ehemannes X., Dr. E., den Anwalt der Frau X., Dr. K., brieflich an, ob diese nun zu scheiden oder die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen gedenke. Am 4. November 1963 antwortete Dr. K., seine Klientin sei bereit, die Ehe wieder "aufzunehmen", und ersuchte um Mitteilung, wann X. (an den früheren Wohnort G) zurückkehren wolle, damit seine Klientin die nötigen Vorbereitungen treffen könne. Dr. E. schrieb dem Gegenanwalt hierauf am 15. Oktober 1963, sein Klient nehme von dieser Bereitschaft Kenntnis. Frau X. müsse aber darauf hingewiesen werden, dass X. als Haupt der Gemeinschaft als eheliches Domizil die Stadt A. bestimme, wo er Mieter einer einfachen Vierzimmerwohnung sei. Der Anwalt der Frau X. antwortete am 20. November, X. lebe in A. mit Berta Y. in wilder Ehe. Es sei unglaubhaft, dass er dieses Verhältnis aufgeben wolle, um mit seiner Ehefrau wieder zusammenzuleben. Wenn es ihm aber damit ernst sei, dürfe ihm zugemutet werden, wieder nach G. zurückzukehren. Die Berufung auf das Recht des Ehemannes, die eheliche Wohnung zu bestimmen, sei bei den gegebenen Verhältnissen offensichtlich rechtsmissbräuchlich.
C.- X. liess dieses Schreiben unbeantwortet. Am 20. Mai 1964 reichte er beim Bezirksgericht Scheidungsklage ein. Er stützte sich dabei auf Art. 148
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Die Beklagte begründete ihren Antrag auf Abweisung der Scheidungsklage damit, der Kläger sei an der Zerrüttung allein schuldig, und bestritt, dass sie die Wiedervereinigung unberechtigterweise verweigert habe.
BGE 92 II 73 S. 75
D.- Im Gegensatz zum Bezirksgericht hat das Kantonsgericht die Scheidungsklage abgewiesen mit der Begründung, da der Kläger der alleinschuldige Teil sei, könne er die Scheidung gemäss Art. 148 Abs. 2
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F.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers mit den Anträgen, das Urteil sei aufzuheben, die Scheidung auszusprechen und die Sache zur Beurteilung der Nebenfolgen und Neuverlegung der Kosten an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Der Kläger muss als an der tiefen Zerrüttung, auch an der heute bestehenden, ausschliesslich schuldig im Sinne von Art. 148 Abs. 1
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2. Der Ausgang der Streitsache hängt somit nur noch davon ab, ob die Beklagte die Wiedervereinigung verweigert hat oder nicht, da bejahendenfalls die Scheidung trotz der Alleinschuld des Klägers gemäss Art. 148 Abs. 2
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BGE 92 II 73 S. 76
gestellt. Es wäre aber ein Widersinn, zu unterstellen, die beklagte Partei lehne im Sinne von Art. 148 Abs. 2
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BGE 92 II 73 S. 77
beklagten Teils auszusprechen, "wenn die Aufrechterhaltungg der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des gesamten Verhaltens der Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt ist". Auf dem Wege der Rechtsprechung lässt sich de lege lata eine solche Lösung nicht verwirklichen. Es ist vielmehr EGGER, N. 9 zu Art. 147
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 48 - 1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. |
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1 | Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. |
2 | Er regelt namentlich: |
1 | die zu führenden Register und die einzutragenden Angaben; |
2 | die Verwendung der AHV-Nummer78 nach Artikel 50c des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194679 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zum Zweck des elektronischen Datenaustauschs zwischen amtlichen Personenregistern; |
3 | die Registerführung; |
4 | die Aufsicht.80 |
3 | Zur Sicherstellung eines fachlich zuverlässigen Vollzugs kann der Bundesrat Mindestanforderungen an die Aus- und Weiterbildung der im Zivilstandswesen tätigen Personen sowie an den Beschäftigungsgrad der Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamten erlassen. |
4 | Er legt die im Zivilstandswesen zu erhebenden Gebühren fest. |
5 | Er bestimmt, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, auf elektronischem Weg: |
1 | Zivilstandsfälle zu melden; |
2 | Erklärungen zum Personenstand abzugeben; |
3 | Mitteilungen und Registerauszüge zuzustellen.81 |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, II. Zivilkammer, vom 20. November 1965 bestätigt.