33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. September 1926
i. S. Kalt gegen Kalt. ZGB Art. 141, Ehescheidung wegen Geisteskrankheit: Die Klage darf erst nach Ablauf
der dreijährigen Dauer der Krankheit angebracht werden. Bestimmung des
Beginnes dieser Frist.

Die Vorinstanz hat angenommen, dass die Voraussetzung dreijähriger Dauer
der Geisteskrankheit mangle. Dieser Auffassung ist zunächst nach der
Richtung beizustimmen, dass als Anfangspunkt der Dauer der Krankheit
der Beklagten in Übereinstimmung mit den Experten nicht ein vor deren am
3. Juli 1923 erfolgter Versorgung in der Anstalt Königsfelden liegender
Zeitpunkt angesehen werden kann. Nach dem klaren Wortlaut des Art. 141
ZGB muss die Krankheit drei Jahre gedauert

Familienrecht. N° 33. 18?

haben, was von vorneherein die Anrechnung derjenigen Zeit ausschliesst,
Während welcher sich die Krankheit erst vorbereitete, ohne schon
zum Ausbruch gelangt zu sein. Ja es kommt sogar für die Bestimmung
des Anfangspunktes der dreijährigen Dauer erst ein solcher Zustand
von Geisteskrankheit in Betracht, bei welchem dem anderen Ehegatten
die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht zugemutet werden
darf. W'enn Art. 141 ZGB eingangs darauf abstellt, dass ein Ehegatte in
einen solchen Zustand von Geisteskrankheit verfallen ist, dass dem andern
die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht zugemutet werden darf,
so muss daraus geschlossen werden, einerseits dass eine leichtere Form
der Krankheit für die Anwendung des Art. 141 ZGB überhaupt unbeachtlich
ist, anderseits dass unter der von der angeführten Vorschrift später
verwendeten Bezeichnung Krankheit nichts anderes als eben ein der-art
qualifizierter Krankheitszustand verstanden werden darf. Zudem verbietet
der Zweck der Befristung, welcher n. a. darin besteht, eine voreilige
Feststellung der Sachverständigen über die Unheilbarkeit zu verhindern,
dass die Dauer der Geisteskrankheit schon von einem Zeitpunkt an
berechnet werde, da sie erst in einem leichteren, für die Anwendung
des Art. 141 ZGB ausser Betracht fallenden Grade, ja vielleicht in
einer leichteren Art auftrat, während der Zustand, zufolge welchem
dem anderen Ehegatten die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht
zugemutet werden darf, vielleicht erst seit verhältnismässig kurzer Zeit
besteht. Ist die Krankheit in ein derart qualifiziertes Stadium getreten
und hat infolgedessen die dreijährige Frist einmal zu laufen begonnen,
so steht dann freilich nichts entgegen. dass auch solche Zeiträume in
sie eingerechnet werden, zu welchen sich in der Folge vorübergehend
eine Besserung des Krankheitszustandes bemerkbar machte. Dagegen ist
nach dem Gesagten nicht erforderlich, dass die Unheilbarkeit schon vom
Anfang dieser Frist an erkenn
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 52 II 184
Datum : 25. März 1926
Publiziert : 31. Dezember 1926
Quelle : Bundesgericht
Status : 52 II 184
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. September 1926 i. S. Kalt gegen Kalt. ZGB...


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ZGB: 141
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