92 II 48
7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. März 1966 i.S. Ulrich Steinemann AG gegen Theodor Hymmen K.G.
Regeste (de):
- Erfindungspatent. Nichtigkeit. Einschränkung.
- 1. Begriff der Erfindung (Art. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt.
1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. 2 Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 3 Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 - 2. Übertragungserfindung? Fehlen einer entsprechenden Definition (Art. 51 Abs. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 51 - 1 Die Erfindung ist in einem oder mehreren Patentansprüchen zu definieren.
1 Die Erfindung ist in einem oder mehreren Patentansprüchen zu definieren. 2 Die Patentansprüche bestimmen den sachlichen Geltungsbereich des Patentes. 3 Die Beschreibung und die Zeichnungen sind zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 52 - 1 Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, und zwar:
1 Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, und zwar: a ein Verfahren; oder b ein Erzeugnis, ein Ausführungsmittel oder eine Vorrichtung; oder c eine Anwendung eines Verfahrens; oder d eine Verwendung eines Erzeugnisses. 2 Ein Patent kann mehrere unabhängige Patentansprüche umfassen, wenn sie eine Gruppe von Erfindungen definieren, die untereinander so verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen. - 3. Einschränkung des Patentes wegen Teilnichtigkeit (Art. 27
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 27 - 1 Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken.
1 Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. 2 Der Richter hat den Parteien Gelegenheit zu geben, sich zu der von ihm in Aussicht genommenen Neufassung des Patentanspruches zu äussern; er kann überdies die Vernehmlassung des IGE einholen. 3 Artikel 25 ist entsprechend anwendbar. SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 24 - 1 Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt:
1 Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: a einen Patentanspruch (Art. 51 und 55) aufzuheben; oder b einen unabhängigen Patentanspruch durch Zusammenlegung mit einem oder mehreren von ihm abhängigen Patentansprüchen einzuschränken; oder c einen unabhängigen Patentanspruch auf anderem Weg einzuschränken; in diesem Fall muss der eingeschränkte Patentanspruch sich auf die gleiche Erfindung beziehen und eine Ausführungsart definieren, die in der veröffentlichten Patentschrift und in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung des Patentgesuches vorgesehen ist. 2 ...67
Regeste (fr):
- Brevet d'invention. Nullité. Limitation.
- 1. Définition de l'invention (art. 1 LBI). Critères de la nouveauté, du progrès technique et du niveau de l'invention (consid. 2).
- 2. Invention consistant dans la transposition d'un procédé d'un domaine dans un autre (invention dite d'adaptation ou de transposition)? Absence d'une définition dans la revendication (art. 51 al. 1, 52 al. 1 LBI; consid. 3). Niveau insuffisant de l'invention (consid. 4).
- 3. Limitation du brevet entaché de nullité partielle (art. 27 et 24 al. 1 litt. c LBI)? La rédaction nouvelle de la revendication ne doit pas viser une invention qui n'est pas mentionnée dans l'exposé publié (consid. 6 a). Niveau suffisant de l'invention consistant dans une combinaison de procédés et définie dans la nouvelle revendication? (consid. 6 b).
Regesto (it):
- Brevetto d'invenzione. Nullità. Limitazione.
- 1. Nozione di invenzione (art. 1 LBI). Criteri della novità, del progresso tecnico e del grado inventivo (consid. 2).
- 2. Invenzione consistente nella trasposizione di un procedimento conosciuto in un campo nuovo? Assenza d'una corrispondente definizione (art. 51 cpv. 1, 52 cpv. 1 LBI; consid. 3). Mancanza del grado inventivo (consid. 4).
- 3. Limitazione del brevetto a causa di nullità parziale (art. 27 e 24 cpv. 1 lett. c LBI)? La rivendicazione, nella sua nuova redazione, non deve riferirsi a una invenzione che non è stata menzionata nell'esposto pubblicato (consid. 6 a). Grado inventivo dell'invenzione consistente in una combinazione di procedimenti, definita nella nuova rivendicazione? (consid. 6 b).
Sachverhalt ab Seite 49
BGE 92 II 48 S. 49
A.- Die Ulrich Steinemann AG in St. Gallen ist als Rechtsnachfolgerin des Erfinders Walter Zehnder Inhaberin des am 26. Januar 1955 angemeldeten und am 15. Juli 1959 eingetragenen schweizerischen Hauptpatentes Nr. 339'840 für eine "Vorrichtung zum Auftragen von Lackschichten". Die An sprüche lauten gemäss Patentschrift: "Patentanspruch Vorrichtung zum Auftragen von Lackschichten, bei der der Lack durch eine schlitzförmige Öffnung eines Lackbehälters auf ein bewegtes, mit der Lackschicht zu überziehendes Objekt ausfliesst, dadurch gekennzeichnet, dass der Schlitzgiesser in einer solchen Höhe über dem zu überziehenden Gegenstand angeordnet und die Schlitzweite so gewählt ist, dass sich ein frei fallender Lackschleier ausbildet.
BGE 92 II 48 S. 50
Unteransprüche
1. Vorrichtung nach Patentanspruch, gekennzeichnet durch zwei sich zu beiden Seiten des Schlitzgiessers erstreckende Förderbänder für die zu lackierenden Gegenstände, zwischen denen unterhalb des Schlitzgiessers eine mit einem Vorratsbehälter für den Lack verbundene Auffangrinne für den Lack angeordnet ist, 2. Vorrichtung nach Patentanspruch und Unteranspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Förderpumpe den Lack vom Vorratsbehälter in den Schlitzgiesser fördert und dass dieser einen Überlauf zum Vorratsbehälter hat. 3. Vorrichtung nach Patentanspruch und Unteranspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Höhe des Schlitzgiessers über den Förderbändern und die Höhe des Überlaufes am Schlitzgiesser einstellbar sind." Unter Benützung dieses Patentes stellt die Ulrich Steinemann AG Maschinen zum Lackieren von Werkstücken (insbesondere Möbelteilen) her, die wie folgt arbeiten: zwei waagrechte gleichlaufende Förderbänder, von denen das eine dem andern in der Laufrichtung mit einem gewissen Abstand folgt, führen die Werkstücke unter einem über der Lücke zwischen den Förderbändern angebrachten Lackbehälter hindurch, der den Lack aus einem quer zur Förderbahn verlaufenden waagrechten Schlitz in Form eines dichten, beim Niederfallen sich verdünnenden Schleiers ausfliessen lässt. Die Weite des Schlitzes und die Höhe des Lackbehälters werden so eingestellt, dass der Schleier, auf das zweckmässige Mass verdünnt, mit einer der Laufgeschwindigkeit der Förderbänder entsprechenden Fallgeschwindigkeit auf die zu lackierenden Gegenstände trifft. So entsteht auf diesen Gegenständen eine gleichmässige, von Rissen und Stauungen freie Lackschicht von der gewünschten Dicke. Der nicht auf diese Gegenstände fallende Lack wird durch eine zwischen den Förderbändern liegende Auffangrinne gesammelt.
B.- Die Theodor Hymmen K.G. in Bielefeld (Deutschland) stellt gleichartige Maschinen her und lieferte mindestens eine solche in die Schweiz. Von der Ulrich Steinemann AG mit einer am 16. Februar 1961 beim Handelsgericht des Kantons Zürich eingereichten Klage wegen Patentverletzung belangt, erhob sie Widerklage auf Nichtigerklärung des Patentes Nr. 339'840. Das Handelsgericht verwies dieses Begehren in ein selbständiges Verfahren mit der Theodor Hymmen K.G. als
BGE 92 II 48 S. 51
Klägerin und der Ulrich Steinemann AG als Beklagter. Nach Einholung eines Gutachtens erklärte es das streitige Patent mit Urteil vom 21. September 1965 für nichtig. Die von den Sachverständigen vorgeschlagene und vom Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum als zulässig erachtete Einschränkung des Patentes lehnte es ab.
C.- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit den Anträgen, die Nichtigkeitsklage abzuweisen, eventuell das streitige Patent (nötigenfalls nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens) "durch folgende Fassung des Patentanspruches teilweise zu vernichten: Vorrichtung zum Auftragen von Lackschichten, bei der der Lack durch eine schlitzförmige Öffnung eines Lackbehälters auf ein bewegtes mit der Lackschicht zu überziehendes Objekt in Form eines freifallenden Schleiers ausfliesst, dadurch gekennzeichnet, dass der Schlitzgiesser in seiner Höhe über dem zu überziehenden Gegenstand einstellbar angeordnet und die Schlitzbreite wählbar ist." Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung
1. Das streitige Patent wurde vor dem Inkrafttreten des revidierten Patentgesetzes vom 25. Juni 1954 (1. Januar 1956) angemeldet, aber erst nachher erteilt. Daher unterliegt es in jeder Beziehung diesem Gesetze (Gegenschluss aus Art. 112
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 24 - 1 Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: |
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1 | Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: |
a | einen Patentanspruch (Art. 51 und 55) aufzuheben; oder |
b | einen unabhängigen Patentanspruch durch Zusammenlegung mit einem oder mehreren von ihm abhängigen Patentansprüchen einzuschränken; oder |
c | einen unabhängigen Patentanspruch auf anderem Weg einzuschränken; in diesem Fall muss der eingeschränkte Patentanspruch sich auf die gleiche Erfindung beziehen und eine Ausführungsart definieren, die in der veröffentlichten Patentschrift und in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung des Patentgesuches vorgesehen ist. |
2 | ...67 |
2. Nach Art. 26 Abs. 1 Ziff. 1
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 26 - 1 Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn: |
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1 | Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn: |
a | der Gegenstand des Patents nach den Artikeln 1, 1a, 1b und 2 nicht patentierbar ist; |
b | die Erfindung in der Patentschrift nicht so dargelegt ist, dass der Fachmann sie ausführen kann; |
c | der Gegenstand des Patents über den Inhalt des Patentgesuchs in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgeht; |
d | der Patentinhaber weder der Erfinder noch dessen Rechtsnachfolger ist noch aus einem andern Rechtsgrund ein Recht auf das Patent hatte.69 |
2 | Ist ein Patent unter Anerkennung einer Priorität erteilt worden und hat die Anmeldung, deren Priorität beansprucht ist, nicht zum Patent geführt, so kann der Richter vom Patentinhaber verlangen, die Gründe anzugeben und Beweismittel vorzulegen; wird die Auskunft verweigert, so würdigt dies der Richter nach freiem Ermessen.70 |
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 50 - 1 Die Erfindung ist im Patentgesuch so darzulegen, dass der Fachmann sie ausführen kann.120 |
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1 | Die Erfindung ist im Patentgesuch so darzulegen, dass der Fachmann sie ausführen kann.120 |
2 | ...121 |
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
BGE 92 II 48 S. 52
dem durchschnittlich gut ausgebildeten Fachmann nahelegte, sondern auf einer schöpferischen Leistung beruht, die über eine solche Fortentwicklung hinausgeht (BGE 85 II 138 ff. mit Hinweisen, BGE 85 II 513, BGE 89 II 109 und 167). Als neu gilt eine Erfindung gemäss Art. 7 Abs. 1
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 7 - 1 Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. |
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1 | Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. |
2 | Den Stand der Technik bildet alles, was vor dem Anmelde- oder dem Prioritätsdatum der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. |
3 | In Bezug auf die Neuheit umfasst der Stand der Technik auch den Inhalt einer früheren oder prioritätsälteren Anmeldung für die Schweiz in der ursprünglich eingereichten Fassung, deren Anmelde- oder Prioritätsdatum vor dem in Absatz 2 genannten Datum liegt und die erst an oder nach diesem Datum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, sofern: |
a | im Falle einer internationalen Anmeldung die Voraussetzungen nach Artikel 138 erfüllt sind; |
b | im Falle einer europäischen Anmeldung, die aus einer internationalen Anmeldung hervorgegangen ist, die Voraussetzungen nach Artikel 153 Absatz 5 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973 in seiner revidierten Fassung vom 29. November 200017 erfüllt sind; |
c | im Falle einer europäischen Anmeldung die Gebühren nach Artikel 79 Absatz 2 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973 in seiner revidierten Fassung vom 29. November 2000 für die wirksame Benennung der Schweiz entrichtet wurden.18 |
BGE 92 II 48 S. 53
Als erfinderisch betrachtet sie am streitigen Patent in seiner gegenwärtigen Fassung nur noch den Gedanken, eine auf dem Gebiet der Tonwaren- und der Konservenbüchsenindustrie bereits bekannte Lösung auf das Gebiet der Möbelindustrie zu übertragen. Sie geht also heute selber davon aus, dass der Patentanspruch und die Unteransprüche ihres Patentes eine an sich bekannte Lösung verwerten und abgesehen vom Übertragungsgedanken nichts enthalten, was als patentwürdige Erfindung gelten könnte. In der Tat ist die durch den Patentanspruch und die Unteransprüche definierte Vorrichtung als solche angesichts des Standes der Technik zur Zeit der Patentanmeldung (besonders im Hinblick auf die deutschen Patentschriften Nr. 156'267 und 716'829 und die britische Patentschrift Nr. 250'400) auf jeden Fall mangels Erfindungshöhe nicht schützbar. Es bleibt daher nur zu prüfen, ob eine patentwürdige Übertragungserfindung vorliege.
3. Die Beklagte erblickt die nach ihrer Auffassung vorliegende Übertragungserfindung in der Verwendung einer bestimmten Vorrichtung auf einem Gebiet, wo sie bisher nicht verwendet wurde. Der Patentbewerber hat nach Art. 51 Abs. 1
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 51 - 1 Die Erfindung ist in einem oder mehreren Patentansprüchen zu definieren. |
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1 | Die Erfindung ist in einem oder mehreren Patentansprüchen zu definieren. |
2 | Die Patentansprüche bestimmen den sachlichen Geltungsbereich des Patentes. |
3 | Die Beschreibung und die Zeichnungen sind zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. |
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 52 - 1 Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, und zwar: |
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1 | Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, und zwar: |
a | ein Verfahren; oder |
b | ein Erzeugnis, ein Ausführungsmittel oder eine Vorrichtung; oder |
c | eine Anwendung eines Verfahrens; oder |
d | eine Verwendung eines Erzeugnisses. |
2 | Ein Patent kann mehrere unabhängige Patentansprüche umfassen, wenn sie eine Gruppe von Erfindungen definieren, die untereinander so verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen. |
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 52 - 1 Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, und zwar: |
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1 | Jeder unabhängige Patentanspruch darf nur eine einzige Erfindung definieren, und zwar: |
a | ein Verfahren; oder |
b | ein Erzeugnis, ein Ausführungsmittel oder eine Vorrichtung; oder |
c | eine Anwendung eines Verfahrens; oder |
d | eine Verwendung eines Erzeugnisses. |
2 | Ein Patent kann mehrere unabhängige Patentansprüche umfassen, wenn sie eine Gruppe von Erfindungen definieren, die untereinander so verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen. |
BGE 92 II 48 S. 54
Überziehen fester Gegenstände mit einer Lackschicht, insbesondere von Möbelteilen mit unebener Oberfläche"). Mit dieser Fassung der Ansprüche und der zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Beschreibung bekundete der Patentbewerber geradezu, dass er den erfinderischen Gedanken nicht in der Verwendung der Vorrichtung auf einem neuen Gebiet sah, sondern dass er die Vorrichtung als solche geschützt wissen wollte, gleichgültig in welchem Gewerbezweig sie verwendet werde. Das streitige Patent kann daher schon mangels entsprechender Definition der Erfindung nicht als Patent für die von der Beklagten behauptete Übertragungserfindung Bestand haben.
4. Die streitige Erfindung als Übertragungserfindung zu schützen, wäre auch dann nicht möglich, wenn der Patentanspruch zum Ausdruck brächte, dass der erfinderische Gedanke in der Verwendung der Vorrichtung auf einem neuen Gebiet liege. Die Übertragung einer vorbekannten Lösung auf neue Gebiete stellt in der Regel nicht eine patentwürdige Erfindung dar, sondern gehört zu den Vorkehren, die der Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann nahelegt (vgl. BLUM/PEDRAZZINI, Anm. 33 zu Art. 1
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
Die Aufgabe, eine bessere Vorrichtung für das Lackieren von Möbelteilen zu finden, stellte sich nicht in erster Linie dem Fachmann der Möbelindustrie, sondern jenem der Technik des Auftragens von Farben und Begussmassen auf die verschiedensten festen Gegenstände. Für einen Fachmann dieser - u.a. von der Maschinenindustrie gepflegten - Technik lag es nahe, die Lösungen, die für das Überziehen von stark profilierten Tonwaren, von Konservenbüchsen, Ziegeln und ähnlichen Gegenständen mit Glasur oder Lack gefunden worden waren (vgl. die erwähnten ausländischen Patentschriften), auf das Überziehen anderer Gegenstände, insbesondere auf das Lackieren unebener Möbelteile, zu übertragen. Dass dieser Übertragung Bedenken der Fachwelt entgegengestanden hätten (vgl. REIMER, 2. Aufl. 1958, Anm. 36 zu § 1 des deutschen PatG, S. 36), behauptet die Beklagte selber nicht. Der Übertragungsgedanke
BGE 92 II 48 S. 55
war also nicht erfinderisch. Daran ändert nichts, dass nicht ein Fachmann des massgebenden Zweiges der Technik, sondern ein Schreiner das Patent anmeldete und dass die damit vorgeschlagene Lösung im Bereich der Möbelindustrie zu einem erheblichen technischen Fortschritt führte. Der Umstand, dass die Verwendung der fraglichen Lösung im Gebiet dieser Industrie lange auf sich warten liess, vermag den Schluss, dass dem Übertragungsgedanken die Erfindungshöhe fehlte, nicht zu widerlegen. Diese Verzögerung kann auf blosse Untätigkeit, auf das Festhalten am Bisherigen oder - wie die Klägerin mit Recht bemerkte - auch auf die Entwicklung des Möbelstils und der Lackfabrikation zurückzuführen sein. Auch der Verwirklichung des erwähnten Gedankens standen keine Schwierigkeiten im Weg, die nicht jeder durchschnittlich ausgebildete Fachmann der Technik des Lackierens überwinden konnte.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer patentwürdigen Übertragungserfindung sind also nicht gegeben.
5. Kann das streitige Patent in seiner heute vorliegenden Fassung aus den angeführten Gründen nicht geschützt werden, so kann dahingestellt bleiben, ob es, wie das Handelsgericht angenommen hat, auch mangels einer die Ausführung durch den Fachmann erlaubenden Darlegung der Erfindung durch die Patentschrift (Art. 26 Abs. 1 Ziff. 3
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 26 - 1 Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn: |
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1 | Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn: |
a | der Gegenstand des Patents nach den Artikeln 1, 1a, 1b und 2 nicht patentierbar ist; |
b | die Erfindung in der Patentschrift nicht so dargelegt ist, dass der Fachmann sie ausführen kann; |
c | der Gegenstand des Patents über den Inhalt des Patentgesuchs in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgeht; |
d | der Patentinhaber weder der Erfinder noch dessen Rechtsnachfolger ist noch aus einem andern Rechtsgrund ein Recht auf das Patent hatte.69 |
2 | Ist ein Patent unter Anerkennung einer Priorität erteilt worden und hat die Anmeldung, deren Priorität beansprucht ist, nicht zum Patent geführt, so kann der Richter vom Patentinhaber verlangen, die Gründe anzugeben und Beweismittel vorzulegen; wird die Auskunft verweigert, so würdigt dies der Richter nach freiem Ermessen.70 |
6. Zu prüfen bleibt, ob das angefochtene Patent gemäss dem Eventualantrag der Beklagten in Anwendung von Art. 27
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 27 - 1 Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. |
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1 | Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. |
2 | Der Richter hat den Parteien Gelegenheit zu geben, sich zu der von ihm in Aussicht genommenen Neufassung des Patentanspruches zu äussern; er kann überdies die Vernehmlassung des IGE einholen. |
3 | Artikel 25 ist entsprechend anwendbar. |
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 24 - 1 Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: |
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1 | Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: |
a | einen Patentanspruch (Art. 51 und 55) aufzuheben; oder |
b | einen unabhängigen Patentanspruch durch Zusammenlegung mit einem oder mehreren von ihm abhängigen Patentansprüchen einzuschränken; oder |
c | einen unabhängigen Patentanspruch auf anderem Weg einzuschränken; in diesem Fall muss der eingeschränkte Patentanspruch sich auf die gleiche Erfindung beziehen und eine Ausführungsart definieren, die in der veröffentlichten Patentschrift und in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung des Patentgesuches vorgesehen ist. |
2 | ...67 |
BGE 92 II 48 S. 56
gewählt ..."). Der Patentschrift lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass die Kombination dieser beiden Elemente die Erfindung ausmache oder zu ihr gehöre. Die Sachverständigen schlagen also nicht eine Einschränkung der angefochtenen Patentansprüche vor, sondern deren Ersetzung durch einen Anspruch, der eine in der Patentschrift nicht erwähnte Erfindung definiert. Eine solche Änderung ist nach Art. 27
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 27 - 1 Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. |
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1 | Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken. |
2 | Der Richter hat den Parteien Gelegenheit zu geben, sich zu der von ihm in Aussicht genommenen Neufassung des Patentanspruches zu äussern; er kann überdies die Vernehmlassung des IGE einholen. |
3 | Artikel 25 ist entsprechend anwendbar. |
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SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 24 - 1 Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: |
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1 | Der Patentinhaber kann auf das Patent teilweise verzichten, indem er beim IGE den Antrag stellt: |
a | einen Patentanspruch (Art. 51 und 55) aufzuheben; oder |
b | einen unabhängigen Patentanspruch durch Zusammenlegung mit einem oder mehreren von ihm abhängigen Patentansprüchen einzuschränken; oder |
c | einen unabhängigen Patentanspruch auf anderem Weg einzuschränken; in diesem Fall muss der eingeschränkte Patentanspruch sich auf die gleiche Erfindung beziehen und eine Ausführungsart definieren, die in der veröffentlichten Patentschrift und in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung des Patentgesuches vorgesehen ist. |
2 | ...67 |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 21. September 1965 bestätigt.