Urteilskopf

90 II 359

42. Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. November 1964 i.S. A. und Th. Zanoni gegen Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 360

BGE 90 II 359 S. 360

A.- Alois Schwegler verkaufte am 9. April 1958 seiner Ehefrau Claire geb. Zanoni und seinen minderjährigen Kindern Alois und Thomas seine in Luzern gelegenen Grundstücke zu je einem Drittel Miteigentum. Der Kaufpreis war gleich den auf den einzelnen Grundstücken lastenden Grundpfandschulden bzw. dem Betrag der Katasterschätzung. Im Jahre 1960 schied das Bezirksgericht Zürich die Ehe Schwegler-Zanoni und wies die beiden Kinder der Mutter zu. Es genehmigte die Vereinbarung der Parteien über die Nebenfolgen. Danach verpflichtete sich Schwegler zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je Fr. 250.-- an die beiden Kinder bis je zum vollendeten 20. Altersjahr. Die Reinerträgnisse aus den erwähnten Liegenschaften sind an diese Unterhaltsbeiträge anzurechnen. Ausserdem anerkannte Schwegler die Pflicht zur Leistung monatlicher Zahlungen im Sinne von Art. 151
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:500
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504
und 152
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:500
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504
ZGB ohne zahlenmässige Bestimmung; es wurde erklärt, durch die Übereignung jener Liegenschaften, an denen die Ehefrau einen Miteigentumsanteil von einem Drittel hatte, seien
BGE 90 II 359 S. 361

jene Leistungen abgegolten und das eingebrachte Gut, Ersatzansprüche und Vorschlag ausgeglichen.
B.- Steuerbetreibungen gegen Alois Schwegler führten zur Ausstellung von Verlustscheinen. Gestützt hierauf erhoben die steuerfordernden Gemeinwesen gegen Frau Zanoni und die beiden Söhne am 18. Juli 1963 beim Amtsgericht Luzern-Stadt eine Anfechtungsklage im Sinne der Art. 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:500
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504
. SchKG mit den Begehren, die Kaufverträge betreffend die erwähnten Liegenschaften seien als anfechtbar bzw. als nichtig zu erklären, und es seien die Grundstücke, eventuell deren Gegenwert bis zur vollen Deckung der Forderungen der Kläger "in den Pfandnexus der Betreibungen..." einzubeziehen; eventuell hätten die Beklagten mit solidarischer Verpflichtung den entsprechenden Betrag zu zahlen.
C.- Am 17. Dezember 1963 wurde in Steuerbetreibungen gegen Alois Schwegler eine neue Pfändung vollzogen, die wiederum ungenügende Deckung ergab. An diese Pfändung schlossen sich Frau Zanoni und Kinder gemäss Art. 111 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 111 - 1 An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1    An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1  der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners;
2  die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis und volljährige Personen für Forderungen aus einem Vorsorgeauftrag (Art. 360-369 ZGB232);
3  die volljährigen Kinder und die Grosskinder des Schuldners für die Forderungen aus den Artikeln 334 und 334bis ZGB;
4  der Pfründer des Schuldners für seine Ersatzforderung nach Artikel 529 OR234.
2    Die Personen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 2 können ihr Recht nur geltend machen, wenn die Pfändung während der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft, des elterlichen Verhältnisses oder der Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags oder innert eines Jahres nach deren Ende erfolgt ist; die Dauer eines Prozess- oder Betreibungsverfahrens wird dabei nicht mitgerechnet. Anstelle der Kinder oder einer Person unter einer Massnahme des Erwachsenenschutzes kann auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Anschlusserklärung abgeben.235
3    Soweit dem Betreibungsamt anschlussberechtigte Personen bekannt sind, teilt es diesen die Pfändung durch uneingeschriebenen Brief mit.
4    Das Betreibungsamt gibt dem Schuldner und den Gläubigern von einem solchen Anspruch Kenntnis und setzt ihnen eine Frist von zehn Tagen zur Bestreitung.
5    Wird der Anspruch bestritten, so findet die Teilnahme nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung statt, und der Ansprecher muss innert 20 Tagen beim Gericht des Betreibungsortes klagen; nutzt er die Frist nicht, so fällt seine Teilnahme dahin. ...236
SchKG mit verschiedenen Forderungen an für den Fall, dass die gegen sie in Luzern angehobene Anfechtungsklage gutgeheissen würde. Frau Zanoni macht in diesem Verfahren für sich Unterhalts- und güterrechtliche Ansprüche und für die beiden Söhne die gemäss Scheidungsvereinbarung festgesetzten Unterhaltsleistungen von monatlich je Fr. 250.-- auf ihre gesamte Laufdauer im Betrage von Fr. 36'000.-- für Alois und Fr. 45'000.-- für Thomas nebst 5% Zins je seit Verfall geltend.
D.- Am 27. Januar 1964 stellten die durch ihre Mutter vertretenen Söhne Alois und Thomas Zanoni beim Stadtrat von Luzern das Gesuch, es sei ihnen in der Anschlusspfändung gegen den Vater Alois Schwegler und in dem gegen sie von Staat und Gemeinden angehobenen Anfechtungsprozess ein Beistand zu ernennen. Sie beriefen sich auf Art. 392 Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
ZGB und machten geltend, es bestehe zwischen der Inhaberin der elterlichen Gewalt und ihnen
BGE 90 II 359 S. 362

eine Interessenkollision, so dass sie in den zwei Verfahren einer besondern Vertretung durch einen Beistand bedürften.
E.- Der Regierungsstatthalter des Amtes Luzern hat das Gesuch abgewiesen, ebenso durch Entscheid vom 13. Juli 1964 der Regierungsrat des Kantons Luzern den von den Gesuchstellern eingereichten Rekurs. F. - Mit vorliegender Berufung halten die Gesuchsteller am Begehren um Beistandsernennung fest. Der Antrag des Regierungsrates geht auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 44
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 44 - 1 Die Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamten erfüllen insbesondere folgende Aufgaben:
1    Die Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamten erfüllen insbesondere folgende Aufgaben:
1  Sie führen die Register.
2  Sie erstellen die Mitteilungen und Auszüge.
3  Sie führen das Vorbereitungsverfahren der Eheschliessung durch und vollziehen die Trauung.
4  Sie nehmen Erklärungen zum Personenstand entgegen.
2    Der Bundesrat kann ausnahmsweise eine Vertreterin oder einen Vertreter der Schweiz im Ausland mit diesen Aufgaben betrauen.
ist die Berufung zulässig... "in folgenden Fällen:... c) Entmündigung und Anordnung einer Beistandschaft (Art. 369
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 369 - 1 Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
1    Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
2    Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann.
3    Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde.
-372
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 372 - 1 Ist die Patientin oder der Patient urteilsunfähig und ist nicht bekannt, ob eine Patientenverfügung vorliegt, so klärt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt dies anhand der Versichertenkarte ab. Vorbehalten bleiben dringliche Fälle.
1    Ist die Patientin oder der Patient urteilsunfähig und ist nicht bekannt, ob eine Patientenverfügung vorliegt, so klärt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt dies anhand der Versichertenkarte ab. Vorbehalten bleiben dringliche Fälle.
2    Die Ärztin oder der Arzt entspricht der Patientenverfügung, ausser wenn diese gegen gesetzliche Vorschriften verstösst oder wenn begründete Zweifel bestehen, dass sie auf freiem Willen beruht oder noch dem mutmasslichen Willen der Patientin oder des Patienten entspricht.
3    Die Ärztin oder der Arzt hält im Patientendossier fest, aus welchen Gründen der Patientenverfügung nicht entsprochen wird.
, 392
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
-395
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 395 - 1 Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen.
1    Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen.
2    Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen oder die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt.
3    Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen.
4    ...480
ZGB) sowie Aufhebung dieser Verfügungen". Das will nicht besagen, der Berufung unterliege nur ein diese Massnahmen oder deren Aufhebung (gemäss einem dahingehenden Gesuch) aussprechender Entscheid. Vielmehr ist, wie die Berufungskläger in zutreffender Weise geltend machen, gleichermassen ein das Gesuch abweisender Entscheid anfechtbar, wie bereits unter der Herrschaft des alten OG (zu dessen Art. 86 Ziff. 3) ausgesprochen worden ist (BGE 50 II 97für die Ablehnung einer Entmündigung,BGE 59 I 159ausserdem für die Ablehnung einer Beistandschaft). So ist auch Art. 44 lit. c des geltenden OG auszulegen (vgl. BIRCHMEIER, N. 10, b zu Art. 44
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 395 - 1 Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen.
1    Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen.
2    Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen oder die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt.
3    Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen.
4    ...480
OG).
2. In der Sache selbst sind die beiden Verfahren ins Auge zu fassen, in denen nach Ansicht der Berufungskläger eine die Beistandsernennung rechtfertigende Interessenkollision besteht: a) Betreibungsverfahren gegen den Vater Alois Schwegler. In dieser Betreibung haben die Gesuchsteller und deren Mutter den Pfändungsanschluss erklärt für familienrechtliche Forderungen, die ihnen gegen den Schuldner zustehen
BGE 90 II 359 S. 363

würden, wenn sie im Anfechtungsprozess unterliegen sollten. Zur Wahrung der Klagefrist hat der Vertreter der Gesuchsteller und ihrer Mutter Klage um Anschluss an die Pfändung erhoben für den Fall, dass letzteres geschehen sollte. Angesichts der Abhängigkeit dieser Klage vom Ausgang des Anfechtungsprozesses hat der zuständige Einzelrichter das Verfahren sistiert bis zur rechtskräftigen Erledigung der Anfechtungsklage. Bezüglich des Pfändungsanschlusses ist somit einstweilen nichts vorzukehren und wird je nach dem Ausgang des Anfechtungsprozesses auch in Zukunft nie etwas zu unternehmen sein. Somit erweist sich das Gesuch in dieser Hinsicht jedenfalls als verfrüht. Es wäre sinnlos, einen Beistand zu ernennen in einer Angelegenheit, von der man nicht einmal weiss, ob sie überhaupt jemals in einer praktisch bedeutsamen Weise in Gang kommen wird. Schon deshalb ist der angefochtene Entscheid in diesem Punkte zu bestätigen, so dass sich die Prüfung der vom Regierungsrat verneinten Frage erübrigt, ob gegebenenfalls eine Interessenkollision bestehen wird. b) Anfechtungsprozess. In diesem Prozesse haben die Gesuchsteller und ihre Mutter dasselbe Interesse, die Abweisung der Klage zu erwirken, also den Zugriff auf die ihnen im Jahre 1958 vom Schuldner übertragenen Grundstücke abzuwehren. Indessen soll nach Ansicht der Gesuchsteller bei Gutheissung der Anfechtungsklage ein Konflikt zwischen ihren Interessen und denjenigen ihrer Mutter entstehen, weil im Anfechtungsprozesse sie sowohl wie auch ihre Mutter für den Fall eines solchen Prozessausganges einredeweise die nämlichen Ansprüche aus Elternrecht bzw. Ehescheidungs- und Ehegüterrecht geltend gemacht hätten, die anderseits den Gegenstand ihres Pfändungsanschlusses bilden. Mit Bezug auf diese Forderungen bestehe somit in beiden Verfahren die gleiche Interessenkollision. Dieser Betrachtungsweise ist nicht beizustimmen. Im Anfechtungsprozesse kann über die in Frage stehenden, für den Fall der Gutheissung der Anfechtungsklage geltend
BGE 90 II 359 S. 364

gemachten Forderungen nicht entschieden werden. Eine Einrede im wahren Sinn des Wortes lässt sich aus den bei Gutheissung der Anfechtungsklage wieder auflebenden Forderungen der Anfechtungsbeklagten unmöglich herleiten. Es kann sich bloss um die Geltendmachung eines Vorbehaltes handeln, wie er nach Art. 291 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 291 - 1 Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
1    Wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung Vermögen des Schuldners erworben hat, ist zur Rückgabe desselben verpflichtet. Die Gegenleistung ist zu erstatten, soweit sie sich noch in den Händen des Schuldners befindet oder dieser durch sie bereichert ist. Darüber hinaus kann ein Anspruch nur als Forderung gegen den Schuldner geltend gemacht werden.
2    Bestand die anfechtbare Rechtshandlung in der Tilgung einer Forderung, so tritt dieselbe mit der Rückerstattung des Empfangenen wieder in Kraft.
3    Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung ist nur bis zum Betrag seiner Bereicherung zur Rückerstattung verpflichtet.
SchKG ohnehin gilt: des Vorbehaltes der ausserhalb des Anfechtungsprozesses erfolgenden Beurteilung der in Frage stehenden Forderungen und der Berücksichtigung des darauf entfallenden Anteils am Erlös der Verwertung der Grundstücke gestützt auf Anschlusspfändung. Freilich kann unter Umständen im Anfechtungsprozesse die eventuell wieder auflebende Forderung zur Verrechnung gebracht werden (so im Konkurse, wenn sie bereits rechtskräftig kolloziert ist, vgl. das Kreisschreiben Nr. 10 des Bundesgerichts vom 9. Juli 1915,BGE 41 III 240ff.; fernerBGE 79 III 31ff. und BGE 83 III 43 ff.; jedoch nicht, wenn die Kollokationsverfügung noch nachgeholt werden muss, vgl. BGE 89 III 21 ff. Erw. 5). Ob unter Umständen auch bei einer Anfechtung ausserhalb des Konkursverfahrens der auf die eventuell wieder auflebende Forderung entfallende Verwertungsanteil im Urteil über die Anfechtungsklage zur Verrechnung gebracht werden könne, ist hier nicht näher zu prüfen. Im vorliegenden Falle fehlt es an der ersten Voraussetzung dafür: Gegenstand der Anfechtung und demgemäss auch der bei Gutheissung der Klage Platz greifenden Rückgewähr ist die Veräusserung von Grundstücken, die, wie nicht bestritten ist, noch im Eigentum der Anfechtungsbeklagten, also der heutigen Gesuchsteller und ihrer Mutter, stehen. Bei dieser Sachlage fällt das auf Ersatzleistung gehende Eventualbegehren der Anfechtungsklage ausser Betracht, und daher ist eine Verrechnungseinrede von vornherein ausgeschlossen. Im Falle der Gutheissung der Anfechtungsklage bleibt den Beklagten aber das Recht gewahrt, sich der Pfändung der Grundstücke mit ihren Forderungen anzuschliessen und, soweit diese anerkannt werden oder sich in einem Pfändungsanschlussprozess als
BGE 90 II 359 S. 365

begründet erweisen, zu gegebener Zeit am Erlöse teilzunehmen (vgl.BGE 67 III 174). Endlich nehmen die Gesuchsteller den Standpunkt ein, es sollte ihnen, wenn nicht aus andern Gründen, so doch im Hinblick auf einen allfälligen Vergleichsabschluss im Anfechtungsprozess ein Beistand als besonderer Vertreter beigegeben werden. Es ist jedoch nicht die Rede von bereits angebahnten oder bevorstehenden Vergleichsverhandlungen. Das Gesuch um Beistandsernennung ist also auch in dieser Hinsicht verfrüht. Sollte es zu Vergleichsverhandlungen im Anfechtungsprozesse kommen und dabei auch über die in Frage stehenden Forderungen der Gesuchsteller eine Einigung angestrebt werden, so wäre dann allerdings zu prüfen, ob die Gesuchsteller zur Wahrung ihrer Interessen (insbesondere zur Sicherung der ihnen im Scheidungsprozesse zuerkannten Unterhaltsbeiträge) eines behördlich zu ernennenden Beistandes bedürfen.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 13. Juli 1964 bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 90 II 359
Date : 26. November 1964
Published : 31. Dezember 1964
Source : Bundesgericht
Status : 90 II 359
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Beistandschaft. Berufung an das Bundesgericht. 1. Zulässigkeit der Berufung an das Bundesgericht nach Art. 44 lit. c OG


Legislation register
OG: 44
SchKG: 111  285  291
ZGB: 44  151  152  369  372  392  395
BGE-register
67-III-169 • 83-III-43 • 89-III-14 • 90-II-359
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
action of opposition • bankruptcy proceeding • cantonal council • certificate of loss • co-ownership share • coverage • debt enforcement • debtor • decision • defendant • dismissal • estate brought in • evaluation • examination • father • federal court • hamlet • intention • interest • joint ownership • judge sitting alone • legal demand • maintenance obligation • marriage • meadow • month • mother • municipality • nullity • number • outside • parental authority • petitioner • property • prosecutional dividend • purchase price • question • request to an authority • statement of affairs • time within which the action must be brought