89 I 503
71. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Dezember 1963 i.S. Tenger gegen Regierungsrat des Kantons Bern.
Regeste (de):
- Kaufsrecht, Vormerkung im Grundbuch.
- Ein während der 10-jährigen Frist des Art. 683 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 683
Regeste (fr):
- Droit d'emption. Annotation au registre foncier.
- Un droit d'emption dont l'exercice est exclu pendant le délai de dix ans prévu par l'art. 683 al. 2 CC ne peut être annoté au registre foncier.
Regesto (it):
- Diritto di compera. Annotazione nel registro fondiario.
- Un diritto di compera, il cui esercizio è escluso durante il termine di dieci anni previsto all'art. 683 cpv. 2 CC, non può essere annotato nel registro fondiario.
Sachverhalt ab Seite 503
BGE 89 I 503 S. 503
A.- Mit öffentlich verurkundetem Vertrag vom 5. Dezember 1962 räumten die Miteigentümer der Liegenschaft Bern, Grundbuchblatt Nr. 798 Kreis I, im Zusammenhang
BGE 89 I 503 S. 504
mit der Begründung eines Baurechts dem jeweiligen Baurechtsberechtigten ein Kaufsrecht ein, das erst ab 1. November 1977 geltend gemacht werden kann, im Grundbuch aber "für die Dauer von 10 Jahren ab Anmeldung dieses Vertrages" vorgemerkt werden soll.
B.- Am 8. Juli 1963 wies der Grundbuchverwalter von Bern die Anmeldung der Vormerkung des Kaufsrechtes im Grundbuch ab, worauf die Miteigentümer der genannten Liegenschaft an den Regierungsrat des Kantons Bern gelangten, der jedoch ihre Beschwerde am 16. August 1963 seinerseits abwies. Massgebend war dabei, dass das vorerst nur obligatorisch wirkende Kaufsrecht durch die Vormerkung dinglich verstärkt werde, die Dauer dieser Wirkung jedoch von Gesetzes wegen auf zehn Jahre beschränkt sei und, da vorliegend das Kaufsrecht während dieser Zeit nicht ausgeübt werden könne, der Zweck der Vormerkung entfalle.
C.- Sechs der insgesamt acht Vertragsparteien führen hiegegen beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und der Grundbuchverwalter von Bern anzuweisen, das unter Nr. 5068 angemeldete Kaufsrecht auf dem Grundstück Nr. 798 Kreis I vorzumerken. Die Beschwerdeführer räumen ein, dass die "dingliche" Wirkung eines eingetragenen Kaufsrechts gemäss Art. 683 Abs. 2

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 683 |
BGE 89 I 503 S. 505
erhalten müssten (Art. 969

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 969 - 1 Der Grundbuchverwalter hat den Beteiligten von den grundbuchlichen Verfügungen, die ohne ihr Wissen erfolgen, Anzeige zu machen; insbesondere teilt er den Berechtigten, deren Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt ist oder von Gesetzes wegen besteht und aus dem Grundbuch hervorgeht, den Erwerb des Eigentums durch einen Dritten mit.713 |
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1 | Der Grundbuchverwalter hat den Beteiligten von den grundbuchlichen Verfügungen, die ohne ihr Wissen erfolgen, Anzeige zu machen; insbesondere teilt er den Berechtigten, deren Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt ist oder von Gesetzes wegen besteht und aus dem Grundbuch hervorgeht, den Erwerb des Eigentums durch einen Dritten mit.713 |
2 | Die Fristen, die für die Anfechtung solcher Verfügungen aufgestellt sind, nehmen ihren Anfang mit der Zustellung dieser Anzeige. |
D.- Die Justizdirektion des Kantons Bern beantragt namens des Regierungsrates Abweisung der Beschwerde. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ersucht demgegenüber in seiner Vernehmlassung vom 8. November 1963 um Gutheissung. Die genannte Amtsstelle geht ebenfalls davon aus, dass der Erwerber, welcher während der zehnjährigen Vormerkungsdauer Eigentümer des belasteten Grundstücks werde, in das Rechtsverhältnis des früheren Eigentümers zum Kaufsrechtsberechtigten eintrete, welche Wirkung zeitlich nicht auf die Vormerkungsdauer beschränkt werden könne, ansonst man in einen unlösbaren Widerspruch gerate.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuales.)
2. Wie das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist das Kaufsrecht ein rein persönlicher Anspruch, der als solcher von der Befristung der Vormerkung im Grundbuch gemäss Art. 683 Abs. 2

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 683 |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 27 - 1 Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten. |
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1 | Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten. |
2 | Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken. |
BGE 89 I 503 S. 506
des Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechtes, Festgabe für Simonius, S. 235 ff.) an dieser Stelle näher eingetreten werden muss; für den Ausgang der Sache sind, wie sich in der Folge erweisen wird, andere Überlegungen ausschlaggebend.
3. Die Vormerkung eines Kaufsrechtes im Grundbuch (Art. 683

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 959 - 1 Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf, Kaufsrecht, Pacht und Miete. |
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1 | Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf, Kaufsrecht, Pacht und Miete. |
2 | Sie erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 683 |
BGE 89 I 503 S. 507
wirkungsloser Eintragungen aber ist das Grundbuch nicht gegeben. Demgegenüber dringen die Einwände der Beschwerdeführer nicht durch. Zwar liegt auf der Hand, dass der Kaufsrechtsberechtigte ein Interesse daran hat, "den Grundeigentümer und dessen Rechtsnachfolger" möglichst lange an das Kaufsrecht zu binden. Aber abgesehen davon, dass die Frage, ob bei einem Eigentümerwechsel der Erwerber des belasteten Grundstücks in das Rechtsverhältnis des früheren Eigentümers zum Kaufsrechtsberechtigten eintrete, kontrovers ist (s. hiezu die Beiträge von LIVER und DESCHENAUX in ZBGR 1962, S. 258 ff. und 282 ff., sowie die vom letztgenannten Autor zur Begründung seiner negativen Stellungnahme herangezogenenBGE 53 II 394, BGE 82 II 582 und BGE 85 II 474), ist jedenfalls, wie bereits festgestellt, die sog. subjektiv-dingliche Wirkung, welche mit einer Vormerkung erzielt wird, zwingend auf eine Maximaldauer von zehn Jahren begrenzt (BGE 73 II 158). Auf eine Umgehung dieser um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellten Schranke liefe es jedoch hinaus, wollte man eine Vormerkung einzig und allein zum Zwecke einer über jene zeitliche Grenze hinausgehenden Nachwirkung zulassen. Was schliesslich den Hinweis der Beschwerdeführer auf Art. 969

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 969 - 1 Der Grundbuchverwalter hat den Beteiligten von den grundbuchlichen Verfügungen, die ohne ihr Wissen erfolgen, Anzeige zu machen; insbesondere teilt er den Berechtigten, deren Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt ist oder von Gesetzes wegen besteht und aus dem Grundbuch hervorgeht, den Erwerb des Eigentums durch einen Dritten mit.713 |
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1 | Der Grundbuchverwalter hat den Beteiligten von den grundbuchlichen Verfügungen, die ohne ihr Wissen erfolgen, Anzeige zu machen; insbesondere teilt er den Berechtigten, deren Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt ist oder von Gesetzes wegen besteht und aus dem Grundbuch hervorgeht, den Erwerb des Eigentums durch einen Dritten mit.713 |
2 | Die Fristen, die für die Anfechtung solcher Verfügungen aufgestellt sind, nehmen ihren Anfang mit der Zustellung dieser Anzeige. |
4. Der Grundbuchverwalter von Bern hat somit die Vormerkung des von den Beschwerdeführern angemeldeten, während der Frist des Art. 683 Abs. 2

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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.