88 IV 21
8. Urteil des Kassationshofes vom 10. April 1962 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen X.
Regeste (de):
- 1. Art. 164 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er
1 Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er 2 Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. - 2. Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
Regeste (fr):
- 1. Art. 164 ch. 1 CP. Se rend coupable de fraude dans la saisie, la débitrice qui, soumise à la poursuite par voie de saisie et détenue préventivement, prend, par des lettres clandestines adressées à des tiers, des mesures pour que l'on dissimule ou distraie des éléments de son patrimoine et, par la suite, interrogée par l'employé de l'office des poursuites, tait l'existence de ces biens (consid. 1).
- 2. Art. 25 CP. L'avocat qui transmet de telles lettres, sachant quel en est le but, est punissable comme complice (consid. 2).
Regesto (it):
- 1. Art. 164 num. 1 CP. Si rende colpevole di frode nel pignoramento, la debitrice che, sottoposta all'esecuzione in via di pignoramento e in detenzione preventiva, prende, mediante lettere clandestine indirizzate a terzi, delle misure intese ad occultare o distrarre elementi del suo patrimonio e, poscia, interrogata dall'impiegato dell'ufficio d'esecuzione, sottace l'esistenza di questi beni (consid. 1).
- 2. Art. 25 CP. L'avvocato che trasmette siffatte lettere, pur conoscendone lo scopo, è punibile come complice (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 21
BGE 88 IV 21 S. 21
A.- Frau K. befand sich 1960 wegen Vermögensdelikten im Bezirksgefängnis Bern in Untersuchungshaft.
BGE 88 IV 21 S. 22
Tagsüber teilte sie mit Frau A. die Zelle. Als sie am 22. Juli 1960 von S. für einen grösstenteils ertrogenen Betrag von Fr. 6100.-- betrieben wurde, bezeichnete sie den bernischen Fürsprecher Dr. X., der amtlicher Verteidiger von Frau A. war, als ihren Schuldnervertreter im Sinne von Art. 60
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 60 - Wird ein Verhafteter betrieben, welcher keinen Vertreter hat, so setzt ihm der Betreibungsbeamte eine Frist zur Bestellung eines solchen.116 Während dieser Frist besteht für den Verhafteten Rechtsstillstand. |
BGE 88 IV 21 S. 23
Weisungen, was für Angaben sie über ihre Vermögensverhältnisse gegebenenfalls zu machen hätten. Dr. X. hatte Kenntnis vom Inhalt des Briefes, den Frau K. am 21. August 1960 an die Eheleute Z. schrieb. Er wusste auch, dass Frau Z. für seine Klientin Schmuck aufbewahrte und dieser sehr daran gelegen war, ihn den Gläubigern gegenüber geheim zu halten. Als er im Betreibungsverfahren als Schuldnervertreter von Frau K. nach pfändbarem Vermögen gefragt wurde, erklärte er, die Schuldnerin besitze ausser einem Sparheft von Fr. 1500.--, das ihm vom Untersuchungsrichter übergeben worden war, kein Vermögen in B., dagegen solle sie auswärts irgendwo eine Wohnungseinrichtung haben, worüber Frau Z., welche die Räumung der Wohnung besorgt habe, Auskunft geben könnte. Das Betreibungsamt unterliess es, bei den Eheleuten Z. nachzuforschen und beschränkte sich darauf, Frau K. selber zur Sache befragen zu lassen. Diese erklärte dem Betreibungsbeamten, ihre Möbel befänden sich bei Kehrli und Oeler; weitere pfändbare Sachen besitze sie nicht. Obschon sie auf die Straffolgen einer Verheimlichung von Vermögen aufmerksam gemacht wurde, verschwieg sie insbesondere, dass sie noch Schmuck im Werte von Fr. 5500.-- besass. Die von S. angehobene Betreibung endete mit einem provisorischen Verlustschein, da nach den Feststellungen des Betreibungsamtes nicht genug pfändbares Vermögen vorhanden war.
B.- Das Untersuchungsrichteramt Bern, das Frau K. hierauf auch wegen Pfändungsbetruges verfolgte, zog Fürsprecher X. wegen Gehilfenschaft hiezu in Untersuchung. Es warf ihm vor, im Juli und August 1960 heimliche Mitteilungen der Frau K. an deren Eltern und Frau Z. weitergeleitet zu haben, obschon damit bezweckt worden sei, Schmuck und andere Sachen der Frau K. dem Zugriff des Betreibungsamtes zu entziehen. Frau K. wurde vom Strafamtsgericht Bern am 26. April 1961 unter anderem wegen versuchten und vollendeten Pfändungsbetruges rechtskräftig verurteilt, wobei bezüglich
BGE 88 IV 21 S. 24
des verheimlichten Schmuckes, der von der Pfändung nicht erfasst worden war, vollendete, in bezug auf die Möbel versuchte Begehung angenommen wurde, da diese Vermögensstücke von Frau Z. entgegen dem Brief vom 21. August bei Kehrli und Oeler eingelagert worden waren und dort gepfändet werden konnten. Fürsprecher X. wurde von der Anschuldigung der Gehilfenschaft zu Pfändungsbetrug freigesprochen. Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte diesen Freispruch am 16. November 1961. Es hielt Dr. X. subjektiv zwar für schuldig, vertrat indes die Auffassung, dessen Rolle bei der Übermittlung der Briefe sei dem objektiven Tatbestande nach nicht erfassbar.
C.- Der Generalprokurator des Kantons Bern führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung von Dr. X., eventuell zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
D.- Dr. X. beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 164 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
|
1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 323 - Mit Busse wird bestraft: |
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1 | der Schuldner, der einer Pfändung oder der Aufnahme eines Güter-verzeichnisses, die ihm gemäss Gesetz angekündigt worden sind, weder selbst beiwohnt noch sich dabei vertreten lässt (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 1, 163 Abs. 2 und 341 Abs. 1 SchKG475);476 |
2 | der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten nicht so weit angibt, als dies zu einer genügenden Pfändung oder zum Vollzug eines Arrestes nötig ist (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 und 275 SchKG); |
3 | der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten bei Aufnahme eines Güterverzeichnisses nicht vollständig angibt (Art. 163 Abs. 2, 341 Abs. 1 SchKG);477 |
4 | der Schuldner, der dem Konkursamt nicht alle seine Vermögensgegenstände angibt und zur Verfügung stellt (Art. 222 Abs. 1 SchKG); |
5 | der Schuldner, der während des Konkursverfahrens nicht zur Verfügung der Konkursverwaltung steht, wenn er dieser Pflicht nicht durch besondere Erlaubnis enthoben wurde (Art. 229 Abs. 1 SchKG). |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
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1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 88 IV 21 S. 25
oder Verheimlichen; dazu sei aber Frau K. im Gefängnis gar nicht in der Lage gewesen. Der Einwand geht fehl.
a) Strafbar gemacht im Sinne des Art. 164 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
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1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
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1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 88 IV 21 S. 26
entscheidend auf das Mass des schuldhaften Willens abzustellen. Frau K. beschränkte sich nicht darauf, Dritten Anweisungen zu geben, wie die rechtswidrige Vermögensverminderung zum Nachteil ihrer Gläubiger zu bewerkstelligen sei; sie traf auch die zur Tarnung ihrer Vermögensverhältnisse notwendigen Verfügungen und Massnahmen. Diese Bemühungen um die Verwirklichung ihrer Absicht stempeln sie offensichtlich zur Hauptbeteiligten, die zum Pfändungsbetrug nicht bloss Dritte anzustiften versuchte, sondern die Tat in erster Linie selber begangen hat. Das Strafamtsgericht Bern hat Frau K. deshalb zu Recht als Täterin bestraft.
Die Frage, ob sich Frau K. zugleich versuchter Anstiftung schuldig machte, stellt sich nicht, weil diese nach Art. 24 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
|
1 | Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
2 | Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
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1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
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1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 323 - Mit Busse wird bestraft: |
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1 | der Schuldner, der einer Pfändung oder der Aufnahme eines Güter-verzeichnisses, die ihm gemäss Gesetz angekündigt worden sind, weder selbst beiwohnt noch sich dabei vertreten lässt (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 1, 163 Abs. 2 und 341 Abs. 1 SchKG475);476 |
2 | der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten nicht so weit angibt, als dies zu einer genügenden Pfändung oder zum Vollzug eines Arrestes nötig ist (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 und 275 SchKG); |
3 | der Schuldner, der seine Vermögensgegenstände, auch wenn sie sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten bei Aufnahme eines Güterverzeichnisses nicht vollständig angibt (Art. 163 Abs. 2, 341 Abs. 1 SchKG);477 |
4 | der Schuldner, der dem Konkursamt nicht alle seine Vermögensgegenstände angibt und zur Verfügung stellt (Art. 222 Abs. 1 SchKG); |
5 | der Schuldner, der während des Konkursverfahrens nicht zur Verfügung der Konkursverwaltung steht, wenn er dieser Pflicht nicht durch besondere Erlaubnis enthoben wurde (Art. 229 Abs. 1 SchKG). |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 164 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
|
1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen vermindert, indem er |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 88 IV 21 S. 27
Zugriff des Betreibungsamtes zu entziehen. In bezug auf den Schmuck ist ihr dies auch gelungen, während ihr weitergehender Versuch einzig am Verhalten von Frau Z. scheiterte; sie ist deshalb zu Recht wegen vollendeten und versuchten Pfändungsbetruges bestraft worden.
2. Nach Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
BGE 88 IV 21 S. 28
wollte. Er hat das Verhalten der Schuldnerin mit Wissen und Willen, also vorsätzlich, gefördert und ist daher als Gehilfe im Sinne des Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 10. November 1961 aufgehoben und die Sache zur Verurteilung des Beschwerdegegners im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.