BGE 78 IV 6
2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Februar 1952 i. S.
Stauffer gegen Staatsanwaltsehaft des Kantons Solothurn.
Regeste:
Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
Art. 277 bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
Schwurgerichts.
Art. 25 CP. Eléments objectifs de la complicité.
Art. 277 bis al. 1 PPF. Les constatations d'une cour d'assises lient la Cour
de cassation.
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Art. 25 CP. Elementi oggettivi della complicità.
Art. 277 bis cp. 1 PPF. Gli accertamenti di fatto di una Corte d'assisi
vincolano la Corte di cassazione.
Aus den Erwägungen:
Nach Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
Verbrechen oder zu einem Vergehen vorsätzlich Hülfe leistet», d. h. wer das
Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich fördert.
Objektiv hat der Beschwerdeführer das dadurch getan, dass er Judith Gerber mit
dem Vermittler Ineichen in Verbindung gebracht, der ihr hierauf die Adresse
des Abtreibers Wyss bekanntgegeben und sie bei diesem durch Anmeldung
empfohlen hat, worauf Wyss die Abtreibung vorzunehmen versucht hat. Der
Beschwerdeführer hat damit ein Glied in die Kette der Handlungen gesetzt, die
zu dem Abtreibungsversuch geführt haben. Dass er der Judith Gerber die Adresse
des Abtreibers nicht selber angegeben hat, ist unerheblich. Die Abtreibung
fördert auch, wer die Schwangere an einen Dritten weist, damit sie von diesem
die Adresse des Abtreibers erfahre. Ebensowenig kommt darauf etwas an, ob
Judith Gerber den Ineichen schon vorher kannte und auch ohne die Vermittlung
des Beschwerdeführers sich wegen der Abtreibung an ihn gewandt hätte. Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
StGB setzt nicht voraus, dass es ohne die Hülfeleistung nicht zur Tat gekommen
wäre; es genügt, dass sie, so wie sich die Ereignisse abspielten, das
Verbrechen oder Vergehen gefördert hat. Die Frage, ob die Hülfe mit dem Erfolg
adäquat zusammenhange, kann sich gar nicht stellen. Wenn sie tatsächlich mit
ihm zusammenhängt und nach dem Willen des Gehülfen den Erfolg fördern sollte,
trifft Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
geleistete Hülfe nur dank eines anormalen Verlaufs der Dinge möglich war. Nur
bei fahrlässiger Herbeiführung eines Erfolges bleibt die strafrechtliche
Verantwortlichkeit beschränkt auf die Fälle, in denen das Verhalten des Täters
adäquate Ursache
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des Erfolges war, d. h. sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eignete, ihn
herbeizuführen.
Übrigens widerspricht die Behauptung des Beschwerdeführers, Judith Gerber habe
Ineichen schon vorher gekannt und hätte von ihm die Adresse des Abtreibers
Wyss auch ohne die Vermittlung des Beschwerdeführers erfahren, der
ausdrücklichen Feststellung des Schwurgerichtshofes, dass Judith Gerber ohne
den Beschwerdeführer weder Ineichen noch Wyss kennen gelernt hätte. Diese
Feststellung bindet nach Art. 277 bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
weniger, als ihn die Wahrsprüche der Geschwornen binden, da das
schwurgerichtliche Urteil für die bundesgerichtliche Überprüfung eine Einheit
bildet (BGE 77 IV 63).