Urteilskopf

86 IV 132

34. Entscheid der Anklagekammer vom 28. Juni 1960 i.S. Hufschmid gegen Verhöramt Nidwalden, sowie Staatsanwaltschaften der Kantone Solothurn und Aargau.
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Sachverhalt ab Seite 133

BGE 86 IV 132 S. 133

A.- Stähelin reichte Ende 1956 beim Polizeikommando in Aarau und im Frühling 1960 beim Polizeiposten Trimbach (SO) gegen Hufschmid Strafanzeigen ein. Mit der ersten bezichtigte er ihn des Betruges, mit der zweiten des Diebstahls. Da Stähelin als Tatorte Stansstad und Ennetbürgen angab, wurden die Anzeigen an das Verhöramt Nidwalden weiter geleitet, das daraufhin im Jahre 1956 gegen Hufschmid eine Strafuntersuchung wegen Betruges durchführte und im Jahre 1960 ein Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls einleitete.
Am 15. Juni 1960 verzeigte Hufschmid seinerseits Stähelin beim Verhöramt Nidwalden wegen falscher Anschuldigung. Zur Begründung machte er geltend, Stähelin habe ihn durch die in Aarau und Trimbach eingereichten Strafanzeigen wider besseres Wissen des Betruges bzw. des Diebstahls beschuldigt.
B.- Das Verhöramt Nidwalden wies am 20. Juni 1960 die von Hufschmid erhobene Strafklage von der Hand, weil es die örtliche Zuständigkeit der nidwaldnischen Behörden verneinte; Stähelin habe die Anzeigen, derentwegen
BGE 86 IV 132 S. 134

ihn Hufschmid der falschen Anschuldigung bezichtige, in Aarau und Trimbach eingereicht, weshalb er wegen des allenfalls dadurch verübten Verbrechens des Art. 303
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 303 - 1. Quiconque dénonce à l'autorité, comme auteur d'un crime ou d'un délit, une personne qu'il sait innocente, en vue de faire ouvrir contre elle une poursuite pénale,
1    Quiconque dénonce à l'autorité, comme auteur d'un crime ou d'un délit, une personne qu'il sait innocente, en vue de faire ouvrir contre elle une poursuite pénale,
2    L'auteur est puni d'une peine privative de liberté d'un an au plus ou d'une peine pécuniaire si la dénonciation calomnieuse a trait à une contravention.
StGB durch die aargauischen bzw. die solothurnischen Behörden zu verfolgen sei.
C.- Mit Eingabe vom 24. Juni 1960 stellt Hufschmid bei der Anklagekammer des Bundesgerichtes das Gesuch, das Verhöramt Nidwalden sei anzuweisen, die gegen Stähelin erhobene Strafklage wegen falscher Anschuldigung an die Hand zu nehmen; eventuell habe die Anklagekammer festzustellen, welcher der Kantone Nidwalden, Aargau und Solothurn mit der Sache zu befassen sei.
Erwägungen

Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

1. a) Durch Verfügung vom 20. Juni 1960 wies das Verhöramt des Kantons Nidwalden die Strafklage, die Hufschmid bei ihm gegen Stähelin erhoben hatte, von der Hand, weil es die örtliche Zuständigkeit der nidwaldnischen Behörden verneinte. In einem solchen Falle ist nach der durchBGE 78 IV 250Erw. 2 eingeleiteten Rechtsprechung auch der Antragsteller berechtigt, wegen des Gerichtsstandes die Anklagekammer des Bundesgerichtes anzurufen, obwohl Art. 264 BStP dieses Recht nur dem Beschuldigten einräumt. Hufschmid ist jedoch nicht Antragsteller; das Verbrechen (falsche Anschuldigung im Sinne von Art. 303
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 303 - 1. Quiconque dénonce à l'autorité, comme auteur d'un crime ou d'un délit, une personne qu'il sait innocente, en vue de faire ouvrir contre elle une poursuite pénale,
1    Quiconque dénonce à l'autorité, comme auteur d'un crime ou d'un délit, une personne qu'il sait innocente, en vue de faire ouvrir contre elle une poursuite pénale,
2    L'auteur est puni d'une peine privative de liberté d'un an au plus ou d'une peine pécuniaire si la dénonciation calomnieuse a trait à une contravention.
StGB), das er Stähelin vorwirft, ist Offizialdelikt. b) Als Anzeiger wäre Hufschmid nach feststehender Rechtsprechung nur dann berechtigt, die Anklagekammer des Bundesgerichtes um Bestimmung des Gerichtsstandes anzugehen, wenn ein negativer Kompetenzkonflikt unter Behörden verschiedener Kantone bestände (BGE 71 IV 58;BGE 73 IV 62Erw. 1;BGE 78 IV 248ff.). Diese Voraussetzung ist - jedenfalls zur Zeit - nicht erfüllt. Von den Kantonen, die auf Grund der in der Strafanzeige gemachten Angaben für die Verfolgung und Beurteilung des Stähelin allenfalls

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in Betracht kommen, hat bisher einzig Nidwalden zur Frage des Gerichtsstandes Stellung genommen. Die Behörden der Kantone Aargau und Solothurn, die Hufschmid neben Nidwalden als zur Anhandnahme der Untersuchung berechtigt und verpflichtet erachtet, sind weder durch den Anzeiger noch durch das Verhöramt Nidwalden veranlasst worden, sich darüber auszusprechen, ob sie sich in diesem Falle als zuständig erachten. c) Dem Begehren, es sei der zur Verfolgung und Beurteilung Stähelins zuständige Kanton zu bezeichnen, ist daher, weil Hufschmid (wenigstens vorderhand) die Berechtigung zur Anrufung der Anklagekammer fehlt, keine Folge zu geben.
2. Damit kann es indessen nicht sein Bewenden haben. Da Stähelin ein Offizialdelikt vorgeworfen wird und das Verhöramt Nidwalden die Anschuldigung offenbar nicht von vorneherein als unbegründet hielt, hätte es sich nicht darauf beschränken dürfen, die Sache wegen örtlicher Unzuständigkeit von der Hand zu weisen. In einem solchen Falle hat die Strafbehörde, bei der die Anzeige eingereicht wird, dem Offizialcharakter des in Frage stehenden Deliktes und der interkantonalen Rechtshilfepflicht in eidgenössischen Strafsachen (Art. 352
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 352 - 1 Les échanges d'informations relevant de la police criminelle s'effectuent conformément aux principes de la loi du 20 mars 1981 sur l'entraide pénale internationale559 et conformément aux statuts et aux règlements d'INTERPOL que le Conseil fédéral aura déclarés applicables.
1    Les échanges d'informations relevant de la police criminelle s'effectuent conformément aux principes de la loi du 20 mars 1981 sur l'entraide pénale internationale559 et conformément aux statuts et aux règlements d'INTERPOL que le Conseil fédéral aura déclarés applicables.
2    La LPD560 régit les échanges d'informations opérés en vue de rechercher des personnes disparues et d'identifier des inconnus de même que ceux qui sont effectués à des fins administratives.561
3    L'Office fédéral de la police peut transmettre des informations directement aux bureaux centraux nationaux d'autres pays si l'État destinataire est soumis aux prescriptions d'INTERPOL en matière de protection des données.
StGB) dadurch Rechnung zu tragen, dass sie die Sache, zu deren Anhandnahme sie sich für unzuständig hält, von Amtes wegen an die Behörden des nach ihrer Ansicht zuständigen Kantons weist. Denn es ist dafür zu sorgen, dass Offizialdelikte auch wirklich (am zuständigen Orte) verfolgt werden (BGE 78 IV 250). Richtigerweise hätte das Verhöramt Nidwalden vorerst von der Ausfällung eines Unzuständigkeitsentscheides überhaupt absehen und einen Meinungsaustausch mit den Behörden der als zuständig in Betracht kommenden andern Kantone eröffnen sollen (PANCHAUD, Le For de l'action pénale, in JdT 1959 S. 71 f.). Hätte sich hierbei keine Einigung erzielen lassen, so wäre der Konflikt von Amtes wegen der Anklagekammer des Bundesgerichtes zu unterbreiten gewesen (BGE 71 IV 58Erw. 1;BGE 78 IV 248
BGE 86 IV 132 S. 136

Erw. 1; BGE 83 IV 116), was keine förmliche Entscheidung der kantonalen Behörden voraussetzt (BGE 78 IV 250Erw. 1). Dieser Meinungsaustausch ist noch nachzuholen. Führt er dazu, dass neben dem Verhöramt Nidwalden auch die Kantone Aargau und Solothurn die Zuständigkeit ablehnen, so ist, wie erwähnt, nach Art. 264 BStP von Amtes wegen die Anklagekammer des Bundesgerichtes um Bestimmung des Gerichtsstandes anzugehen. Das gleiche Begehren kann nach dem oben in Erwägung 1 lit. b Gesagten auch der Anzeiger stellen, wenn keiner der Kantone, deren Zuständigkeit in Betracht fällt, die Sache an die Hand nehmen will.
Dispositiv

Demnach erkennt die Anklagekammer:
1. Auf das Gesuch wird zur Zeit nicht eingetreten.
2. Das Verhöramt Nidwalden wird angewiesen, über die Frage, in welchem Kanton Stähelin für die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen zu verfolgen und zu beurteilen sei, mit den Staatsanwaltschaften der Kantone Aargau und Solothurn einen Meinungsaustausch zu eröffnen.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 86 IV 132
Date : 28 juin 1960
Publié : 31 décembre 1960
Source : Tribunal fédéral
Statut : 86 IV 132
Domaine : ATF - Droit pénal et procédure penale
Objet : Art. 264 PPF; art. 351 CP. 1. Qualité du plaignant (consid. 1 lit. a) et du dénonciateur (consid. 1 lit. b) pour former


Répertoire des lois
CP: 303 
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 303 - 1. Quiconque dénonce à l'autorité, comme auteur d'un crime ou d'un délit, une personne qu'il sait innocente, en vue de faire ouvrir contre elle une poursuite pénale,
1    Quiconque dénonce à l'autorité, comme auteur d'un crime ou d'un délit, une personne qu'il sait innocente, en vue de faire ouvrir contre elle une poursuite pénale,
2    L'auteur est puni d'une peine privative de liberté d'un an au plus ou d'une peine pécuniaire si la dénonciation calomnieuse a trait à une contravention.
351 
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 351 - 1 L'Office fédéral de la police transmet les informations relevant de la police criminelle aux fins de poursuivre des infractions ou d'assurer l'exécution de peines et de mesures.
1    L'Office fédéral de la police transmet les informations relevant de la police criminelle aux fins de poursuivre des infractions ou d'assurer l'exécution de peines et de mesures.
2    Il peut transmettre les informations relevant de la police criminelle aux fins de prévenir des infractions si, au vu d'éléments concrets, il est très probable qu'un crime ou un délit sera commis.
3    Il peut transmettre des informations destinées à rechercher des personnes disparues ou à identifier des inconnus.
4    En vue de prévenir ou d'élucider des infractions, l'Office fédéral de la police peut recevoir des informations provenant de particuliers ou donner des informations à des particuliers, si cela est dans l'intérêt de la personne concernée et si celle-ci y a consenti ou que les circonstances permettent de présumer un tel consentement.
352
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 352 - 1 Les échanges d'informations relevant de la police criminelle s'effectuent conformément aux principes de la loi du 20 mars 1981 sur l'entraide pénale internationale559 et conformément aux statuts et aux règlements d'INTERPOL que le Conseil fédéral aura déclarés applicables.
1    Les échanges d'informations relevant de la police criminelle s'effectuent conformément aux principes de la loi du 20 mars 1981 sur l'entraide pénale internationale559 et conformément aux statuts et aux règlements d'INTERPOL que le Conseil fédéral aura déclarés applicables.
2    La LPD560 régit les échanges d'informations opérés en vue de rechercher des personnes disparues et d'identifier des inconnus de même que ceux qui sont effectués à des fins administratives.561
3    L'Office fédéral de la police peut transmettre des informations directement aux bureaux centraux nationaux d'autres pays si l'État destinataire est soumis aux prescriptions d'INTERPOL en matière de protection des données.
PPF: 264
Répertoire ATF
71-IV-55 • 78-IV-246 • 83-IV-115 • 86-IV-132
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
nidwald • chambre d'accusation • argovie • tribunal fédéral • dénonciation calomnieuse • d'office • dénonciation pénale • échange de vues • question • hameau • escroquerie • vol • aarau • prévenu • enquête pénale • pré • infraction • soleure • décision • motivation de la décision
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