86 II 235
38. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Juni 1960 i. S. Baumgartner gegen Siegenthaler.
Regeste (de):
- Notwegrecht (Art. 694
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen.
1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. 2 Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. 3 Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. - Entstehung.
- Benützung des Weges vor Eintragung des gemäss Entscheid der zuständigen Behörde einzuräumenden Notwegrechts.
- Inhalt des gesetzlichen Anspruchs auf einen Notweg.
- Wahl zwischen mehrern Wegen, die dem Kläger einen genügenden Zugang zur öffentlichen Strasse vermitteln; Vorrang der Interessen des Beklagten.
- Kann der Kläger auf einen Weg verwiesen werden, der nicht unmittelbar über das Land des Beklagten zur öffentlichen Strasse führt, sondern auch noch das Land eines Dritten beansprucht, dem gegenüber der Kläger kein Wegrecht besitzt, der aber gezwungen ist, dem Kläger den Durchgang zu gestatten, damit dieser ihm Gegenrecht gewährt? Neuregelung des Notwegrechts im Fall einer Veränderung der Verhältnisse.
Regeste (fr):
- Droit au passage nécessaire (art. 694 CC).
- Naissance du droit.
- Utilisation du passage avant l'inscription du droit au passage nécessaire qui doit être cédé conformément à la décision de l'autorité compétente.
- Contenu de la prétention légale au passagenécessaire.
- Choix entre divers passages donnant au demandeur une issue suffisante sur la voie publique; importance prédominante des intérêts du défendeur.
- Peut-on imposer au demandeur un passage qui n'ouvre pas directement sur la voie publique à travers le fonds du défendeur, mais utilise aussi le fonds d'un tiers contre qui le demandeur ne peut prétendre un droit, mais qui doit laisser passer celui-ci pour en obtenir la réciprocité? Réglementation nouvelle du droit au passage nécessaire lorsque les circonstances changent.
Regesto (it):
- Diritto d'accesso necessario (art. 694 CC).
- Nascita del diritto.
- Uso del passo prima dell'iscrizione del diritto d'accesso necessario che dev'essere riconosciuto conformemente alla decisione dell'autorità competente.
- Contenuto del diritto all'accesso necessario.
- Scelta tra più sufficienti accessi alla strada pubblica; importanza prevalente degli interessi del convenuto.
- Può l'attore essere costretto a valersi di un passo che conduce alla strada pubblica, non direttamente attraverso il fondo del convenuto, ma utilizzando anche il fondo di un terzo, sul quale l'attore non ha un diritto di passo, ma può ottenere il passaggio in cambio della reciprocità? Nuova regolamentazione del diritto d'accesso necessario in caso di cambiamento delle circostanze.
Sachverhalt ab Seite 236
BGE 86 II 235 S. 236
A.- In der Gemeinde Trub liegen nördlich des Fankhausgrabens, dem eine Gemeindestrasse folgt, nebeneinander die landwirtschaftlichen Heimwesen Vorderst-, Vorder- und Ober-Fankhaus (Nrn. 541, 542 und 543). Die erste dieser Liegenschaften gehört Hans Baumgartner, die zweite Frau Rosette Wüthrich, die dritte Hans Siegenthaler. Baumgartner besitzt ausser dem Heimwesen Vorderst-Fankhaus noch die nordöstlich von Ober-Fankhaus gelegene Liegenschaft Weidli (Nr. 544), die von VorderstFankhaus durch die Liegenschaften Vorder- und OberFankhaus getrennt ist. Zur Liegenschaft Weidli führt keine öffentliche Strasse. Sie kann von der erwähnten Gemeindestrasse aus entweder über den sog. Karr- oder über den sog. Mattenweg erreicht werden. Der Karrweg führt zunächst über das Land der Frau Wüthrich an deren Haus vorbei längs der Grenze zwischen Vorderund Ober-Fankhaus nach Norden und durchquert dann in nordöstlicher Richtung die nach Süden abfallende Liegenschaft Ober-Fankhaus, wogegen der ungefähr parallel zum ersten Stück des Karrwegs am Hause Siegenthalers vorbei verlaufende Mattenweg in seiner ganzen Länge
BGE 86 II 235 S. 237
über das Land Siegenthalers (Ober-Fankhaus) führt. Weder am einen noch am andern Wege besitzt Baumgartner ein im Grundbuch eingetragenes Wegrecht.
B.- Infolge von nachbarlichen Streitigkeiten leitete Siegenthaler gegen Baumgartner am 31. Januar 1956 Klage ein mit den Begehren: "1. Es sei dem Beklagten richterlich zu untersagen, den über das Grundstück Trub Grundbuch Nr. 543 am Hause des Klägers vorbeiführenden sogenannten Mattenweg zu befahren oder sonstwie zu benützen, unter Androhung der gesetzlichen Straffolgen im Falle der Widerhandlung. 2. Es sei dem Beklagten zu verbieten, den über das Grundstück Nr. 543 beim Hause der Familie Wüthrich vorbeiführenden Karrweg zu befahren oder sonstwie zu benützen, soweit er über die Parzelle Nr. 543 des Klägers führt, unter Androhung der gesetzlichen Straffolgen im Widerhandlungsfalle. 3. Eventuell: Es seien die Modalitäten eines Notwegrechtes bezüglich des unter Ziff. 2 hievor erwähnten Karrwegs, sowie die vom Beklagten dem Kläger hiefür zu bezahlende Entschädigung gerichtlich festzusetzen." Baumgartner schloss auf Abweisung der Klagebegehren Ziff. 1 und 2 und verlangte widerklageweise: "Der Widerbeklagte sei schuldig und zu verurteilen, zulasten seiner Parzelle Nr. 543 und zugunsten der Parzelle Nr. 544 des Widerklägers ein Notfahrwegrecht einzuräumen und im Grundbuch eintragen zu lassen. Die vom Widerkläger zu bezahlende Entschädigung sei gerichtlich festzusetzen." Der Gerichtspräsident von Signau schützte mit Urteil vom 13. November 1957 das Klagebegehren 2 (Verbot der Benützung des Karrwegs), wies dagegen die Klagebegehren 1 und 3 ab und verurteilte Siegenthaler in Gutheissung der Widerklage, Baumgartner auf dem Mattenweg gegen eine Entschädigung von Fr. 1200.-- einen Notweg einzuräumen.
C.- Siegenthaler zog dieses Urteil an den Appellationshof des Kantons Bern weiter mit dem Antrag, es seien sämtliche Klagebegehren zu schützen und die Widerklage abzuweisen. An der Hauptverhandlung vor dem Appellationshof gab er ausserdem die Erklärung ab, er räume Baumgartner den Notweg über den Karrweg unentgeltlich ein.
BGE 86 II 235 S. 238
Der Appellationshof (I. Zivilkammer) hat am 9. Juli 1958 erkannt: "1. Auf die Appellation bezüglich des Klagebegehrens Ziff. 2 wird nicht eingetreten. 2. Klagebegehren Ziff. 1 wird zugesprochen, und es wird demgemäss dem Beklagten untersagt, den über das Grundstück Trub Grundbuch Nr. 543 am Hause des Klägers vorbeiführenden Mattenweg zu befahren oder sonstwie zu benützen. Eine Widerhandlung gegen dieses Verbot wird gemäss Art. 403
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 403 Koordinationsbestimmungen - Die Koordination von Bestimmungen anderer Erlasse mit diesem Gesetz wird in Anhang 2 geregelt. |
D.- Gegen dieses Urteil hat Baumgartner die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit den Anträgen, das Klagebegehren 1 auf Verbot der Benützung des Mattenwegs sei abzuweisen und die Widerklage in dem Sinne zu schützen, dass Siegenthaler verurteilt werde, ihm gegen eine gerichtlich festzusetzende Entschädigung auf diesem Wege ein Notwegrecht (Fuss- und Fahrwegrecht) einzuräumen und dieses im Grundbuch eintragen zu lassen; eventuell sei in diesem Punkte das Urteil des Gerichtspräsidenten von Signau (der ihm das verlangte Notwegrecht gegen eine Entschädigung von Fr. 1200.-- zugesprochen hatte) zu bestätigen. Siegenthaler schliesst auf Abweisung der Berufung.
Die kantonale Nichtigkeitsklage gegen das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes und die staatsrechtlichen Beschwerden, mit denen Baumgartner dieses Urteil und den Plenarentscheid des Appellationshofs über die Nichtigkeitsklage wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ...
2. In materieller Hinsicht ist klar, dass das von der Vorinstanz gutgeheissene Klagebegehren 1 auf Verbot der
BGE 86 II 235 S. 239
Benützung des Mattenwegs abgewiesen werden müsste, wenn Siegenthaler gemäss dem Widerklagebegehren verurteilt würde, Baumgartner ein Notwegrecht über diesen Weg einzuräumen. Das Notwegrecht (das nicht zu den unmittelbar durch das Gesetz begründeten Wegrechten im Sinne von Art. 696
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 696 - 1 Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht. |
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1 | Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht. |
2 | Sie werden jedoch, wenn sie von bleibendem Bestande sind, im Grundbuche angemerkt. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
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1 | Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
2 | Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. |
3 | Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 731 - 1 Zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Für Erwerb und Eintragung gelten, soweit es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das Grundeigentum. |
3 | Die Ersitzung ist nur zu Lasten von Grundstücken möglich, an denen das Eigentum ersessen werden kann. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 656 - 1 Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Eintragung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 665 - 1 Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigentümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums. |
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1 | Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigentümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums. |
2 | Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder Urteil des Gerichts kann der Erwerber die Eintragung von sich aus erwirken. |
3 | Änderungen am Grundeigentum, die von Gesetzes wegen durch Gütergemeinschaft oder deren Auflösung eintreten, werden auf Anmeldung eines Ehegatten hin im Grundbuch eingetragen.575 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
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1 | Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
2 | Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. |
3 | Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
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1 | Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
2 | Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. |
3 | Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 696 - 1 Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht. |
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1 | Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht. |
2 | Sie werden jedoch, wenn sie von bleibendem Bestande sind, im Grundbuche angemerkt. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 731 - 1 Zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Für Erwerb und Eintragung gelten, soweit es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das Grundeigentum. |
3 | Die Ersitzung ist nur zu Lasten von Grundstücken möglich, an denen das Eigentum ersessen werden kann. |
3. Aus Ziffer 9 der Berufungsbegründung ist nun freilich zu schliessen, dass Baumgartner das Verbot bezüglich des Mattenwegs nicht bloss für den Fall der Gewährung eines Notwegrechts über diesen Weg, sondern auch für den Fall der Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids über sein Widerklagebegehren aufgehoben wissen
BGE 86 II 235 S. 240
möchte. Zur Begründung hiefür macht er geltend, dass ihm, falls dieses Verbot neben dem bereits in Rechtskraft erwachsenen Verbot der Benützung des Karrwegs bestehen bliebe, bis zur Eintragung des ihm von der Vorinstanz zugebilligten Notwegrechts über diesen Weg überhaupt kein Recht zustünde, das Grundstück Siegenthalers zu betreten. Daran würde aber die blosse Aufhebung des Verbots bezüglich des Mattenwegs nichts ändern. Zudem ist dieses Verbot materiell gerechtfertigt, wenn Baumgartner nur auf ein Wegrecht am Karrweg Anspruch erheben kann. Anderseits wird das Verbot der Benützung des Karrwegs trotz formeller Rechtskraft im Falle der Bestätigung des angefochtenen Urteils ohne weiteres hinfällig. Siegenthaler wäre der Rechtsschutz zu versagen, wenn er Baumgartner unter Berufung auf dieses Verbot verwehren wollte, den Karrweg vor der Eintragung des Notwegrechts im Grundbuch zu benützen. Indessen macht Siegenthaler dem Berufungskläger die Benützung des Karrwegs (den er ihm unentgeltlich als Notweg zur Verfügung stellen will) gar nicht mehr streitig. Damit hat er für den Fall der Bestätigung des angefochtenen Urteils implicite auf das bezügliche Verbot verzichtet.
4. Nach Art. 694 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
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1 | Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
2 | Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. |
3 | Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. |
BGE 86 II 235 S. 241
Art. 694 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
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1 | Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
2 | Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. |
3 | Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 694 - 1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
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1 | Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. |
2 | Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegeverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im weitern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist. |
3 | Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. |
BGE 86 II 235 S. 242
5. Baumgartner will freilich die Annahme der Vorinstanz, dass der Karrweg für ihn brauchbar sei, nicht gelten lassen. Was er gegen diese Annahme einwendet, ist jedoch zur Hauptsache eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht hören kann. Anders verhält es sich nur mit seinem Hinweis darauf, dass er, um vom Grundstück Nr. 544 aus die öffentliche Strasse zu erreichen, im Falle der Verweisung auf den Karrweg ausser dem Grundstück Siegenthalers (Ober-Fankhaus) auch noch das Grundstück der Frau Wüthrich (Vorder-Fankhaus) queren müsse, wozu er kein Recht habe. Er macht geltend, es sei damit zu rechnen, dass Frau Wüthrich von ihm eine Entschädigung verlangen oder ihm Schwierigkeiten machen werde. Indessen hat die Vorinstanz festgestellt, Frau Wüthrich sei (um ihre Liegenschaft "Wassergraben" zu erreichen) ihrerseits darauf angewiesen, über das Baumgartner gehörende Grundstück Nr. 544 zu gehen, wozu sie ebenfalls kein Recht habe; daher sei sie gezwungen, Baumgartner über ihr Land fahren zu lassen. Auf diese durch keinerlei Recht gewährleistete Möglichkeit der Benützung des Grundstücks von Frau Wüthrich dürfte bei der Festsetzung des Notwegs dann keine Rücksicht genommen werden, wenn die einmal erfolgte Festsetzung unabänderlich wäre oder angenommen werden müsste, der Weg über das Land der Frau Wüthrich stehe Baumgartner nur vorübergehend offen. Weder das eine noch das andere ist jedoch der Fall. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sach- und Interessenlage, die Frau Wüthrich zur Gewährung des Durchgangs zwingt, sich in absehbarer Zeit ändern könnte. Sollte dies aber dennoch einmal geschehen, so könnte Baumgartner (oder sein Rechtsnachfolger) ein neues Verfahren einleiten, in welchem auf Grund der neuen Lage zu entscheiden wäre, ob dem Eigentümer des Grundstücks Nr. 544 auch ein Notwegrecht über das Grundstück von Frau Wüthrich zu gewähren oder Siegenthaler (bzw. dessen Rechtsnachfolger) zu verpflichten
BGE 86 II 235 S. 243
sei, ihm einen unmittelbar auf die öffentliche Strasse führenden Weg zu öffnen. Dass Frau Wüthrich und ihr Pächter sich den wünschbaren Verbesserungen des Karrwegs auf ihrem Lande widersetzen, wie Baumgartner schliesslich noch behauptet, lässt sich den zum Beleg hiefür angerufenen Aktenstellen nicht entnehmen. Es ergibt sich daraus nur, dass diese Personen den Weg nicht selbst verbessern wollen. Damit ist aber nicht gesagt, dass sie Baumgartner daran hindern würden, es auf eigene Kosten zu tun.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 9. Juli 1958 bestätigt.