86 II 129
22. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Juni 1960 i.S. M. gegen W.
Regeste (de):
- Vaterschaftsklage.
- 1. Voraussetzungen der Beurteilung durch das Bundesgericht als einzige Instanz (Art. 41 lit. c OG).
- 2. Ausschluss der Vaterschaft des Beklagten auf Grund der Bestimmung des Blutfaktors Kell (Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. 2 Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. 3 Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
Regeste (fr):
- Action en paternité.
- 1. Compétence du Tribunal fédéral comme autorité de première instance (art. 41 lit. c OJ).
- 2. Exclusion de la paternité du défendeur sur la base d'une analyse du facteur sanguin Kell (art. 314 al. 2 CC).
Regesto (it):
- Azione di paternità.
- 1. Presupposti per la competenza del Tribunale federale quale istanza unica (art. 41 lett. c OG).
- 2. Esclusione della paternità del convenuto sulla base di una analisi del fattore sanguigno Kell (art. 314 cp. 2 CC).
Sachverhalt ab Seite 129
BGE 86 II 129 S. 129
A.- Frl. M. gebar am 11. Dezember 1958 das Kind Rita. Als Vater bezeichnete sie W. Dieser gab zu, mit ihr während der kritischen Zeit wiederholt geschlechtlich verkehrt zu haben. In einer am 24. Februar 1959 abgeschlossenen und am 4. März 1959 vom Waisenamt genehmigten Vereinbarung einigten sich die Mutter und das durch einen Beistand vertretene Kind einerseits und W. anderseits auf die "Durchführung der Blutprobe nach den heute anerkannten Methoden durch das Gerichtlich-medizinische Institut der Universität Zürich", um "abzuklären, ob W. als Vater des Kindes Rita ausgeschlossen werden kann oder nicht." Für den letztern Fall verpflichtete sich W., die Mutter mit Fr. 900.-- schadlos zu halten und an das Kind als Unterhaltsbeitrag monatlich Fr. 80.- von der Geburt
BGE 86 II 129 S. 130
bis zum erfüllten 10. Altersjahr und Fr. 85.- von da an bis zum erfüllten 18. Altersjahr zu bezahlen (Ziff. 3). Das angerufene Institut bestimmte bei allen drei Personen die klassischen Blutgruppen ABO, die Faktoren M und N sowie die Rhesus-Eigenschaften, liess durch Dr. med. A. Hässig, den Direktor des Zentrallaboratoriums des Blutspendedienstes des Schweizerischen Roten Kreuzes in Bern, eine Kontrollbestimmung durchführen, die das Ergebnis seiner eigenen Untersuchungen bestätigte, und kam in seinem Berichte vom 18. August 1959 zum Schluss, nach den Erbgesetzen der erwähnten Bluteigenschaften könne W. als Vater des Mädchens Rita nicht ausgeschlossen werden. Der Bericht vom 18. August 1959 fügt jedoch bei, Dr. Hässig habe bei allen drei Personen auch noch die Faktoren Duffya und Kell bestimmt. Auf Grund der Eigenschaft Duffya bestehe keine Ausschlussmöglichkeit. Dagegen habe die Untersuchung bezüglich des Faktors Kell einen Ausschluss ergeben, doch sei zu dessen Sicherung nach der Ansicht von Dr. Hässig die Untersuchung frischer Blutproben aller drei Personen notwendig. Ausserdem erachte Dr. Hässig eine Kontrolle durch einen weitern Untersucher als angezeigt. Hierauf vereinbarten die Beteiligten, durch Dr. Hässig ein Ergänzungsgutachten ausarbeiten zu lassen. Dr. Hässig kam auf Grund der Untersuchung frischer Blutproben wie in seinem ersten Berichte zum Ergebnis, dass beim Kind die Eigenschaft "Kell positiv", bei der Mutter und bei W. dagegen die Eigenschaft "Kell negativ" bestehe. Eine Kontrolle durch P. D. Dr. L. P. Holländer, den Leiter des Blutspendezentrums Basel-Stadt des Schweizerischen Roten Kreuzes, bestätigte diesen Befund. Gestützt hierauf stellte Dr. Hässig in seinem Gutachten vom 19. Oktober 1959 fest, auf Grund der Bestimmung des Blutfaktors Kell könne W. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater des Kindes Rita ausgeschlossen werden; seine Vaterschaft stünde im Widerspruch zu den Erbgesetzen des Kell-Blutgruppensystems.
BGE 86 II 129 S. 131
B.- Die Beteiligten schlossen hierauf am 10. Dezember 1959 eine neue, wiederum vom Waisenamt genehmigte Vereinbarung, die lautet: "1. Die zwischen den Parteien am 24. Februar 1959 getroffene Vereinbarung wird zum integrierenden Bestandteil dieser heutigen Vereinbarung erklärt. 2. Die Parteien anerkennen, dass nach dem Gutachten des Gerichtlich-medizinischen Instituts der Universität Zürich vom 18. August 1959 und des Zentrallaboratoriums des Blutspendedienstes des Schweizerischen Roten Kreuzes vom 19. Oktober 1959 der Beklagte auf Grund der Bestimmung der klassischen Blutgruppen, der Blutfaktoren MN, der Rhesusfaktoren C, Cw, c, D, E, e und des Faktors Duffya als Vater des Kindes Rita nicht ausgeschlossen werden kann, dass er hingegen auf Grund der Bestimmung des Faktors Kell (K) als Vater dieses Kindes auszuschliessen ist. 3. Nachdem ein Streitwert von über Fr. 10'000.-- vorliegt, wird von beiden Parteien im Sinne von OG Art. 41 lit. c das Schweiz. Bundesgericht angerufen für die Entscheidung der Frage, ob der Beklagte gestützt auf das Gutachten des Zentrallaboratoriums des Blutspendedienstes des Schweiz. Roten Kreuzes vom 19. Oktober 1959 als Vater des Kindes Rita ausgeschlossen werden kann. 4. Wenn das Bundesgericht entscheidet, dass der Beklagte als Vater des Kindes Rita nicht ausgeschlossen werden kann, so verzichtet W. ausdrücklich auf die Erhebung weiterer Einreden und anerkennt, Vater des Kindes Rita zu sein. Er übernimmt alsdann endgültig alle rechtlichen und ausserrechtlichen Kosten sowie diejenigen für die beiden erwähnten Expertisen; er anerkennt überdies die im Vertrag vom 24. Februar 1959 sub. Ziff. 3 übernommenen Pflichten. Entscheidet das Bundesgericht, es könne W. als Vater des Kindes Rita ausgeschlossen werden, so fallen alle aufgeführten Kosten auf die Klägerin Fräulein M."
C.- Am 11. Dezember 1959, dem letzten Tage der Frist von Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
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1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
a) an Frl. M. für den Unterhalt während je 4 Wochen vor und nach der Geburt Fr. 400.-- und für die Entbindungskosten und andere infolge der Schwangerschaft und Entbindung notwendig gewordene Auslagen Fr. 500.--, total also Fr. 900.--, sowie b) an das Kind Rita einen monatlichen und vorauszahlbaren Unterhaltsbeitrag von Fr. 80.- von der Geburt an bis zum erfüllten 10. und von Fr. 85.- vom Beginn des 11. bis zum erfüllten 18. Altersjahr zu bezahlen."
BGE 86 II 129 S. 132
Der Beklagte beantragt in der Klageantwort vom 5. Februar 1960 Abweisung der Klage. Von der Durchführung einer Vorbereitungsverhandlung im Sinne von Art. 35
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 35 - 1 In mündlicher Vorbereitungsverhandlung erörtert der Instruktionsrichter mit den Parteien den Streitfall und veranlasst sie nötigenfalls ihre Ausführungen zu verdeutlichen, zu berichtigen, zu vereinfachen oder zu ergänzen. Die Parteien sind dazu in der Regel persönlich vorzuladen. |
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1 | In mündlicher Vorbereitungsverhandlung erörtert der Instruktionsrichter mit den Parteien den Streitfall und veranlasst sie nötigenfalls ihre Ausführungen zu verdeutlichen, zu berichtigen, zu vereinfachen oder zu ergänzen. Die Parteien sind dazu in der Regel persönlich vorzuladen. |
2 | Der Instruktionsrichter führt darauf das Beweisverfahren durch. |
3 | Die Beweisführung wird auf die Hauptverhandlung verschoben, wenn die unmittelbare Wahrnehmung durch das Gericht aus besondern Gründen geboten ist. |
4 | Im Einverständnis mit den Parteien kann die mündliche Vorbereitungsverhandlung unterbleiben. |
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 67 - 1 Das Gericht erhebt gemäss Artikel 35 Absatz 3 auf die Hauptverhandlung verschobene Beweise. |
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1 | Das Gericht erhebt gemäss Artikel 35 Absatz 3 auf die Hauptverhandlung verschobene Beweise. |
2 | Beweiserhebungen des Instruktionsrichters kann das Gericht auf Antrag, der innert zehn Tagen seit dem Abschluss des Vorbereitungsverfahrens zu stellen ist, oder von Amtes wegen bis zum Schluss der Hauptverhandlung ergänzen. Es kann auch vom Instruktionsrichter erhobene Beweise wiederholen, wenn besondere Gründe hierfür sprechen, insbesondere wenn ihm die unmittelbare Wahrnehmung geboten erscheint. |
3 | Das Gericht kann auf Antrag oder von Amtes wegen die Sache zur Ergänzung der Instruktion an den Instruktionsrichter zurückweisen. |
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 41 lit. c OG beurteilt das Bundesgericht als einzige Instanz "andere" zivilrechtliche Streitigkeiten (d.h. andere als die in Art. 41 lit. a und b genannten, zu denen der vorliegende Rechtsstreit nicht gehört), wenn es von beiden Parteien an Stelle der kantonalen Gerichte angerufen wird und der Streitwert wenigstens Fr. 10'000.-- beträgt. (Die neue Fassung dieser Bestimmung gemäss Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 betr. Änderung des OG und des BStP, wonach der Streitwert wenigstens Fr. 20'000.-- betragen muss, gilt gemäss Ziff. IV Abs. 3 des erwähnten Bundesgesetzes für die vorliegende, vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beim Bundesgericht abhängig gemachte Klage noch nicht.) Es steht ausser Zweifel, dass man es hier mit einer zivilrechtlichen Streitigkeit zu tun hat, und zwar handelt es sich, da die Klägerinnen nicht die Zusprechung des Kindes mit Standesfolge, sondern nur Vermögensleistungen im Sinne von Art. 317 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe. |
BGE 86 II 129 S. 133
(Fr. 900.--) und dem Kapitalwert der Unterhaltsbeiträge für das Kind zusammensetzt, übersteigt Fr. 10'000.--.... Ferner steht fest, dass die Parteien das Bundesgericht an Stelle der kantonalen Gerichte angerufen haben; hätten sie nicht direkt das Bundesgericht angerufen, so wären für die Beurteilung der vorliegenden Vaterschaftsklage gemäss Art. 312
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423 |
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1 | wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen; |
2 | wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben. |
2. Das Ergebnis einer naturwissenschaftlichen Untersuchung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dann und nur dann geeignet, erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten im Sinne von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
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seines Gutachtens vom 19. Oktober 1959 in Übereinstimmung mit WUILLERET (Über die Verwertbarkeit der Blutgruppenantigene A1, A2, K, Fya und P bei der Klärung von strittigen Abstammungsfragen, S. 25) als wünschbar bezeichnet. Hiezu wären eingehende biologisch-medizinische und statistisch-mathematische Kenntnisse erforderlich, über die das Gericht nicht verfügt. In Deutschland sind denn auch Richtlinien für die Bewertung des Sicherheitsgrades von Vaterschaftsausschlüssen, die sich auf eine Blutuntersuchung stützen, nicht von den Gerichten, sondern vom Robert-Koch-Institut in Berlin aufgestellt worden (DAHR in BEITZKE, HOSEMANN, DAHR, SCHADE, Vaterschaftsgutachten für die gerichtliche Praxis, 1956, S. 77).
3. Das vorliegende Gutachten Dr. Hässigs ist nicht von einem Gericht eingeholt worden. Es darf jedoch unbedenklich einem gerichtlichen Gutachten gleichgestellt werden, da die Parteien Dr. Hässig gemeinsam mit seiner Ausarbeitung beauftragt haben und kein Zweifel daran bestehen kann, dass Dr. Hässig, der sehr oft als gerichtlicher Sachverständiger zu amten hat, es nach bestem Wissen und Gewissen und im Geiste strengster Unparteilichkeit (vgl. Art. 59
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 59 - 1 Der Sachverständige hat nach bestem Wissen und Gewissen zu amten und sich der strengsten Unparteilichkeit zu befleissen. Auf diese Pflicht ist er bei der Ernennung aufmerksam zu machen. |
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1 | Der Sachverständige hat nach bestem Wissen und Gewissen zu amten und sich der strengsten Unparteilichkeit zu befleissen. Auf diese Pflicht ist er bei der Ernennung aufmerksam zu machen. |
2 | Ungehörige Erfüllung des angenommenen Auftrages zieht Ordnungsbusse gemäss Artikel 33 Absatz 1 BGG29 nach sich.30 |
Ein weiteres Gutachten einzuholen, wie die Klägerinnen dies in Klageschrift beantragt haben, wäre unter diesen Umständen nur dann geboten, wenn an der Autorität Dr. Hässigs zu zweifeln wäre. Hiefür besteht jedoch kein Grund. Dr. Hässig ist (was festzustellen das Bundesgericht schon früher Gelegenheit hatte, vgl. BGE 83 II 103, BGE 84 II 673) auf diesem Gebiet ein anerkannter Fachmann, der über umfassende Kenntnisse und eine reiche Erfahrung verfügt. Er erscheint daher als befähigt, sowohl die grundsätzliche Frage, welcher Beweiswert einem Vaterschaftsausschluss auf Grund der Bestimmung des Blutfaktors Kell im allgemeinen zukommt, in zuverlässiger Weise zu beantworten, als auch im Einzelfalle die nötigen Untersuchungen mit der erforderlichen Sorgfalt durchzuführen und ihr Ergebnis zutreffend zu würdigen. Dass im vorliegenden
BGE 86 II 129 S. 135
Falle bei der Bestimmung des Faktors Kell alle zur Vermeidung eines Fehlresultats notwendigen Vorsichtsmassnahmen angewendet worden sind, wird im übrigen von den Klägerinnen nicht bestritten. Sie verweisen zwar darauf, dass die Bestimmungstechnik sehr schwierig und die Gefahr unsachgemässer Entnahme oder Behandlung des Blutes sehr gross sei, behaupten aber nicht, dass Dr. Hässig den erwähnten Schwierigkeiten nicht gewachsen sei oder dass im vorliegenden Falle mit einem unsachgemässen Vorgehen bei der Durchführung der Untersuchung gerechnet werden müsse. Im Gegenteil anerkennen sie vorbehaltlos, dass der Beklagte (die Brauchbarkeit der angewendeten Ausschlussmethode vorausgesetzt) auf Grund der von Dr. Hässig vorgenommenen Bestimmung des Faktors Kell als Vater des Kindes Rita auszuschliessen sei (Vereinbarung vom 10. Dezember 1959, Ziff. 2; Klageschrift S. 5 Ziff. 4: "Die Parteien haben die Resultate der erwähnten Gutachten anerkannt"), und machen in Wirrklichkeit nur geltend, ein solcher Ausschluss genüge für sich allein grundsätzlich nicht, um erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
4. Dr. Hässig führt in seinem Gutachten aus, in den letzten Jahren sei der dominante Erbgang des Blutfaktors Kell (K) durch zahlreiche Familienuntersuchungen sichergestellt worden. Man verfüge heute über 1585 publizierte Fälle, durch welche dieser Erbgang bestätigt werde. Es sei damit zu rechnen, dass noch weitaus mehr Familien, als aus den erfolgten Veröffentlichungen hervorgehe,
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untersucht worden seien. Hätte man dabei einen gegen die Erbregeln verstossenden Fall gefunden, so wäre er sicher veröffentlicht worden. Der dominante Erbgang des Faktors Kell sei also "eindeutig sichergestellt". Die Häufigkeit serologischer Bestimmungsfehler liege bei Beobachtung aller Kautelen (einwandfreie Identifizierung der Parteien, gleichzeitige Durchführung der Untersuchung bei allen Beteiligten mit den gleichen Testseren, Verwendung einwandfreier Seren, sichere Beherrschung der für den indirekten Nachweis des Faktors Kell erforderlichen Antiglobulintechnik, Kontrolle durch einen zweiten, mit Testseren anderer Herkunft arbeitenden Experten) wesentlich unter 1: 1000. Der heutige Stand der erbbiologischen und serologischen Kenntnisse über das Kell-System, insbesondere den Faktor K, entspreche dem Stand des Wissens über das Rhesus-System in den Jahren 1953/54, in welchen das Bundesgericht die forensische Verwendbarkeit der Rhesusfaktoren voll anerkannt habe (BGE 79 II 17, BGE 80 II 10). Daher dürfe heute ein K - Vaterschaftsausschluss unter der Voraussetzung einer lege artis durchgeführten Untersuchung einem Rhesus-Ausschluss als gleichwertig zur Seite gestellt werden. Da einem solchen das Prädikat der "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" erteilt werde, erscheine es als gegeben, dieses Prädikat auch einem K-Ausschluss zu verleihen. Erfahrene ausländische Experten seien der gleichen Ansicht. So vertrete z.B. Dr. Pettenkofer, der zuständige Sachbearbeiter am Robert-Koch-Institut in Berlin, nach einer persönlichen Mitteilung vom 18. September 1959 die Auffassung, dass die Erzeugerschaft eines Mannes auf Grund eines K-Ausschlusses nach Bestätigung der Befunde durch einen besonders erfahrenen Zweitbegutachter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen sei. Diese Ausführungen tun überzeugend dar, dass ein K-Ausschluss, der auf einer kunstgerecht durchgeführten Untersuchung beruht und durch einen qualifizierten Zweitbegutachter bestätigt wird, heute den Sicherheitsgrad
BGE 86 II 129 S. 137
aufweist, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erforderlich ist, um im Vaterschaftsprozess den Beklagten oder einen Dritten als Vater auszuschliessen.
5. Was die Klägerinnen hiegegen einwenden, ist nicht stichhaltig. a) Es ist mindestens ungenau, wenn sie behaupten, WUILLERET vertrete in der bereits erwähnten Arbeit (S.11) den Standpunkt, dass bei der Erforschung des Faktors K die Bestimmungsergebnisse heute immer noch verfälscht werden können. In Wirklichkeit sagt Wuilleret an der angegebenen Stelle, Verfälschungen der Bestimmungsergebnisse infolge des Auftretens von schwachen oder stummen Allelen (z.B. Ko) oder von sog. Depressorgenen seien als "extrem selten" zu betrachten. Dr. Hässig stimmt dieser Auffassung im vorliegenden Gutachten bei. Sind solche Vorkommnisse extrem selten, so bilden sie kein Hindernis dafür, einem K-Ausschluss den Beweiswert der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beizumessen. b) Wenn Dr. Hässig und weitere Fachleute, wie im vorliegenden Gutachten erwähnt, einem K-Ausschluss in den Jahren 1954 und 1956 nur das Prädikat einer "erheblichen" bezw. "sehr erheblichen" Wahrscheinlichkeit zuerkannten (BARANDUN, BÜHLER, HÄSSIG, ROSIN, Moderne Probleme der Pädiatrie I S. 654; WUILLERET, ROSIN, HÄSSIG, Schweiz. med. Wochenschrift 86 S. 1455; vgl. auch BERGER, Basler jur. Mitteilungen 1957 S. 321 f.), so vermag dies die von Dr. Hässig heute vertretene Auffassung, dass für dìe Richtigkeit eines K-Ausschlusses bei kunstgerecht durchgeführter Untersuchung nunmehr eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit bestehe, entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht zu widerlegen. Dass der Experte den Beweiswert eines solchen Ausschlusses heute höher einschätzt als 1954/56, erklärt sich aus den Fortschritten, welche die Forschung in der Zwischenzeit gemacht hat. c) Den Begriff der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit statistisch genau zu definieren (was nach der
BGE 86 II 129 S. 138
Meinung der Klägerinnen im Sinne des Verschärfung der Anforderungen geschehen sollte), kann, wie schon ausgeführt (Erw. 2 hievor), nicht Sache des Bundesgerichtes sein. d) Wenn in dem von den Klägerinnen angezogenen Falle BGE 83 II 102 ff. einem Duffya-Ausschluss die Anerkennung versagt blieb, obwohl WUILLERET, ROSIN UND HÄSSIG in der unter b hievor erwähnten Arbeit angenommen hatten, die Häufigkeit von Fehlbestimmungen dieser Bluteigenschaft liege bei Verwendung einwandfreier Seren und bei sicherer Beherrschung der Untersuchungstechnik "wesentlich unter 1: 1000", so geschah dies vor allem deswegen, weil die Gesetzmässigkeit der Vererbung dieser Bluteigenschaft noch nicht mit genügender Sicherheit feststand (S. 107). Demgegenüber darf heute der dominante Erbgang des Faktors Kell nach dem vorliegenden Gutachten als gesichert angesehen werden. Aus dem erwähnten Entscheide lässt sich daher nichts gegen die forensische Verwendbarkeit eines K-Ausschlusses ableiten. e) Der Gefahr von Fehlbestimmungen im Einzelfall, auf welche die Klägerinnen schliesslich noch hinweisen, kann nach den Feststellungen des Experten durch die von ihm genannten Vorsichtsmassnahmen (Erw. 4 hievor) mit dem Erfolg begegnet werden, dass Fehlbestimmungen nicht häufiger als allerhöchstens in einem unter 1000 Fällen vorkommen. Demnach muss es bei der Schlussfolgerung des Experten bleiben, wonach ein K-Ausschluss unter der Voraussetzung einer kunstgerecht durchgeführten Untersuchung heute das Prädikat der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit verdient. Dass Dr. Hässig und der Zweitbegutachter P.D. Dr. Holländer die Untersuchung im vorliegenden Fall unter Beobachtung aller erforderlichen Vorsichtsmassnahmen durchgeführt haben, ist unbestritten (vgl. Erw. 3 hiervor) und steht angesichts der Persönlichkeit der Gutachter ausser Frage. Das Ergebnis der Expertise rechtfertigt folglich erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des
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Beklagten im Sinne von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.