85 II 312
51. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Oktober 1959 i.S. B. gegen L.
Regeste (de):
- Vaterschaftsklage. Klagefrist, Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. 2 Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 3 Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. - 1. Wann genügt zur Fristwahrung die Anrufung des Friedensrichters?
- 2. Unrichtige Schreibung des Namens des Beklagten: Berichtigung gemäss kantonalem Prozessrecht ohne Schaden für die Fristwahrung.
Regeste (fr):
- Action en paternité. Délai, art. 308 CC.
- 1. Quand le délai est-il respecté par la seule requête adressée au juge de paix?
- 2. Orthographe inexacte du nom du défendeur: Rectification selon le droit cantonal de procédure permettant d'admettre que le délai est respecté.
Regesto (it):
- Azione di paternità. Termine, art. 308 CC.
- 1. Quando il termine è osservato con la semplice domanda indirizzata al giudice di pace?
- 2. Ortografia inesatta del nome del convenuto: Rettificazione secondo il diritto processuale cantonale, che consente di ammettere che il termine è osservato.
Sachverhalt ab Seite 313
BGE 85 II 312 S. 313
A.- Hilda L., die vom April 1955 bis Januar 1956 in S ... in Stellung war, brachte am 10. Mai 1956 ausserehelich den Knaben Peter zur Welt. Der in ihrer Wohnsitzgemeinde Sch. bestellte Beistand verlangte am 1. Mai 1957 beim Amtsgerichtspräsidenten von Luzern-Land den Friedensrichtervorstand für die Vaterschaftsklage gegen "A... Bojar, ... bei S.". Die so adressierte Vorladung vom 3. Mai kam jedoch mit dem postalischen Vermerk "unbekannt retour" zurück, so dass ein Sühneversuch nicht stattfinden konnte. Am 9. Juli 1957 reichte der Beistand nach besserer Information beim Amtsgericht eine Vaterschaftsklage ein, in der der Name des Beklagten richtig mit "A... Boillat, Uhrenarbeiter" angegeben wurde . Der Beklagte bestritt intime Beziehungen mit der Klägerin und erhob die Einreden der Klageverwirkung, des Drittverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels. Beide kantonalen Instanzen haben die Einreden verworfen und die Klage gutgeheissen. Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Vaterschaftsklage gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
BGE 85 II 312 S. 314
keine Wirkungen habe, weil dieser dabei nicht richtig bezeichnet und ihm deshalb die Vorladung nicht zugestellt worden sei. Grundsätzlich müsse die beklagte Partei in der Klage so genau bezeichnet werden, dass Zustellungen an sie möglich seien. Nach allgemeiner prozessrechtlicher Lehre sei Partei nicht die vom Kläger gewollte, sondern die von ihm als Partei bezeichnete Person. Blosse Ungenauigkeiten wie die unrichtige Schreibweise eines Namens könnten aber jederzeit berichtigt werden. Partei sei in solchen Fällen derjenige, auf den sich die prozessbegründenden Erklärungen objektiv bezögen. Die Berichtigung sei natürlich nur möglich, wenn die Identität der nach dem Klageinhalt sicher bestimmten, aber ungenau bezeichneten Person feststehe. Dies sei hier der Fall. Einen "A... Bojar" gebe es in dem kleinen Dorf... nicht. Die Klägerin, die aus der deutschen Schweiz komme, mit dem Beklagten keinerlei Korrespondenz geführt und seinen Namen nur vom Hören gekannt habe, erkläre, sie habe damit den A... Boillat gemeint. Sie habe dessen Namen so angegeben, wie man ihn in Unkenntnis der französischen Sprache verstehen könne. Die Identität der in der Anrufung des Friedensrichters mit "Bojar" bezeichneten Person mit Boillat stehe also fest, sodass die Berichtigung zulässig sei. Dann aber sei die Klage gegen den Beklagten rechtzeitig angehoben worden.
B.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Beklagte die Einrede der Klageverwirkung aufrecht und verlangt Abweisung der Klage aus diesem Grunde. Er macht geltend, die Vorinstanz habe Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
BGE 85 II 312 S. 315
Beklagten bezögen, so liesse sich eine Vaterschaftsklage ohne jede Namensangabe, also "gegen Unbekannt" denken, was unhaltbar wäre. Die Berufungsbeklagten tragen auf Abweisung der Berufung an. Sie führen aus, es handle sich um einen blossen Verschrieb des Namens, also um einen heilbaren Mangel, welcher die Fristwahrung in keiner Weise präjudiziere. Die Berichtigung eines Schreibfehlers sei, wenn die Identität der Person feststehe, im Sinne von Art. 98 Abs. 5
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 98 Kostenvorschuss - Das Gericht kann von der klagenden Partei einen Vorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen. |
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz geht vorab davon aus, dass zur Wahrung der Klageverwirkungsfrist des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
BGE 85 II 312 S. 316
bundesrechtliche Verwirkungsfrist zu wahren, wie diejenige für die Vaterschaftsklage gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
2. Gehört insoweit der Begriff der Klageanhebung dem Bundesrecht an, so untersteht die weitere Frage, wie eine Anrufung des Friedensrichters, abgesehen von der Frist, beschaffen sein muss, um rechtswirksam - "rite eingereicht" (BGE 55 II 18) - zu sein, notwendigerweise dem kantonalen Prozessrecht. Der Sinn der Verwirkungsfrist des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
BGE 85 II 312 S. 317
mit "Bojar" bezeichnete und gemeinte Person sei mit Boillat identisch. Dass es sich lediglich um eine unrichtige Schreibweise handelt und wie es dazu kam, liegt in der Tat auf der Hand, zumal wenn man die Zeugenaussage des Beistandes vor Obergericht liest, wonach ihm die Kindsmutter anfänglich den Schwängerer nicht nennen wollte und ihm erst später durch ihre Mutter einen Zettel mit dem Namen "A... Bojar" überbringen liess, welche Fassung genau dem phonetischen Lautbild des Namens in deutscher Schreibung entspricht (abgesehen von dem am Schluss angehängten r) - aber freilich im Schriftbild und in französischer Aussprache so wenig mehr an den richtigen Namen erinnert, dass sogar der Postbeamte von... den Zusammenhang nicht gemerkt - oder jedenfalls die Zustellung nicht gewagt haben mag. Dass die Klageeinleitung innert der Verwirkungsfrist dem Beklagten zugestellt worden sei, verlangt Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
|
1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 3. März 1959 bestätigt.