98 · Familienrecht. N° 16.

die elterliche Gewalt der Rekurrentin mangels eines Entziehungsgrundes
wiederherzustellen

2. Eine Parteientsehàdigung ist der Rekurrentin nach konstanter Praxis
in einem Fall wie dem vorliegenden nicht zuzusprechen (vgl. AS 41 s. 656).

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Regierungsrates
des Kantons Thurgau vom 11. Februar 1916 aufgehoben und die der
Rekurrentin im Jahre 1913 entzogene elterliche Gewalt über das Kind Rosa
wiederhergestellt.16. Urteil tier II. Zivila'bteilnng vom 18. Mai 1916
i. S. Stettler, Kläger, gegen Tringali, Beklagter.

Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB; Begriff der Klage anhebung im Sinne dieser
Gesetzesbestimmung.

A. Auf Verlangen des Beistandes des Klägers Friedrich Sigmund Stettler
wurde der Beklagte am 18. /19. Mai 1914 vom Gerichtspräsidenten'von
Laufen zum Sühneversuch über das Rechtsbegehren geladen, er sei
als ausserehelicher Vater des von der! Klägerin am 5. November 1913
geborenen Klägers gehalten, an dessen Unterhaltsund Erziehungskosten
einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 30 Fr., bis zum vollendeten
18. Altersjahr des Kindes, zu bezahlen. Der Aussöhnungsversueh über
diese Begehren, an welchem der Beistand des Klägers und der Beklagte
teilnahmen, fand am 22. Mai 1914 statt und verlief erfolglos. Auf Begehren
der Klägerin Lina Stettler und des durch seinen Beistand vertretenen
Klägers Friedrich Sigmund Stettler erliess der Gerichtspräsident von
Laufen am 12. /28. Juni 1915 eine neue Vorladung an den Beklagten zum
Aussöhnungsversuch über die Rechts-Familienrecht. N° 16. 5 99

begehren, es sei der Beklagte als ausserehelicher Vater des am 5. November
1913 geborenen Klägers zu erklären und ihm der Kläger mit Standesfolgen
zuzuspreehen; ausserdem sei der Beklagte zur Bezahlung von 200 Fr. gemäss
Art. 317
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
ZGB und einer vom Gericht festzusetzenden Genugtuungssumme
an die Klägerin, sowie eines monatlichen Alimentationsheitrages von 30
Fr. an das Kind, bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr, zu ver-urteilen.
Nachdem der Aussöhnungsversuch über diese Begehren zwischen den Klägern
und dem Beklagten am 30. Juni 1915 ebenfalls fruchtlos abgelaufen war,
reichten die Kläger Lina Stetiler und Friedrich Sigmund Stettler am
2. August 1915 beim Amtsgericht Laufen die vorliegende Klage gegen den
Beklagten ein, mit der sie die in der Vorladung zum Sühneversuch vom
30. Juni 1915 enthaltenen Rechtsbegehren erneuerten. Der Beklagte hat
auf Abweisung der Klage geschlossen und sich in der Ergänzung seiner
Klagebeantwortung darauf berufen, dass die Klage verwirkt sei.

B. Durch Urteil vom 5. Oktober 1915 hat das Amtsgericht Laufen den
Beklagten zur Bezahlung eines Alimentationsbeitrages von monatlich
15 Fr. an den Kläger, bis zum vollendeten 18. Altersjahr, verurteilt
und im übrigen (d. h. in Bezug auf das Begehren um Zusprechung des
Kindes mit Standesfolgen und um Ausrichtung einer Entschädigungsund
Genugtuungssumme an die Mutter) die Klage verworfen. Auf Appellation des
Beklagten bin hat der Appellationshof des Kantons Bern mit Urteil vom
8. Februar 1916 die Klage abgewiesen und die Kläger zur Bezahlung von
350 Fr. Prozesskosten an den Beklagten verurteilt, weil die Anhebung
der Klage gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB, worunter nach §§ 13 und 58 Abs. 2
des Prozessdekretes vom 30. November 1911 einzig die Einreichung der
Klageschrift beim Gerichtspräsidenten verstanden werden könne, erst nach
Ablauf eines Jahres seit der Geburt des Klägers stattgefunden habe.

C. Mit der vorliegenden, rechtzeit und formrichtig

100 . Familienrecht. N° 16.

eingereichten Berufung verlangen die Kläger, es sei unter gänzlicher
Aufhebung des Urteils des Appellationshofes des Kantons Bern der Beklagte
als ausserehelicher Vater des Klägers zu erklären und zur Bezahlung eines
Beitrages von monatlich 15 Fr. an dessen Unterhaltsund Erziehungskosten,
bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr, sowie der sämtlichen Kosten
gegenüber der Klägerschaft zu verurteilen. '

D. Der Beklagte hat beantragt, es sei auf die Berufung der Lina Stettler
nicht einzutreten und die Berufung des Klägers Friedrich Sigmund Stettler
abzuweisen, unter Kostenfolge für die Kläger.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Was den Antrag des Beklagten anbelangt, es sei auf die Berufung
der Klägerin Lina Stetller nicht einzutreten, so fällt in Betracht,
dass Lina Stettler vor erster Instanz mit ihren selbständigen Begehren
auf Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung einer Entschädigung gemäss
Art. 317
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
und einer Genugtuungssumme gemäss Art. 318
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 318 - 1 Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
1    Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
2    Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.449
3    Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.450
ZGB abgewiesen worden
ist. Da sie gegen dieses Urteil nicht appelliert hat, war sie eigentlich
vor der Vorinstanz nicht mehr Partei. Dies nimmt auch die Vorinstanz in
Erwägung 1 ihres Urteiles selber an. Trotzdem hat der Appellationshoj
im Dispositiv seines Entscheides die sich aus dieser Sachlage ergebende
Konsequenz nicht gezogen, sondern, ohne einen Unterschied zwischen
den verschiedenen Ansprüchen der Klägerin und des Klägers zu machen,
erkannt: Die Klage ist abgewiesen , und beide Kläger zu den Kosten
verurteilt. In ihrer Berufungserklärung hat nun die Klägerin keinen
selbständigen Berufungsantrag mehr gestellt; sie verlangt eine Abänderung
des angefochtenen Urteiles nur insoweit, als es sich auf den Kostenspruch
bezieht. Kostenentseheidungen kantonaler Gerichte können aber nicht
selbständig an das Bundesgericht weiter gezogen werden,'n' '..

Eamilienrecht. N° 16. T 101

da für die Verlegung der Prozesskosten nicht eidgenössisches Recht,
sondern das kantonale Prozessrecht massgebend ist (vgl. z.B. AS 17
S. 312); die Berufung der Klägerin ist daher ohne weiteres abzuweisen.

2. In Bezug auf die Berufung des Klägers ist zu, prüfen, ob die Klage
gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB vor Ablauf eines Jahres seit der Geburt des Kindes
erhoben werden sei. Mit der Vorinstanz ist diese einjährige Frist als
eine Verwirkungsund nicht als eine Verjährungsfrist aufzufassen. Dies
ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB, der ausdrücklich
verlangt, dass die Klage vor Ablauf eines Jahres seit der Geburt des
Kindes anzuheben sei; ebenso ist im Randtitel zu Art. 308 nicht von
Verjährung, sondernvon Klagefrist die Rede. Dass diese Frist keine
Verjährungsfrist sein kann, geht aber auch daraus hervor, dass es an dem
für den Lauf der Verjährung erforderlichen Anfangsdatum fehlen Würde,
indem die Klage auch vor der Geburt des Kindes angegeben werden kann
(vgl. GRAWELN, Verjährung und gesetzliche Befristung S. 79 f.).

3. Zu Unrecht hat dagegen die Vorinstanz angenommen, dass die Frage, was
unter dem Begriff der Klageanhebung gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB zu verstehen
sei, sich nach kantonalem Prozessrecht beurteile. Für die Richtigkeit
ihrer Auffassung verweist die Vorinstanz auf den in AS 40 III S. 431
ff. abgedruckten Entscheid der Schuldbetreibungs-und Konkurskammer
des Bundesgerichts. In jenem Falle handelte es sich indessen darum, zu
entscheiden, ob ein Gläubiger, dem vom Konkursamt gewisse Rechtsansprüche
gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG unter Ansetzung einer Frist zu deren gerichtlicher
Geltendmachung abgetreten worden waren, diese Frist innegehalten habe
oder nicht. Dabei hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zutreffend
angenommen, dass kein dureh eine eidgenössisch reehtliche Befristung
beschränktes Rechtsverhältnis vorliege und daher die Streitfrage
ausschliesslich auf Grund des kantonalen Prozessrechtes

102 Familienrecht. N° 16.

entschieden. In dem heute zu beurteilenden Falle liegt aber die Sache
insofern anders, als es sich bei der Befristung der Vaterschaftsklage
gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB um eine bundesrechtliche Bestimmung handelt, die
als Bedingung der rechtlichen Geltendmachung der Klage innert Frist
die Klageanhebung nennt. In einem. solchen Falle ist lediglich
das Verfahren, in dem die Klage auszuspielen, und die Form, in der
der Richter mit der Streitsache zu befassen ist, dem kantonalen Recht
überlassen. Der Begriff der Klageanhebung selbst muss dagegen als ein
bundesrechtlicher aufgefasst werden. Wie aus der Entstehungsgeschichte
des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB hervorgeht, ist die Befristung der Vaterschaftsklage
in den Beratungen sowohl der Kommissionen als der Räte Gegenstand
besonders eingehender Diskussionen gewesen und 'als Konzession
an diejenige Anschauung ins Gesetz aufgenommen worden, die sich,
wenn auch nicht gegen die Zulassung der Vaterschaftsklage selbst,
so doch gegen jede allzuweit gehende Erleichterung derselben richtete
(vgl. Mona, Vaterschaftsklage S. 77). Angesichts der Verschiedenheiten
der einzelnen kantonalen Zivilprozessordnungen kann aber dieser bestimmte
gesetzgeberische Wille nur dann überall gleichmässig zum Durchbruch
gebracht werden, wenn der Begriff der Klageanhebung in einer für das
ganze Gebiet der Schweiz einheitlichen Weise aufgestellt wird. _

4. Fragt es sich somit, welche Handlung des Klägers bundesrechtlich
als Klageanhebung zu gelten habe, so ist auf die Praxis zu verweisen,
die das Bundesgericht auf Grund des Art. 35 des früheren ZEG und der
Art. 242
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
und 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...447
SchKG entwickelt hat (vgl. AS 5 S. 594, 25 II S. 8,
und insbesondere 33 II S.455 f., 35 II S. 105 und 38 II S. 747). Nach
einigem schwanken ist der auch in diesen Gesetzen vorkommende Begriff
der Klageanhebung in dem Sinne ausgelegt worden, dass darunter nicht
der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zu verstehenFamilienrecht. N° 16. 103

sei, der inden verschiedenen kantonalen Prozessordnungen ein verschiedener
ist, sondern diejenige prozesseinleitende oder vorbereitende Handlung. des
Klägers, mit der er zum erstenmal in bestimmter Form für den von ihm
erhobenen Anspruch den Schutz des Richters anruft. Dabei hat das
Bundesgericht angenommen, dass, wo das kantonale Prozessverfahren
der gerichtlichen Klage vorgängig eine Anrufung des Friedensrichters
vorschreibt, schon diese Anrufung als Anhebung der Klage aufzufassen
sei. An dieser Praxis ist auch im vorliegenden Falle festzuhalten. Wenn
auch die Auffassung des Bundesgeri chts gestützt auf das ZEG und SchKG
wesentlich durch die dort gesetzten kurzen Fristen bestimmt wurde, während
es sich hier um eine bedeutend längere Frist handelt, so empfiehlt es sich
doch auch hier als Klageanhebung die erste prozesseinleitende Handlung
des Klägers zu verstehen, weil allein auf diese Weise eine gieichmässige
Anwendung des ZGB in den verschiedenen Kantonen erzielt und die dem neuen
Rechte zu Grunde liegende Idee der Rechtseinheit verwirklicht werden
kann. Dabei besteht allerdings die Möglichkeit, dass in allen denjenien
Kantonen, wo, wie z.B. im Kanton Bern, die sühneverhandlung nicht in
organischer Verbindung mit dem eigentlichen Prozessverfahren steht,
(1. h. der Streit nicht innert einer gewissen Frist nach Abschluss des
Vermittlungsverfahrens zur Vermeidung der Verwirkung des Klagerechtes
oder sonstiger Rechtsfolgen vor den Richter gebracht werden muss, eine
Vaterschaftsklägerin nach Anrufung des Friedensrichters vor Ablauf
eines Jahres seit der Geburt des Kindes mit der Einreichung der Klage
bis zum Ablauf der gewöhnlichen zehnjährigen Verjährung des Art. 127
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.

OR zuwarten kann. Abgesehen davon, dass solche Verschleppungen eines
Prozesses in der Praxis nur selten vorkommen dürften, steht jedoch,
wo die kantonalen Prozessordnungen nicht noch etwas anderes vorsehen,
dem Beklagten jedenfalls das Rechtsmittel der

104 Familienrecht. N° 16.

Provokation zur Klage oder doch der Feststellungsklage zur Verfügung,
um den Streit zum beschleunigten Austrag bringen zu lassen.

5. Im vorliegenden Falle hat nun die als Klageanhehung aufzufassende
Anruiung des Friedensrichters durch den Kläger Friedrich Sigmund Stettler
schon im Mai 1914, d. h. vor Ablauf eines Jahres seit dessen Geburt am
5. November 1913 stattgefunden. Da der Beklagte nicht geltend gemacht
hat, dass an Stelle des Aussöhnungsversuches nach §56ik. des kantonalen
Prozessd ekretes vom 30. November 1911 das Verfahren vor Einwohner-

gemeinderatspräsident hätte Platz greifen müssen (was.

nur dann der Fall gewesen wäre, wenn die Klägerin zur Zeit, als sie die
Anzeige gemäss § 56 l. 6. hatte machen sollen, einen Wohnort _ im Kanton
Bern gehabt hätte), und da im übrigen das kantonale Urteil keinerlei
Verletzung kantonalen Prozessrechtes durch den Kläger konstatiert, ist
daher die Klage als rechtzeitig eingeleitet zu betrachten. Daraus folgt,
dass das angefochtene Urteil aufzuheben und, da über die Begründetheit
der Ansprüche des Klägers kein Urteil des Appellationshofes vorliegt
und eine Prüfung des Bundesgerichtes auf Grund der derzeitigen Aktenlage
nicht möglich ist, die Sache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz
zurückzuweisen ist. si

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung der Lina Stettler wird abgewiesen, die Berufung des Friedrich
Sigmund Stettler gutgeheissen und in teilweiser Aufhebung des Urteils
des Appellationshofes des Kantons Bern vom 8. Februar 1916 die Sache im
Sinne der Motive an die Vorinstanz zurückgewiesen; der Entscheid über
die kantonalen Kosten wird, soweit er den Kläger betrifft, dem Endurteil
vorbehalten.Sachenrecht. N° 17. 105

III. SACHENRECHT

DROITS RÉELS

17. ma da la. ne Section civile du 6 avril 1916 dans la cause Société
anonyme des Bains chende contre Marcel Pez-ret. _

Titres fo nci ers, art. 875 et suiv. CC. La souseription à ces titres
n'est soumise à aucune condition de forme Spéciale. Elle peut avoir lieu
avant la création des titres.

T i t r e s émis e n s érie. Impossibilité de créer deux rangs
d'hypothéque pour la méme série.

A. L'acte sous seing privé suivant a été passe le 7 novembre 1913 entre la
Société des Bains chauds et Buanderie des Eaux-Vives et Marcel Ferret, à
Genève : Ce dernier s'engage à faire à la Société... un prét hypothécaire
de 50000 francs. Ce prèt viendra en concours avec 30 000 fr. iaits par
les régisseurs, MM. Rochat et Dimier, soit un deuxième rang pour un
total de 80 000 fr. sous forme d'obligation hypothécaire. Ce pret sera
garanti par une inscription en deuxiéme rang, venant de suite après
le premier rang consenti par la Caisse hypothécaire de Genève... La
Société... confiera à M. Marcel Perret les fonctions d'administrateur
general, sans procuration, dans son établissement, dès son ouverture au
pubiic, avec un traitement annuel de 3000 france.

Apres avoir demandé, le 16 avril 1914, des renseignements au notaire
Lasserre, charge par la Société de la co nstitution de l'hypothéque
prévue dans la convention du 7 novembre 1913, Perret lui indique, le 1er
juin, ses conditions définitives. Il demande : I'insertion dans l'acte
constitutif de son pret hypothécaire. Il exige son
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 42 II 98
Datum : 11. Februar 1916
Publiziert : 31. Dezember 1916
Quelle : Bundesgericht
Status : 42 II 98
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 98 · Familienrecht. N° 16. die elterliche Gewalt der Rekurrentin mangels eines Entziehungsgrundes


Gesetzesregister
OR: 127
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.
SchKG: 242 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
250 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...447
260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
ZGB: 308 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
317 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
318
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 318 - 1 Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
1    Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
2    Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.449
3    Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.450
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • frist • bundesgericht • vorinstanz • vaterschaftsklage • rang • monat • friedensrichter • verurteilter • vater • rechtsbegehren • einigungsverfahren • sachenrecht • weiler • elterliche gewalt • verurteilung • entscheid • verfahren • kantonales rechtsmittel • richterliche behörde
... Alle anzeigen