Urteilskopf

84 III 9

3. Entscheid vom 19. April 1958 i.S. Jost.

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 10

BGE 84 III 9 S. 10

In der Betreibung auf Grundpfandverwertung, welche die Allgemeine Aargauische Ersparniskasse als Gläubigerin der I. Hypothek auf einer Liegenschaft in Gipf-Oberfrick gegen Jost führt, zeigte das Betreibungsamt Gipf-Oberfrick dem Schuldner am 13./15. März 1958 an, dass die Steigerung auf den 16. April 1958 festgesetzt worden sei, und stellte ihm den Text der Steigerungspublikation zu, aus dem hervorging, dass das Betreibungsamt die Pfandliegenschaft auf Fr. 285'000.-- geschätzt hatte. Innert der Beschwerdefrist verlangte hierauf der Schuldner auf Grund von Art. 99 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 99 - 1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
1    Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2    Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
VZG bei der untern Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne von Art. 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
VZG und beantragte, die auf den 16. April angesetzte Steigerung sei zu verschieben. Die untere Aufsichtsbehörde verfügte am 26. März 1958, dem Gesuch werde entsprochen; der Schuldner habe bis 1. April 1958 um 18 Uhr einen Kostenvorschuss von Fr. 500.-- einzuzahlen und sich bis zum 2. April 1958 um 18 Uhr über die erfolgte Zahlung auszuweisen; bei nicht rechtzeitiger Zahlung werde auf die Beschwerde nicht eingetreten; das Gesuch um Aufschub der Steigerung werde abgewiesen.
Der Schuldner zog diese Verfügung an die kantonale Aufsichtsbehörde weiter mit dem Antrag, die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses sei nach Gesetz (d.h. entsprechend den Bestimmungen über die Betreibungsferien) anzusetzen; der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen und die Steigerungsanzeige demgemäss zu widerrufen. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat mit Vorentscheid vom 1. April 1958 das Gesuch um Erteilung aufschiebender Wirkung und Widerruf der Steigerung und mit Hauptentscheid vom 9. April 1958 die Beschwerde selber abgewiesen. Gegen diese Entscheide hat der Schuldner unter Erneuerung der im kantonalen Verfahren gestellten Anträge an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert (Eingaben vom 5., 13. und 14. April 1958). Nach Einsicht in die Eingabe vom 5. April hat der
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Instruktionsrichter am 11. April verfügt, dem Gesuch um Gewährung aufschiebender Wirkung werde entsprochen und die auf den 16. April 1958 angesetzte Steigerung sei zu verschieben.
Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Nachdem die Steigerung durch Verfügung des Instruktionsrichters in Gutheissung des Gesuchs um Gewährung aufschiebender Wirkung verschoben worden ist, bleibt nur zu entscheiden, ob die Frist für die Leistung des Kostenvorschusses für die neue Schätzung durch Sachverständige entsprechend der Verfügung der untern Aufsichtsbehörde mit dem 1. April 1958 ablief oder ob sie, wie der Rekurrent geltend macht, gemäss Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG bis zum dritten Werktag nach den Oster-Betreibungsferien (30. März bis 13. April 1958), d.h. bis zum 16. April 1958 verlängert wurde mit der Folge, dass die vom Rekurrenten verlangte neue Schätzung angeordnet werden muss, falls der festgesetzte Vorschuss bis dahin geleistet wurde.
2. Die Vorinstanz ist der Ansicht, Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG sei nach dem Sinne von Art. 56 bis
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
63 SchKG nur anwendbar, wenn die erfolgte Fristansetzung sich als Betreibungshandlung darstelle. Dies treffe für die in Frage stehende Fristansetzung nicht zu, weil die verlangte Neuschätzung die Betreibung nicht "in ein fortgesetzteres Stadium" führe, sondern lediglich eine "Massnahme im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens" darstelle. Daher müsse es bei der angefochtenen Verfügung sein Bewenden haben.
Es stimmt jedoch nicht, dass Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG nur für die Fristen gelte, in deren Ansetzung eine Betreibungshandlung liegt. Abgesehen davon, dass die Anwendung von Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG nicht eine Fristansetzung voraussetzt, sondern dass diese Bestimmung auch für die Fristen gelten muss, die mit dem Eintritt bestimmter Tatsachen von
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Gesetzes wegen in Gang kommen, ergibt sich die Unrichtigkeit der Auffassung der Vorinstanz schon daraus, dass nicht nur der Schuldner sich auf Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG berufen kann, sondern dass diese Vorschrift auch dem Gläubiger und Dritten zugute kommt (BGE 67 III 104, BGE 80 III 5), obwohl darin, dass dem Gläubiger oder einem Dritten eine Frist angesetzt wird, naturgemäss überhaupt nie eine Betreibungshandlung liegt (worunter, wie die Vorinstanz richtig sagt, nur eine das Betreibungsverfahren fördernde behördliche Massnahme gegen den Schuldner verstanden werden kann). Die dem Rekurrenten angesetzte Frist für die Vorschussleistung lief daher ohne Rücksicht darauf, ob ihre Ansetzung eine Betreibungshandlung bedeutete oder nicht, erst am 16. April 1958 ab. Unter diesen Umständen blieb nichts anderes übrig, als die auf diesen Tag anberaumte Steigerung zu verschieben. Der neue Steigerungstermin ist im Falle, dass der Kostenvorschuss bis zum 16. April 1958 geleistet wurde, so anzusetzen, dass das Ergebnis der in diesem Falle anzuordnenden neuen Schätzung durch Sachverständige den Beteiligten noch vor der Steigerung mitgeteilt werden kann (BGE 71 III 126f.). Der Vorinstanz kann im übrigen auch darin nicht beigestimmt werden, dass keine Betreibungshandlung vorliege, wenn dem Schuldner, der eine neue Schätzung im Sinne von Art. 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
VZG verlangt, auf Grund dieser Bestimmung eine Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt wird. Es handelt sich hiebei um eine gegenüber dem Schuldner ergriffene behördliche Massnahme, die der Vorbereitung der Steigerung dient und damit das Betreibungsverfahren fördert. Der Rekurs müsste daher selbst dann geschützt werden, wenn die vorinstanzliche Auslegung von Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG richtig wäre.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die untere Aufsichtsbehörde
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angewiesen wird, die neue Schätzung anzuordnen, falls der Kostenvorschuss bis zum 16. April 1958 geleistet worden ist.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 84 III 9
Date : 19. April 1958
Published : 31. Dezember 1959
Source : Bundesgericht
Status : 84 III 9
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Betreibungsferien; Fristenlauf. Art. 63 SchKG gilt auch für die Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses, die bei der


Legislation register
SchKG: 56bis  63
VZG: 9  99
BGE-register
67-III-103 • 80-III-3 • 84-III-9
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