84 II 29
4. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Februar 1958 i.S. Rösler und Hirsch gegen Coradi.
Regeste (de):
- Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden.
1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. 2 Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. - Gesichtspunkte für die Bestimmung der "verhältnismässig kurzen Zeit".
Regeste (fr):
- Art. 335 CO, droit au salaire de l'employé que la maladie empêche de travailler.
- Critères pour fixer le "temps relativement court".
Regesto (it):
- Art. 335 CO, diritto del lavoratore alla mercede quando sia impedito di prestare i suoi servigi per malattia.
- Criteri per determinare il "tempo relativamente breve".
Sachverhalt ab Seite 30
BGE 84 II 29 S. 30
Albert Rösler, geb. 1885, wurde von G. Coradi, der in Zürich mathematisch-mechanische Instrumente herstellte, von 1901 bis 1905 zum Feinmechaniker und Werkzeugmacher ausgebildet und 1908 nach drei Wanderjahren als Arbeiter angestellt. Bis 1939 bezog er Stundenlohn, nachher Monatslohn. Da er zwischen dem 4. Juli 1952 und dem 24. September 1953 wegen Krankheit mehrmals die Arbeit aussetzte, wurde er ab 25. September 1953 wiederum je Arbeitsstunde entlöhnt. Im September 1954 erkrankte er neuerdings. Sein Sohn ersuchte daher die damaligen Geschäftsinhaberinnen Valerie und Martha Coradi am 25. September 1954, seinen Vater vorläufig für drei Monate zu beurlauben. Er gab der Meinung Ausdruck, Rösler werde kaum jemals mehr arbeiten können. Die Arbeitgeberinnen beantworteten sein Schreiben, ohne den Dienstvertrag wegen dauernder Unmöglichkeit der Erfüllung als aufgelöst zu erklären oder ihn zu künden. Der Schweizerische Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter versuchte später wiederholt ohne Erfolg, sie zu bewegen, Rösler eine Rente zu versprechen oder ihm eine Abfindung auszuzahlen. Von der Wiederaufnahme der Arbeit sprach niemand mehr; Rösler blieb arbeitsunfähig.
Im November 1955 klagte er gegen Valerie und Martha Coradi unter Berufung auf Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
Erwägungen
Erwägungen:
4. .....
Deshalb ist davon auszugehen, dass das Dienstverhältnis
BGE 84 II 29 S. 31
jedenfalls während der neun Monate, für welche Zahlung des Lohnes verlangt wird, d.h. bis Ende Juni 1955, noch bestanden hat. Zur Auffassung der Kläger, der Lohnanspruch aus Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
5. Der Dienstherr muss die Gegenleistung für den während der Krankheit auszuzahlenden Lohn in der Arbeit sehen, die der Dienstpflichtige ihm in gesunden Tagen leistet. Daher gibt Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 352 - 1 Der Heimarbeitnehmer hat mit der übernommenen Arbeit rechtzeitig zu beginnen, sie bis zum verabredeten Termin fertigzustellen und das Arbeitserzeugnis dem Arbeitgeber zu übergeben. |
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1 | Der Heimarbeitnehmer hat mit der übernommenen Arbeit rechtzeitig zu beginnen, sie bis zum verabredeten Termin fertigzustellen und das Arbeitserzeugnis dem Arbeitgeber zu übergeben. |
2 | Wird aus Verschulden des Heimarbeitnehmers die Arbeit mangelhaft ausgeführt, so ist er zur unentgeltlichen Verbesserung des Arbeitserzeugnisses verpflichtet, soweit dadurch dessen Mängel behoben werden können. |
BGE 84 II 29 S. 32
Zurückhaltung. Zudem legen diese Worte im Streitfalle den Entscheid in das Ermessen des Richters. Dieser hat also nach Recht und Billigkeit zu urteilen (Art. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
6. Im vorliegenden Falle wird die Dauer des Lohnanspruches aus Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
BGE 84 II 29 S. 33
am Ende dieses Jahres von den Beklagten "in Anerkennung der heurigen Arbeitsleistung" erstmals eine Gratifikation von Fr. 100.--. Die Behauptung der Kläger sodann, auch im Jahre 1953 habe ihr Vater die Arbeit nur unbedeutend ausgesetzt, ist von den Beklagten nicht widerlegt worden. Der Zusammenstellung der Beklagten, wonach Albert Rösler vom 4. Juli 1952 bis 24. September 1953 insgesamt 1340 Arbeitsstunden versäumt habe, spricht das Obergericht Beweiswert ab, weil nicht klar sei, auf welchen Unterlagen sie beruht, und weil sie mit den Zahltagsbüchern Röslers, in denen die Arbeitsstunden aufgezeichnet sind, nicht übereinstimme. An diese Würdigung ist das Bundesgericht gebunden. Die Behauptung der Beklagten, das Obergericht habe unter Verletzung des Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
Zugunsten der Kläger fällt ferner in Betracht, dass ihr Vater ab 25. September 1953 gegen Stundenlohn diente, also den Nachteil des Ausfalles einzelner Arbeitsstunden zu tragen hatte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen die Beklagten sich befinden, sind günstig. Die Beklagten machen denn auch im Berufungsverfahren nicht mehr geltend, dass schlechter Geschäftsgang die Herabsetzung des Anspruches der Kläger rechtfertige. Anderseits steht fest, dass Albert Rösler kein Vermögen hatte und ihm aus seinem Dienstverhältnis keine Ansprüche gegen eine Personalfürsorgeeinrichtung zustanden. Die Lobnforderung aus Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
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1 | Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. |
2 | Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt. |
BGE 84 II 29 S. 34
Aus allen diesen Gründen ist es angemessen, die Beklagten zu einer erheblichen Leistung zu verurteilen. Sie ist auf acht Monatslöhne zu Fr. 800.--, d.h. auf Fr. 6400.-- festzusetzen.