82 II 525
69. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Dezember 1956 i.S. Cavallini gegen Bruni.
Regeste (de):
- Art. 253, 259 Abs. 1 OR. Schadenersatzpflicht des Vermieters.
- a) Falls der Mieter den Vermieter nicht aus dem Vertrage entlässt, bleibt der Vermieter auch dann zur Erfüllung oder Schadenersatz verpflichtet, wenn der Erwerber der Mietsache die Fortsetzung der Miete übernimmt (Erw. 2, 3). Er hat für Vertragsverletzungen des Erwerbers einzustehen (Art. 101 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 101 - 1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.46
1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.46 2 Diese Haftung kann durch eine zum voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden. 3 Steht aber der Verzichtende im Dienst des andern oder folgt die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes, so darf die Haftung höchstens für leichtes Verschulden wegbedungen werden. - b) Der Vermieter einer zum Gebrauch als Wirtschaft vermieteten Sache verletzt den Vertrag, wenn er das dem Mieter zustehende Wirtschaftspatent "verkauft" und die Behörde zur Schliessung der Wirtschaft veranlasst (Erw. 4).
- c) Verneinung von Herabsetzungsgründen nach Art. 43 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 43 - 1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat. 1bis Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.27 2 Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten. SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 44 - 1 Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden.
1 Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden. 2 Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grobfahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Notlage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatzpflicht ermässigen. SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 99 - 1 Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden.
1 Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden. 2 Das Mass der Haftung richtet sich nach der besonderen Natur des Geschäftes und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt. 3 Im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen auf das vertragswidrige Verhalten entsprechende Anwendung.
Regeste (fr):
- Art. 253 et 259 al. 1 CO, responsabilité du bailleur.
- a) Lorsque le preneur ne libère pas le bailleur de ses obligations contractuelles, celui-ci reste tenu d'exécuter le bail ou de payer des dommages-intérêts même si l'acquéreur de la chose louée a repris le bail (consid. 2 et 3). Il répond des violations du contrat commises par l'acquéreur (art. 101 al. 1 CO) (consid. 5).
- b) Le bailleur de locaux destinés à être utilisés comme auberge viole le contrat s'il "vend" la patente dont bénéficie le preneur et incite les autorités à fermer l'auberge (consid. 4).
- c) Pas de motifs de réduction fondés sur les art. 43 al. 1, 44 al. 1 et 99 al. 3 CO (consid. 6).
Regesto (it):
- Art. 253 e 259 cp. 1 CO, responsabilità del locatore.
- a) Se il conduttore non libera il locatore dai suoi obblighi contrattuali, questi rimane obbligato all'adempimento del contratto o al risarcimento dei danni anche se il nuovo proprietario della cosa locata sia subentrato nel contratto di locazione (consid. 2 e 3). Risponde delle violazioni del contratto commesse dal compratore (art. 101 cp. 1 CO) (consid. 5).
- b) Il locatore di vani destinati a essere utilizzati per l'esercizio d'un ristorante viola il contratto se "vende" la patente di cui il conduttore è al beneficio e incita le autorità a chiudere il ristorante (consid. 4).
- c) Nessun motivo di riduzione a norma degli art. 43 cp. 1, 44 cp. 1 e 99 cp. 3 CO (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 526
BGE 82 II 525 S. 526
A.- Franziska Bruni schloss mit Antonio Cavallini am 2. März 1953 einen ab 1. April 1953 wirkenden und frühestens auf Ende September 1958 kündbaren Mietvertrag, mit dem sie ihm in ihrem Hause Bäckerstrasse 113 in Zürich die Räume der Wirtschaft Torino und eine Wohnung zum Gebrauche überliess. Cavallini stellte seine Verpflichtungen aus dem Vertrage sicher, indem er ein Sparheft bei der Zürcher Kantonalbank hinterlegte. Am 30. Juli 1953 verkaufte Frau Bruni die Liegenschaft dem Gustav Patscheider. Dieser erklärte im Kaufvertrag, er übernehme die bestehenden Mietverträge. Am gleichen Tage "verkaufte" er das für die Wirtschaft Torino bestehende Patent für Fr. 12'000.-- zwecks Verlegung auf eine andere Liegenschaft an die Baugesellschaft Baueg AG und versprach ihr, auf 1. April 1954 die Liegenschaft Bäckerstrasse 113 mit einem Wirtschaftsverbot belasten zu lassen. Am 31. Juli 1953 kündigte er Cavallini auf 31. Januar 1954 den Mietvertrag. Er beharrte indessen nicht darauf, da der Mieter sich widersetzte.
Im November 1953 wandte sich Cavallini wegen der Veräusserung des Wirtschaftspatentes, die ihm zu Ohren gekommen war, an die Finanzdirektion des Kantons Zürich. Er erhielt von ihr die Auskunft, der Regierungsrat habe der Erwerberin des Patentes die Neueröffnung einer Wirtschaft unter der Bedingung bewilligt, dass die Wirtschaft Torino auf 31. März 1954 dauernd geschlossen werde. Dem Ersuchen Cavallinis, die Frist zur Schliessung
BGE 82 II 525 S. 527
bis 31. Juli 1954 zu erstrecken, entsprach die Finanzdirektion. Am 11. Juni 1954 teilte Cavallini dem Patscheider mit, dass er wegen des erwähnten Beschlusses des Regierungsrates den Mietvertrag über die Wirtschaftsräume auf 31. Juli 1954 aus wichtigen Gründen auflöse.
B.- Cavallini klagte beim Bezirksgericht Zürich gegen Frau Bruni auf Schadenersatz in der Höhe von Fr. 39'500.-- nebst Zins zu 5% seit 4. September 1954 und auf Freigabe des hinterlegten Sparheftes. Das Bezirksgericht ermächtigte den Kläger, über das Sparheft zu verfügen, wies dagegen sein Begehren um Schadenersatz ab. Durch Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich hielt der Kläger an der Schadenersatzforderung fest. Mit Urteil vom 6. Juli 1956 erklärte das Obergericht die Berufung als unbegründet und wies das noch streitige Klagebegehren ab. Das Obergericht ging davon aus, der Kläger habe Patscheider als neuen Schuldner angenommen, aber die Beklagte aus ihrer Mithaftung nicht entlassen. Die fortbestehende Verpflichtung der Beklagten, den Vertrag zu erfüllen, dürfe aber nicht bis zur Unbilligkeit getrieben werden. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, ihr Haus zu veräussern. Indem sie das Rechtsverhältnis zum Kläger dem Erwerber überbunden habe, habe sie alles getan, was die Vertragstreue von ihr verlangt habe. Von einem Verschulden ihrerseits könne daher keine Rede sein. Deshalb wäre es unbillig, die Beklagte nicht nur für einigermassen voraussehbare Mängel in der Vertragserfüllung ihres Rechtsnachfolgers, sondern auch für eine dem Vertragsinhalte ferner liegende Schadensursache, die nicht von Patscheider allein habe verschuldet werden können, haftbar zu erklären. Unter dieser von Patscheider nicht allein verschuldeten Schadensursache verstand das Obergericht die vom Regierungsrat beschlossene Schliessung der Wirtschaft. Es hielt den bezüglichen Beschluss für "rechtlich unrichtig", weil das Wirtschaftspatent nicht dem Eigentümer
BGE 82 II 525 S. 528
der Liegenschaft, sondern dem Kläger zugestanden habe und daher nicht ohne dessen Zustimmung habe "verkauft" werden können. Das Obergericht warf dem Kläger vor, er habe gegen die Schliessung der Wirtschaft nicht entschiedenen Widerstand geleistet, ansonst sie vielleicht unterblieben wäre. Dass er sich gegen das drohende Unrecht mangelhaft gewehrt habe, entlaste die Beklagte. Sie sei daher nicht ersatzpflichtig.
C.- Der Kläger hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 39'500.-- nebst Zins zu 5% seit 4. September 1954 zu bezahlen.
D.- Die Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Rechtsgeschäft, das die Parteien am 2. März 1953 abgeschlossen haben, die Merkmale einer Miete oder vielmehr die eines Pachtvertrages aufweist. Denn was unter der Voraussetzung, es sei als Mietvertrag zu würdigen, gemäss Art. 259
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 259 - Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 281 - 1 Der Pächter muss den Pachtzins und allenfalls die Nebenkosten am Ende eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit bezahlen, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist. |
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1 | Der Pächter muss den Pachtzins und allenfalls die Nebenkosten am Ende eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit bezahlen, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart oder ortsüblich ist. |
2 | Für die Nebenkosten gilt Artikel 257a. |
2. Art. 259 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 259 - Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen. |
BGE 82 II 525 S. 529
intérêts." Daraus wäre zu schliessen, dass der Erfüllungs- bzw. Schadenersatzanspruch gegenüber dem Vermieter nur gegeben sei, wenn der Erwerber der Mietsache die Fortsetzung des Mietvertrages nicht übernimmt. Diese Auslegung des Artikels ist schon in BGE 79 II 385 abgelehnt worden. Das Bundesgericht hat dort ausgeführt, sie wäre vielleicht erlaubt, wenn das Gesetz nur den Schadenersatz vorbehalten würde; indessen sehe es vor, dass der Vermieter zur Erfüllung des Vertrages oder zu Schadenersatz verpflichtet bleibe, womit gesagt sei, dass der Mietvertrag für den veräussernden Vermieter ungeachtet der Überbindung an den Erwerber weitergelte, was im Einklang mit der obligatorischen Natur des Mietverhältnisses stehe, das nicht durch einseitiges Vorgehen einer Partei aufgehoben werden könne. Daran ist festzuhalten. Der Mieter erhält dadurch, dass der Erwerber der Mietsache die Fortsetzung der Vertrages übernimmt, einen neuen Schuldner, der neben den alten tritt. Es liegt nicht privative, sondern kumulative Schuldübernahme vor, die zu Solidarität zwischen altem und neuem Schuldner führt (Schuldbeitritt). Was die Beklagte hiegegen vorbringt, ist nicht stichhaltig. Die Annahme, der Vermieter bleibe weiterhin verpflichtet, ist nicht wirklichkeitsfremd. Dass er Zeit seines Lebens zu befürchten habe, vom Mieter belangt zu werden, ist nicht richtig. Das Recht, sich durch Kündigung gemäss Vertrag, allenfalls Gesetz, seiner Verpflichtung zu entschlagen, bleibt ihm gewahrt. Bis zum Zeitpunkt, auf den er kündigen kann und tatsächlich kündigt, bleibt er freilich gebunden. Das ist aber nicht unbillig, hat er sich doch dazu verpflichtet; und die Mietsache ist ja von ihm veräussert worden, d.h. er schuf die Gefahr der Nichterfüllung des Mietvertrages. Übrigens kann er sich gegen diese Gefahr sichern, indem er bei der Veräusserung der Mietsache vom Erwerber Sicherheit verlangt. Damit ist auch der Einwand der Beklagten entkräftet, es falle keinem Vermieter jemals ein, dem Mieter "nachzuspringen",
BGE 82 II 525 S. 530
um ihn um Entlassung aus dem Mietvertrag zu bitten. Das ist kein Grund, den Vermieter von Gesetzes wegen seiner Verpflichtung zu entheben, sobald der Erwerber der Mietsache die Erfüllung des Vertrages übernimmt und der Mieter den Erwerber als neuen Schuldner anerkennt. Vielmehr wird der Vermieter nur befreit, wenn der Mieter seiner Entlassung aus dem Schuldverhältnis ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zustimmt. Dadurch unterscheidet sich der Fall des Art. 259 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 259 - Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 176 - 1 Der Eintritt eines Schuldübernehmers in das Schuldverhältnis an Stelle und mit Befreiung des bisherigen Schuldners erfolgt durch Vertrag des Übernehmers mit dem Gläubiger. |
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1 | Der Eintritt eines Schuldübernehmers in das Schuldverhältnis an Stelle und mit Befreiung des bisherigen Schuldners erfolgt durch Vertrag des Übernehmers mit dem Gläubiger. |
2 | Der Antrag des Übernehmers kann dadurch erfolgen, dass er, oder mit seiner Ermächtigung der bisherige Schuldner, dem Gläubiger von der Übernahme der Schuld Mitteilung macht. |
3 | Die Annahmeerklärung des Gläubigers kann ausdrücklich erfolgen oder aus den Umständen hervorgehen und wird vermutet, wenn der Gläubiger ohne Vorbehalt vom Übernehmer eine Zahlung annimmt oder einer anderen schuldnerischen Handlung zustimmt. |
3. Die Beklagte hat nie behauptet, der Kläger habe ausdrücklich erklärt, er entlasse sie aus ihren Pflichten als Vermieterin. Der Kläger hat einen dahingehenden Willen aber auch nicht durch schlüssiges Verhalten geäussert. Da Art. 259 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 259 - Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen. |
BGE 82 II 525 S. 531
werden, und eine Abtretung ist normalerweise darin zu sehen, dass der Vermieter bei der Veräusserung der Sache durch seine Unterschrift dem Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis zustimmt, ohne sich die Mietzinsforderungen vorzubehalten. Weit davon entfernt, der Entlassung der Beklagten aus ihrer Schuld stillschweigend zuzustimmen, hat der Kläger dieser gegenteils nach Empfang der Kündigung vom 31. Juli 1953 sofort zu erkennen gegeben, dass er sie als Schuldnerin beibehalten wolle. Er liess ihr am 8. August 1953 schreiben, er mache sie für den ihm aus ihrem Vertragsbruch erwachsenden Schaden haftbar, falls er sich mit Patscheider nicht über die Fortführung der Miete einigen könnte. Das war so zu verstehen, dass der Kläger von der Beklagten Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Mietvertrages fordern werde, falls Patscheider ihn nicht in allen Teilen vertragsgemäss im Genuss der Mietsache lassen sollte. Da Patscheider das nicht getan, vielmehr das Wirtschaftspatent "verkauft" und dadurch den Regierungsratsbeschluss über die Schliessung der Wirtschaft veranlasst hat, der dem Kläger die bestimmungsgemässe Weiterbenutzung der Mietsache verunmöglichte, ist die Beklagte ihrer Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht enthoben. Sie wäre es selbst dann nicht, wenn aus den weiteren Briefen, die der Kläger durch seinen Anwalt mit Patscheider und der Beklagten hat wechseln lassen, geschlossen werden müsste, der Kläger habe in der Folge Patscheider als neuen Schuldner anerkannt, wie die kantonalen Gerichte angenommen haben. Der Kläger hatte keinen Grund, der ihn vernünftigerweise hätte veranlassen können, wegen einer solchen Anerkennung auf seine Rechte gegenüber der Beklagten zu verzichten. Vollends unverständlich wäre ein Verzicht von dem Augenblicke an gewesen, als der Kläger erfuhr, dass Patscheider das Wirtschaftspatent "verkauft" hatte. Dass er seinen Willen kundgab, Patscheider wegen dieses Verhaltens auf Schadenersatz zu belangen, durfte daher von der Beklagten schlechterdings nicht dahin verstanden werden, sie sei nun
BGE 82 II 525 S. 532
ihrer Pflichten ledig. Der Kläger scheint zwar anfänglich der Meinung gewesen zu sein, wenn Patscheider im Kaufvertrag mit der Beklagten die Vermieterpflichten übernommen habe, könne er, der Kläger, sich nur an Patscheider halten (Schreiben seines Anwaltes an die Beklagte vom 11. November 1953 und 16. Februar 1954). Diese Rechtsauffassung bedeutete aber nicht, dass der Kläger auf seine Rechte gegenüber der Beklagten verzichten wolle. Nachdem er durch nochmalige Überprüfung der Rechtslage sich seiner gegen die Beklagte bestehenden Rechte bewusst geworden war, gab er ihr denn auch ohne Verzug zu erkennen, dass er sie nun bedingungslos für seinen Schaden verantwortlich mache (Schreiben seines Anwaltes vom 4. Mai, 15. Mai und 26. Juni 1954).
4. Die Beklagte macht geltend, nach kantonalem Recht, wie das Obergericht es verbindlich ausgelegt habe, sei nicht der Eigentümer der Liegenschaft, sondern der Kläger Inhaber des Wirtschaftspatentes gewesen. Habe somit Patscheider über dieses nicht verfügen können, so sei er als Vermieter nicht verpflichtet gewesen, den Mieter im ungestörten Genuss des Patentes zu belassen. Indem er die Behörde zu der rechtswidrigen Schliessung der Wirtschaft veranlasst habe, habe er nicht den Mietvertrag verletzt, sondern eine unerlaubte Handlung im Sinne des Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 259 - Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 253 - Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter eine Sache zum Gebrauch zu überlassen, und der Mieter, dem Vermieter dafür einen Mietzins zu leisten. |
BGE 82 II 525 S. 533
könne über das Wirtschaftspatent verfügen, zunutze machte, das Patent an die Baugesellschaft Baueg AG "verkaufte" und den Regierungsrat zum Erlass des Schliessungsbefehls veranlasste, verletzte er in grober Weise seine Pflichten aus dem Vertrag; durch sein Vorgehen verunmöglichte er dem Kläger den Gebrauch der Mietsache als Wirtschaft.
5. Die Beklagte beantragt ferner Abweisung der Klage mit der Begründung, gemäss Art. 146
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 146 - Ein Solidarschuldner kann, soweit es nicht anders bestimmt ist, durch seine persönliche Handlung die Lage der andern nicht erschweren. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 146 - Ein Solidarschuldner kann, soweit es nicht anders bestimmt ist, durch seine persönliche Handlung die Lage der andern nicht erschweren. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 101 - 1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.46 |
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1 | Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.46 |
2 | Diese Haftung kann durch eine zum voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden. |
3 | Steht aber der Verzichtende im Dienst des andern oder folgt die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes, so darf die Haftung höchstens für leichtes Verschulden wegbedungen werden. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 259 - Der Mieter muss Mängel, die durch kleine, für den gewöhnlichen Unterhalt erforderliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, nach Ortsgebrauch auf eigene Kosten beseitigen. |
BGE 82 II 525 S. 534
einzustehen, die der von ihm mit der Erfüllung des Mietvertrages betraute Erwerber der Mietsache begeht, so wäre, wie schon in BGE 79 II 386 ausgesprochen worden ist, der gesetzlich vorgesehene Fortbestand des Vertrages zwischen Vermieter und Mieter wertlos.
6. Da die Beklagte aus dem Vertrage nicht entlassen wurde, kann sie von der Schadenersatzpflicht auch nicht entbunden werden mit der obergerichtlichen Begründung, es wäre unbillig, sie für Patscheiders Verhalten haften zu lassen. Die Auffassung des Obergerichts, mit der Überbindung der Vermieterpflichten an Patscheider habe sie alles getan, was sie habe tun können, ändert nichts. Die Beklagte hat für die Handlungen Patscheiders als ihres Erfüllungsgehilfen selbst dann einzustehen, wenn sie nicht voraussehen konnte, dass er sie verletzen würde, und ihr aus der Veräusserung der Liegenschaft kein Vorwurf gemacht werden kann. Nur wenn auch Patscheider keinerlei Verschulden träfe, ginge sie frei aus. Dass Patscheider den Vertrag schuldhaft verletzt hat, indem er die Schliessung der Wirtschaft erwirkte, steht aber ausser Frage. Für dieses Verschulden hat die Beklagte einzustehen, wie wenn es ihr eigenes wäre. Das Fehlen eigenen Verschuldens der Beklagten ist auch kein Umstand, der gemäss Art. 43 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 43 - 1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat. |
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1 | Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat. |
1bis | Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.27 |
2 | Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 99 - 1 Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden. |
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1 | Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden. |
2 | Das Mass der Haftung richtet sich nach der besonderen Natur des Geschäftes und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt. |
3 | Im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen auf das vertragswidrige Verhalten entsprechende Anwendung. |
BGE 82 II 525 S. 535
wollte, war also nicht eine unabhängig von seinem Willen eingetretene und ihn daher billigerweise entlastende Mitursache für den Eintritt oder den Umfang des Schadens. Ebensowenig liegen Umstände vor, für die der Kläger einstehen müsste und die daher dem Richter erlauben würden, gemäss Art. 44 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 44 - 1 Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden. |
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1 | Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden. |
2 | Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grobfahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Notlage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatzpflicht ermässigen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 99 - 1 Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden. |
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1 | Der Schuldner haftet im Allgemeinen für jedes Verschulden. |
2 | Das Mass der Haftung richtet sich nach der besonderen Natur des Geschäftes und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt. |
3 | Im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen auf das vertragswidrige Verhalten entsprechende Anwendung. |
7. Die Sache ist daher an das Obergericht zurückzuweisen. Es hat Bestand und Höhe des Schadens zu ermitteln und die Beklagte zu verurteilen, ihn dem Kläger in vollem Umfange zu ersetzen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Juli 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.