81 IV 267
57. Entscheid der Anklagekammer vom 16. September 1955 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Juge d'instruction du canton de Vaud.
Regeste (de):
- Art. 346 Abs. 1 StGB.
- Die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten (Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
Regeste (fr):
- Art. 346 al. 1 CP.
- Le délit de violation d'une obligation d'entretien (art. 217 CP) doit être poursuivi et jugé au lieu d'exécution de cette obligation également lorsque la collectivité publique est subrogée aux droits de l'ayant droit à l'entretien.
Regesto (it):
- Art. 346 cp. 1 CP.
- Il delitto di trascuranza dei doveri di assistenza familiare (art. 217 CP) dev'essere perseguito e giudicato nel luogo di adempimento di questo obbligo anche quando enti pubblici siano subentrati nei diritti del creditore della prestazione.
Sachverhalt ab Seite 267
BGE 81 IV 267 S. 267
A.- Den in Montet bei Cudrefin (Waadt) wohnenden Eheleuten Karl und Emma Wenger-Kramer wurden die unter ihrer elterlichen Gewalt stehenden Kinder Verena
BGE 81 IV 267 S. 268
und Fritz gemäss Art. 284
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
B.- Der Generalprokurator des Kantons Bern und der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt streiten um den Gerichtsstand. Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt der Anklagekammer des Bundesgerichts mit Eingabe vom 16. August 1955, die Behörden des Kantons Waadt seien zuständig zu erklären, weil der Wohnsitz der unterhaltsberechtigten Kinder sich in diesem Kanton befinde. Der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt hält die bernischen Behörden für zuständig, weil Wenger sich verpflichtet habe, an die Fürsorgedirektion des Kantons Bern zu bezahlen, Bern also Erfüllungsort sei.
Erwägungen
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
Nach der Rechtsprechung der Anklagekammer ist die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten am Orte zu verfolgen, wo der Pflichtige sie zu erfüllen hat (BGE 69 IV 126). Ist die Pflicht zum Unterhalt eines Kindes durch Leistung von Geld zu erfüllen, weil es den Eltern durch die Vormundschaftsbehörde wegen Gefährdung seines leiblichen oder geistigen Wohles oder wegen Verwahrlosung weggenommen wurde (Art. 284 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
BGE 81 IV 267 S. 269
wenn die elterliche Gewalt fortbesteht, sich mit dem Wohnsitz des Vaters und der Mutter deckt (Art. 25 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
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1 | Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
2 | Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 74 - 1 Der Ort der Erfüllung wird durch den ausdrücklichen oder aus den Umständen zu schliessenden Willen der Parteien bestimmt. |
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1 | Der Ort der Erfüllung wird durch den ausdrücklichen oder aus den Umständen zu schliessenden Willen der Parteien bestimmt. |
2 | Wo nichts anderes bestimmt ist, gelten folgende Grundsätze: |
1 | Geldschulden sind an dem Orte zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz hat; |
2 | wird eine bestimmte Sache geschuldet, so ist diese da zu übergeben, wo sie sich zur Zeit des Vertragsabschlusses befand; |
3 | andere Verbindlichkeiten sind an dem Orte zu erfüllen, wo der Schuldner zur Zeit ihrer Entstehung seinen Wohnsitz hatte. |
3 | Wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz, an dem er die Erfüllung fordern kann, nach der Entstehung der Schuld ändert und dem Schuldner daraus eine erhebliche Belästigung erwächst, so ist dieser berechtigt, an dem ursprünglichen Wohnsitze zu erfüllen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 7 - Die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes6 über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge finden auch Anwendung auf andere zivilrechtliche Verhältnisse. |
BGE 81 IV 267 S. 270
Pflichtigen zu forschen, so bleibt es doch dabei, dass den Strafverfolgungsbehörden solche Erhebungen in der Regel noch leichter möglich sind, als den Armenbehörden, die die Kinder versorgt haben. Zudem ist die Rechtsanwendung einfacher und übersichtlicher, wenn auch im Falle der Subrogation des Unterhaltsanspruches der Erfüllungsort den Gerichtsstand bestimmt. Wenger ist daher weder im Kanton Waadt, wo er wohnt, noch etwa in Basel, wo eines seiner Kinder versorgt ist, sondern im Kanton Bern zu verfolgen und zu beurteilen, da dieser in den Unterhaltsanspruch eingetreten ist.
Dispositiv
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Behörden des Kantons Bern werden berechtigt und verpflichtet erklärt, Karl Wenger zu verfolgen und zu beurteilen.