81 I 274
44. Urteil der staatsrechtlichen Abteilung vom 6. Juli 1955 i.S. Büchel gegen Kanton St. Gallen.
Regeste (de):
- Art. 42 Abs. 2 OG.
- Unter "Expropriationsstreitigkeiten" im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OG fallen nicht nur Enteignungsansprüche aus formellen Enteignungsverfahren, sondern. auch Entschädigungsansprüche aus materieller Enteignung (Anderung der Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Art. 42 al. 2 OJ.
- Sont des contestations en matière d'expropriation pour cause d'utilité publique d'après l'art. 42 al. 2 OJ non seulement celles qui concernent des réclamations touchant l'expropriation dans une procédure d'expropriation au sens formel mais également celles qui ont trait à des prétentions d'indemnité résultant d'une expropriation au sens matériel (changement de jurisprudence).
Regesto (it):
- Art. 42 cp. 2 OG.
- Sono contestazioni in materia di espropriazione per causa di utilità pubblica nel senso dell'art. 42 cp. 2 OG non solo quelle concernenti pretese d'espropriazione in una procedura d'espropriazione in senso formale bensì anche quelle relative a pretese d'indennità risultanti da un'espropriazione in senso materiale (cambiamento di giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 274
BGE 81 I 274 S. 274
A.- Der Kläger Heinrich Büchel ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1774 des Grundbuches Buchs mit Wohn- und Geschäftshaus. Im Zusammenhang mit der Planung einer Bahn- Unter- oder Überführung anstelle eines Niveauüberganges und der Überbauung des Mühleäuli-Quartiers in Buchs brachte der Gemeinderat gestützt auf die Art. 1 ff. des Baureglementes für die Politische Gemeinde Buchs vom 10. Februar 1913 im März 1933 einen Überbauungsplan für dieses Quartier zur öffentlichen Auflage. Danach fiel die Liegenschaft des Klägers zum grösseren
BGE 81 I 274 S. 275
Teil in das Gebiet einer projektierten Strasse und wurde demgemäss mit Baulinien belastet, was die in Art. 40 des Baureglementes umschriebene Baubeschränkung zur Folge hatte. Der Kläger erhob Einsprache gegen diesen Überbauungsplan, wurde damit aber durch Rekursentscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 30. Juni 1933 abgewiesen. Der Regierungsrat stellte sich auf den Standpunkt, es handle sich beim angefochtenen Überbauungsplan um die zeichnerische Festlegung öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen, die in Anwendung von Art. 702
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
Am 25. August 1947 hob der Regierungsrat auf Antrag
BGE 81 I 274 S. 276
des Gemeinderates Buchs den Überbauungsplan Mühleäuli auf und genehmigte den neuen Überbauungsplan für das "Kappeli- (und Mühleäuli-)quartier". Es ist unbestritten, dass dieser neue Überbauungsplan auf den Strassenzug, der nach dem früheren Plan die Parzelle des Klägers erfasst hätte, verzichtet und keine Baubeschränkung mehr zu Lasten dieser Parzelle vorsieht. Nachdem sich der Kläger wiederum über die Baubeschränkung wegen der geplanten Bahnunterführung beschwert hatte, antwortete ihm das Baudepartement am 22. Februar 1949, es seien nun vier verschiedene Projekte vorhanden, von denen nur eines seine Liegenschaft erfasse, so dass es möglich sei, dass diese Liegenschaft bald "aus jeder Baubeschränkung" entlassen werden könne, zur Zeit könne indessen unmöglich eine verbindliche Zusicherung hierüber gegeben werden. Auf eine weitere Intervention des Klägers antwortete das Baudepartement am 1. Oktober 1949, es tue sein Möglichstes, um die Sache zu fördern, es sei aber schwer, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen, das Departement könne daher im jetzigen Stadium noch nicht abschliessend Stellung nehmen. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1950 berichtete es dem Kläger, es sei bis jetzt leider noch nicht gelungen, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen zu erzielen; einerseits wolle man den Kläger nicht weiterhin entschädigungslos in der Verwertung seiner Liegenschaft einschränken, anderseits werde aber seine Liegenschaft voraussichtlich für die Verwirklichung der Unter- oder Überführung doch benötigt, der Kanton sei daher nicht abgeneigt, durch den Kauf der Liegenschaft zu einem angemessenen Preis eine Lösung herbeizuführen. Mit Eingabe vom 12. Mai 1951 stellte der Kläger beim Baudepartement das Begehren, entweder die Bausperre aufzuheben und ihm für den entstandenen Schaden angemessenen Ersatz zu leisten, oder dann solle der Staat die Liegenschaft kaufen oder gegen volle Entschädigung expropriieren.
BGE 81 I 274 S. 277
Am 3. Dezember 1951 teilte das Baudepartement dem Anwalt des Klägers mit, dass es dessen Liegenschaft für den Umbau freigebe und auf deren Erwerb verzichte. Mit Schreiben vom 26. April 1952 meldete der Kläger beim Baudepartement Schadenersatzansprüche wegen der während 18 Jahren bestandenen Bausperre an. Am 16. Juli 1952 teilte das Baudepartement dem Kläger mit, dass der Überbauungsplan "Mühleäuli" der Gemeinde Buchs, der eine bauliche Veränderung der Liegenschaft des Klägers über den bestehenden Zustand hinaus fast völlig ausgeschlossen habe, am 25. August 1947 aufgehoben worden sei. "Vom Gesichtspunkte der Staatsstrasse" komme noch hinzu, "dass die Schweizerischen Bundesbahnen nun vorgesehen haben, den internationalen Güterbahnhof talabwärts zu verlegen, so dass der bestehende Niveauübergang wesentlich entlastet wird. Wir haben daher keine Veranlassung, ein Projekt über eine Über- oder Unterführung in Aussicht zu nehmen". Auf Grund dieser rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse sei das Baudepartement der Auffassung, dass Heinrich Büchel keinen Rechtsgrund habe, vom Kanton irgend eine Entschädigung zu verlangen.
B.- Am 27. August 1954 reichte Heinrich Büchel gestützt auf Art. 42 OG eine direkte Klage beim Bundesgericht gegen den Kanton St. Gallen ein, mit der er Schadenersatz im Betrage von Fr. 50'000.-- nebst 5% Zinsen seit 3. Dezember 1952 geltend macht. Diese Klage begründet er im wesentlichen damit, dass ihn schon vor der Aufhebung des ersten Überbauungsplanes vom Jahre 1935 der Kanton St. Gallen selbständig auf die Baubeschränkung verpflichtet und auch nachher bis zum 3. Dezember 1951 daran festgehalten habe. Diese Bausperre, die sich schliesslich als überflüssig und nutzlos erwiesen habe, habe ihm während 18 Jahren verunmöglicht, seine Liegenschaft baulich auszuwerten, und stelle eine materielle Enteignung dar. Für den ihm hieraus entstandenen Schaden hafte der Kanton. In rechtlicher Beziehung wird auf
BGE 81 I 274 S. 278
ein Privatgutachten von Prof. Ruck vom 27. Juni 1953 verwiesen.
C.- Der Kanton St. Gallen beantragt in erster Linie, auf die Klage wegen Unzuständigkeit des Bundesgerichts nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Zur Unzuständigkeitseinrede wird ausgeführt, aus dem Gutachten Ruck sei zu schliessen, dass der Kläger seine Klage offenbar auf eine analoge Anwendung von Art. 8 Ziff. 3 und Art. 12 des kantonalen Expropriationsgesetzes stützen wolle, dass er also eine Entschädigung für den sogenannten Expropriationsbann geltend machen wolle. Es handle sich somit um eine Expropriationsstreitigkeit. Nach dem Recht des Kantons St. Gallen stehe sowohl im formellen Expropriationsverfahren wie auch im Falle einer materiellen Enteignung der kantonale Rechtsweg ohne weiteres offen (Art. 55 Ziff. 7 lit. a Zivilrechtspflegegesetz in der Fassung von Art. 221
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
D.- In der Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Anträgen und Standpunkten fest. Der Kläger bestreitet die Unzuständigkeitseinrede und macht hiezu geltend, es liege keine "eigentliche Expropriationsstreitigkeit vor, obwohl die Bestimmungen über den Enteignungsbann analog anzuwenden sind". Unwesentlich sei, dass nicht nur im formellen Expropriationsverfahren, sondern auch im Falle einer materiellen Enteignung der kantonale Rechtsweg offen stehe. Art. 42 Abs. 2 OG habe nur dann die direkte Klage beim Bundesgericht ausschliessen wollen, wenn es sich um eine formelle Expropriation handle, für die das kantonale Recht ein besonderes Enteignungsverfahren vorsehe.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 42 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
BGE 81 I 274 S. 279
Korporationen anderseits, wenn eine Partei es rechtzeitig verlangt und der Streitwert wenigstens Fr. 4000.-- beträgt, ohne Unterschied, ob die Streitigkeiten nach der kantonalen Gesetzgebung im ordentlichen Prozessverfahren oder in einem besonderen Verfahren vor besonderen Behörden auszutragen wären. Der Beklagte bestreitet mit Recht nicht, dass die vorliegende Klage eine Zivilstreitigkeit im Sinne dieser Gesetzesbestimmung zum Gegenstand hat. Die streitige Forderung wird, wie sich aus dem Gutachten Ruck, auf das der Kläger zur rechtlichen Begründung verweist, und aus der Replik unzweideutig ergibt, zwar darauf gestützt, dass die dem Kläger auferlegte Baubeschränkung eine materielle Enteignung darstelle, für die er Anspruch auf Entschädigung habe, und stellt daher nach heutiger Rechtsauffassung zweifellos einen öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch dar. Art. 42 OG geht aber bei der Abgrenzung zwischen zivilrechtlichen und öffentlichrechtlichen Ansprüchen nicht von der innern Natur des Rechtsverhältnisses und der Rechtsnorm aus, von denen es beherrscht wird, sondern von einer historischen Auslegung des Begriffes der Zivilrechtsstreitigkeit. Zivilrechtlich im Sinne dieser Vorschrift ist, was nach der Grenzziehung zwischen privatem und öffentlichem Recht, wie sie bei Erlass von Art. 110
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 110 * - 1 Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
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1 | Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
a | den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; |
b | das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten; |
c | die Arbeitsvermittlung; |
d | die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. |
2 | Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. |
3 | Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und bezahlt. |
2. Art. 42 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
BGE 81 I 274 S. 280
damaligen Art. 48 Ziff. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 110 * - 1 Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
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1 | Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
a | den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; |
b | das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten; |
c | die Arbeitsvermittlung; |
d | die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. |
2 | Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. |
3 | Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und bezahlt. |
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a | den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; |
b | das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten; |
c | die Arbeitsvermittlung; |
d | die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. |
2 | Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. |
3 | Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und bezahlt. |
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1 | Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
a | den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; |
b | das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten; |
c | die Arbeitsvermittlung; |
d | die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. |
2 | Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. |
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BGE 81 I 274 S. 281
geltenden OG von 1943 über (Botschaft des Bundesrates, BBl 1943 II S. 117 oben). Im Hinblick auf diese Entstehungsgeschichte erklärte das Bundesgericht, Art. 48 Ziff. 4
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1 | Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
a | den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; |
b | das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten; |
c | die Arbeitsvermittlung; |
d | die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. |
2 | Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. |
3 | Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und bezahlt. |
BGE 81 I 274 S. 282
zur Verfügung (Art. 1 und 13 Expropriationsgesetz vom 24. Mai 1898), während Ansprüche aus materieller Enteignung im ordentlichen Prozessverfahren geltend zu machen sind (Art. 55 Ziff. 7 lit. a des Gesetzes über die Zivilrechtspflege in der Fassung von Art. 221 des kantonalen Organisationsgesetzes vom 29. Dezember 1947). Bei Festhalten an der bisherigen Auslegung der die direkte Klage beim Bundesgericht ausschliessenden Expropriationsstreitigkeiten im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OG wäre daher die vorliegende Klage zulässig. Indessen ist zu prüfen, ob an dieser Rechtsprechung weiterhin festgehalten werden könne.
3. Für die Auslegung des in Art. 42 Abs. 2 OG verwendeten Ausdruckes "Expropriationsstreitigkeiten" kommt den Gesetzesmaterialien keine verbindliche Kraft zu. Wie das Bundesgericht wiederholt erklärt hat, ist nicht massgebend, was in den Gesetzesmaterialien steht oder was bei der Gesetzesberatung in der gesetzgebenden Behörde gesagt wurde, sondern was dem Gesetz im Lichte allgemeiner Rechtsanschauung zu entnehmen ist, wobei die gegenwärtigen Verhältnisse zu berücksichtigen sind (BGE 63 II 155,BGE 78 I 30,BGE 79 I 20). Unter den Wortlaut des Art. 42 Abs. 2 OG lassen sich zwanglos alle Streitigkeiten subsumieren, welche die Entschädigung für die Entziehung oder Minderung von Eigentumsrechten zu Gunsten öffentlicher Unternehmungen durch das Gemeinwesen zum Gegenstand haben, also sowohl Ansprüche aus der formellen wie aus materieller Enteignung und ohne Rücksicht darauf, ob der betreffende Kanton dafür ein besonderes formelles Verfahren (vor einer Schätzungskommission mit der Weiterzugsmöglichkeit an das Gericht) oder nur den ordentlichen Prozessweg zur Verfügung stellt. Der Wortlaut des Gesetzes zwingt umso weniger zur bisherigen einschränkenden Auslegung des Begriffes "Expropriationsstreitigkeiten" in dem Sinne, dass darunter nur die in einem besonderen kantonalen Expropriationsverfahren zu erledigenden Streitigkeiten zu
BGE 81 I 274 S. 283
verstehen seien, als Abs. 1 des Art. 42 eine derartige Unterscheidung mit Bezug auf die Art des kantonalen Verfahrens ausdrücklich ausschliesst und Abs. 2 in dieser Beziehung nichts Gegenteiliges bestimmt. Abgesehen davon vermag die historische Begründung, dass nur insoweit, als die Kantone ein besonderes Expropriationsverfahren aufgestellt haben, eine konkurrierende Kompetenz des Bundesgerichts als unzweckmässig und entbehrlich erscheine, deswegen sachlich nicht zu befriedigen, weil sie für die Bestimmung des Begriffs der Expropriationsstreitigkeit entscheidend auf ein rein äusserliches, mit der Rechtsnatur des streitigen Anspruches nicht in notwendigem Zusammenhang stehendes, formelles Element abstellt, nämlich auf die Ausgestaltung des zur Austragung des Streites zur Verfügung stehenden kantonalen Verfahrens. Von der Art dieses Verfahrens, das die Kantone frei regeln können (Art. 64 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 64 Forschung - 1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30 |
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1 | Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30 |
2 | Er kann die Förderung insbesondere davon abhängig machen, dass die Qualitätssicherung und die Koordination sichergestellt sind.31 |
3 | Er kann Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben. |
BGE 81 I 274 S. 284
der Enteignungsentschädigung (vgl. HAUSER, a.a. O., S. 103 N. 19). Diese sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichheiten in der Möglichkeit der direkten Anrufung des Bundesgerichts, die sich aus der bisherigen Auslegung des Art. 42 Abs. 2 OG ergeben, sind umso stossender, als sie ausserdem eine unterschiedliche Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts je nach der Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens nach sich ziehen. Wenn nämlich der Kanton kein besonderes formelles Verfahren aufstellt und die direkte Klage an das Bundesgericht möglich ist, dann steht diesem eine freie Überprüfungsbefugnis zu. Ist aber ein besonderes Verfahren vorgesehen, dann ist die direkte Anrufung des Bundesgerichts ausgeschlossen; vielmehr muss das kantonale Verfahren durchgeführt werden, wobei gegen die letztinstanzliche kantonale Entscheidung nur die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie und willkürlicher Anwendung der kantonalen Gesetze an das Bundesgericht offen steht. Dabei fällt praktisch die erste dieser beiden Rügen meistens mit der zweiten zusammen, so dass dem Bundesgericht insoweit keine freie, sondern nur eine Überprüfung unter dem beschränkten Winkel der Willkür zusteht.
Angesichts dieser Konsequenzen der bisherigen Gesetzesauslegung drängt es sich auf, sie aufzugeben, zumal sie im Gesetzestext keine Stütze findet. Die genannten stossenden Rechtsungleichheiten lassen sich vermeiden, wenn der Begriff "Expropriationsstreitigkeiten" nicht im Hinblick auf das gerade in Frage stehende kantonale Verfahren, sondern nach der innern Natur dieser Streitigkeiten ausgelegt wird. Dabei wäre es aber auch unbefriedigend, wenn nur Entschädigungsansprüche aus formeller Enteignung darunter verstanden würden. Solche aus materieller Enteignung könnten dann auf dem Wege der direkten Klage gemäss Art. 42 OG vor das Bundesgericht gebracht und von ihm in jedem Falle frei überprüft werden, während Ansprüche aus normalen formellen Enteignungsfällen lediglich auf dem Wege der staatsrechtlichen
BGE 81 I 274 S. 285
Beschwerde mit der in der Regel beschränkten Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts an dieses weiterziehbar wären, so dass also für jene ein besserer Rechtsschutz bestünde als für den Normalfall der formellen Enteignung. Dieses Ergebnis wäre umso unbefriedigender, als die Grenze zwischen formeller und materieller Enteignung oft schwer zu ziehen und fliessend ist (HAAB, Privateigentum und materielle Enteignung, S. 17 ff., insbesondere S. 19/20). Das alles lässt sich vermeiden, wenn der Ausdruck "Expropriationsstreitigkeiten" in Art. 42 Abs. 2 OG nicht auf Enteignungsansprüche aus formellen Enteignungsverfahren beschränkt, sondern, wie es der Wortlaut ohne weiteres zulässt, weiter ausgelegt wird und darunter auch Streitigkeiten über Entschädigungsansprüche aus materieller Enteignung verstanden werden. Auf dem Boden dieser weiteren Auslegung steht offensichtlich auch IMBODEN, a.a.O., S. 57, wo er ausführt: "Auszuschliessen ist aber auch die Geltendmachung des Entschädigungsanspruches (gemeint ist derjenige aus materieller Enteignung) durch direkte zivilrechtliche Klage beim Bundesgericht." Zur Begründung führt er ebenda in N. 36 aus, die Zulassung der direkten Klage beim Bundesgericht würde eine vom Gesetzgeber in diesem Fall gewiss nicht gewollte Konkurrenz mit der staatsrechtlichen Beschwerde schaffen. Darin, dass bei Abs. 2 des Art. 42 OG die bisherige historische Auslegung aufgegeben, sie aber mit Bezug auf den Begriff der zivilrechtlichen Streitigkeiten in Abs. 1 angewendet wird, liegt keine Inkonsequenz. Abs. 1 ist - im Unterschied zu Abs. 2 - einfach die Ausführung von Art. 110 Ziff. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 110 * - 1 Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
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1 | Der Bund kann Vorschriften erlassen über: |
a | den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; |
b | das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten; |
c | die Arbeitsvermittlung; |
d | die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. |
2 | Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. |
3 | Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und bezahlt. |
BGE 81 I 274 S. 286
ein Unterscheidungsmerkmal, das weder in der Verfassung noch im Gesetzestext eine Stütze findet. Auf Grund dieser Erwägungen ist auf die vorliegende Klage nicht einzutreten.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Klage wird nicht eingetreten.