Urteilskopf

80 IV 276

57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Dezember 1954 i.S. Angst gegen Berweger.
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Erwägungen ab Seite 276

BGE 80 IV 276 S. 276

Ziel der Nichtigkeitsbeschwerde ist die Herbeiführung eines dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheides. Das setzt eine Beschwerung durch das angefochtene Urteil voraus. Legitimiert zur Nichtigkeitsbeschwerde ist daher nur, wer durch die im Dispositiv (Urteilsspruch) des angefochtenen Entscheides an den festgestellten Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen in seinen Rechten betroffen ist (BGE 77 IV 61; BGE 78 IV 129; BGE 79 IV 90 Erw. 1 und dort angeführte Entscheidungen) und daher an dessen Aufhebung oder Abänderung ein rechtliches Interesse hat. Dieses Interesse fehlt dem Angeklagten (Beschuldigten) nicht nur im Falle seines Freispruches von Schuld und Strafe, sondern nach der Rechtsprechung des Kassationshofes auch dann, wenn er vom kantonalen Gericht zwar einer strafbaren Handlung schuldig gesprochen, aber - z.B. wegen entschuldbarer Überschreitung der Notwehr - straflos erklärt wird (BGE 73 IV 262 Erw. 2). Ob jemand, trotzdem er einer strafbaren Handlung schuldig befunden wird, gemäss Art. 33 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
Schlussatz StGB "straflos bleibt" oder wie im vorliegenden Falle auf Grund von
BGE 80 IV 276 S. 277

Art. 177 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
StGB "von Strafe befreit" wird, macht für das Recht zur Nichtigkeitsbeschwerde keinen Unterschied aus (vgl. für den analogen Fall des Art. 173 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB: nicht veröffentlichter Entscheid des Kassationshofes vom 1. Mai 1953 i.S. von Roten). In beiden Fällen wird keine Strafsanktion ausgesprochen und das Urteil nicht in das Strafregister aufgenommen (Weisung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 9. Juni 1947, abgedruckt in ZStR 62, 408), sodass sich der Beschuldigte nicht schlechter stellt als bei einem auf Freisprechung lautenden Urteilsspruch. Er ist daher im Strafpunkte durch das Dispositiv des angefochtenen Urteiles in seinen Rechten nicht betroffen und daher insoweit auch zur Nichtigkeitsbeschwerde nicht legitimiert. Dass der Rechtsspruch des vorinstanzlichen Urteiles den Beschwerdeführer vorerst der Beschimpfung (Art. 177
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
StGB) schuldig erklärt, ist unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Kassationshofes handelt es sich hiebei um einen blossen Urteilsgrund (BGE 70 IV 50 Erw. 2; BGE 73 IV 262 Erw. 2; BGE 75 IV 180 Erw. 4; BGE 77 IV 60 Erw. 1, 93 Erw. 3). Lediglich wegen unrichtiger Begründung kann aber ein im Ergebnis, den ausgesprochenen Rechtsfolgen, nicht anfechtbares Urteil auch dann nicht mit der Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden, wenn die angeblich irrtümliche Erwägung, wie hier die Schuldigerklärung, in die Urteilsformel aufgenommen wurde (BGE 69 IV 113, 150; BGE 70 IV 50 Erw. 2; BGE 73 IV 263).
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 80 IV 276
Datum : 13. Dezember 1954
Publiziert : 31. Dezember 1954
Quelle : Bundesgericht
Status : 80 IV 276
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 269 Abs. 1 BStP. Der Beklagte, der im Urteilsdispositiv einer Beschimpfung schuldig erklärt, aber nach Art. 177 Abs.


Gesetzesregister
BStP: 269
StGB: 33 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
173 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
177
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
BGE Register
69-IV-107 • 70-IV-49 • 73-IV-261 • 75-IV-175 • 77-IV-57 • 78-IV-127 • 79-IV-88 • 80-IV-276
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kassationshof • beschuldigter • strafbare handlung • beschimpfung • entscheid • begründung des entscheids • freispruch • notwehr • strafregister • mais • vorinstanz • beklagter • weisung