Urteilskopf

80 IV 209

44. Urteil des Kassationshofes vom 20. Dezember 1954 i. S. Wiget gegen Leir und Schmolka.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 209

BGE 80 IV 209 S. 209

A.- Rechtsanwalt Dr. Felix Wiget vertrat die in London niedergelassene Firma "The Henckel von Donnersmarck Beuthen Estates Ltd." in einem Prozesse, den Henry Leir und die "Continental Ore Corporation", beide in New York, durch Rechtsanwalt Dr. Oskar Hoffmann beim Bezirksgericht Zürich gegen sie angehoben hatten.
BGE 80 IV 209 S. 210

Da er in seiner am 5. Februar 1953 verfassten Antwortschrift, die das Bezirksgericht dem Dr. Hoffmann am 20. Februar 1953 zustellte, ehrenrührige Vorwürfe erhoben haben soll, reichten Henry Leir und der in New York niedergelassene Rechtsanwalt Dr. Francis Schmolka am 18. Mai 1953 beim Bezirksgericht Zürich gegen ihn Privatstrafklage wegen übler Nachrede, Verleumdung und Beschimpfung ein (Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
, 174
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 174 - 1. Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Ist der Täter planmässig darauf ausgegangen, den guten Ruf einer Person zu untergraben, so wird er mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.229
3    Zieht der Täter seine Äusserungen vor dem Gericht als unwahr zurück, so kann er milder bestraft werden. Das Gericht stellt dem Verletzten über den Rückzug eine Urkunde aus.
, 177
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
StGB). Am 20. Mai 1953 führten sie beim gleichen Gerichte Klage auch gegen den Grafen Lazy Henckel von Donnersmarck und beantragten: "Es sei der Angeschuldigte wegen den in der Klageantwortschrift seines Anwaltes Dr. Wiget vom 5. Februar 1953 an das Bezirksgericht Zürich, 4. Abt., enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen, die im folgenden im Wortlaut wiedergegeben werden, gestützt auf StGB Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
und 174
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 174 - 1. Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Ist der Täter planmässig darauf ausgegangen, den guten Ruf einer Person zu untergraben, so wird er mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.229
3    Zieht der Täter seine Äusserungen vor dem Gericht als unwahr zurück, so kann er milder bestraft werden. Das Gericht stellt dem Verletzten über den Rückzug eine Urkunde aus.
, eventuell wegen Anstiftung dazu, sowie wegen Anstiftung zu Beschimpfung (Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
StGB) angemessen zu bestrafen." Am 26. Juni 1953 zogen sie die Klage gegen Henckel von Donnersmarck zurück mit dem Hinweis, dass schon Klage gegen Dr. Wiget erhoben sei und dass ferner eine Zivilklage gegen die Henckel von Donnersmarck Beuthen Estates Ltd. vor den Gerichten in London liege.

B.- Unter Berufung hierauf und Hinweis auf Art. 31 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB beantragte Dr. Wiget dem Bezirksgericht, der Prozess gegen ihn sei als durch Rückzug des Strafantrages erledigt abzuschreiben. Das Bezirksgericht entsprach diesem Begehren am 4. März 1954. Auf Rekurs der Kläger hob das Obergericht des Kantons Zürich diesen Beschluss am 28. Juni 1954 auf und wies das Bezirksgericht an, den Ehrverletzungsprozess gegen Dr. Wiget durchzuführen. Die Begründung lautet dahin, ein Strafantrag könne nur zurückgezogen werden, wenn er in gültiger Form vorliege. Daran gebreche es. Bei der Berechnung der Antragsfrist sei der Tag, an dem der Verletzte Kenntnis von Tat und Täter erhalte, mitzuzählen. Für die Klage gegen Henckel von Donnersmarck sei die
BGE 80 IV 209 S. 211

Antragsfrist vom 20. Februar 1953 an gelaufen und am 19. Mai 1953 zu Ende gegangen. Da die Klage erst am 20. Mai 1953 eingereicht worden sei, sei der Strafantrag somit verspätet, also nichtig gewesen und habe nicht mehr zurückgezogen werden können. Eine Rückzugserklärung habe sich auch nicht auf den Beteiligten Wiget auswirken können. Ihm gegenüber sei der Strafantrag zu Recht bestehen geblieben.
C.- Dr. Wiget führt gegen den Entscheid des Obergerichts Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Sache zur Abschreibung der Ehrverletzungsklage an das Obergericht zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Er macht geltend, der Entscheid verletze Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
, 30
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1    Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2    Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21
3    Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22
4    Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5    Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
und 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB.
D.- Leir und Dr. Schmolka beantragen, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen abzuweisen.
Erwägungen

Der Kassationshof zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 31 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB gilt der Rückzug des Strafantrages für alle Beschuldigten, auch wenn er nur gegenüber einem von ihnen erfolgt. Diese Bestimmung zieht die Folge aus der in Art. 30
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1    Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2    Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21
3    Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22
4    Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5    Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
StGB festgelegten Unteilbarkeit des Strafantrages. Unter den "Beschuldigten" versteht sie daher wie Art. 30 alle Personen, die als "an der Tat Beteiligte" in Betracht kommen. Das sind, wie der Kassationshof schon in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 8. März 1950 i.S. Bühlmann und Schmid ausgeführt hat, die Mittäter, Anstifter (Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
StGB) und Gehülfen (Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB). Nicht nötig ist, dass sie alle in das gleiche Verfahren einbezogen worden seien; das kantonale Prozessrecht kann nicht dadurch, dass es getrennte Verfolgung anordnet, z.B. weil die Privatstrafklage gegen den einen Beteiligten später eingereicht wird als gegen die anderen, die Anwendung des Art. 31 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB ausschalten. Nach den Vorwürfen, die dem Grafen Henckel von Donnersmarck in der Klage vom 20. Mai 1953 gemacht
BGE 80 IV 209 S. 212

wurden, war er hinsichtlich der üblen Nachrede und der Verleumdung als Mittäter, eventuell Anstifter, und hinsichtlich der Beschimpfung als Anstifter der angeblich von Dr. Wiget in der Rechtsschrift vom 5. Februar 1953 begangenen Ehrverletzungen zu verfolgen. Die ihm vorgeworfenen Ehrverletzungen wurden nicht in Worten gesehen, die er gegenüber irgendwem, insbesondere gegenüber Dr. Wiget, hätte fallen lassen, sondern in den in der Rechtsschrift des letztern enthaltenen Äusserungen. Für diese aber konnte er zum vornherein nur als Mittäter oder Anstifter verantwortlich gemacht werden. Seine Tat ist denn auch von den Klägern selber als Anstiftung bezeichnet worden, hinsichtlich der Beschimpfung überhaupt nur als das und hinsichtlich der üblen Nachrede und der Verleumdung wenigstens subsidiär. Dr. Wiget und Henckel von Donnersmarck sind daher Mitbeschuldigte im Sinne des Art. 31 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB.
2. Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass diese Bestimmung nicht wirksam wäre, wenn der gegen Henckel von Donnersmarck zurückgezogene "Strafantrag" nichtig gewesen wäre. Das trifft indessen schon deshalb nicht zu, weil Art. 30
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StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1    Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2    Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21
3    Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22
4    Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5    Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
StGB vorschreibt, dass alle Beteiligten zu verfolgen sind, wenn ein Antragsberechtigter gegen einen an der Tat Beteiligten Strafantrag stellt. Das heisst, dass es gegen die anderen nicht noch eines besonderen Antrages bedarf, dass vielmehr die bundesrechtliche Voraussetzung zur Verfolgung aller Beteiligten schon mit dem Antrag gegen den einen erfüllt ist. Da, wie das Obergericht voraussetzt und nicht bestritten ist, der Strafantrag vom 18. Mai 1953 gegen Dr. Wiget binnen der Frist des Art. 29 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB eingegangen war, bedurfte es daher zur Verfolgung des Grafen Henckel von Donnersmarck keines binnen dieser Frist zu stellenden Strafantrages im Sinne des Bundesrechts, sondern nur noch eines den Anforderungen des kantonalen Prozessrechts entsprechenden Anstosses zur Durchführung des Verfahrens gegen diesen Beteiligten. Dieser Anstoss, der nach zürcherischem Prozessrecht in
BGE 80 IV 209 S. 213

Ehrverletzungssachen in der Form der Privatstrafklage erfolgt, konnte auch noch nach Ablauf der Frist des Art. 29 Abs. 1
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StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB gegeben werden. Übrigens war diese Frist für einen Strafantrag gegen Henckel von Donnersmarck am 20. Mai 1953 noch nicht abgelaufen. Art. 29 Abs. 1
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StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB lässt sie mit dem Tage beginnen, an welchem dem Antragsberechtigten der Täter und die objektive Tat (vgl.BGE 75 IV 20,BGE 79 IV 59) bekannt wird. Da das Antragsrecht, obwohl ein anderer mit der Ausübung betraut werden kann, höchstpersönlicher Natur ist (BGE 73 IV 71), ist unter dem "Antragsberechtigten" der Verletzte persönlich, nicht auch sein bevollmächtigter Vertreter zu verstehen, läuft also die Antragsfrist erst, wenn der Verletzte persönlich die Tat und den Täter kennt, nicht schon, wenn sein bevollmächtigter Vertreter diese Kenntnis hat. Diese Lösung ist auch billig; denn der Verletzte persönlich, nicht sein Vertreter, hat abzuwägen, ob die Verletzung schwer genug sei, um den Strafantrag zu rechtfertigen. Die Antragsfrist für Leir und Dr. Schmolka konnte daher nicht schon mit der am 20. Februar 1953 erfolgten Zustellung der die angebliche Ehrverletzung enthaltenden Rechtsschrift an Dr. Hoffmann zu laufen beginnen, sondern erst, als die Beschwerdegegner von deren Inhalt Kenntnis erhielten. Das kann nicht schon am 20. Februar 1953 geschehen sein, da die Beschwerdegegner in New York niedergelassen sind und nicht behaupten, damals in der Schweiz geweilt zu haben. Übrigens steht auch nicht fest, dass Dr. Hoffmann Bevollmächtigter des Dr. Schmolka gewesen sei.
3. Man kann sich fragen, ob in den auf Privatstrafklage verfolgten Fällen der Rückzug der Klage gegen den einen Beklagten dann die Weiterverfolgung der anderen nicht von Bundesrechts wegen (Art. 31 Abs. 3
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StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB) ausschliesst, wenn ernsthafte Anhaltspunkte bestehen, dass der Beklagte, gegen den die Klage zurückgezogen wird, in Wirklichkeit am eingeklagten Vergehen nicht beteiligt war, und wenn der Kläger den Rückzug mit dieser
BGE 80 IV 209 S. 214

Erkenntnis begründet. Denn es erscheint als stossend, dass der Kläger, nur um das Recht zur Weiterverfolgung der anderen nicht zu verlieren, sollte genötigt sein, das Privatstrafklageverfahren gegen jemanden fortzusetzen, den er selbst mit guten Gründen für unschuldig hält. Im vorliegenden Falle kommt indessen darauf nichts an. Die Beschwerdegegner haben den Rückzug der Klage gegen Henckel von Donnersmarck nicht damit begründet, dieser scheine ihnen nun an den von Dr. Wiget begangenen Ehrverletzungen doch nicht beteiligt gewesen zu sein. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz zogen sie diese Klage vielmehr mit dem Hinweis zurück, es sei bereits Klage gegen Dr. Wiget erhoben und ausserdem eine Zivilklage gegen die Henckel von Donnersmark Beuthen Estates Ltd. bei den Gerichten in London hängig. Der Rückzug des Strafantrages kommt daher gemäss Art. 31 Abs. 3
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StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB auch dem Beschwerdeführer zugute. Das Obergericht hat in diesem Sinne zu entscheiden.
Dispositiv

Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 28. Juni 1954 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 80 IV 209
Datum : 20. Dezember 1954
Publiziert : 31. Dezember 1954
Quelle : Bundesgericht
Status : 80 IV 209
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 30, 31 Abs. 3 StGB. a) Gegen wen wirken der Strafantrag und sein Rückzug? (Erw. 1). b) Wirkung der Unteilbarkeit


Gesetzesregister
StGB: 24 
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StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
25 
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StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
29 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
30 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1    Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2    Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21
3    Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22
4    Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5    Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
31 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
173 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
174 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 174 - 1. Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Ist der Täter planmässig darauf ausgegangen, den guten Ruf einer Person zu untergraben, so wird er mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.229
3    Zieht der Täter seine Äusserungen vor dem Gericht als unwahr zurück, so kann er milder bestraft werden. Das Gericht stellt dem Verletzten über den Rückzug eine Urkunde aus.
177
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
BGE Register
73-IV-68 • 75-IV-15 • 79-IV-58 • 80-IV-209
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
strafantrag • privatstrafklage • beschuldigter • beschimpfung • kassationshof • frist • rechtsanwalt • beschwerdegegner • vorinstanz • kenntnis • nichtigkeit • beklagter • beginn • weiler • tag • entscheid • sachverhalt • kantonales rechtsmittel • verfahren • rückzug • begründung des entscheids • form und inhalt • voraussetzung • wiese • frage • termin
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