S. 97 / Nr. 21 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 79 III 97

21. Entscheid vom 30. März 1953 i. S. Kradolfer & Häberlin.


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Regeste:
Die dem Rechtsvorschlage beigefügte Begründung "da das Guthaben dieser Firma
weit unter diesem Betrage steht" macht die Erklärung nicht nach Art. 74 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.

SchKG ungültig.
Le fait que le débiteur a motivé son opposition en y ajoutant les mots: "car
la créance de cette société est bien inférieure à ce montant" n'a pas pour
effet de rendre l'opposition non avenue dans le sens de l'art. 74 al. 2 LP.
Il fatto che il debitore ha motivato la sua opposizione aggiungendo le parole
"perché il credito di questa ditta è di molto inferiore a quest'importo" non
in firma la validità dell'opposizione a norma dell'art. 74 cp. 2 LEF.

A. - Auf den Zahlungsbefehl Nr. 69 des Betreibungsamtes Au (St. Gallen) für
Fr. 1057.- nebst Zins teilte der Schuldner dem Amte mit, "dass ich dagegen
Rechtsvorschlag erhebe, da das Guthaben dieser Firma weit unter diesem Betrage
steht". Das Betreibungsamt wies diesen Rechtsvorschlag als ungültig zurück,
weil er eine ungenaue Teilbestreitung enthalte, was nach Art. 74 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
SchKG
unzulässig sei.
B. - Auf Beschwerde des Schuldners liess dagegen die obere kantonale
Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 7. März 1953 den Rechtsvorschlag, wie er
erfolgt war, zu.
C. - Mit vorliegendem Rekurs halten die Gläubiger, die sich der Beschwerde
widersetzt hatten, daran fest, dass kein gültiger Rechtsvorschlag vorliege.

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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung.
Will der Schuldner die Betreibung in vollem Umfange hemmen, so kann er dies
durch uneingeschränkten Rechtsvorschlag tun. Will er sich dagegen nur für
einen Teil der in Betreibung gesetzten Forderung der Vollstreckung
widersetzen, so steht ihm frei, den Rechtsvorschlag auf den betreffenden
Teilbetrag zu beschränken. Verpönt ist nach Art. 74 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
SchKG ein
teilweiser Rechtsvorschlag ohne genaue Angabe des bestrittenen Betrages. Sieht
der Schuldner dergestalt von einem vollumfänglichen Rechtsvorschlag ab, ohne
doch die bloss teilweise Bestreitung zahlenmässig zu begrenzen, so wird der
Rechtsvorschlag als gar nicht erfolgt betrachtet.
Solche Strenge ist indessen unangebracht gegenüber einem vorerst
uneingeschränkten Rechtsvorschlag, der lediglich in einem Zusatze zum Ausdruck
bringt, dass der Schuldner nicht unbedingt die ganze Forderung als unbegründet
erachte. Ein solcher Zusatz ist vermutungsweise nicht als Einschränkung des
Rechtsvorschlages als solchen - der eine Willens-, nicht Wissenserklärung
darstellt - zu verstehen. Vielmehr bleibt es beim uneingeschränkten
Rechtsvorschlag, es wäre denn, dass sich im Nachsatze der Wille kundgibt, sich
der Betreibung nur für einen Teilbetrag zu widersetzen. Der Schuldner ist ja
gar nicht verpflichtet, sich über seine Bereitschaft, allenfalls eine gewisse
Schuldpflicht gelten zu lassen, im Rechtsvorschlage auszusprechen. Tut er es
dennoch, so darf eine derartige unbestimmte Äusserung nicht ohne weiteres
dahin ausgelegt werden, der Rechtsvorschlag selbst gelte nur für einen
Teilbetrag (so dass er, wenn dieser nicht beziffert wird, nun überhaupt
ungültig wäre). Demgemäss knüpft der angefochtene Entscheid zutreffend an BGE
63 III 67 an. Die damals vorliegende Erklärung: "Es wird Rechtsvorschlag
erhoben: die Forderung wird der Höhe nach bestritten" wurde als gültiger
uneingeschränkter Rechtsvorschlag anerkannt,

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weil nicht zu vermuten sei, der Schuldner wolle die uneingeschränkte
Rechtsvorschlagserklärung durch den Zusatz in eine Teilbestreitung ohne
Betragsangabe umwandeln. Diese Milderung einer frühern Betrachtungsweise (vgl.
etwa noch BGE 62 III 99) trägt den Interessen des Schuldners billig Rechnung
und verdient fernerhin wegleitend zu bleiben, wie sie denn auch in der
Betreibungspraxis Anklang gefunden hat (vgl. einen Entscheid der
Aufsichtsbehörde von Basel-Stadt vom 28. Juni 1946, in den Blättern für
Schuldbetreibung und Konkurs 1947 S. 119, und die Ausführungen von HINDERLING,
Der Inhalt des Rechtsvorschlages, in derselben Zeitschrift 1945 S. 65 ff.).
Nichts hindert den Schuldner eben, in vollem Umfange Recht vorzuschlagen, auch
wenn er mit etwelcher Schuldpflicht rechnet, die er derzeit noch nicht zu
beziffern vermag oder jedenfalls, um seine Stellung im allfälligen Prozesse
nicht von vornherein zu schwächen, nicht beziffern will. Auch im vorliegenden
Falle ist eine solche Totalbestreitung erfolgt, deren Begründung durch den
Nachsatz sich zwangslos dahin deuten lässt, es bedürfe noch einer nähern
Abklärung des Betrages der Ansprüche, ohne dass der Schuldner gleich schon
einen bestimmten Betrag anerkennen und den Rechtsvorschlag dementsprechend
beschränken wollte oder auch nur könnte. Die (wirkliche oder vermeintliche)
Illiquidität der Forderung erklärt es gerade, dass der Schuldner vorerst
einmal die Betreibung überhaupt hemmen und allfällige verbindliche
Zugeständnisse der Zukunft vorbehalten will.
Die Bemerkung in der Beschwerde, das Guthaben der Gläubiger "reduziere sich um
Fr. 740.- und mache nur noch Fr. 317.- aus", ändert nichts am
uneingeschränkten Rechtsvorschlag. Dem Schuldner steht aber frei, diesen
nachträglich auf einen bestimmten Teilbetrag zu beschränken.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 79 III 97
Datum : 01. Januar 1953
Publiziert : 30. März 1953
Quelle : Bundesgericht
Status : 79 III 97
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Die dem Rechtsvorschlage beigefügte Begründung "da das Guthaben dieser Firma weit unter diesem...


Gesetzesregister
SchKG: 74
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
BGE Register
62-III-99 • 63-III-67 • 79-III-97
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
rechtsvorschlag • schuldner • wille • betreibungsamt • weiler • schuldbetreibungs- und konkursrecht • beschränkung • nichtigkeit • begründung des entscheids • berechnung • wiese • zahlungsbefehl • zins • biene • basel-stadt • vermutung