BGE 79 III 174
40. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Oktober 1953 i. S.
Becker gegen Technical Progress S.A. und Mitbeteiligte.
Seite: 174
Regeste:
Anfechtungsklage (Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
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1 | Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
2 | Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513 |
Geschäfts, bei dem der Schuldner eine gleichwertige Gegenleistung erhielt.
Action révocatoire (art. 288 LP). Conditions auxquelles qeut êtree révoqué un
acte procurant au débiteur une prestation de même valeur que la sienne.
Azione rivocatoria (art. 288 LEF). Condizioni cui è dubordinata la rivocazione
d'un atto pel quale il debitore ha ottenuto un corrispettivo proporzionato
alla sua prestazione.
Der Bauunternehmer Baumberger tilgte im Dezember 1949 eine Rest schuld
gegenüber dem Malermeister Becker durch Übergabe eines Perserteppichs und
verkaufte Becker am 24. April 1950 ein Personenanuto Marke Nash für Fr. 6000.-
und eine Höhensonne sowie eine Polstermöbelgarnitur für zusammen Fr. 800.-.
Becker zahlte den Kaufpreis bar. Wenige Tage später floh Baumberger ins
Ausland. Am 5. Mai 1950 wurde über ihn der Konkurs eröffnet. Auf Grund von
Abtretungen gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458 |
Becker Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499 |
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1 | Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.499 |
2 | Zur Anfechtung sind berechtigt:500 |
1 | jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat; |
2 | die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger. |
3 | Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht502 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.503 |
4 | Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.504 |
Beklagte sei zur Rückgabe der von Baumberger erworbenen Gegenstände an die
Konkursmasse zu verurteilen. Das Obergericht des Kantons Zürich hiess die
Klage gut, hinsichtlich des Teppichs in Anwendung von Art. 287
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 287 - 1 Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508 |
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1 | Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508 |
1 | Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war; |
2 | Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als durch Barschaft oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel; |
3 | Zahlung einer nicht verfallenen Schuld. |
2 | Die Anfechtung ist indessen ausgeschlossen, wenn der Begünstigte beweist, dass er die Überschuldung des Schuldners nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen müssen.510 |
3 | Die Anfechtung ist insbesondere ausgeschlossen, wenn Effekten, Bucheffekten oder andere an einem repräsentativen Markt gehandelte Finanzinstrumente als Sicherheit bestellt wurden und der Schuldner sich bereits früher: |
1 | verpflichtet hat, die Sicherheit bei Änderungen im Wert der Sicherheit oder im Betrag der gesicherten Verbindlichkeit aufzustocken; oder |
2 | das Recht einräumen liess, eine Sicherheit durch eine Sicherheit gleichen Werts zu ersetzen.511 |
der übrigen Gegenstände in Anwendung von Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
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1 | Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
2 | Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513 |
weist die Klage im zweiten Punkte ab.
Aus den Erwägungen:
Da anzunehmen ist, der Schuldner habe für das Auto, die Höhensonne und die
Polstermöbel eine gleichwertige Gegenleistung erhalten, konnte die
Veräusserung dieser Gegenstände für sich allein keinen Gläubiger schädigen.
Erst eine weitere Handlung des Schuldners, nämlich die
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Verwendung der Gegenleistung, kann in einem solchen Falle zu einer
Benachteiligung der Gläubiger oder eines Teils derselben führen. Ein Geschäft,
bei dem der Schuldner eine gleichwertige Gegenleistung erhält, ist daher nur
dann gemäss Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
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1 | Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
2 | Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513 |
Abschluss eine die Gläubiger oder einzelne von ihnen schädigende Verwendung
der Gegenleistung ins Auge gefasst hatte und dies für den Geschäftspartner
erkennbar war. Dass diese letzte Voraussetzung erfüllt sei, darf nicht
leichthin angenommen werden. Würde es genügen, dass irgendeine für die
Gläubiger nachteilige Verwendung der Gegenleistung vom Geschäftspartner als
möglich erkannt werden konnte (>>>>im Bereiche der dem Beklagten erkennbaren
Möglichkeit gelegen war, wie die Vorinstanz sagt), so würde der normale
Geschäftsverkehr übermässig erschwert und einem Schuldner, der ersichtlich mit
Zahlungsschwierigkeiten zu kämpfen hat, praktisch die Möglichkeit genommen zu
versuchen, durch Fortführung seiner Geschäftstätigkeit diese Schwierigkeiten
zu überwinden. Niemand könnte es mehr wagen, einem solchen Schuldner zu
helfen, indem er ihm gegen Übergabe von Sachwerten Bargeld zur Verfügung
stellt. Damit angenommen werden darf, die Benachteiligungsabsicht sei für den
Geschäftspartner des Schuldners erkennbar gewesen, ist daher im Falle des
Austausches gleichwertiger Leistungen erforderlich, dass jener bei gehöriger
Aufmerksamkeit erkennen konnte, zu welchem bestimmten Zweck der Schuldner die
ihm zukommende Leistung zu verwenden gedachte und dass diese Verwendung
voraussichtlich die Benachteiligung von Gläubigern zur Folge haben werde. War
die Absicht des Schuldners nicht erkennbar, so kann ein solches Geschäft
höchstens noch dann mit Erfolg angefochten werden, wenn besondere Umstände dem
Anfechtungsbeklagten den Schluss aufdrängten, dass eine legitime, die
Gläubiger mehr schädigende Verwendung der dem Schuldner gemachten Leistung
praktisch überhaupt nicht in Betracht komme.
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Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz verkaufte Baumberger das
Auto und die übrigen im Vertrag vom 24. April 1950 genannten Gegenstände in
der Absicht, sich für seine Flucht möglichst viel bares Geld zu verschaffen.
Er gedachte also den Kaufpreis in einer Weise zu verwenden, die den Gläubigern
notwendig zum Schaden gereichen musste. Auf seiner Seite sind daher die
subjektiven Voraussetzungen für die Anfechtung des Verkaufs gemäss Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
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1 | Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. |
2 | Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513 |
SchKG gegeben.
Dass seine Absicht, den Preis zur Finanzierung seiner Flucht zu verwenden, für
den Beklagten erkennbar gewesen sei, nimmt jedoch die Vorinstanz selber mit
Recht nicht an. Man sieht nicht, was den Beklagten hätte veranlassen können,
mit einer solchen Absicht Bambergers ernsthaft zu rechnen.
Es verhält sich aber auch nicht so, dass der Beklagte sich auf jeden Fall
hätte sagen müssen, es könne gar nicht anders sein, als dass Baumberger den
Preis irgendwie zum Nachteil seiner Gläubiger verwenden werde. Wenn er auch
wusste, dass Baumberger sich seit längerer Zeit in Zahlungsschwierigkeiten
befand, und nicht zu beweisen vermochte, dass die Überschuldung für ihn nicht
erkennbar gewesen sei, so ist doch nicht dargetan, dass er habe annehmen
müssen, es bestehe die ernste Gefahr eines Konkurses. Die für ihn sichtbaren
Umstände hinderten ihn nicht, daran zu glauben, dass Baumberger sich trotz
seinen Schwierigkeiten werde behaupten können. Bei dieser Sachlage konnte er
mit verschiedenen durchaus legitimen Möglichkeiten der Verwendung des
Kaufpreises rechnen. Anders als der Anfechtungsgegnerin im Falle BGE 74 III 48
ff. musste ihm z.B. eine Verwendung zur Befriedigung einzelner Gläubiger nicht
als bedenklich erscheinen; ebensowenig eine Verwendung zur Förderung der ihm
bekannten neuen Bauprojekte oder auch für den Lebensunterhalt des Schuldners
und seiner Familie.
Aus der von der Vorinstanz hervorgehobenen Tatsache, dass Baumberger dem
Beklagten gleichzeitig ein Auto, eine
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Höhensonne und Polstermöbel zum Kaufe antrug, war kein weiterer als der vom
Beklagten tatsächlich gezogene Schluss zu ziehen, dass Baumberger Bargeld
brauchte. Eine fraudulöse Verwendung des Kaufpreises war deswegen nicht zu
erwarten. Es handelte sich nicht um die Veräusserung notwendiger
Einrichtungsgegenstände und (im Gegensatz zu dem in BGE 39 11 368 ff.
beurteilten Falle) auch nicht um den Verkauf der letzten Aktiven oder von
Vermögensstücken, die der Schuldner benötigt hätte, um seine Erwerbstätigkeit
fortzusetzen. Baumberger besass gemäss Feststellung der Vorinstanz mehrere
Automobile. Nach den Aussagen des Zeugen Fatio hatte er auch zwei Höhensonnen.
Die (in seinem Büro stehenden) Polstermöbel waren abgenutzt. Es war also nicht
unbegreiflich, dass er diese Gegenstände verkaufen wollte.
Dass der Beklagte sich nicht nach den Absichten Baumbergers erkundigte, kann
ihm nicht mit Fug zum Vorwurf gemacht werden. Abgesehen davon, dass eine
solche Erkundigung kaum dazu angetan gewesen wäre, ihn die wahre Absicht
Baumgartners erkennen oder auch nur vermuten zu lassen, ist es bei
Gelegenheitskäufen im Unterschied etwa zu Darlehensgeschäften keineswegs
üblich, nach der beabsichtigten Verwendung des Geldes zu forschen. Diese geht
den Käufer nichts an, solange er keinen bestimmten Anlass zum Verdacht hat,
dass der Verkäufer etwas Unkorrektes plane. Ein solcher Anlass war für den
Beklagten nach dem Gesagten nicht gegeben.
Hinsichtlich des Autos, der Höhensonne und der Polstermöbel sind daher die
Anfechtungsklagen mangels Erkennbarkeit der Benachteiligungsabsicht des
Schuldners abzuweisen.