S. 32 / Nr. 10 Strafgesetzbuch (d)

BGE 78 IV 32

10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Januar 1952 i. S. Aumann
gegen Huber.

Regeste:
Lässt die revidierte Fassung des Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB die Berufung auf Wahrung
berechtiger Interessen noch zu?
Le texte nouveau de l'art. 173 CP permet-il encore d'invoquer la défense
d'intérêts légitimes?
Il nuovo tenore dell'art. 173 CP permette ancora d'invocare la difesa
d'interessi legittimi?

Der Beschwerdeführer hatte den Beschwerdegegner in einer Verhandlung vor dem
Mietamt der Stadt Zürich der Lüge berechtigt und war deshalb vom Obergericht
des Kantons Zürich wegen übler Nachrede gebüsst worden. Die
Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er Freisprechung beantragte, wurde vom
Bundesgericht abgewiesen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- (Ausführungen darüber, dass der Beschwerdeführer den Wahrheitsbeweis nicht
erbracht und auch nicht ernsthafte Gründe gehabt habe, seine Äusserung in
guten Treuen für wahr zu halten).
2.- Der Beschwerdeführer will durch die ehrverletzende Äusserung seine
Berufsehre gewahrt haben. Wenn das heissen soll, er habe in Wahrung
berechtigter Interessen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl.
z. B. BGE 71 IV i 89) gehandelt, so verkennt er,

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dass diese Rechtsprechung aus der Zeit stammt, als Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB noch in der
Fassung vom 21. Dezember 1937 galt. Am 5. Januar 1951 ist die revidierte
Fassung in Kraft getreten, wonach der Beschuldigte sich der Strafe nicht mehr
bloss durch den Wahrheitsbeweis entziehen kann, sondern auch durch den
Nachweis, dass er die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung
aus ernsthaften Gründen in guten Treuen für wahr halten konnte. Wer diesen
Beweis nicht erbringt oder nicht erbringen darf (vgl. Art. 173 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB),
wird im allgemeinen sich auch nicht darauf berufen können, dass er berechtigte
Interessen gewahrt habe. Denn das setzt nach der erwähnten Rechtsprechung
unter anderem voraus, dass der Täter gutgläubig war und gewissenhaft alles
Zumutbare vorgekehrt habe, um sich von der Richtigkeit seiner Behauptung zu
überzeugen; wenn er das aber getan hat, wird in der Regel gesagt werden
können, er habe ernsthafte Gründe gehabt, sie in guten Treuen für wahr zu
halten (vgl. auch BGE 77 IV 169). Hat er ohne begründete Veranlassung,
vorwiegend in der Absicht gehandelt, jemandem Übles vorzuwerfen (Art. 173
Ziff. 3), so kann von der Wahrung berechtigter Interessen sowieso keine Rede
sein. Auch der Beschwerdeführer hat nichts vorgekehrt, um sich davon zu
überzeugen, ob der Beschwerdegegner seine Behauptung wirklich bösgläubig
aufgestellt, d. h. gelogen habe.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 78 IV 32
Date : 01. Januar 1952
Published : 25. Januar 1952
Source : Bundesgericht
Status : 78 IV 32
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Lässt die revidierte Fassung des Art. 173 StGB die Berufung auf Wahrung berechtiger Interessen noch...


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StGB: 173
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