BGE 78 IV 24
8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. März 1952 i. S. Rufli
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste:
Art. 148 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.207 |
Kollektivgesellschaft, an deren Vermögen der Täter beteiligt ist.
Art. 148 al. 1 CP. Escroquerie commise au préjudice d'une société simple ou
d'une société en nom collectif au patrimoine de laquelle l'auteur participe.
Art. 148 cp. 1 CP. Truffa commessa a detrimento di una società semplice o di
una società in nome collettivo, al cui patrimonio l'autore partecipa.
A. - Rufli schloss mit Fertig am 15. Mai 1950 einen Vertrag, wonach beide
unter der Firma «Rufli und Fertig, Baden, Eisen- und Transportgeräte-Bau»
gemeinsam Eisen- und Transportgeräte usw. herstellen, vertreiben und
reparieren und Fabrik-Vertretungen übernehmen wollten. Sie bezeichneten ihr
Verhältnis als einfache Gesellschaft.
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Jeder Gesellschafter sollte Fr. 5000.- einlegen. Der Vertrag räumte beiden
gleichen Anteil am Gewinn und Verlust ein und übertrug die. Geschäftsführung
beiden, mit der Bestimmung, dass sie «kollektiv zu zweien» verfügten.
Von Mitte Juni bis Ende August 1950 suchte Rufli Bestellungen für die von der
Gesellschaft vertriebenen Arretierbügel auf. Durch unzutreffende telephonische
Mitteilungen und Vorlage fingierter Bestellerlisten und Bestellscheine
spiegelte er Fertig viele Bestellungen vor und veranlasste ihn dadurch, die
angeblich bestellten Arretierbügel herstellen zu lassen und zu liefern und
Rufli zur Deckung seiner Auslagen für Bahnabonnements und weiterer Spesen
insgesamt Fr. 1900.- auszuzahlen. Rufli wollte sich auf diese Weise
unrechtmässig bereichern. Die angeblichen Kunden lehnten Annahme und Bezahlung
der nicht bestellten Arretierbügel ab.
B. - Fertig reichte gegen Rufli Strafklage ein. Dieser unterzog sich der gegen
ihn erhobenen Anklage auf Betrug in tatbeständlicher Hinsicht. Das
Kriminalgericht des Kantons Aargau erklärte ihn am 30. November 1951 des
fortgesetzten Betruges (Art. 148 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.207 |
der Annahme, er habe das Verbrechen im Zustande verminderter
Zurechnungsfähigkeit begangen, zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe
von fünf Monaten, unter Auferlegung einer dreijährigen Probezeit.
C. - Rufli führt Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.207 |
Antrage, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an das
Kriminalgericht zurückzuweisen.
Sein einziger Einwand geht dahin, dass Fertig durch seine Machenschaften nicht
geschädigt worden sei, da der Schaden durch die Bareinlage des
Beschwerdeführers voll gedeckt sei. Der Beschwerdeführer habe sich am eigenen
Vermögen geschädigt, was nicht straf bar sei. Er habe denn auch bis heute nie
daran gedacht, seine Einlage zurückzuverlangen. Ob er Anspruch auf eine
teilweise Rückerstattung habe, sei in einem allfälligen Zivilprozess
abzuklären.
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Abgesehen davon, dass erst nach durchgeführter Liquidation gesagt werden
könne, ob der eine oder andere Gesellschafter geschädigt sei, bestreite der
Beschwerdeführer nicht, im Sinne des Art. 538 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 538 - 1 Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Gesellschaft den Fleiss und die Sorgfalt anzuwenden, die er in seinen eigenen anzuwenden pflegt. |
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1 | Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Gesellschaft den Fleiss und die Sorgfalt anzuwenden, die er in seinen eigenen anzuwenden pflegt. |
2 | Er haftet den übrigen Gesellschaftern für den durch sein Verschulden entstandenen Schaden, ohne dass er damit die Vorteile verrechnen könnte, die er der Gesellschaft in andern Fällen verschafft hat. |
3 | Der geschäftsführende Gesellschafter, der für seine Tätigkeit eine Vergütung bezieht, haftet nach den Bestimmungen über den Auftrag. |
zu sein
D. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 544 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 544 - 1 Sachen, dingliche Rechte oder Forderungen, die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben sind, gehören den Gesellschaftern gemeinschaftlich nach Massgabe des Gesellschaftsvertrages. |
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1 | Sachen, dingliche Rechte oder Forderungen, die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben sind, gehören den Gesellschaftern gemeinschaftlich nach Massgabe des Gesellschaftsvertrages. |
2 | Die Gläubiger eines Gesellschafters können, wo aus dem Gesellschaftsvertrage nichts anderes hervorgeht, zu ihrer Befriedigung nur den Liquidationsanteil ihres Schuldners in Anspruch nehmen. |
3 | Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich oder durch Stellvertretung einem Dritten gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so haften sie ihm solidarisch, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung. |
die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben worden sind, den
Gesellschaftern gemeinschaftlich nach Massgabe des Gesellschaftsvertrages.
Diese Bestimmung gilt auch für die Kollektivgesellschaft (Art. 557 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 557 - 1 Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag. |
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1 | Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag. |
2 | Soweit keine Vereinbarung getroffen ist, kommen die Vorschriften über die einfache Gesellschaft zur Anwendung, jedoch mit den Abweichungen, die sich aus den nachfolgenden Bestimmungen ergeben. |
Daher ist unerheblich, ob man das vertragliche Verhältnis zwischen dem
Beschwerdeführer und Fertig als einfache Gesellschaft würdigt, als was die
Parteien es im Vertrag bezeichnet haben, oder als Kollektivgesellschaft, wie
sie nach Art. 552
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 552 - 1 Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben. |
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1 | Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben. |
2 | Die Gesellschafter haben die Gesellschaft in das Handelsregister eintragen zu lassen. |
vorliegt, wenn zwei oder mehrere natürliche Personen ohne Beschränkung ihrer
Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern sich zum Zwecke vereinigen,
unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes
nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben. Im einen wie im
anderen Falle gehörte das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zu
gesamter Hand.
Keiner von ihnen war berechtigt, ohne Zustimmung des andern sich etwas davon
anzueignen oder den andern durch Täuschung zu veranlassen, dass er ihm etwas
daraus auszahle oder in die Auszahlung einwillige. Die Verfügung darüber stand
nur beiden gemeinsam zu, was im Vertrag noch ausdrücklich vereinbart war.
Indem der Beschwerdeführer sich durch arglistige Täuschung des Fertig aus dem
Gesellschaftsvermögen Auszahlungen machen liess, verminderte er dieses und
schädigte er den daran mitberechtigten Gesellschafter Fertig. Er bewirkte,
dass Vermögen,
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das beiden gemeinsam gehörte, in sein, des Beschwerdeführers, Alleineigentum
überging.
Dass er Fr. 5000.- zur Schaffung des Gesellschaftsvermögens beigetragen hatte,
ändert nichts. Eine Forderung auf Rückzahlung dieses Beitrages besass er nur
für den Fall der Liquidation und nur unter der Voraussetzung, dass das
Gesellschaftsvermögen dazu ausreiche (Art. 549
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 549 - 1 Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen Schulden, nach Ersatz der Auslagen und Verwendungen an einzelne Gesellschafter und nach Rückerstattung der Vermögensbeiträge ein Überschuss, so ist er unter die Gesellschafter als Gewinn zu verteilen. |
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1 | Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen Schulden, nach Ersatz der Auslagen und Verwendungen an einzelne Gesellschafter und nach Rückerstattung der Vermögensbeiträge ein Überschuss, so ist er unter die Gesellschafter als Gewinn zu verteilen. |
2 | Ist nach Tilgung der Schulden und Ersatz der Auslagen und Verwendungen das gemeinschaftliche Vermögen nicht ausreichend, um die geleisteten Vermögensbeiträge zurückzuerstatten, so haben die Gesellschafter das Fehlende als Verlust zu tragen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 588 - 1 Das nach Tilgung der Schulden verbleibende Vermögen wird zunächst zur Rückzahlung des Kapitals an die Gesellschafter und sodann zur Entrichtung von Zinsen für die Liquidationszeit verwendet. |
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1 | Das nach Tilgung der Schulden verbleibende Vermögen wird zunächst zur Rückzahlung des Kapitals an die Gesellschafter und sodann zur Entrichtung von Zinsen für die Liquidationszeit verwendet. |
2 | Ein Überschuss ist nach den Vorschriften über die Gewinnbeteiligung unter die Gesellschafter zu verteilen. |
auch gar nicht eine Forderung auf Rückzahlung seines Beitrages geltend,
sondern Forderungen auf Ersatz von Reiseauslagen. Indem er sich dadurch
Gesellschaftsvermögen auszahlen liess, minderte er nicht nur seinen eigenen
künftigen Liquidationsanteil, sondern auch jenen des Mitgesellschafters. Ob
und inwieweit, nachdem Fertig dem Schwindel auf die Spur gekommen ist, die
Forderung auf Rückerstattung der zu Unrecht bezogenen Beträge an die
Gesellschaft mit dem Liquidationsanteil des Beschwerdeführers verrechnet
werden kann, ist unerheblich. Durch die Verrechnung würde nur die Ausgleichung
eines bereits eingetretenen Schadens erreicht. Der Schaden als solcher wäre
nicht ungeschehen gemacht, sondern bloss nachträglich gedeckt. Dass Fertig vor
Einreichung der Strafklage die Sache als erledigt hätte betrachten wollen,
wenn sich der Beschwerdeführer mit einer Pauschalzahlung von Fr. 1000.-
zufrieden erklärt hätte, ändert nichts. Durch Verzicht auf eine Mehrforderung
hätte der Beschwerdeführer lediglich dem Mitgesellschafter den bereits
eingetretenen Schaden ersetzt. Wie hoch der durch Betrug verursachte Schaden
ist, kann dahingestellt bleiben; es genügt, dass das Kriminalgericht
verbindlich und unwidersprochen überhaupt eine auf die arglistige Täuschung
zurückzuführende Verminderung des Gesellschaftsvermögens festgestellt hat.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden
kann.