S. 370 / Nr. 55 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 78 I 370

55. .Auszug aus dem Urteil vom 19. Dezember 1952 i. S. Chatton gegen Kleinen
Hat des Kantons Graubünden.

Regeste:
Militärpflichtersatz: Abzug von Gewinnungskosten bei der Veranlagung eines
Mittelschullehrers.
Taxe d'exemption du service militaire: Déduction de frais généraux dans la
taxation d'un maître de l'enseignement secondaire.
Tassa d'esenzione dal servizio militare: Deduzione di spese generali nella
tassazione di un maestro delle scuole secondarie.

A. - Dr. R. Chatton, Lehrer an der Schweizerischen Alpinen Mittelschule in
Davos, wurde zum Militärpflichtersatz für 1952 herangezogen. Er verlangte
einen Abzug für Berufungskosten und begründete ihn im Rekurs gegen den
ablehnenden Einspracheentscheid wie folgt: Er müsse für die Ausübung seines
Berufes ein Studierzimmer haben, das ausschliesslich diesem Zwecke diene;
dessen Miete, Heizung und Beleuchtung koste, im Verhältnis zur ganzen Wohnung
berechnet, Fr. 650.-. Für Anschaffung von Fachliteratur setze er Fr. 100.- ein
er könne für 1951 einen höheren Betrag ausweisen. Das Autobusabonnement für
die Fahrt zur Schule mache für 10 Monate Fr. 150.- aus.
Mit Entscheid vom 11. Juli 1952 wies der kleine Rat des Kantons Graubünden die
Beschwerde ab. Er führte aus, Abzüge, wie sie der Beschwerdeführer geltend
mache, lehne das Kreiskommando bei Unselbständigerwerbenden in ständiger
Praxis mit vollem Recht ab. Ein Abzug für das Autobusabonnement komme von
vornherein nicht in Betracht; es sei Sache des Rekurrenten, durch Wahl

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einer geeigneten Wohnung diese Auslage zu vermeiden. Einen Abzug für
Studierzimmer und Fachliteratur habe die kantonale Steuerverwaltung
(hinsichtlich der kantonalen Steuern) Kantonsschullehrern stets versagt. Beim
Militärpflichtersatz sei nach dessen Wesen bezüglich derartiger Abzöge eher
eine strengere Praxis als bei den kantonalen Steuern geboten.
B. - Mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde beantragt Chatton Aufhebung
dieses Entscheides und Anerkennung des verlangten Abzuges von Fr. 900.- für
Berufsunkosten.
Er macht geltend, der Militärpflichtersatz müsse als eidg. Abgabe, in allen
Kantonen gleich verlangt werden. Art. 5
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 5 - 1 In Kriegszeiten unterstehen dem Militärstrafrecht ausser den in den Artikeln 3 und 4 genannten Personen:
1    In Kriegszeiten unterstehen dem Militärstrafrecht ausser den in den Artikeln 3 und 4 genannten Personen:
1  Zivilpersonen, die sich schuldig machen:
1a  der Verräterei nach den Artikeln 88, 90 und 91,
1b  des Nachrichtendienstes gegen fremde Staaten (Art. 93),
1c  der Brandstiftung, der Verursachung einer Explosion, der Gefährdung durch Sprengstoffe, der Verursachung einer Überschwemmung oder eines Einsturzes, sofern der Täter dabei der Armee dienende Sachen zerstört (Art. 160 Abs. 2, 160a, 161 Ziff. 1 Abs. 3 und Ziff. 2, 162 Abs. 3, 165 Ziff. 1 Abs. 3 und Ziff. 2),
1d  des Völkermords oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (sechster Abschnitt des zweiten Teils), eines Kriegsverbrechens (sechster Abschnittbis des zweiten Teils sowie Art. 139);
2  Kriegsgefangene, auch für solche strafbare Handlungen, die sie im In- oder Auslande während des Krieges und vor ihrer Gefangennahme gegenüber dem schweizerischen Staat, der schweizerischen Armee oder Angehörigen der schweizerischen Armee begangen haben;
3  feindliche Parlamentäre und ihre Begleiter, die ihre Stellung zur Begehung einer strafbaren Handlung missbrauchen;
4  in Kriegsgebieten oder in besetzten Gebieten internierte Zivilpersonen.
5  ausländische Militärpersonen, die sich des Völkermords, eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (sechster Abschnitt des zweiten Teils) oder eines Kriegsverbrechens (sechster Abschnittbis des zweiten Teils sowie Art. 139) schuldig machen.
2    Auf die Bestimmungen nach Absatz 1 Ziffer 1 Buchstabe d sowie Ziffer 5 sind die Bestimmungen über die Strafbarkeit des Vorgesetzten (Art. 114a) anwendbar.13
MStG gestatte den Abzug der Unkosten,
welche mit der Gewinnung des Erwerbes verbunden, nicht Haushaltungskosten
seien.
Die Arbeit eines Mittelschullehrers bestehe nur ungefähr zur Hälfte aus dem
eigentlichen Unterricht in der Schule der andere wesentliche Teil,
Vorbereitung und Korrekturen, sei zur Hauptsache Hausarbeit. Daher sei für den
Beschwerdeführer ein Studierzimmer zu Hause notwendig; es diene
ausschliesslich dem Beruf, sei kein Wohnzimmer. Der Mittelsehullehrer verfüge
in der Schule über kein Büro, in dem er arbeiten könne; im Lehrerzimmer hätten
im allgemeinen kaum alle Lehrer Platz. In anderen Kantonen werde der Abzug der
Kosten für Miete, Heizung, Beleuchtung und Unterhalt des Studierzimmers
zugelassen, in Zürich auch für Primarlehrer.
Dass die Ausgaben für Fachliteratur Erwerbs- und nicht Haushaltungskosten
seien, könne kaum bestritten werden. Die Fachbibliothek der Schule sei viel zu
klein, um auch nur annähernd für die Vorbereitung des Unterrichts zu genügen.
Die Wohnung des Beschwerdeführers befinde sich in der Fraktionsgemeinde
Davos-Platz, sei aber 1½ - 2 km von der Schule entfernt. Eine nähere Wohnung
habe er bei seiner Niederlassung nicht finden können. Die Benützung

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des Davoser Autobus werde nicht als Luxus betrachtet, wie die Frequenz in
Stosszeiten beweise. Im Winter nach Schneefällen sei der Weg zu Fuss äusserst
beschwerlich.
C. - Der Kleine Rat beantragt Abweisung der Beschwerde. Er bemerkt, die
geltend gemachten Unkosten könnten jedenfalls nur dann abgezogen werden, wenn
sie für die Gewinnung des Erwerbes unumgänglich seien. Diese Voraussetzung
treffe bezüglich des Studierzimmers und der Fachliteratur nicht zu; ob sie
hinsichtlich des Autobusabonnements erfüllt sei, sei zum mindesten fraglich.
D. - Die eidg. Steuerverwaltung hält dafür, es seien Fr. 200.- für
Fachliteratur und, sofern die betreffenden Angaben des Beschwerdeführers
stimmten, Fr. 150.- für Fahrkosten abzuziehen. Sie beantragt, die Sache zur
Ergänzung der Untersuchung an den Kleinen Rat zurückzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung
2.- Nach Art. 5 lit. B
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 5 - 1 In Kriegszeiten unterstehen dem Militärstrafrecht ausser den in den Artikeln 3 und 4 genannten Personen:
1    In Kriegszeiten unterstehen dem Militärstrafrecht ausser den in den Artikeln 3 und 4 genannten Personen:
1  Zivilpersonen, die sich schuldig machen:
1a  der Verräterei nach den Artikeln 88, 90 und 91,
1b  des Nachrichtendienstes gegen fremde Staaten (Art. 93),
1c  der Brandstiftung, der Verursachung einer Explosion, der Gefährdung durch Sprengstoffe, der Verursachung einer Überschwemmung oder eines Einsturzes, sofern der Täter dabei der Armee dienende Sachen zerstört (Art. 160 Abs. 2, 160a, 161 Ziff. 1 Abs. 3 und Ziff. 2, 162 Abs. 3, 165 Ziff. 1 Abs. 3 und Ziff. 2),
1d  des Völkermords oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (sechster Abschnitt des zweiten Teils), eines Kriegsverbrechens (sechster Abschnittbis des zweiten Teils sowie Art. 139);
2  Kriegsgefangene, auch für solche strafbare Handlungen, die sie im In- oder Auslande während des Krieges und vor ihrer Gefangennahme gegenüber dem schweizerischen Staat, der schweizerischen Armee oder Angehörigen der schweizerischen Armee begangen haben;
3  feindliche Parlamentäre und ihre Begleiter, die ihre Stellung zur Begehung einer strafbaren Handlung missbrauchen;
4  in Kriegsgebieten oder in besetzten Gebieten internierte Zivilpersonen.
5  ausländische Militärpersonen, die sich des Völkermords, eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (sechster Abschnitt des zweiten Teils) oder eines Kriegsverbrechens (sechster Abschnittbis des zweiten Teils sowie Art. 139) schuldig machen.
2    Auf die Bestimmungen nach Absatz 1 Ziffer 1 Buchstabe d sowie Ziffer 5 sind die Bestimmungen über die Strafbarkeit des Vorgesetzten (Art. 114a) anwendbar.13
a MStG werden vom Erwerbseinkommen die mit dessen
Gewinnung verbundenen Unkosten in Abzug gebracht. Der Begriff der
Gewinnungskosten wird hier, wie derjenige des Erwerbseinkommens gleich
verwendet wie im gewöhnlichen Steuerrecht; aus dem besonderen Zweck der
Abgabe, einen Ersatz für die Leistung des persönlichen Militärdienstes zu
bilden, kann eine abweichende Auslegung nicht abgeleitet werden. Insbesondere
kann nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung keine Rede davon sein, dass der
Unkostenabzug auf bestimmte Berufsklassen, etwa auf die
Selbständigerwerbenden, beschränkt sei; vielmehr sind die Gewinnungskosten bei
allen Berufen abzuziehen, wenn auch ihre Feststellung und namentlich ihre
Abgrenzung von den ausdrücklich vom Abzug ausgeschlossenen Haushaltungskosten
nicht überall gleich leicht sein mag. Bei Ausgaben, die teils der
Berufsausübung, teils persönlichen

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Bedürfnissen dienen, ist zu prüfen, in welchem Masse die Aufwendungen für den
einen und den anderen Zweck bestimmt sind, und ist nur ein entsprechender
Anteil den Gewinnungskosten zuzurechnen erweist sich eine solche Ausscheidung
als unmöglich, so ist auf den überwiegenden Charakter der Auslagen abzustellen
(BGE 78 I 142 Erw. 2).
Die Begründung, mit welcher der Kleine Rat den vom Beschwerdeführer
beantragten Abzug von Berufsunkosten summarisch abgelehnt hat, widerspricht
der gesetzlichen Ordnung. Es ist für die verschiedenen geltend gemachten
Auslagen zu prüfen, ob sie mit der Gewinnung des Erwerbes verbundene Unkosten
darstellen. Dabei genügt für den Abzug nicht jeder Zusammenhang mit der
Berufsausübung; als Unkosten können nur Ausgaben gelten, die da für
erforderlich sind.
3.- Es steht ausser Zweifel, dass die Geschäftsräume eines
Selbständigerwerbenden für den Erwerb erforderlich sind und dass seine
Auslagen für deren Bereitstellung und Betrieb Gewinnungskosten darstellen.
Dasselbe muss aber nach dem Gesagten auch für die Amts- oder Arbeitsräume
eines Unselbständigerwerbenden gelten, soweit sie ihm nicht vom Arbeitgeber
zur Verfügung gestellt werden, sondern er selbst dafür sorgen muss; was er
dafür aufzubringen hat, bildet notwendige Berufsausgaben, also
Gewinnungskosten. Muss er für berufliche Zwecke Räume seiner privaten Wohnung
benützen, so sind die Gesamtkosten für diese auszuscheiden in Haushaltungs-
und berufliche Kosten (BGE 78 I 142 Erw. 3).
Die kantonale Behörde wird deshalb zu prüfen haben, ob der Beschwerdeführer,
wie er behauptet, einen wesentlichen Teil seiner Berufsarbeiten zu Hause
erledigen und daher dort über ein Studierzimmer verfügen muss, welches
ausschliesslich oder auch nur vorwiegend - diesem Zwecke dient. Ist dies der
Fall, so wird ein entsprechender Teil seiner Auslagen für Miete, Heizung,
Beleuchtung usw. als für die Gewinnung des Erwerbs erforderlich zu betrachten
und daher abzuziehen sein.

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4.- Im höheren Lehramt ist wie in anderen wissenschaftlichen Berufen die
Benützung der Fachliteratur unerlässlich. Für die wichtigeren Bücher, die er
immer wieder braucht, kann der Wissenschaftler nicht auf die Benützung der
Bibliotheken angewiesen werden er muss sie stets zur Hand haben und daher
selbst anschaffen. Die Ausgaben dafür sind abzugsfähige Gewinnungskosten.
In einem (auch für den Militärpflichtersatz geltenden) Kreisschreiben vom 29.
September 1952 betreffend Berufsauslagen bei unselbständiger Erwerbstätigkeit
(Archiv für Schweiz. Abgaberecht 21, 138) empfiehlt die eidg.
Steuerverwaltung, bei gewissen Berufsarten einen pauschalen Abzug für
Anschaffung von Fachliteratur zu gewähren, und bezeichnet für
"Mittelschullehrer einen Betrag von Fr. 200.- als angemessen. Sie beantragte
auch im vorliegenden Falle auf diesen Betrag zu gehen. Indessen macht der
Beschwerdeführer unter diesem Titel nur einen Abzug von Fr. 100.- geltend. In
der Beschwerde an den Kleinen Rat hat er allerdings erklärt, er könnte für
1951 einen höheren Betrag ausweisen er hat dies aber nicht getan und nicht
einmal einen solchen Betrag genannt. sondern auch dort nur Fr. 100.-
eingesetzt. In diesem Punkte ist deshalb ein Abzug von Fr. 100.- zu gewähren.
5.- Das Bundesgericht anerkennt heute Fahrauslagen regelmässig schon dann als
abzugsfähige Gewinnungskosten, wenn sie Infolge der Entfernung zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich entstanden sind, ohne zu prüfen, ob dem
Steuerpflichtigen das Wohnen in der Nähe des Arbeitsplatzes möglich oder
zuzumuten wäre; eine Ausnahme wird gemacht, wenn die Entfernung nicht
beachtenswert, d.h. so gering ist, dass dem Pflichtigen zugemutet werden darf,
zu Fuss zur Arbeit zu gehen (BGE 78 I 366; vgl. das erwähnte Kreisschreiben).
Nach Angabe des Beschwerdeführers beträgt die Entfernung von dieser Wohnung
zur Schule 1½ - 2 km. Triftt dies zu, so drängt sich die Benützung des

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vorhandenen Autobus auf und sind die Auslagen dafür als Gewinnungskosten
anzuerkennen. Das Argument des Kleinen Rates, es sei Sache des
Beschwerdeführers, diese Aufwendungen durch Wahl einer geeigneten Wohnung zu
vermeiden, geht nach dem Ausgeführten fehl; übrigens erklärt der
Beschwerdeführer, er habe, als er nach Davos kam, keine näher bei der Schule
gelegene Wohnung finden können. Die kantonale Behörde wird darüber befinden,
ob auch unter diesem Titel ein Abzug gewährt werden kann. Sie wird zu diesem
Zwecke zu prüfen haben, ob die Angaben des Beschwerdeführers über die Länge
des Weges zur Schule und über die Höhe der im Jahre 1951 für die Fahrt dahin
gemachten Aufwendungen richtig seien.
Demnach erkennt das Bundesgericht
Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung
im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 78 I 370
Date : 01. Januar 1952
Published : 19. Dezember 1952
Source : Bundesgericht
Status : 78 I 370
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Militärpflichtersatz: Abzug von Gewinnungskosten bei der Veranlagung eines Mittelschullehrers.Taxe...


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