S. 278 / Nr. 42 Registersachen (d)

BGE 78 I 278

42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. September 1952 i. S. Naamlooze
Vennotschap Kunstzijdespinnerij Nyma gegen Eidgen. Amt für geistiges Eigentum

Regeste:
Markenrecht.
Schutzverweisung gegenüber international hinterlegter Marke in der Schweiz
wegen Täuschungsgefahr. Pariser Verbandsübereinkunft Art. 6B Ziff. 3, MSchG 14
Abs. 1 Ziff. 2.
Marques de fabrique.
Refus d'enregistrer en Suisse une marque de fabrique ayant fait l'objet d'un
enregistrement international. Refus motivé par le fait que la marque risque de
tromper le public. Art. 6B ch. 3 de la Convention d'union de Paris, 14 al. ch.
2 LMF.
Marche de fabbrica.
Rifiuto de registrare in Isvizzera una marca di fabbrica che è stata
registrata internazionalmente. Rifiuto motivato dal fatto

Seite: 279
che la marca rischia d'ingannare il pubblico. Art. 6B, cifra 3. della
Convenzione d'unione di Parigi, art. 14, cp. 1, cifra 2 LMF.

A. - Die Beschwerdeführerin, eine Kunstseidespinnerei in Nijmegen
(Niederlande), liess auf Grund des Madrider Abkommens von 1891/1934 betreffend
die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken am 15. Mai 1951
im internationalen Markenregister unter den Nr. 153 591/2 die Wortmarken
«Nymcord» und «Nycord» eintragen für die folgenden Erzeugnisse: fils, fibres
et produits fabriqués de ces fils et fibres, comme cordes et tissus; rayonne
et produits fabriqués de rayonne».
Am 28. April 1952 teilte das eidg. Amt für geistiges Eigentum dem
internationalen Amt mit, dass die beiden Marken in der Schweiz nur beschränkt
zum Schutz zugelassen werden könnten, nämlich nur für aus Nylon hergestellte
Waren; denn der in beiden Marken enthaltene Bestandteil «Ny-» lasse an Nylon
denken, so dass das Publikum hinsichtlich der Natur der mit diesen Marken
versehenen Waren irregeführt würde, wenn sie nicht aus Nylon bestünden;
infolgedessen würden diese Marken gegen die guten Sitten verstossen (Art. 6 B
Ziff. 3 Pariser Verbandsübereinkunft von 1883/1934 zum Schutze des
gewerblichen Eigentums; Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG).
B. - Gegen diese teilweise Schutzverweigerung erhob die Markeninhaberin
verwaltungsgerichtliche Beschwerde, mit der sie die vollumfängliche Zulassung
der beiden Marken für das Gebiet der Schweiz beantragt.
C. - Das eidg. Amt beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Beschwerdeführerin hat mit Rücksicht darauf, dass sich ihr Sitz in
Nijmegen befindet, in ihren Firmanamen als charakteristischen Bestandteil die
Bezeichnung «Nyma» aufgenommen. Aus dem gleichen Grunde, als Anspielung auf
Firmanamen und Geschäftssitz, hat sie für ihre Produkte die Marken «Nymcord»
und

Seite: 280
«Nycord» gewählt. Es ist daher glaubhaft, dass ihr in subjektiver Beziehung
die Absicht fehlte, die Käuferschaft durch Erweckung einer Ideenverbindung mit
dem Begriff «Nylon i über die Beschaffenheit ihrer Erzeugnisse zu täuschen.
Allein das Fehlen solcher Täuschungsabsicht schliesst die Unzulässigkeit der
Marke nicht aus. Es darf vielmehr auch objektiv betrachtet nicht die Gefahr
bestehen, dass der Durchschnittskäufer auf die genannte Ideenverbindung
verfallen könnte (BGE 77 I 79 Erw. 1).
2.- Diese Gefahr lässt sich aber hinsichtlich der Marke «Nycord» in der Tat
nicht von der Hand weisen. Die Beschwerdeführerin erzeugt Textilien; dieser
Umstand im Verein mit dem Markenbestandteil «cord» ist dazu angetan, der
Vorstellung des Begriffs «Gewebe»zu rufen. Denn das englische Wort «cord«, zu
deutsch «Faden, Schnur», ist in gewissen Zusammensetzungen, wie z.B.
«Whipcord» als Bezeichnung einer bestimmten Stoffart, auch im deutschen und
französischen Sprachbereich bekannt. Ist aber durch diesen Teil der Marke
einmal die Vorstellung «Gewebe»erweckt, so liegt es nahe, den weiteren
Markenbestandteil «Ny» als Abkürzung von Nylon anzusehen, zumal dieser Stoff
heute in immer vermehrtem Masse für zahlreiche Zwecke Verwendung findet und
häufig mit gross aufgemachter Reklame angepriesen wird. Die Beschwerdeführerin
meint, dass es für eine solche Schlussfolgerung mindestens der Beifügung der
Silbe «Nyl» bedürfte. Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach
der Vernehmlassung des Amtes tatsächlich auch Marken bestehen, in denen die
Silbe «Ny» als Hinweis auf Nylon Verwendung findet, wie z.B. bei «Nysilk «,
«Ny-visa» und «Ny-lastic». Es besteht daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit
dafür, dass auch in der Verbindung «Nycord» ein Hinweis auf Nylon erblickt
würde.
Die Beschwerdeführerin wendet weiter ein, es gehe nicht an, die Marken in ihre
Bestandteile zu zergliedern und diese gesondert zu betrachten, sondern
massgebend sei der Gesamteindruck einer Marke. Dieser Einwand geht fehl. Auf

Seite: 281
den Gesamteindruck ist in erster Linie wohl abzustellen bei der Vergleichung
zweier Marken zur Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer
Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 6
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 6 Hinterlegungspriorität - Das Markenrecht steht demjenigen zu, der die Marke zuerst hinterlegt.
MSchG. Für die Unzulässigkeit einer
Marke wegen Täuschungsgefahr und darin liegenden Verstosses gegen die guten
Sitten im Sinne von Art. 3 Abs. 4
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 3 Relative Ausschlussgründe
1    Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
a  mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese;
b  mit einer älteren Marke identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt;
c  einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
2    Als ältere Marken gelten:
a  hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach diesem Gesetz (Art. 6-8) geniessen;
b  Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Absatz 1 fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 18834 zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Verbandsübereinkunft) in der Schweiz notorisch bekannt sind.
3    Auf die Ausschlussgründe nach diesem Artikel kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen.
und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG genügt
dagegen schon, dass ein Bestandteil einer Marke, und wäre es selbst ein
nebensächlicher, täuschende Wirkung hat (BGE 33 II 642 Erw. 6). Dies gilt in
ganz besonderem Masse für Wortmarken, deren einzelne Bestandteile oder Silben
für sich allein betrachtet einen bestimmten Sinn haben; denn gerade deshalb
wird jeder, der sie hört, die Zerlegung zwangsläufig vornehmen.
Soweit die Beschwerde sich gegen die teilweise Schutzverweigerung gegenüber
der Marke «Nycord» richtet, ist sie daher unbegründet.
3.- Anders verhält es sich mit der Marke «Nymcord». Bei dieser besteht wegen
der Beifügung des Buchstabens «m» entgegen der Ansicht des Amtes keine
ernstliche Gefahr, dass beim Publikum die Vorstellung des Begriffs «Nylon»
erweckt werden könnte...
In Bezug auf die Marke «Nymcord» ist die Beschwerde daher zu schützen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und es wird verfügt, dass die Marke
Nymcord» (Nr. 153 591) ohne die durch das beschwerdebeklagte Amt angeordnete
Beschränkung zugelassen ist.
Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 78 I 278
Datum : 01. Januar 1952
Publiziert : 16. September 1952
Quelle : Bundesgericht
Status : 78 I 278
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Markenrecht.Schutzverweisung gegenüber international hinterlegter Marke in der Schweiz wegen...


Gesetzesregister
MSchG: 3 
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 3 Relative Ausschlussgründe
1    Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
a  mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese;
b  mit einer älteren Marke identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt;
c  einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
2    Als ältere Marken gelten:
a  hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach diesem Gesetz (Art. 6-8) geniessen;
b  Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Absatz 1 fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 18834 zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Verbandsübereinkunft) in der Schweiz notorisch bekannt sind.
3    Auf die Ausschlussgründe nach diesem Artikel kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen.
6 
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 6 Hinterlegungspriorität - Das Markenrecht steht demjenigen zu, der die Marke zuerst hinterlegt.
14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
BGE Register
33-II-637 • 77-I-77 • 78-I-278
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bestandteil • silber • gewebe • markenschutz • pariser verbandsübereinkunft • gesamteindruck • wortmarke • mass • bundesgericht • ware • verwechslungsgefahr • niederlande • markenregister • buchstabe • frage • eigentum • englisch • fabrik