S. 377 / Nr. 70 Urheberrecht (d)

BGE 77 II 377

70. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Dezember 1951 i. S. Micky-Maus A.-G.
gegen Walt Disney Productions.

Regeste:
Urheberrecht.
1. Bild und Name der «Mickey-Mouse»: Schutzanspruch für jenes bejaht. für
diesen verneint (Art. 1
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 1 - 1 Dieses Gesetz regelt:
1    Dieses Gesetz regelt:
a  den Schutz der Urheber und Urheberinnen von Werken der Literatur und Kunst;
b  den Schutz der ausübenden Künstler und Künstlerinnen, der Hersteller und Herstellerinnen von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen;
c  die Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften.
2    Völkerrechtliche Verträge bleiben vorbehalten.
URG). Grundsätzliches zum Titelschutz.
2. Die gegen eine Urheberrechtsverletzung zu treffende Massnahme steht nicht
im freien Belieben des Richters; er kann lediglich im Rahmen des Gesetzes
unter den verfügbaren Vorkehren die angemessene und zweckdienliche wählen
(Art. 54
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 54 Massnahmen bei Pflichtverletzungen - 1 Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
1    Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
2    Bei Ungehorsam gegen Verfügungen kann das IGE nach entsprechender Androhung die Bewilligung einschränken oder entziehen.
3    Das IGE kann rechtskräftige Verfügungen auf Kosten der Verwertungsgesellschaft veröffentlichen.
URG).

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Droit d'auteur.
1. Image et nom de «Mickey-Mouse»: droit à la protection reconnu pour la
première, nié leur le selon l'art. 1 LDA). Considérations de principe sur la
protection du titre.
2. Le juge n'est pas libre de prendre n'importe quelle mesure à l'encontre
d'une violation du droit d'auteur il peut uniquement choisir parmi les mesures
mises a sa disposition par la loi celle qui est appropriée (art. 54 LDA).
Diritto d'autore.
1. Disegno e nome «Mickey-Mouse»: diritto alla protezione riconosciuto pel
disegno e negato pel nome (art. 1 LDA).Considerazioni di massima sulla
protezione del titolo.
2. Il giudice non è libero di predere qualsiasi provvedimento contro una
violazione del diritto d'autore; egli può soltanto scegliere il provvedimento
appropriato tra quelli previsti dalla legge (art. 54 LDA).

A. - Die Micky-Maus A.-G. besteht seit dem 14. November 1949. Nach ihrer
Gründung eröffnete sie an der Franklinstrasse 9 in Zürich-Örlikon ein Café mit
dem Namen «Micky-Maus». Diese Bezeichnung in grossen Buchstaben, und zwischen
den beiden Worten das Bild einer Mickey-Mouse, sind auf der Fensterscheibe
beim Eingang angebracht. An der Eingangstüre findet sich eine kleine Tafel mit
der Aufschrift «Tea-Room Micky- Maus». Im Inneren des Cafés sind an zwei
Wänden je eine Mickey-Mouse-Figur befestigt. Sechs Tische zeigen unter der
Glasplatte je eine kleine Mickey- Mouse-Zeichnung aus Papier. Drei kleine
Mickey- Mice verzieren die Wanduhr. Auf der Speisekarte ist eine Mickey-Mouse
abgebildet und steht «Micky-Maus» geschrieben. Auf Tellern, Tassen, Gläsern,
Bechern und Krügen sind Mickey-Mice gemalt. Die Bestecke (Messer ausgenommen)
sind mit den Worten a Micky-Maus a gekennzeichnet.
B. - Die Firma Walt Disney Productions ist Inhaberin der ihr für das Gebiet
der Schweiz abgetretenen Rechte Walt Disneys, des Schöpfers der
Mickey-Mouse-Figur. Sie erhob im September 1950 Klage gegen die Micky-Maus
A.-G. mit nachstehenden Begehren:
«1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte das Urheberrecht der
Klägerin an dem Bildwerk und Wortbegriff Mickey-Mouse verletzt hat.

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2. Die Beklagte sei zu verhalten, sämtliche Darstellungen der Mickey-Mouse im
Café Micky-Maus, Örlikon, Franklinstrasse 9, zu entfernen und auf dem Geschirr
(Tellern, Tassen usw.) die Reproduktion der Mickey-Mouse zu entfernen,
eventuell das Geschirr zu vernichten.
3. Die Beklagte sei zu verhalten, die Bezeichnung Micky-Maus am Hause
Franklinstrasse 9, Örlikon, zu entfernen.
4. Es sei die Beklagte zu verhalten, die Bezeichnung Micky-Maus in ihrer Firma
zu löschen.»
Ein anfänglich noch gestellt es Schadenersatzbegehren zog die Klägerin im
Laufe des Verfahrens zurück.
Das Obergericht des Kantons Zürich hiess die Klage (Begehren 2 ohne die
eventuell verlangte Vernichtung des Geschirrs zu verfügen) durch Urteil vom
23. Mai 1951 gut.
C. - Die Beklagte erklärte die Berufung an das Bundesgericht. Sie beantragt,
es sei die Klage gänzlich, eventuell insoweit abzuweisen, als damit der Schutz
des Wortbegriffes Mickey-Mouse und die Entfernung der Bild-Reproduktionen auf
dem Geschirr gefordert wird. Die Klägerin schliesst auf Bestätigung des
kantonalen Entscheides.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung
1.- Die prozessuale Auseinandersetzung erfasst sowohl das Bild der
Mickey-Mouse als auch deren so lautende Benennung. In beidem sieht die Klage
den charakteristischen Ausdruck einer künstlerischen Geistesschöpfung, welche
unter der einen wie unter der anderen Form den Schutz des URG geniesse. Die
Vorinstanz ist dieser Auffassung gefolgt.
2.- Dass die bildliche Darstellung der Mickey-Mouse unter Urheberrechtsschutz
steht, kann nicht zweifelhaft sein. Sie ist ein Werk der zeichnenden Kunst
gemäss Art. 1 Abs. 5
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 1 - 1 Dieses Gesetz regelt:
1    Dieses Gesetz regelt:
a  den Schutz der Urheber und Urheberinnen von Werken der Literatur und Kunst;
b  den Schutz der ausübenden Künstler und Künstlerinnen, der Hersteller und Herstellerinnen von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen;
c  die Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften.
2    Völkerrechtliche Verträge bleiben vorbehalten.
URG. In der Rechtsprechung wird das Kunstwerk definiert
als eigenartige Geistesschöpfung von selbständigem Gepräge als Verkörperung
eines Gedankens, für die es einer individuellen geistigen Tätigkeit bedurfte
als Ausdruck einer neuen, originellen, geistigen Idee (BGE 76 II 100, 75 11
359/60). Diese

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Wesenseigenschaften spricht die Beklagte dem Mickey-Mouse-Bild ab, weil es
nichts anderes sei als die Abwandlung einer Maus-figur nach der keineswegs
eigenschöpferischen, sondern zum Allgemeingut gehörenden Idee, Tiere in
menschenähnlicher Gestalt und mit menschenähnlichen Funktionen zu verkörpern.
Allein hierauf hat bereits die Vorinstanz die zutreffende Antwort erteilt. Die
Klage beansprucht nicht den Schutz der genannten Gestaltungsidee an sich.
Diese wäre urheberrechtlich allerdings frei (BGE 70 11 59/60). Schutzfähig ist
nur der bestimmte Ausdruck eines Gedankens. Erst seine konkrete Verkörperung
macht das Werk aus. Und so, d. h. in der gegebenen Form, muss er originell
sein. Dass solche Eigenart die von Walt Disney geschaffene Mickey-Mouse-Figur
auszeichnet, ist unbestreitbar. Die Beklagte hat denn auch nicht einmal
versucht, den Nachweis dafür anzutreten, dass seine Darstellung der
menschenähnlichen Maus an vorbekannte Bearbeitung des Themas anklinge.
Übrigens ist in diesem Zusammenhange zu bemerken, dass im Bereich des
Urheberrechtsschutzes, anders als im Gebiete des gewerblichen
Erfindungsschutzes, an die Originalität keine grossen Anforderungen gestellt
werden (BGE 59 11 405).
3.- Zu gegenteiligem Ergebnis führt, unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten,
die Beurteilung des Namens Mickey-Mouse.
a) Massgeblich ist nicht, was die Vorinstanz gleich der Klägerin als
besonderen Vorzug dieser Wortverbindung wertet, nämlich dass sie mit der
Mickey-Mouse-Figur ein unteilbares Ganzes bilde, wie der Titel eines Buches
Bestandteil des Schriftwerkes sei, sofern er eine eigentümliche geistige
Schöpfung verkörpere; und dass der Betrachter der Mickey-Mouse-Figur sich
stets ihrer Bezeichnung erinnere, während derjenige, der die Worte
Mickey-Mouse lese oder höre, unwillkürlich die Figur der Mickey-Mouse im
Geiste vor sich sehe. Das alles gilt für jeden ins Gemeinbewusstsein
eingegangenen Werktitel. Wem würden nicht, wenn er z. B. die Worte «Jürg
Jenatsch»,

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«Ekkehard», «Wilhelm Meister» oder «Uli der Knecht» hört oder liest, die
betreffenden Romane im Geiste erstehen? Wer würde nicht, wenn das Wort
«Gioconda» vor ihm ausgesprochen wird, das berühmte Gemälde Leonardo da Vincis
sich vergegenwärtigen? Und wem drängte sich nicht der Name «Gioconda» auf die
Lippen, wenn sein Blick auf das Bildnis oder auch nur auf eine Reproduktion
desselben fällt? So gewiss das ist, so wenig lässt sich umgekehrt leugnen,
dass weder die Wortverbindung Mickey-Mouse noch die erwähnten Titel und
Benennungen dem Lesenden oder Hörenden genauere gedankliche Vorstellungen
wachriefen, wenn ihm das jeweilige zeichnerische, schriftstellerische oder
malerische Werk nicht vertraut wäre. Anderseits dürfte bei der grossen
Verbreitung der Trickfilme Walt Disneys der Kenner sich der Figur auch dann
erinnern, wenn ihre Bezeichnung nicht Mickey-Mouse, sondern beschreibend etwa
e Maus in Menschengestalt a hiesse.
b) Was weiter die Klägerin in der Berufungsantwort vorträgt - das Kunstwerk
sei geistiger Art, bestehe daher ohne eine den Sinnen wahrnehmbare Kundgebung;
es könne auf verschiedene Weise materialisiert, durch Worte beschrieben oder
durch Zeichnung festgehalten werden und wenn beide Mittel in uns denselben
Eindruck hervorrufen, so zeige das, dass das Kunstwerk als geistige Tatsache
auf zwei Wegen ebenbürtig den Sinnen nahegebracht werden könne - trifft, weil
im Generellen bleibend, wiederum nicht den Kern des zu erörternden
Rechtsproblems. Die Gleichstellung der beiden Materialisierungsformen ist
übrigens unrichtig. Wohl war als geistiges Werk die «Gioconda» schon
entstanden, als der Künstler es konzipiert hatte. Aber es konnte nur durch die
bildliche Darstellung materialisiert und schutzfähig werden, nicht durch die
Benennung. Diese spricht uns einzig deswegen an, weil das Kunstwerk in der
Form des Gemäldes von unseren Sinnen zuvor aufgenommen worden ist. Gerade so
verhält es sich mit Disneys Zeichnungen. In ihnen

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allein offenbart sich der originelle Gedanke des Künstlers, einer
menschenähnlichen Maus die uns geläufig gewordene Gestalt zu geben. An die
bildliche Darstellung erinnert der Name Mickey-Mouse lediglich kraft der
persönlichen Erfahrung, dass man unter dieser Bezeichnung immer jene Figuren
gesehen hat. Der urheberrechtliche Schutz liegt vor der Benennung und besteht
ohne sie. Er ist abschliessend an das Bildwerk geknüpft. Der Begriff der
Mickey-Mouse ist überhaupt nur als Gegenstand der bildenden Kunst denkbar. Es
erscheint als widersinnig, ihn durch wörtliche Fassung materialisieren zu
wollen.
c) Den urheberrechtlichen Schutz eines Titels für ein Kunstwerk haben die
frühere Praxis und Lehre einhellig abgelehnt, weil der Titel selbst nicht
Gedankendarstellung, sondern nur Bezeichnung für eine solche sei. Mit dem
Aufkommen des Films vollzog sich eine Wandlung. Es war nicht angängig, dass
der Titel eines Kunstwerkes, insbesondere eines Schriftwerkes, zur Anzeigung
eines ganz anderen Werkes auf der Leinwand verwendet werden konnte. Die
Rechtsprechung behalf sich zunächst mit den Bestimmungen über den unlauteren
Wettbewerb, um sich in der Folge auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des
URG festzulegen. Heute ist der urheberrechtliche Schutz des Titels eines
Kunstwerkes anerkannt; aber nicht des Titels schlechthin ohne Rücksicht auf
seine Qualität, sondern lediglich des Titels, der für sich genommen
Werkcharakter aufweist, d. h. einen selbständigen, eigenartigen Gedankeninhalt
hat (so BGE 6411 111/2, übereinstimmend mit der deutschen Rechtsprechung und
der französischen Praxis, vgl. RGZ 135 S. 213 und DESBOIS, Droit d'Auteur S.
52/4).
Zwar scheint die Klägerin behaupten zu wollen, dass die Bezeichnung
Mickey-Mouse diese Bedingungen des Titelschutzes erfülle. In der Replik wurde
betont, schon die Verbindung der beiden Worte habe etwas für sich gehabt, und
es sei ihnen durch das Schaffen Disneys der Inhalt eines Geisteswerkes
verliehen worden. Immerhin, fügte die Klägerin selber bei, könnte man sich
fragen,

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ob ein Kunstwerk vorläge, wenn es bei jener Wortverbindung sein Bewenden
gehabt hätte. Das aber lässt sich nicht bloss fragen, sondern unbedenklich
verneinen. Eine Maus Mickey zu nennen (englische Formung für Michael), wie man
überall den Tieren menschliche Vornamen besonders in Koseform zulegt, und wie
in Tiergeschichten menschliche Rufnamen auch mit tierischen Gattungsnamen
verbunden werden, ist denn doch allzu naheliegend und gewöhnlich, als dass
dafür die Erhebung in den Rang eines literarischen Kunstwerkes verdient wäre.
Wenn das Fremdsprachige der Bezeichnung Mickey-Mouse noch irgendwie originell
anmuten sollte, so weicht dieser Eindruck sofort vor der wörtlichen
Übertragung ins Deutsche, die «Michael Mäuserich» lauten müsste. Für die Wahl
eines gebräuchlichen Vornamens als Werktitel bedarf es kaum eines geistigen
Aufwandes. Und gar schöpferisch ist die Individualisierung einer Tierfigur
mittels eines (schon vorhandenen) Vornamens hier so wenig wie sonst. Die
französische Rechtsprechung lehnt als «dépourvu de toute originalité» den aus
einem Vornamen bestehenden Titel auch dann ab, wenn der Name selten vorkommt
und nur in begrenzten Gebieten vertraut ist (DESBOIS, a.a.O. S. 54). In
Wirklichkeit verteidigt die Klage nicht eine im Titel selbst liegende geistige
Leistung, sondern die Beziehung, welche der Titel in der Vorstellung des
Publikums zu den Bildern hat. Sie könnte, bei gegebenen übrigen
Voraussetzungen, allenfalls Wettbewerbsschutz begründen, aber nicht
Urheberrechtsschutz.
d) Es würde, bringt die Klägerin schliesslich vor, dem Rechtsgefühl
zuwiderlaufen, wenn der Name Mickey-Mouse einfach Drittpersonen zu
gewinnbringender Verwendung verfügbar wäre. Durch Benützung für alle möglichen
Reklamengelegenheiten müsste die Schöpfung Disneys verwässert und zum
Allgemeingut werden. Ob unter den Parteien ein Konkurrenzverhältnis bestehe
oder nicht, sei unerheblich. Auch bei der Weltmarke sei nicht erforderlich,
dass der Inhaber und der Dritte, welcher dasselbe oder ein verwechselbares
Zeichen für ganz

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verschiedene Produkte führe, sich gegenseitig im Wettbewerb befinden. Die
Beklagte habe sich die Bezeichnung Mickey-Mouse (in der verdeutschten
Schreibweise a Micky-Maus») einzig wegen deren Werbekraft als Gesellschafts-
und Café-Benennung angeeignet, und damit die künstlerische Schöpfung Disneys
ihren gewerblichen Zwecken dienstbar gemacht.
Wie schon dargelegt wurde, handelt es sich bei der Wortverbindung Mickey-Mouse
nicht um ein schöpferisches Werk, weshalb der Urheberrechtsschutz entfällt.
Ebenso versagt, wenn der Titel urheberrechtlich bedeutungslos ist, der Schutz
des Urheberpersönlichkeitsrechts, welches die Vorinstanz zur Motivierung ihrer
Verfügung auf Löschung der Firma der Beklagten heranzieht. Endlich lässt sich
ein Schutzanspruch auch nicht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
herleiten. Mag es für den Autor vielleicht ärgerlich sein, wenn sich des vom
ihm gefundenen Titels ein Dritter für fremde Zwecke bemächtigt, so genügt das
noch nicht, um einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte anzunehmen. Denn
persönliches Gut, wie die Ehre des Autors als Künstler oder seine
wirtschaftliche Geltung, wird durch solche Übernahme des Titels nicht berührt.
Die Klägerin versucht, vom schweizerischen Richter zu erlangen, was sie vor
dem Richter im eigenen Lande nicht erreichen könnte. Nach amerikanischem wie
nach englischem Recht sind Titel und Bezeichnungen zwar gegen Verwendung für
den Film, aber nicht urheberrechtlich geschützt (vgl. RUNGE, Urheber- und
Verlagsrecht, S. 356 Anm. 2 und S. 357).
4.- Gestützt auf Art. 54 Ziff. 1 lit. a
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 54 Massnahmen bei Pflichtverletzungen - 1 Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
1    Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
2    Bei Ungehorsam gegen Verfügungen kann das IGE nach entsprechender Androhung die Bewilligung einschränken oder entziehen.
3    Das IGE kann rechtskräftige Verfügungen auf Kosten der Verwertungsgesellschaft veröffentlichen.
URG hat die Vorinstanz die Entfernung
sämtlicher Darstellungen der Mickey-Mouse im Kaffeehaus und auf dem dort
benützten Geschirr angeordnet. Letzteres ficht die Berufung als zu weitgehend
an, da weder ein Abkratzen der Figuren auf dem Geschirr noch dessen Verkauf zu
dem vom Obergericht vorbehaltenen privaten Gebrauch (Art. 22
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 22 Verbreitung gesendeter Werke - 1 Die Rechte, gesendete Werke zeitgleich und unverändert wahrnehmbar zu machen oder im Rahmen der Weiterleitung eines Sendeprogrammes weiterzusenden, können nur über zugelassene Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.
1    Die Rechte, gesendete Werke zeitgleich und unverändert wahrnehmbar zu machen oder im Rahmen der Weiterleitung eines Sendeprogrammes weiterzusenden, können nur über zugelassene Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.
2    Die Weitersendung von Werken über technische Einrichtungen, die von vorneherein auf eine kleine Empfängerzahl beschränkt sind, wie Anlagen eines Mehrfamilienhauses oder einer geschlossenen Überbauung, ist erlaubt.
3    Dieser Artikel ist nicht anwendbar auf die Weiterleitung von Programmen des Abonnementsfernsehens und von Programmen, die nirgends in der Schweiz empfangbar sind.
URG)

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möglich sei, somit nur die Zerstörung des gesamten Vorrats übrig bleibe.
Die Bilder auf dem Geschirr sind Nachmachungen der Disney'schen Zeichnungen.
Dass angesichts so offenkundiger Missachtung des Urheberrechts eine
fortgesetzt e Verwendung des Geschirrs nicht geduldet werden darf, braucht
nicht näher erläutert zu werden. Der Einwand, dass der Klägerin aus der
Weiterbenützung kein Schaden entstehe, geht fehl, weil die
Urheberrechtsverletzung nicht um materieller Nachteile willen verpönt ist.
Untauglich ist anderseits auch der Hinweis darauf, dass das Verbot der
Beklagten Schaden verursache. Sie hat mit ihrem Vorgehen dieses Risiko auf
sich genommen. Nichts lässt vermuten, dass sie sich der Unzulässigkeit der
Nachmachung nicht bewusst gewesen wäre. Wahrscheinlich hat sie mit dem
gerechnet, was sie im Prozess hervorhebt: dass sie ja für den Autor Reklame
mache und dass er darum nicht einschreiten werde. Der Vorinstanz ist darin
beizupflichten, dass Art. 54
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 54 Massnahmen bei Pflichtverletzungen - 1 Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
1    Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
2    Bei Ungehorsam gegen Verfügungen kann das IGE nach entsprechender Androhung die Bewilligung einschränken oder entziehen.
3    Das IGE kann rechtskräftige Verfügungen auf Kosten der Verwertungsgesellschaft veröffentlichen.
URG die zu treffende Massnahme nicht ins freie
Belieben des Richters stellt. Ihm ist anheimgegeben, im Rahmen der Ziff. 1
jener Vorschrift die den Umständen angepasste, mildere oder schärfere Sanktion
zu verhängen. Dass jedoch die gewählte Vorkehr geeignet sein muss, die
Verletzung zu beseitigen, erhellt unmissverständlich aus dem Sinn und Zweck
des Gesetzes. Solche Abhilfe würde nun durch eine von der Beklagten
befürwortete richterliche Weisung, auf dem in Zukunft anzuschaffenden Geschirr
keine Mickey-Mouse-Bilder mehr anbringen zu lassen, erst auf längere Sicht
hinaus bewirkt. Der Klägerin würde also zugemutet, sich vorläufig mit der
Verletzung ihrer Rechte abzufinden. Es ist klar, dass damit der vom Gesetz
gewährte Schutz nicht verwirklicht wäre.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Es wird die Berufung teilweise gutgeheissen, das angefochtene Urteil in der
Sache aufgehoben, soweit es

Seite: 386
a) feststellt, dass die Beklagte das Urheberrecht der Klägerin am Wortbegriff
Mickey-Mouse verletzt hat;
b) die Beklagte verpflichtet, die Bezeichnung «Micky-Maus» am Hause
Franklinstrasse 9, Zürich-Örlikon, sowie in ihrer Firma zu löschen;
und in diesen Punkten die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird der vorinstanzliche Sachentscheid bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 77 II 377
Datum : 01. Januar 1951
Publiziert : 04. Dezember 1951
Quelle : Bundesgericht
Status : 77 II 377
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Urheberrecht.1. Bild und Name der «Mickey-Mouse»: Schutzanspruch für jenes bejaht. für diesen...


Gesetzesregister
URG: 1 
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 1 - 1 Dieses Gesetz regelt:
1    Dieses Gesetz regelt:
a  den Schutz der Urheber und Urheberinnen von Werken der Literatur und Kunst;
b  den Schutz der ausübenden Künstler und Künstlerinnen, der Hersteller und Herstellerinnen von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen;
c  die Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften.
2    Völkerrechtliche Verträge bleiben vorbehalten.
22 
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 22 Verbreitung gesendeter Werke - 1 Die Rechte, gesendete Werke zeitgleich und unverändert wahrnehmbar zu machen oder im Rahmen der Weiterleitung eines Sendeprogrammes weiterzusenden, können nur über zugelassene Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.
1    Die Rechte, gesendete Werke zeitgleich und unverändert wahrnehmbar zu machen oder im Rahmen der Weiterleitung eines Sendeprogrammes weiterzusenden, können nur über zugelassene Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.
2    Die Weitersendung von Werken über technische Einrichtungen, die von vorneherein auf eine kleine Empfängerzahl beschränkt sind, wie Anlagen eines Mehrfamilienhauses oder einer geschlossenen Überbauung, ist erlaubt.
3    Dieser Artikel ist nicht anwendbar auf die Weiterleitung von Programmen des Abonnementsfernsehens und von Programmen, die nirgends in der Schweiz empfangbar sind.
54
SR 231.1 Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) - Urheberrechtsgesetz
URG Art. 54 Massnahmen bei Pflichtverletzungen - 1 Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
1    Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt das IGE eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so ergreift es die notwendigen Massnahmen.
2    Bei Ungehorsam gegen Verfügungen kann das IGE nach entsprechender Androhung die Bewilligung einschränken oder entziehen.
3    Das IGE kann rechtskräftige Verfügungen auf Kosten der Verwertungsgesellschaft veröffentlichen.
BGE Register
76-II-97 • 77-II-377
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • kunstwerk • vorinstanz • weiler • vorname • zeichnung • bundesgericht • verhalten • vernichtung • schaden • englisch • frage • film • entscheid • benutzung • titel • ware • weisung • zuschauer • restaurant
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