S. 1 / Nr. 1 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 76 III 1

Entscheid vom 7. Februar 1950 i. S. Thaler.


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Regeste:
Pfändungsurkunde als definitiver oder provisorischer Verlustschein (Art. 115
Abs. 1 und 2 SchKG). Für das eine wie für das andere ist Voraussetzung eine
definitive Pfändung. Die Formulare 7 f und 7 g
(Pfändungsurkunde-Verlustschein) sind bei provisorischer Pfändung nicht zu
verwenden.
Procés-verbaux de saisie valant actes de défaut de biens définitifs ou
provisoires (art. 115 al. 1 et 2 LP). Il faut pour cela, dans les deux
cas'qu'il s'agisse d'une saisie définitive. Les formules no. 7 f et 7 g
(procès-verbaux de saisie-actes de défaut de biens) ne doivent pas être
utilisées dans le cas d'une saisie provisoire.
Verbale di pignoramento valevole come attestato di carenza di beni definitivo
o provvisorio (est. 115 cp. 1 e 2 LEF). Occorre, in ambedue i casi, che si
tratti di un pignoramento definitivo. I moduli no 7 f e 7 g (verbale di
pignoramento-attestato di carenza di beni) non debbono essere usati nel caso
di un pignoramento provvisorio.

A. - Talleri erhielt in seiner Betreibung Nr. 5110 Zürich 6 gegen Kessler
provisorische Rechtsöffnung für Fr. 2200.-. Der Schuldner erhob
Aberkennungsanklage, die noch hängig ist. Der Gläubiger verlangte
provisorische Pfändung. Bei deren Vollzug wurde kein pfändbares Vermögen
vorgefunden. Das Betreibungsamt stellte deshalb dem Gläubiger eine leere
Pfändungsurkunde aus. Es bediente sich dafür des Formulars 7 g (leere
Pfändungsurkunde als definitiver Verlustschein nach Art. 115 und 149 SchKG).

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B. - Als der Schuldner hievon erfuhr, führte er Beschwerde mit dem Antrag, der
definitive Verlustschein se; aufzuheben und durch einen provisorischen zu
ersetzen. Die untere Aufsichtsbehörde entsprach diesem Begehren, und die obere
kantonale Aufsichtsbehörde wies am 22. Dezember 1949 einen Rekurs des
Gläubigers ab. Dieser zieht die Sache an das Bundesgericht weiter. Er erneuert
den Antrag auf Wiederherstellung des definitiven Verlustscheins.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Ein definitiver Verlustschein ist nach Art. 149 SchKG auszustellen, wenn
die Betreibung durchgeführt ist und dem Gläubiger keine oder nicht volle
Deckung geboten hat. Erste Voraussetzung hiefür ist, dass die Forderung
überhaupt zu definitiver Vollstreckung gelangt ist. Daran fehlt es, solange
der Gläubiger nur provisorische Rechtsöffnung erlangt hat, also während der
Dauer eines rechtzeitig angehobenen Aberkennungsprozesses. Für solange kann
der Gläubiger nur provisorische Pfändung verlangen (Art. 83 Abs. 1 SchKG), auf
die sich kein Verwertungsbegehren stützen lässt (Art. 118 SchKG). Kommt es zur
Verwertung auf Begehren eines andern Gläubigers (dessen Pfändung definitiv
ist), so ist der auf jene Forderung mit bloss provisorischer Pfändung
entfallende Teil des Erlöses zu hinterlegen (Art. 144 Abs. 5 SchKG). Er
verfällt dem betreffenden Gläubiger definitiv erst mit der rechtskräftigen
Abweisung der Aberkennungsklage. Wird diese gutgeheissen, so fällt die
Betreibung und damit auch eine allfällige provisorische Pfändung oder ein auf
die provisorische Pfändung gestützter Anspruch am Erlöse dahin, und es kann
von der Ausstellung eines definitiven Verlustscheins keine Rede sein, sowenig
wie wenn der Gläubiger gegen den Rechtsvorschlag nichts vorgekehrt hätte.
2.- Art. 115 Abs. 1 SchKG mit seinem Hinweis auf Art. 149 SchKG kann somit nur
den Vollzug einer

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definitiven Pfändung im Auge haben. Bei provisorischer Pfändung kann unmöglich
über die Betreibung abgerechnet werden. Solchenfalls hätte es übrigens keinen
Sinn, dem Gläubiger einen Verlustschein in die Hand zu geben, der nach Art.
149 Abs. 2 SchKG als Schuldanerkennung zu gelten hätte. Er ist ja bereits und
immer noch im Genuss einer provisorischen Rechtsöffnung. Auch kommt für ihn
bis auf weiteres nicht in Frage, die Betreibung gemäss Art. 149 Abs. 3 SchKG
binnen sechs Monaten ohne neuen Zahlungsbefehl fortzusetzen (was eine neue
Betreibung ohne Einleitungsverfahren bedeutet, BGE 75 III 51). Die Betreibung,
in der er provisorische Pfändung verlangt hat, ist eben noch hängig; er kann
dabei jederzeit NachPfändung verlangen. Anderseits ist auch nicht etwa der
Schuldner befugt zu verlangen, dass über die Betreibung mit einem definitiven
Verlustschein abgerechnet werde, damit der Zinsenlauf gemäss Art. 149 Abs. 4
SchKG aufhöre. Da er mit seiner Aberkennungsklage den Rechtsvorschlag aufrecht
hält und damit den Abschluss der Betreibung mindestens bis auf weiteres
hindert, ist eine Schlussabrechnung und die Ausstellung eines definitiven
Verlustscheines ausgeschlossen.
Damit erweist sich der Rekurs des Gläubigers als unbegründet. Das als
definitiver Verlustschein ausgestaltete Formular 7 f und 7 g darf nur beim
fruchtlosen Vollzug einer definitiven Pfändung verwendet werden. Im
vorliegenden Fall ist eine gewöhnliche Pfändungsurkunde mit dem Vermerk
«provisorisch» in der letzten Kolonne der Vorderseite auszustellen (vgl. dazu
Art. 14 Abs. 4 der Verordnung I zum SchKG), und es ist darin die
Ergebnislosigkeit des Vollzuges zu verurkunden.
3.- Dass diese Pfändungsurkunde aber einen provisorischen Verlustschein im
Sinne von Art. 115 Abs. 2 SchKG zu bilden habe, was freilich der Schuldner
selbst beantragt und die untere Aufsichtsbehörde verfügt hat, ist nicht
zuzugeben. Und da diese Verfügung Interessen Dritter berührt - der
provisorische Verlustschein gibt

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dem Gläubiger das Recht zur Anhebung von Anfechtungsklagen nach Art. 285 ff .
SchKG -, ist sie von Amtes wegen als nichtig aufzuheben. Art. 115 Abs. 1 SchKG
setzt, wie dargetan, voraus, dass eine definitive Pfändung in Frage steht, der
Zahlungsbefehl also definitiv vollstreckbar geworden ist. Abs. 2 beruht, so
wie er lautet, auf der gleichen Grundlage. Der provisorische Verlustschein hat
nichts mit provisorischer Pfändung zu tun. Der Pfändungsurkunde kommt solche
Wirkung bei, wenn die Pfändung zwar nicht völlig fruchtlos, aber nach der
amtlichen Schätzung ungenügend ist, ohne dass dies endgültig feststünde,
jedenfalls ohne dass sich der Betrag des Verlustes bereits endgültig beziffern
liesse. Dabei ist wie gesagt an eine Pfändung mit definitivem Charakter zu
denken. Es liesse sich nicht rechtfertigen, Art. 115 Abs. 2 SchKG auf den Fall
einer bloss provisorischen Pfändung auszudehnen. Insbesondere stösst eine
dahingehende Ausdehnung der Legitimation zur Anfechtungsklage auf Bedenken.
Einmal ist der Schuldner, der die in Betreibung stehende Forderung bestreitet
und darüber einen Aberkennungsprozess führt, vor einem derartigen Eingriff des
nicht anerkannten Gläubigers in seine rechtsgeschäftlichen Beziehungen zu
schützen. Hier hat er sich allerdings nicht darüber beschwert. Vor allem aber
ist den Dritten selbst, die vom Schuldner Vermögenswerte empfangen haben,
nicht zuzumuten, sich von jemandem, der zwar behauptet, Gläubiger des
Zuwendenden zu sein, jedoch mit diesem noch im Prozess über die Forderung
steht, mit einer Anfechtunsklage belangen zu lassen. Dass der provisorischen
Pfändung, die unter auflösender Bedingung steht, eine solche Wirkung zukommen
solle, folgt weder aus dem erörterten Art. 115 SchKG, der vielmehr in beiden
Absätzen von definitiver Pfändung ausgeht, noch aus den Art. 83 Abs. 1 und 111
Abs. 3 SchKG, und hinreichende sachliche Gründe zur Gleichstellung der
provisorischen mit einer definitiven Pfändung bestehen wie gesagt in dieser
Hinsicht nicht.

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Ist somit der Pfändungsurkunde, die der Rekurrent bekommen soll, weder die
Wirkung eines definitiven noch auch nur eines provisorischen Verlustscheins
beizulegen, so wird sie ihm auch nicht (gemäss Art. 115 Abs. 2 SchKG) als
Arrestgrund dienen können (was an und für sich weniger bedenklich wäre).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 76 III 1
Data : 01. gennaio 1949
Pubblicato : 07. febbraio 1950
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 76 III 1
Ramo giuridico : DTF - Diritto delle esecuzioni e del fallimento
Oggetto : Pfändungsurkunde als definitiver oder provisorischer Verlustschein (Art. 115 Abs. 1 und 2 SchKG)...


Registro di legislazione
LEF: 14  83  111  115  118  144  149  285
Registro DTF
75-III-49 • 76-III-1
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
ape • attestato di carenza beni • autorità inferiore di vigilanza • azione di contestazione • azione di disconoscimento del debito • carattere • causa di sequestro • conteggio finale • copertura • d'ufficio • debitore • decisione • diritto delle esecuzioni e del fallimento • domanda di realizzazione • durata • legittimazione • mese • nullità • opposizione • pignoramento provvisorio • prato • precetto esecutivo • quesito • ricevimento • riconoscimento di debito • rigetto provvisorio • rimpiazzo • tribunale federale • ufficio d'esecuzione