BGE 75 I 244
40. Auszug aus dem Urteil vom 27. Januar 1949 i. S. Weber und Konsorten gegen
Regierungsrat des Kantons Bern.
Regeste:
Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Wahl- und Abstimmungsbeschwerden
gemäss Art. 85 lit. a OG.
Pouvoir d'examen du Tribunal fédéral en matière de recours concernant les
élections et votations (art. 85 litt. a OJ).
Sindacato del Tribunale federale in materia di ricorsi relativi alle elezioni
e votazioni (art. 85 lett. a OG).
Am 25/26. Oktober 1947 fanden in Bremgarten (Kt. Bern) Gemeindewahlen statt.
Vier stimmfähige Bürger verlangten die Kassation dieser Wahlen wegen
Verletzung verschiedener kommunaler und kantonaler Wahlverfahrensvorschriften.
Der Regierungsrat des Kantons Bern wies die Beschwerde am 8. Oktober 1948 ab
in der Annahme, dass nur ein einziger Verstoss gegen eine Verfahrensvorschrift
vorliege und dieser das Wahlergebnis nicht beeinflusst habe. Dieser Entscheid
wurde durch staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
angefochten mit der Begründung, der Regierungsrat habe der von ihm
festgestellten Unregelmässigkeit willkürlich keine Bedeutung beigemessen und
das Vorliegen weiterer Verletzungen von Verfahrensvorschriften willkürlich
verneint.
Das Bundesgericht hat die (als Wahlbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG
behandelte) Beschwerde
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abgewiesen und dabei über seine Prüfungsbefugnis ausgeführt: Bei Beschwerden
gemäss Art. 85 lit. a OG hat das Bundesgericht die Auslegung von Bundesrecht
und kantonalem Verfassungsrecht frei, die Auslegung anderer kantonaler
Vorschriften aber, sofern sie nicht das schon von Bundesrechts wegen
gewährleistete Stimmrecht nach Inhalt und Umfang näher normieren, sondern
Verfahrens- und ähnliche Fragen betreffen, nur unter dem beschränkten
Gesichtspunkt des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
überprüfen (BGE 41 I 175, 41 I 398; 42 I 289; BIRCHMEIER, Handbuch des OG,
Art. 85, Ziff. 5, S. 343/4).
Das schon von Bundesrechts wegen gewährleistete Stimmrecht gibt einen Anspruch
darauf, dass kein Wahl- oder Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den
Willen der Wählerschaft zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt
(SALIS, Bundesrecht, 2. Aufl. Bd. III Nr. 1133 und 1136; nicht publizierte
Entscheide des Bundesgerichts i. S. Reymond vom 28. März 1934, i. S. Thomann
vom 3. Februar 1939 und i. S. Philippin und Merkt vom 19. Mai 1939; PICENONI,
Die Kassation von Volkswahlen und Volksabstimmungen S. 222 ff). Das
Bundesgericht hat daher im vorliegenden Falle zwar die vom Regierungsrat
gegebene Auslegung der kantonalen und kommunalen Wahlverfahrensvorschriften,
über deren Nichteinhaltung sich die Rekurrenten beschweren, nur unter dem
Gesichtspunkte des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
infolge der Unregelmässigkeiten im Wahlverfahren, wie sie der Regierungsrat
festgestellt hat oder doch bei nicht willkürlicher Auslegung der
Verfahrensvorschriften hätte feststellen sollen, angenommen werden muss, dass
die in der Gemeinde Bremgarten am 25./26. Oktober 1947 durchgeführten
Gemeindewahlen den Willen der Wählerschaft nicht zuverlässig und unverfälscht
zum Ausdruck bringen.
Vgl. auch Nr. 34.Voir aussi no 34.