S. 119 / Nr. 18 Doppelbesteuerung (d)
BGE 75 I 119
18. Auszug aus dem Urteil vom 12. Mai 1949 i. S. Fischer gegen Kantone Zürich
und Zug.
Regeste:
Doppelbesteuerung. Das sekundäre Steuerdomizil des Sommerwohnsitzes setzt
voraus, dass sich der Steuerpflichtige ununterbrochen oder doch ohne
wesentliche Unterbrechungen wenigstens 90 Tage auf eigener Liegenschaft
ausserhalb des Wohnsitzkantons aufhält.
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Doble imposition. Une résidence d'été située en dehors du canton de domicile
ne peut constituer un domicile fiscal secondaire que si le contribuable y
séjourne sans interruption appréciable pendant 90 jours au moins.
Doppia imposta. Una residenza estiva fuori del cantone di domicilio può
costituire un domicilio fiscale secondario soltanto se il contribuente vi
soggiorna senza rilevanti interruzioni durante almeno 90 giorni all'anno.
Der Beschwerdeführer Karl Fischer, Verwaltungsrat und Direktor zweier
industrieller Unternehmungen in Zürich, besitzt in Zürich eine Villa und in
Risch (Kanton Zug) ein Herrschaftsgut. Da sich an beiden Orten ständig
Dienstboten befinden, sind der Beschwerdeführer und seine Angehörigen, zumal
ihnen mehrere Automobile zur Verfügung stehen, jederzeit in der Lage, den
Aufenthaltsort auch nur für ganz kurze Zeit zu wechseln.
Nachdem der Beschwerdeführer früher, von der Liegenschaft in Risch abgesehen,
nur in Zürich besteuert worden war, schätzten ihn für 1947 auch der Kanton Zug
und die Gemeinde Risch ein, und zwar für die Hälfte des Erwerbseinkommens
sowie des beweglichen Vermögens und dessen Ertrages, indem sie davon
ausgingen, dass er und seine Familie sich 1947 insgesamt mindestens 6 Monate
in Risch aufgehalten hätten.
Darauf ersuchte Fischer das Bundesgericht um Abgrenzung der Steuerhoheit
zwischen den Kantonen Zürich und Zug.
Die Beschwerde ist gegenüber dem Kanton Zug gutgeheissen worden
Aus den Erwägungen:
(Es wird zunächst festgestellt, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch
seine Angehörigen sich im Jahre 1947 vorwiegend in Zürich aufgehalten haben,
sodass dieser Ort auch abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer dort in zwei
nicht unbedeutenden industriellen Unternehmungen eine leitende Stellung
versieht, als sein zivilrechtlicher Wohnsitz und damit als sein allgemeines
Steuerdomizil zu gelten hat.)
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3. Bei dieser Sachlage kann es sich nur noch fragen, ob der Aufenthalt des
Beschwerdeführers und seiner Familie in Risch im Jahre 1947 dort ein
sekundäres Steuerdomizil des Sommerwohnsitzes begründete, an welchem er für
das bewegliche Vermögen und dessen Ertrag pro rata temporis besteuert werden
dürfte. Die eine Voraussetzung, das Wohnen im eigenen Hause, ist gegeben. Auch
erreichte der Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in Risch,
wie der Regierungsrat des Kantons Zürich ausdrücklich anerkennt, im Jahre 1947
das Minimum von 90 Tagen. Das genügt jedoch noch nicht. Erforderlich wäre
weiter, dass der Aufenthalt von 90 Tagen ununterbrochen oder doch ohne
wesentliche Unterbrechungen dauerte. Dieses Erfordernis ist zwar im Urteil BGE
65 I 92, das die zeitliche Grenze von mindestens 90 Tagen einführte, nicht
ausdrücklich aufgestellt, ergibt sich aber aus dem in diesem Urteil
enthaltenen Hinweis auf die Entwürfe zu einem Bundesgesetz über die
Doppelbesteuerung, die einen ununterbrochenen Aufenthalt von 90 Tagen
verlangen, sowie daraus, dass das Bundesgericht einen Sommerwohnsitz stets nur
dann ausnahmsweise angenommen hat, wenn so feste Beziehungen zum
Aufenthaltsort bestanden, dass der Zusammenhang mit dem ordentlichen Wohnsitz
vorübergehend in den Hintergrund trat (vgl. BGE 65 I 92). Das ist aber nur der
Fall, wenn jemand sich ununterbrochen oder doch ohne wesentliche
Unterbrechungen an einem Orte aufhält, nicht schon bei mehreren kürzeren
Aufenthalten, die zusammengerechnet 90 Tage ausmachen (nicht veröffentlichtes
Urteil vom 4. Mai 1934 i. S. Stauffer S. 11). Im vorliegenden Fall haben die
zugerischen Steuerbehörden und auch der Beschwerdeführer nicht behauptet und
noch weniger darzutun versucht, dass dieser oder seine Ehefrau sich im Jahre
1947 ununterbrochen oder doch ohne wesentliche Unterbrechungen 90 Tage in
Risch aufgehalten hätten; die Ausführungen des Beschwerdeführers bei der
Einvernahme durch das Steueramt Zürich sprechen vielmehr für
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das Gegenteil, nämlich dafür, dass er und seine Angehörigen sich nur über das
Wochenende, in den Schulferien und gelegentlich sonst für kürzere Zeit in
Risch aufgehalten haben. Daher ist auch die Annahme eines sekundären
Steuerdomizils des Sommerwohnsitzes in Risch abzulehnen.