S. 323 / Nr. 61 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 74 I 323

61. Urteil vom 8. Oktober 1948 i. S. Lindner gegen eidg. Steuerverwaltung.

Regeste:
Luxussteuer: Im Registerverfahren sind getrennt in Rechnung gestellte
«Auslagen für die Beförderung und Versicherung der Waren» von der Steuer
ausgenommen (Art. 15 Abs. 2 lit. a LStB). Was kann der Kürschner, der die
Pelze seiner Kunden abholt, instandhält und nachher wieder abliefert, unter
diesem Titel abziehen?
Impôt sur le luxe: Dans la procédure d'immatriculation les «frais d'expédition
et d'assurance des articles» qui sont mis en compte séparément ne sont pas
soumis à l'impôt (art. 15 al. 2 lit. a AIL). Quels sont les montants que peut
déduire à ce titre le pelletier qui cherche à domicile les fourrures de ses
clients les entretient et ensuite I es rapporte à leurs propriétaires?
Imposta sul lusso: Non sono soggetto all'imposta le «spese di trasporto e
d'assicurazione» che, nella procedura d'iscrizione, sono computate
separatamente al cliente (art. 15 cp. 2 lett. a DIL). Quanto può dedurre a
questo titolo il pellicciaio che va a prendere le pellicce al domicilio dei
suoi clienti, le conserva e le riporta poi ai suoi proprietari?


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A. Der Beschwerdeführer ist als Kürschner für seine Pelzwarenlieferungen
luxussteuerpflichtig. Am 12. Februar 1948 traf die eidg. Steuerverwaltung ihm
gegenüber folgenden Entscheid:
«Die vom Steuerpflichtigen bei der Ablieferung von instandgehaltenen
Luxuswaren getrennt in Rechnung gestellten Beträge für das Abholen und
Zurücktragen sowie für die Versicherung der Luxuswaren unterliegen als Teile
des Lieferungsentgelts im Sinne von Art. 15 Abs. 1 LStB mit folgenden
Ausnahmen der Luxussteuer:
a) Die getrennt in Rechnung gestellten Auslagen an Dritte für das Zurücktragen
und die Versicherung der Waren beim Transport zum Lieferungsempfänger können
nach Art. 16 Abs. 2 lit. a LStB abgezogen werden.
b) Die getrennt in Rechnung gestellte Prämie für die Versicherung der Waren
während der Dauer der Instandhaltung unterliegt der Lieferungssteuer dann
nicht, wenn die Versicherung beim Steuerpflichtigen nicht zum üblichen Inhalt
des Vertrages über die Instandhaltung gehört und der Steuerpflichtige die
betreffende Ware für fremde Rechnung im Sinne von Art. 16 des Bundesgesetzes
über den Versicherungsvertrag versichert hat.»
Die Einsprache Lindners gegen diesen Entscheid wurde am 20. Mai 1948
abgewiesen.
B. ­ Lindner führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den
Einspracheentscheid aufzuheben und festzustellen, dass beim Aufbewahren von
Pelzwaren die sämtlichen getrennt in Rechnung gestellten Auslagen für das
Abholen und das Zurücktragen sowie für die Versicherung der Waren nicht der
Luxussteuer unterliegen und dass er, Beschwerdeführer, auf den für diese
Leistungen eingenommenen Beträgen keine Luxussteuer schulde.
Er macht geltend, Art. 15 Abs. 2 lit. a LStB befreie von der Luxussteuer
ausdrücklich schlechthin die Auslagen für die Beförderung und die Versicherung
der Waren, sofern nur der Lieferer gesondert dafür Rechnung stelle. Es könne
offen bleiben, ob die Auffassung der eidg. Steuerverwaltung richtig sei, dass
nur Waren, die Gegenstand der Lieferung bilden, gemeint seien, nicht auch
andere, z. B. Werkstoffe, aus denen der Lieferungsgegenstand hergestellt wird.
Denn die Pelzwaren, die beim Kunden zur Aufbewahrung abgeholt werden, seien
mit den demselben nachher wieder abgelieferten Waren identisch. Also seien
nicht nur die

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Aufwendungen für das Zurücktragen der Pelzwaren zum Kunden und für ihre
Versicherung während dieses Transportes, sondern auch diejenigen für das
Abholen dieser Waren und für ihre Versicherung während des Hertransportes und
der Aufbewahrung Auslagen für die Beförderung und Versicherung der den
Gegenstand der Lieferung darstellenden Ware und daher nach Art. 15 Abs. 2 lit.
a LStB von der Steuer ausgenommen. Zu Unrecht nehme die eidg. Steuerverwaltung
an, Auslagen für den Transport des Lieferungsgegenstandes zum Lieferanten und
für die Versicherung während dieser Beförderung könnten so wenig steuerfrei
sein wie die entsprechenden Auslagen bei der Beschaffung von Werkstoffen oder
sonstiger anderer Waren; denn es bestehe kein Grund, diese beiden
verschiedenen Tatbestände gleich zu behandeln.
Sodann erfasse Art. 15 Abs. 2 lit. a LStB nicht nur Auslagen an Dritte,
sondern auch solche für das eigene Personal des Lieferers. Wohl sei in lit. a
von «Auslagen», in lit. b dagegen von «Kosten» die Rede. Das sei aber kein
Grund anzunehmen, die beiden Ausdrücke bedeuteten nicht dasselbe; der Wechsel
in der Ausdrucksweise könne ebensowohl auf rein stilistischen Erwägungen
beruhen. Entgegen der Auffassung der eidg. Steuerverwaltung könne auch nichts
darauf ankommen, ob die Kosten des Transportes mit eigenen Einrichtungen des
Steuerpflichtigen leicht oder schwierig zu ermitteln und zu überprüfen seien.
C. ­ Die eidg. Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
Sie führt aus, Abs. 2 des Art. 15 LStB könne nur dann richtig verstanden
werden, wenn sein Zusammenhang mit Abs. 1 berücksichtigt werde. Abs. 1
definiere das Entgelt, die Grundlage für die Berechnung der Steuer auf der
Lieferung von Pelzwaren, als die volle Gegenleistung für die Lieferung.
Entgelt sei also nicht bloss der Wert der lieferbereiten Ware, sondern die
Gegenleistung für die Erfüllung des den Gegenstand der Steuer bildenden
wirtschaftlichen Vorgangs, der Lieferung selbst; das sei der Wert

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der lieferbereiten Ware nebst sämtlichen aus der Lieferung erwachsenden
Spesen. Abs. 2 zähle bestimmte dieser Spesen auf, welche bei der
Steuerberechnung vom Entgelt abgezogen werden können. Andere Spesen seien von
der Steuer nicht ausgenommen, seien es ebenfalls Lieferungsspesen oder Spesen,
die mit der Lieferung als solcher nicht zusammenhingen, weil sie schon vorher
erwachsen seien. Die letztgenannte Art sei Bestandteil der Kosten der
lieferbereiten Ware. Dazu gehörten im vorliegenden Falle die Kosten des
Abholens der Pelze beim Kunden und jene der Versicherung während der Dauer
ihrer Aufbewahrung und Instandhaltung; denn lieferbereite Ware sei erst der
während des Sommers instandgehaltene, nicht aber schon der für die sachkundige
Behandlung durch den Kürschner abgeholte Pelz.
Wenn Art. 15 Abs. 2 LStB in lit. a von «Auslagen», in lit. b dagegen von
«Kosten» spreche, sei damit offensichtlich zweierlei gemeint: «Kosten» seien
alle Aufwendungen, «Auslagen» jedoch nur die «effektiven Auslagen an
Drittpersonen» (BGE 73 I 264, Erw. 2 am Ende).
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Nach Art. 13 lit. b LStB wird die Luxussteuer bei Lieferungen von Waren
der in Anlage II bezeichneten Art, also auch der Pelzwaren, vom vereinnahmten
Entgelt berechnet. Gemäss Art. 15 Abs. 1 gehört zum Entgelt alles, was der
Lieferer (oder an seiner Stelle ein Dritter) als Gegenleistung für die
Lieferung der Ware erhält. Abs. 2 daselbst bestimmt, dass vom Entgelt
abgezogen werden können a) die Auslagen für die Beförderung und Versicherung
der Waren, sofern sie vom Lieferer gesondert in Rechnung gestellt werden, und
b) die Kosten der Warenumschliessung unter näher umschriebenen
Voraussetzungen. Aus dieser Ordnung geht hervor, dass das steuerbare Entgelt,
abgesehen von den eben erwähnten Ausnahmen, die Gesamtheit der Leistungen
umfasst, die der Lieferer zufolge der Lieferung erhält, d.h. die
Bruttoeinnahme,

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die er aus der Lieferung erzielt, ohne Unterschied danach, ob die
eingenommenen Beträge für ihn Kostenersatz oder Erträgnisse darstellen (BGE 74
I 319
, Erw. 1).
Im Falle, wo Luxuswaren der in Anlage II bezeichneten Art auf Grund eines
Kaufvertrages geliefert werden, sind unter den Auslagen, die nach Art. 15 Abs.
2 lit. a LStB abgezogen werden dürfen, zu verstehen diejenigen für die
Beförderung dieser Waren vom Lieferer zum Empfänger und für die Versicherung
derselben Waren während dieses Transportes. Denn mit der Ware, von der Abs. 2
lit. a spricht, ist offenbar dieselbe gemeint, die im Sinne des vorangehenden
Abs. 1 Gegenstand der Lieferung ist. Jedenfalls verhält es sich so beim Kauf,
den das Gesetz hier in erster Linie im Auge zu haben scheint. Nicht abziehbar
sind dagegen Transport- und Versicherungsspesen, die dem Verkäufer von
Luxuswaren anders als durch die Beförderung solcher Waren zum Käufer
entstanden sind, z. B. Auslagen für den Hertransport von Werkstoffen, die er
für die Herstellung des Lieferungsgegenstandes gebraucht hat; denn insoweit
hat man es nicht mit Spesen für Beförderung und Versicherung der (Luxus-)
Waren im Sinne von Art. 15 Abs. 2 lit. a LStB zu tun.
2. ­ Nun stellt Art. 10 Abs. 2 LStB der Lieferung unter anderm die Ablieferung
gegen Entgelt instandgehaltener Luxuswaren gleich. Daraus folgt aber noch
nicht, dass auch hier nur die Auslagen für die Beförderung der lieferbereiten
Luxusware zum Kunden und für die Versicherung während dieses Transportes unter
Art. 15 Abs. 2 lit. a LStB fallen, wie die eidg. Steuerverwaltung meint. Ihre
Auffassung mag freilich dem nächstliegenden Wortsinn von Art. 10 Abs. 2 und
Art. 15 LStB entsprechen. Bei genauerer Prüfung erweist sie sich indessen als
zu eng. In der Tat ist nicht einzusehen, weshalb Art. 15 Abs. 2 lit. a beim
Instandhalten von Luxuswaren nur das Zurücktragen der instandgehaltenen Ware
vom Steuerpflichtigen zum Kunden betreffen sollte, dagegen nicht auch schon
das Abholen bei diesem zur Aufbewahrung; handelt es sich doch hier

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wie dort um dieselbe Ware und denselben Weg, nur in umgekehrter Richtung. Es
kann nicht der Sinn des Gesetzes sein, dass diese im wesentlichen gleichen
Tatbestände verschieden zu behandeln sind. Auch das Abholen darf als
«Beförderung der Waren», von der Art. 15 Abs. 2 lit. a spricht, angesehen
werden. Das System des Luxussteuerbeschlusses, der Zusammenhang der beiden
Absätze des Art. 15 unter sich und mit andern Bestimmungen, schliesst dies
nicht aus. Gewiss würden die Auslagen für das Abholen der Luxusware beim
Kunden und für die Versicherung während dieser Beförderung an sich zum Entgelt
im Sinne der Regel (Art. 15 Abs. 1) gehören. Dasselbe trifft aber auf die
Auslagen für die Rückschaffung zum Kunden und für die Versicherung während
dieses Transportes zu. Denn eine Ordnung, die grundsätzlich «alle»
Gegenleistungen für die Lieferung der Ware der Steuer unterwirft (Art. 15 Abs.
1) und, anschliessend daran, einzeln bezeichnete mit der Lieferung
zusammenhängende Nebenleistungen nur unter näher bestimmten Bedingungen zum
Abzuge zulässt (Art. 15 Abs. 2), kann nicht wohl anders verstanden werden, als
dass diese Nebenleistungen an sich ebenfalls zum Entgelt im Sinne der Regel
gehören würden; sonst wären sie nicht nur bedingt auszunehmen gewesen (BGE 74
I 319
, Erw. 1). Fraglich ist nur, wie die Ausnahmebestimmung auszulegen ist.
Nach dem Ausgeführten ist sie im Falle der Ablieferung instandgehaltener
Luxuswaren so zu verstehen, dass von der Steuer auch ausgenommen sind die
Auslagen für das Abholen der Luxuswaren beim Kunden und ihre Versicherung
während dieser Beförderung, immer vorausgesetzt, dass der Steuerpflichtige
gesondert dafür Rechnung gestellt hat. Es besteht kein zureichender Grund,
diese Aufwendungen etwa den allerdings auch hier nicht abziehbaren Auslagen
des Lieferers für den Hertransport von Waren gleichzustellen, die für die
Bearbeitung der Luxuswaren gebraucht werden. Sie sind vielmehr das Seitenstück
der Auslagen für das Zurücktragen der Luxuswaren und daher wie diese von

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der Luxussteuer nach Art. 15 Abs. 2 lit. a ausgenommen.
3. ­ Dagegen fallen Auslagen für die Versicherung der Luxuswaren während der
Dauer der Instandhaltung nicht unter diese Bestimmung, auch wenn sie gesondert
in Rechnung gestellt werden. Art. 15 Abs. 2 lit. a betrifft bloss
Nebenleistungen des Steuerpflichtigen, Auslagen für die Beförderung im engern
Sinne und die damit zusammenhängende Versicherung (Transportversicherung).
Aufwendungen für die Versicherung der Luxuswaren während der Aufbewahrung beim
Steuerpflichtigen sind aber zu dessen Hauptleistungen zu rechnen, wenn diese
Versicherung überhaupt zum Inhalt des Vertrages auf Instandhaltung gehört. In
Fällen jedoch, wo dies nicht zutrifft, ist die Prämienvergütung durch den
Kunden von vornherein nicht Bestandteil des Entgelts im Sinne von Art. 15 Abs.
1, d. h. der Gegenleistungen, die er erbringen muss, um die Luxusware
geliefert zu erhalten. Voraussetzung der Steuerfreiheit aus diesem Grunde ist,
wie die eidg. Steuerverwaltung richtig annimmt, dass der Aufbewahrer die Ware
nicht für eigene, sondern für fremde Rechnung versichert hat.
4. ­ Im Urteil BGE 73 I 264 ff. (Erw. 2 am Ende) hat das Bundesgericht
festgestellt, dass Art. 22 Abs. 2 lit. a WUStB, mit welcher Bestimmung sich
Art. 15 Abs. 2 lit. a LStB deckt, unter «Auslagen» die effektiven Auslagen (an
Drittpersonen) meint. Daran ist auch heute festzuhalten. Aufwendungen des
Lieferers für Leistungen, die er mit eigenen Einrichtungen und eigenem
Personal erbringt, sind schon nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht
«Auslagen». Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn Art. 15 Abs. 2 lit. a,
wie lit. b, schlechthin von «Kosten» spräche; denn darunter versteht man in
der Regel alle Aufwendungen. Dass die Verschiedenheit der Ausdrücke in lit. a
und b auf rein stilistischen Erwägungen beruhe, wie der Beschwerdeführer
geltend macht, ist nicht anzunehmen. Freilich verwenden die romanischen Texte
an beiden Orten den gleichen Ausdruck («frais» beziehungsweise

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«spese», entsprechend dem deutschen Wort «Kosten»). Indessen ist die
Auslegung, die an die deutsche Fassung anknüpft, auch sachlich richtig.
Abgesehen davon, dass Kosten des Lieferers für Versicherung praktisch nur als
effektive Auslagen (an Dritte) vorkommen werden, da es kaum Lieferer mit
eigener Transportversicherungseinrichtung geben wird, hat der Gesetzgeber
zweifellos eine Lösung treffen wollen, die sowohl für den Steuerpflichtigen
als auch für die kontrollierende Steuerbehörde einfach zu handhaben ist. Wie
im angefochtenen Entscheid mit Recht ausgeführt wird, würde aber die
Ermittlung und Überprüfung der Kosten des Transportes mit eigenen
Einrichtungen des Steuerpflichtigen nicht selten auf Schwierigkeiten stossen,
während sich Vergütungen an Dritte leicht feststellen lassen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der angefochtene Entscheid
insofern abgeändert, als festgestellt wird, dass bei der Ablieferung
instandgehaltener Luxuswaren von der Luxussteuer auch ausgenommen sind die vom
Steuerpflichtigen getrennt in Rechnung gestellten Auslagen an Dritte für das
Abholen der Waren beim Kunden und ihre Versicherung während des Transportes
zum Steuerpflichtigen. Das weitergehende Begehren wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 74 I 323
Datum : 01. Januar 1948
Publiziert : 08. Oktober 1948
Quelle : Bundesgericht
Status : 74 I 323
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Luxussteuer: Im Registerverfahren sind getrennt in Rechnung gestellte «Auslagen für die Beförderung...


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