S. 102 / Nr. 24 Rechtsgleichheit (Rechtsverweigerung) (d)

BGE 74 I 102

24. Auszug aus dem Urteil vom 20. Mai 1948 i. S. M. gegen Staat Aargau und
Obergericht des Kantons Aargau.

Regeste:
Wenn ein neues Steuergesetz, nach welchem das Vorjahrseinkommen als
Bemessungsgrundlage für die Einschätzung zur Einkommenssteuer dient, für die
erste Veranlagung auf das Jahr vor dem Inkrafttreten des Gesetzes
zurückgreift, so liegt hierin keine unzulässige, gegen Art. 4
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio.
BV verstossende
Rückwirkung des Gesetzes.
Une nouvelle loi fiscale qui (le revenu de l'année précédente servant de base
au calcul de l'impôt) tient compte de l'année écoulée avant son entrée en
vigueur ne rétroagit pas d'une manière contraire à l'art. 4 Cst.
Se una nuova logge fiscale, secondo cui il reddito dell'anno precedente serve
di base pel calcolo dell'imposta, tiene conto dell'anno decorso prima della
sua entrata in vigore, non ha un effetto retroattivo che sia in urto con
l'art. 4 CF.

A. ­ Nach dem aargauischen Steuergesetz vom 5. Februar 1945 (StG) wird das
Einkommen des Steuerpflichtigen jeweils für zwei Jahre (die
Veranlagungsperiode) eingeschätzt, und zwar auf Grand des
Durchschnittseinkommens der zwei vorangehenden Jahre (der

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Berechnungsperiode). Der aargauische Regierungsrat hat das StG auf den 1.
Januar 1946 in Kraft gesetzt und gleichzeitig angeordnet, dass für 1946 die
Jahre 1943 und 1944 Berechnungsperiode seien.
Nach § 20 StG können vom gesamten Einkommen abgerechnet werden:
«... f) Zuwendungen geschäftlicher Betriebe für Zwecke der Wohlfahrt des
eigenen Personals, sofern zweckwidrige Verwendung durch Sicherstellung dauernd
ausgeschlossen ist und sofern die Wohlfahrtsstiftung Sitz im Kanton Aargau
hat.»
B. ­ Der Beschwerdeführer M., der in Zürich wohnt, ist einziger unbeschränkt
haftender Teilhaber einer Kommanditgesellschaft, die im Kanton Aargau eine
Fabrik betreibt. Diese Gesellschaft schied vom Geschäftsgewinn 1943 Fr. 25 000
und 1944 Fr. 50 000 aus und überwies diese Beträge einer selbständigen
Stiftung zum Schutze des Personals gegen die wirtschaftlichen Folgen von
Krankheit, Alter, Tod usw. Der Sitz der Stiftung befand sich zuerst in Zürich,
wurde dann aber am 15. Februar 1946 in den Kanton Aargau verlegt.
Bei der Veranlagung zur Einkommenssteuer für 1946 verlangte M., dass die in
den Jahren 1943/44 erfolgten Zuwendungen an den Wohlfahrtsfonds vom Einkommen
dieser beiden Jahre abgezogen würden, wurde aber mit diesem Begehren von allen
Instanzen abgewiesen, weil die Stiftung ihren Sitz am 1. Januar 1946 noch
nicht im Kanton Aargau gehabt habe.
M. erblickt hierin eine unzulässige, gegen Art. 4
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BV verstossende Rückwirkung
des neuen StG und führt deswegen staatsrechtliche Beschwerde.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
Von rückwirkender Kraft eines Steuergesetzes kann nur gesprochen werden, wenn
die Rechtsfolge der Steuerpflicht an Tatbestände anknüpft, die vor dem
Inkrafttreten

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des Gesetzes liegen, nicht aber auch dann, wenn lediglich der Umfang der
Steuerpflicht nach Tatsachen bestimmt wird, die vor dem Inkrafttreten des
Gesetzes eingetreten sind (BGE 47 I 16, nicht veröffentlichte Urteile vom 14.
März 1924 i. S. A. und R. von Moos S. 7/8 und vom 12. Juni 1947 i. S.
Burkhalter S. 13). Im vorliegenden Falle ist der Beschwerdeführer für 1946 im
Kanton Aargau einkommenssteuerpflichtig, weil er während dieses Jahres
Teilhaber einer Kommanditgesellschaft mit Sitz in diesem Kanton war.
Steuerobjekt ist dabei das 1946 erzielte Einkommen; auf die Jahre vor dem
Inkrafttreten des StG wird nur insofern zurückgegriffen, als das Einkommen der
Jahre 1943/44 die Bemessungsgrundlage für die erste, 1946 beginnende
Veranlagungsperiode bildet. Ein solches Zurückgreifen ist bei einem neuen
Steuergesetz mit Pränumerandobesteuerung des Einkommens das gegebene (vgl. z.
B. Art. 236
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des bernischen StG von 1944, Art. 41 Abs. 1
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WStB), und wird denn
auch vom Beschwerdeführer nicht als unzulässig erachtet. Er beschwert sich
ausschliesslich darüber, dass die 1943/44 erfolgten Zuwendungen für
Wohlfahrtszwecke, die nach bisherigem Steuerrecht vom Einkommen hätten
abgezogen werden können, bei der Veranlagung für 1946 nicht abgezogen werden.
Allein auch hierin kann keine unzulässige, gegen Art. 4
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BV verstossende
Rückwirkung erblickt werden. Wenn für die erste Veranlagungsperiode nach
Inkrafttreten des neuen Gesetzes zwei frühere Jahre die Bemessungsgrundlage
bilden, so beurteilt sich grundsätzlich sowohl die Frage, was als Bestandteil
des steuerbaren Einkommens zu betrachten ist, als auch die weitere Frage, was
von diesem Einkommen abgezogen werden darf, nach dem neuen StG. Die
gegenteilige Auffassung liefe darauf hinaus, dass die Veranlagung in der
ersten Periode noch nach dem alten Recht erfolgen müsste, dass also die
materiell-rechtlichen Vorschriften des neuen StG erst für die zweite
Veranlagungsperiode anwendbar wären. Für diese Lösung, die an sich ebenfalls
denkbar wäre, bestehen indessen keine

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Anhaltspunkte; zum mindesten aber kann, mangels jeglicher
Übergangsbestimmungen im StG, die im angefochtenen Entscheid vertretene
Auffassung nicht als völlig unhaltbar, willkürlich bezeichnet werden.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 74 I 102
Data : 01. gennaio 1948
Pubblicato : 19. maggio 1948
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 74 I 102
Ramo giuridico : DTF - Diritto costituzionale
Oggetto : Wenn ein neues Steuergesetz, nach welchem das Vorjahrseinkommen als Bemessungsgrundlage für die...


Registro di legislazione
Cost: 4
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio.
DIN: 41
LTB: 236
Registro DTF
47-I-12 • 74-I-102
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
argovia • entrata in vigore • fondazione • società in accomandita • quesito • casale • basi temporali dell'imposizione • decisione • azienda • divieto dell'arbitrio • ricorso di diritto pubblico • periodo di computo • decesso • tribunale federale • parte costitutiva • fondo di beneficenza • consiglio di stato • minoranza • fabbrica • oggetto dell'imposta
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