S. 139 / Nr. 35 Verfahren (d)

BGE 73 IV 139

35. Entscheid der Anklagekammer vom 14. Mai 1947 i.S. Staatsanwaltschaft des
Kantons Basel-Stadt gegen Statthalteramt Luzern-Land.


Seite: 139
Regeste:
Art. 352
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG538.539
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB. Die Rechtshilfe kann nicht beansprucht werden für Handlungen,
die eine kantonale Behörde selber durchführen kann, ohne in die Zuständigkeit
der Behörden anderer Kantone einzugreifen (in casu Beschaffung einer Auskunft
von einem ausserkantonalen Konkursamte).
L'art. 352 CP ne concerne pas les actes qu'une autorité peut exécuter sans
empiéter sur la compétence d'autorités d'autres cantons (in casu demande de
renseignements à un office des faillites).
L'art. 352 CP non si applica agli atti che un'autorità può compiere
senz'invadere il campo riservato alla competenza d'altri cantoni (in concreto,
domanda d'informazioni a un ufficio dei fallimenti).

Im Strafverfahren gegen Wilhelm Schnieper betr. Betrug ersuchte die
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt das Statthalteramt Luzern-Land, vom
Konkursamt Luzern Auskunft über die Schätzung und Verwertung verschiedener
Aktiven im Konkurse über den Angeschuldigten einzuholen. Das Statthalteramt
zog vom Konkursamt einen schriftlichen Bericht bei und sandte diesen unter
Nachnahme der Gebühr von Fr. 8.­, die das Konkursamt bei ihm erhoben hatte, an
die baslerische Staatsanwaltschaft. Unter Berufung auf Art. 354
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 354 - 1 Das zuständige Departement registriert und speichert die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes im Rahmen der Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Diese Daten können zur Identifizierung einer gesuchten oder unbekannten Person untereinander abgeglichen werden.
1    Das zuständige Departement registriert und speichert die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes im Rahmen der Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Diese Daten können zur Identifizierung einer gesuchten oder unbekannten Person untereinander abgeglichen werden.
2    Folgende Behörden können Daten nach Absatz 1 vergleichen und bearbeiten:
a  das Bundesamt für Polizei;
b  das Staatssekretariat für Migration (SEM);
c  das Bundesamt für Justiz;
d  das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit542;
e  die für die Erteilung von Visa zuständigen schweizerischen Vertretungen im Ausland;
f  der Nachrichtendienst des Bundes;
g  die Polizeibehörden der Kantone;
h  die kantonalen Migrationsbehörden.543
3    Die Personendaten, die sich auf Daten nach Absatz 1 beziehen, werden in getrennten Informationssystemen bearbeitet; dabei gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008544 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes, des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998545, des Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005546 und des Zollgesetzes vom 18. März 2005547.
4    Die Daten dürfen verwendet werden:
a  bis zum Ablauf der Fristen für die Löschung von DNA-Profilen nach den Artikeln 16-19 des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 2003548; oder
b  bei einer Verurteilung wegen einer Übertretung: für eine Dauer von fünf Jahren ab dem Datum des Urteils, sofern dieses in Rechtskraft erwachsen ist.550
5    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Aufbewahrungsdauer der Daten, die ausserhalb von Strafverfahren erfasst worden sind, das Löschverfahren und die Zusammenarbeit mit den Kantonen. Er regelt die Übermittlung der erkennungsdienstlichen Daten durch die zuständigen Bundesbehörden und die Kantone.551
6    Das SEM oder das Bundesamt für Polizei (fedpol) können die Daten zwecks Ausschreibungen im Schengener Informationssystem (SIS) in einem automatisierten Verfahren in den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIS überführen.552
StGB ersuchte
diese hierauf das Statthalteramt um Rückerstattung des bezogenen Betrages.
Abschlägig beschieden, hat sie am 2. Mai 1947 bei der Anklagekammer des
Bundesgerichts das Begehren gestellt, das Statthalteramt sei zur verlangten
Rückzahlung zu verpflichten.
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
Die Pflicht zu gegenseitiger Rechtshilfe, die Art. 352
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG538.539
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB den Kantonen
auferlegt, soll dafür sorgen, dass die Behörden eines Kantons in einem andern
solche Prozesshandlungen vollziehen lassen können, die sie mit Rücksicht auf
die Gerichtshoheit des andern Kantons nicht

Seite: 140
selber vornehmen dürfen. Für Handlungen, die eine kantonale Behörde selber
durchführen kann, ohne in die Zuständigkeit der Behörden anderer Kantone
einzugreifen, kann die Rechtshilfe nicht beansprucht werden. Dies gilt z. B.
für die Beschaffung von amtlichen Auskünften, die jedem daran Interessierten
erteilt werden, zumal für Erkundigungen bei Ämtern, die kraft Bundesrechts
bestehen (Grundbuch-, Handelsregister-, Betreibungs-, Konkursämter usw.). Was
namentlich die Betreibungs- und Konkursämter anlangt, so kann nach Art. 8
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 8 - 1 Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
1    Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
2    Die Protokolle und Register sind bis zum Beweis des Gegenteils für ihren Inhalt beweiskräftig.
3    Das Betreibungsamt berichtigt einen fehlerhaften Eintrag von Amtes wegen oder auf Antrag einer betroffenen Person.

SchKG jedermann, der ein Interesse nachweist, die von ihnen geführten
Protokolle einsehen und sich Auszüge daraus geben lassen. Das hier
vorausgesetzte Interesse kann selbstverständlich auch im öffentlichen Recht,
z.B. im Strafrecht, begründet sein. Für die baslerische Staatsanwaltschaft
wäre es daher das Gegebene gewesen, die von ihr gewünschten Auskünfte direkt
vom Konkursamt Luzern zu verlangen. Sie bedurfte der Hilfe des
Statthalteramtes nicht. Art. 354
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 354 - 1 Das zuständige Departement registriert und speichert die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes im Rahmen der Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Diese Daten können zur Identifizierung einer gesuchten oder unbekannten Person untereinander abgeglichen werden.
1    Das zuständige Departement registriert und speichert die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes im Rahmen der Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Diese Daten können zur Identifizierung einer gesuchten oder unbekannten Person untereinander abgeglichen werden.
2    Folgende Behörden können Daten nach Absatz 1 vergleichen und bearbeiten:
a  das Bundesamt für Polizei;
b  das Staatssekretariat für Migration (SEM);
c  das Bundesamt für Justiz;
d  das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit542;
e  die für die Erteilung von Visa zuständigen schweizerischen Vertretungen im Ausland;
f  der Nachrichtendienst des Bundes;
g  die Polizeibehörden der Kantone;
h  die kantonalen Migrationsbehörden.543
3    Die Personendaten, die sich auf Daten nach Absatz 1 beziehen, werden in getrennten Informationssystemen bearbeitet; dabei gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008544 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes, des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998545, des Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005546 und des Zollgesetzes vom 18. März 2005547.
4    Die Daten dürfen verwendet werden:
a  bis zum Ablauf der Fristen für die Löschung von DNA-Profilen nach den Artikeln 16-19 des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 2003548; oder
b  bei einer Verurteilung wegen einer Übertretung: für eine Dauer von fünf Jahren ab dem Datum des Urteils, sofern dieses in Rechtskraft erwachsen ist.550
5    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Aufbewahrungsdauer der Daten, die ausserhalb von Strafverfahren erfasst worden sind, das Löschverfahren und die Zusammenarbeit mit den Kantonen. Er regelt die Übermittlung der erkennungsdienstlichen Daten durch die zuständigen Bundesbehörden und die Kantone.551
6    Das SEM oder das Bundesamt für Polizei (fedpol) können die Daten zwecks Ausschreibungen im Schengener Informationssystem (SIS) in einem automatisierten Verfahren in den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIS überführen.552
StGB ist daher im vorliegenden Falle nicht
anwendbar.
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Das Gesuch wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 IV 139
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 13. Mai 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 IV 139
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 352 StGB. Die Rechtshilfe kann nicht beansprucht werden für Handlungen, die eine kantonale...


Gesetzesregister
SchKG: 8
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 8 - 1 Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
1    Die Betreibungs- und die Konkursämter führen über ihre Amtstätigkeiten sowie die bei ihnen eingehenden Begehren und Erklärungen Protokoll; sie führen die Register.
2    Die Protokolle und Register sind bis zum Beweis des Gegenteils für ihren Inhalt beweiskräftig.
3    Das Betreibungsamt berichtigt einen fehlerhaften Eintrag von Amtes wegen oder auf Antrag einer betroffenen Person.
StGB: 352 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG538.539
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
354
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 354 - 1 Das zuständige Departement registriert und speichert die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes im Rahmen der Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Diese Daten können zur Identifizierung einer gesuchten oder unbekannten Person untereinander abgeglichen werden.
1    Das zuständige Departement registriert und speichert die biometrischen erkennungsdienstlichen Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes im Rahmen der Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Diese Daten können zur Identifizierung einer gesuchten oder unbekannten Person untereinander abgeglichen werden.
2    Folgende Behörden können Daten nach Absatz 1 vergleichen und bearbeiten:
a  das Bundesamt für Polizei;
b  das Staatssekretariat für Migration (SEM);
c  das Bundesamt für Justiz;
d  das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit542;
e  die für die Erteilung von Visa zuständigen schweizerischen Vertretungen im Ausland;
f  der Nachrichtendienst des Bundes;
g  die Polizeibehörden der Kantone;
h  die kantonalen Migrationsbehörden.543
3    Die Personendaten, die sich auf Daten nach Absatz 1 beziehen, werden in getrennten Informationssystemen bearbeitet; dabei gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008544 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes, des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998545, des Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005546 und des Zollgesetzes vom 18. März 2005547.
4    Die Daten dürfen verwendet werden:
a  bis zum Ablauf der Fristen für die Löschung von DNA-Profilen nach den Artikeln 16-19 des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 2003548; oder
b  bei einer Verurteilung wegen einer Übertretung: für eine Dauer von fünf Jahren ab dem Datum des Urteils, sofern dieses in Rechtskraft erwachsen ist.550
5    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Aufbewahrungsdauer der Daten, die ausserhalb von Strafverfahren erfasst worden sind, das Löschverfahren und die Zusammenarbeit mit den Kantonen. Er regelt die Übermittlung der erkennungsdienstlichen Daten durch die zuständigen Bundesbehörden und die Kantone.551
6    Das SEM oder das Bundesamt für Polizei (fedpol) können die Daten zwecks Ausschreibungen im Schengener Informationssystem (SIS) in einem automatisierten Verfahren in den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIS überführen.552
BGE Register
73-IV-139
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konkursamt • anklagekammer • basel-stadt • kantonale behörde • berechnung • auskunftspflicht • rückerstattung • ausführung • bundesgericht • betrug • prozesshandlung • grundbuch • bezogener