S. 13 / Nr. 3 Schuldbetreibungs-und Konkursrecht (d)

BGE 73 III 13

3. Entscheid vom 8. Februar 1947 i. S. Schabert.


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Regeste:
Wie ist ein beneficium excussionis realis bei pfandgesicherter Schuld geltend
zu machen? In der Regel durch Beschwerde gegen die ordentliche Betreibung
(Art. 41
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 41 - 1 Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1    Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1bis    Wird für eine pfandgesicherte Forderung Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingeleitet, so kann der Schuldner mit Beschwerde (Art. 17) verlangen, dass der Gläubiger vorerst das Pfand in Anspruch nehme.
2    Für grundpfandgesicherte Zinse oder Annuitäten kann jedoch nach der Wahl des Gläubigers entweder die Pfandverwertung oder, je nach der Person des Schuldners, die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs stattfinden. Vorbehalten bleiben ferner die Bestimmungen über die Wechselbetreibung (Art. 177 Abs. 1).
1 SchKG, 85 2 VZG). Ist aber dem Gläubiger ein Selbstverkaufsrecht
eingeräumt, so ist Recht vorzuschlagen und zur Entscheidung über Bestand und
Tragweite des beneficium der Richter zuständig.
Comment le débiteur doit-il faire valoir le beneficium excussionis? Ce sera,
en règle générale, par la voie de la plainte contre la poursuite ordinaire
(art. 41 al. 1 LP, 85 al. 2 ORI). Mais si le créancier s'est réservé le droit
de vendre lui-même le gage, le débiteur devra alors faire opposition, et ce
sera au juge à se prononcer sur l'existence et la portée dudit bénéfice.
In quale modo il debitore deve far valere il beneficium excussionis realis? In
massima, lo farà valere mediante reclamo contro l'esecuzione ordinaria (art.
41 cp. 1 LEF, 85 cp. 2 RegRF). Ma se il creditore si è riservato il diritto di
vendere lui stesso il pegno, il debitore dovrà allora fare opposizione e
spetterà quindi al giudice di statuire sull'esistenza e la portata di detto
beneficio.

A. ­ Der Rekurrent Christian Schabert ist laut Schuldverpflichtung vom 15.
Januar 1946 solidarisch mit seinem (seither verstorbenen) Vater Helmuth
Schabert zur Rückzahlung eines Darlehens von restlich Fr. 2390.­ gegenüber dem
Gläubiger Hans Bernhard verpflichtet. Der Urkunde ist zu entnehmen: «Als
Faustpfand erhielt der Gläubiger einen Brillantring mit einem Schätzungswert
von sFr. 400.­ (gemäss Schuldschein vom 31.12.34), verbunden mit dem
Verfügungsrecht lt. Vollmacht vom 5.9.45.» Diese von Helmuth Schabert
unterzeichnete «Vollmacht» lautet: «Hiermit wird Herr Hans Bernhard Bern
bevollmächtigt den Brillantring (Platinschiene mit 2 grösseren Brillanten) lt.
Schuldschein erneuert am 13. Juni 1942 zu verwerten. Herr Bernhard wird den
Ring erst verwerten, nach Übereinkunft mit Helmuth Schabert, der hiefür sein
Einverständnis geben wird. Hierbei handelt es sich lediglich um den
Verkaufswert, den man für den Ring erhalten würde.»
B. ­ Gegenüber der für verfallene Abzahlungen von Fr. 750.­ nebst Zinsen
angehobenen ordentlichen

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Betreibung Nr. 36668 schlug der Rekurrent Recht vor. Ferner führte er
Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Zahlungsbefehls unter Hinweis auf
das Faustpfand. Der Gläubiger wendete ein, mit der Vereinbarung des privaten
Verkaufes laut «Vollmacht» vom 5. September 1945 habe man eine
Zwangsverwertung des Pfandes vermeiden wollen, in der Hoffnung auf einen
höheren Erlös bei freihändigem Verkauf. Daher sei er nicht nur berechtigt,
sondern verpflichtet, ordentliche, nicht Pfandbetreibung anzuheben. Der
Schuldner seinerseits erklärte in einer Einvernahme vor der Aufsichtsbehörde:
«M. E. handelt es sich nicht um eine Vereinbarung der aussergerichtlichen
Liquidation des Ringes, da ich es praktisch verhindern kann, dass der Ring
verkauft wird, indem ich mangels Bestimmung eines Minimalpreises mit keinem
Preis einverstanden sein könnte.» Die Aufsichtsbehörde wies am 9. Januar 1947
die Beschwerde des Schuldners ab. Sie entnahm der «Vollmacht» vom 5. September
1945 die Vereinbarung einer «aussergerichtlichen Liquidation des Pfandes». Das
dabei dem Schuldner (Verpfänder) vorbehaltene Einverständnis solle ihn nur
gegen einen ungünstigen Verkauf schützen. Dagegen stehe ihm nicht zu, sein
Einverständnis bei jedem noch so angemessenen Preis zu verweigern. Solche
Rechtsausübung wäre Rechtsmissbrauch. «Hans Bernhard hat daher mit Recht auf
Pfändung betrieben.»
C. ­ Mit dem vorliegenden Rekurs hält der Schuldner an der Beschwerde fest.
Abgesehen von Einwendungen gegen die Schuldpflicht hält er vor allem dafür,
«dass auch im Falle einer aussergerichtlichen Verwertung zuerst die Verwertung
erfolgen muss und eine gewöhnliche Betreibung nur für den Ausfall in Frage
kommt.»
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Die zutreffende Betreibungsart für pfandversicherte Forderungen ist nach Art.
41 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 41 - 1 Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1    Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1bis    Wird für eine pfandgesicherte Forderung Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingeleitet, so kann der Schuldner mit Beschwerde (Art. 17) verlangen, dass der Gläubiger vorerst das Pfand in Anspruch nehme.
2    Für grundpfandgesicherte Zinse oder Annuitäten kann jedoch nach der Wahl des Gläubigers entweder die Pfandverwertung oder, je nach der Person des Schuldners, die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs stattfinden. Vorbehalten bleiben ferner die Bestimmungen über die Wechselbetreibung (Art. 177 Abs. 1).
SchKG, mit Vorbehalt der in Abs. 2 daselbst vorgesehenen besondern
Fälle,

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die Betreibung auf Pfandverwertung. Diese Vorschrift findet jedoch, jedenfalls
direkt, keine Anwendung, wenn privater Verkauf des Pfandes durch den Gläubiger
vereinbart ist, sei es unter Ausschluss der Pfandbetreibung oder wenigstens
nach Wahl des Gläubigers. In beiden Fällen würde die Verweisung auf den Weg
einer Pfandbetreibung gegen die Vereinbarung verstossen.
Der Rekurrent leitet indessen aus Art. 41 Abs. 1 über den dadurch geregelten
Fall hinaus ein allgemeines, auch bei Selbstverkaufsrecht des Gläubigers
bestehendes beneficium excussionis realis des Schuldners ab. Kraft dieses
Anspruches könne er zwar nicht Pfandbetreibung, aber Liquidation des Pfandes
durch privaten Verkauf vor Anhebung einer ordentlichen Betreibung verlangen.
Eine solche Betreibung wäre nur für einen Pfandausfall statthaft.
Die Vorinstanz nimmt zur Frage nach der Tragweite von Art. 41 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 41 - 1 Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1    Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1bis    Wird für eine pfandgesicherte Forderung Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingeleitet, so kann der Schuldner mit Beschwerde (Art. 17) verlangen, dass der Gläubiger vorerst das Pfand in Anspruch nehme.
2    Für grundpfandgesicherte Zinse oder Annuitäten kann jedoch nach der Wahl des Gläubigers entweder die Pfandverwertung oder, je nach der Person des Schuldners, die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs stattfinden. Vorbehalten bleiben ferner die Bestimmungen über die Wechselbetreibung (Art. 177 Abs. 1).
SchKG
nicht Stellung. Sie hält dafür, ein Anspruch auf Vorausliquidation des Pfandes
stehe dem Rekurrenten jedenfalls deshalb nicht zu, weil er, aus seinen
Aussagen zu schliessen, die Absicht hege, einen privaten Verkauf durch
missbräuchliche Ausübung seines Mitspracherechtes zu hintertreiben. Diese
Schlussfolgerung erscheint als voreilig. Es ist nicht einzusehen, warum dem
Gläubiger nicht wenigstens der Versuch eines privaten Verkaufes zu annehmbaren
Bedingungen zuzumuten wäre, sofern man den vom Schuldner geltend gemachten
Anspruch grundsätzlich bejahen müsste.
Letzteres würde einer seinerzeit ausgesprochenen Ansicht entsprechen (BGE 58
III 55
). Bald darauf hat jedoch das Bundesgericht den dispositiven Charakter
von Art. 41 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 41 - 1 Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1    Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1bis    Wird für eine pfandgesicherte Forderung Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingeleitet, so kann der Schuldner mit Beschwerde (Art. 17) verlangen, dass der Gläubiger vorerst das Pfand in Anspruch nehme.
2    Für grundpfandgesicherte Zinse oder Annuitäten kann jedoch nach der Wahl des Gläubigers entweder die Pfandverwertung oder, je nach der Person des Schuldners, die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs stattfinden. Vorbehalten bleiben ferner die Bestimmungen über die Wechselbetreibung (Art. 177 Abs. 1).
SchKG anerkannt und einen Verzicht des Schuldners auf das
beneficium excussionis realis als rechtswirksam gelten lassen, selbst wenn er
zum voraus, etwa bereits im Pfandvertrag, erklärt wurde (BGE 58 III 57).
Seither ist die Zulässigkeit von Vereinbarungen auch in anderer Hinsicht zur
Geltung gekommen. So steht dem Schuldner

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keine Beschwerde gegen die ordentliche Betreibung zu, wenn der Gläubiger, mit
oder ohne Zustimmung des Schuldners, mit dem Dritteigentümer des Pfandes im
Pfandvertrag oder auch erst später eine bloss subsidiäre Haftung des Pfandes
vereinbart hat (beneficium excussionis personalis; BGE 68 III 131). Angesichts
dieser mit dem Schrifttum übereinstimmenden Entwicklung der Rechtsprechung
kann dem Schuldner überhaupt nicht mehr eine Beschwerde gegen die ordentliche
Betreibung zugestanden werden, wenn dem Gläubiger ein Recht auf privaten
Verkauf des Pfandes eingeräumt ist. Solchenfalls hängt die Frage nach einem
Anspruch auf Vorausliquidation des Pfandes in erster Linie vom Inhalt und von
der Tragweite der Vereinbarung ab, die in mannigfachen Spielarten, mit
einschränkenden und erweiternden Klauseln vorkommen kann und in ihrer
Anwendung vom Grundsatz des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB beherrscht ist. Es ist angezeigt, die
Entscheidung beim Bestehen einer solchen Vereinbarung dem Richter
anheimzugeben. Dieser mag, falls sich ein Parteiwille in der in Frage
stehenden Hinsicht nicht ermitteln lässt, prüfen, ob ein Anspruch auf
Vorausliquidation des Pfandes dem «mutmasslichen» Parteiwillen oder Treu und
Glauben entspricht, wie allenfalls bei zweifellos genügender Pfanddeckung
(vgl. die darauf Rücksicht nehmende Norm von § 777 der deutschen
Zivilprozessordnung; FRANÇOIS GUISAN, Des effets du gage etc., Journal des
Tribunaux 1932, poursuite 103 ff., besonders 115-116). Der Richter ist frei,
die dem einzelnen Fall entsprechende Lösung zu treffen, sei es (Bestand und
Fälligkeit der Schuld vorausgesetzt) unbedingte Freigabe der ordentlichen
Betreibung, ohne Rücksicht auf das nicht liquidierte Pfand, oder nur
provisorische Freigabe, so dass Verwertung gepfändeter Gegenstände sowie
Konkursandrohung nur für einen allfälligen Pfandausfall verlangt werden kann,
oder endlich gänzliche Hemmung der Betreibung bis nach durchgeführter
Pfandliquidation. Der Rekurrent hat richtigerweise neben Beschwerde

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Rechtsvorschlag erhoben. Es bleibt ihm unbenommen, in einem gerichtlichen
Verfahren die Einwendungen gegen die ordentliche Betreibung geltend zu machen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 73 III 13
Date : 01. Januar 1947
Published : 08. Februar 1947
Source : Bundesgericht
Status : 73 III 13
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Wie ist ein beneficium excussionis realis bei pfandgesicherter Schuld geltend zu machen? In der...


Legislation register
SchKG: 41
ZGB: 2
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