S. 264 / Nr. 37 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 73 I 264

37. Auszug aus dem Urteil wom 26. September 1947 i. S. Nielsen-Bohny & Cie.
A.-G. gegen eidg. Steuerverwaltung.

Regeste:
Warenumsatzsteuer:
1. Steuerbarer Eigenverbrauch von Schleifpapier und Papier zum Abdecken von
Parkettböden in einer Schreinerei und Parkettfabrik.
2. Das jeweilige Aufrichten und Abbrechen eines Gerüstes, das einem
Gesangverein gehört und für dessen Konzerte bestimmt ist, durch einen
Unternehmer unterliegt der Steuer.
Impôt sur le chiffre d'affaires:
1. Cas de consommation particulière soumise à l'impôt: emploi dans une
menuiserie et fabrique de parquets, de papier à polir et de papier de
protection de parquets.
2. Est soumis à l'impôt le montage et démontage régulier, par un entrepreneur,
d'une estrade appartenant à une société de chant et utilisée par elle pour ses
concerts.
Impasta sulla cifra d'affari:
1. Caso di consumo privato assoggettato all'imposta: uso, in un'azienda di
falegname e fabbrica di pavimenti di legno, di carta smerigliata e carta
protettiva dei pavimenti di legno.
2. E' imponibile il fatto di erigere e smontare regolarmente un palco che
appartiene ad una società di canto, la quale se ne serve per i suoi concerti.

A. ­ Die Beschwerdeführerin betreibt eine Zimmerei, Schreinerei, Fenster- und
Parkettfabrik. Sie ist Grossist im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses. Sie
hat gewisse Materialien, darunter Schleifpapier und Papier zum Abdecken der
fertiggestellten Parkettböden, umsatzsteuerfrei bezogen. Sie hat für die
Verwendung dieser Papiere in ihrem Betriebe keine Umsatzsteuer wegen
Eigenverbrauchs bezahlt. Ebenfalls ohne Entrichtung der Umsatzsteuer hat sie
jeweils ein dem Basler Gesangverein gehörendes

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Gerüst im Basler Münster für Konzerte aufgestellt und nachher wieder
abgebrochen, um es bis zur nächsten Veranstaltung aufzubewahren. Die eidg.
Steuerverwaltung hat von ihr mit Abrechnungen vom 2. Oktober 1945
Umsatzsteuern nachgefordert, in denen Eigenverbrauchssteuern für das Schleif-
und Abdeckpapier und Lieferungssteuern für das Zusammensetzen und Zerlegen des
Gerüstes enthalten sind. Mit Einspracheentscheid vom 14. Mai 1947 hat die
Steuerverwaltung an ihren Ansprüchen im wesentlichen festgehalten.
B. ­ Die Nielsen-Bohny & Cie. A.-G. erbebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrage, den Einspracheentscheid aufzuheben und die mit Abrechnungen vom
2. Oktober 1945 erhobenen Steuerforderungen als unbegründet zu erklären.
Sie bestreitet, dass hinsichtlich des Schleif- und Abdeckpapiers steuerbarer
Eigenverbrauch (Art. 16 WUStB) vorliege. Das Schleifpapier sei Werkstoff (Art.
18 daselbst). Das Abdeckpapier sei keine Zutat, die bei der Herstellung der
Parkettböden notwendig gebraucht werde, sondern diene dem selbständigen Zweck,
die fertigen Böden zu schützen, bis der Bau bezogen werde. Seine Verwendung
werde denn auch nicht von allen Bauherren verlangt. Es werde nicht
zurückgenommen, sondern dem Bauherrn überlassen. Es sei Gegenstand eines
selbständigen Wiederverkaufs. Seine Lieferung werde stets in einer besonderen
Position offeriert und berechnet. Es sei wie Verpackungsmaterial zu behandeln,
das für den Grossisten ebenfalls steuerfrei sei, wenn es Objekt eines
besonderen Wiederverkaufs sei. Eventuell müsste das Abdeckpapier als Werkstoff
gelten, wenn das Abdecken als Inhalt eines Werkvertrages aufzufassen wäre,
wobei das Werk entweder die Papierschutzdecke oder der abgedeckte Boden wäre.
Was das Konzertgerüst anlange, umfasse die jeweilige Rechnung an den Basler
Gesangverein neben den Kosten des Aufstellens und Abbrechens auch diejenigen
der Lagerung, der Versicherung und des Transportes.

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Umsatzsteuerpflichtig könnte aber jedenfalls nur das Aufstellen und Abbrechen
sein. Auch das sei jedoch nicht der Fall, da diese Verrichtungen keine
Herstellung im Sinne von Art. 10 Abs. 2 WUStB seien. Eine Zusammensetzung
könne als Herstellung nur gelten, wenn eine Umgestaltung, eine Verarbeitung
oder Bearbeitung, eine Instandstellung oder Veredelung stattfinde, die zur
Folge habe, dass nachher eine andere Ware als vorher vorliegen würde. Das in
Frage stehende Gerüst könne aber aufgerichtet und zerlegt werden, ohne dass
neue Bestandteile hinzugefügt oder auch nur die geringsten Teile seiner
Substanz zerstört würden. Man habe es einfach mit der bestimmungsgemässen
Verwendung eines von vornherein für die wiederholte Montage und Demontage
eingerichteten Gegenstandes zu tun, mit blossen Arbeitsleistungen, die nicht
Warenumsätze seien, so wenig wie etwa das Öffnen und Schliessen eines
Regenschirmes, das Aufrichten und Abbrechen eines Zirkuszeltes, das Zerlegen
und Zusammensetzen von Betten und Schränken oder Konzertflügeln beim
Transport.
C. ­ Die eidg. Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Als Grossist hat die Beschwerdeführerin Waren, die sie steuerfrei bezogen
hat (Art. 14 Abs. 1 lit. a WUStB), zu versteuern, wenn sie sie im
Eigengebrauch, d. h. anders als zum Wiederverkauf oder als Werkstoff (Art. 18)
zur Herstellung von Waren oder Bauwerken, verwendet (Art. 13 Abs. 1 lit. a,
Art. 16). Für die Auslegung des Art. 18 kann auf das Urteil vom 24. Januar
1947 i. S. Wittwer (BGE 73 I 164 ff.) und die dort zitierten Entscheide
verwiesen werden. Im vorliegenden Falle ist für Schleif- und Abdeckpapier
gesondert zu prüfen, ob steuerbarer Eigenverbrauch vorliege.
a) (Das Schleifpapier ist im Betriebe der Beschwerdeführerin sowenig Werkstoff
wie der Industriediamant im Falle Wittwer, auf den verwiesen wird.)

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b) Das Abdecken des Parkettbodens bildet einen Bestandteil des Werkvertrages,
dessen Gegenstand die Herstellung dieses Bodens ist, sofern es im einzelnen
Falle überhaupt verlangt wird. Die Beschwerdeführerin ist dann nicht nur
verpflichtet, das Parkett zu erstellen; sie hat auch dafür zu sorgen, dass es
von der Fertigstellung bis zur Ingebrauchnahme nicht beschädigt oder
beschmutzt werde. Diesem Zwecke dient das Abdeckpapier. Die Beschwerdeführerin
liefert es nicht nur; sie verwendet es auch gerade, indem sie es verlegt.
Unter solchen Umständen kann davon, dass es Gegenstand eines selbständigen
Vertrages, eines Wiederverkaufes, sei und deshalb der Eigenverbrauchssteuer
nicht unterliege, keine Rede sein. Daran wird nichts geändert, wenn seine
Lieferung in einer besonderen Position offeriert und in Rechnung gestellt
wird. Gewiss kann das Abdeckpapier mit dem Material, das zum Einpacken von
Waren (Fahrnis) verwendet wird, verglichen werden. Aber auch dieses gilt nur
dann als Wiederverkaufsware, wenn es der Grossist, der es steuerfrei bezogen
hat, zum Gegenstand eines selbständigen Verkaufes macht, nicht auch dann, wenn
er es gleich selbst zum Verpacken anderer Waren, eben im Eigenverbrauch,
verwendet.
Das Abdeckpapier ist aber auch nicht Werkstoff für die Herstellung des
Parkettbodens. Es geht nicht in diesen über, findet sich darin in keiner Weise
wieder. Als Werk ist nicht etwa das abgedeckte Parkett, der Boden mit
Einschluss des Papiers, zu betrachten. Dieses ist lediglich ein vorübergehend
gebrauchtes Schutzmittel, wie Material zum Verpacken von Fahrnis.
Ob in einem Falle wie dem vorliegenden, wo die Erstellung des Parkettes und
das Abdecken von der gleichen Firma im Zusammenhang übernommen worden sind,
die Papierschutzdecke als selbständiges Werk und das Abdeckpapier als
Werkstoff für dessen Herstellung angesehen werden könnte, kann dahingestellt
bleiben: Die Beschwerdeführerin könnte bei dieser Betrachtungsweise wohl das
Abdeckpapier als Werkstoff steuerfrei beziehen, müsste

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aber anderseits, da die Papierschutzdecke, als Werk für sich betrachtet,
Fahrnis bliebe und somit bei ihrer Ablieferung keine steuerfreien a
Verbindungslöhne» (Löhne und übrige Unkosten, die nach der Verbindung einer
Ware mit einem Gebäude noch aufgewendet werden) in Abzug kämen (Art. 22 Abs. 1
Satz 3 WUStB), das volle Entgelt für die Abdeckung zum Ansatz von 4 %
versteuern, statt zu dem mit Rücksicht auf die «Verbindungslöhne,' annähernd
(Art. 34 Abs. 2 WUStB) ermittelten geringeren Satze von 3,2 %, der nach den
Ausführungen der eidg. Steuerverwaltung im Baugewerbe für Parkettarbeiten
gilt. Es ist freilich nicht ausgeschlossen, dass in diesem Falle die
Steuerbelastung im Ergebnis etwas niedriger ausfiele. Ob es sich so verhielte,
braucht indessen nicht geprüft zu werden, da die Beschwerdeführerin nicht nur
kein Begehren auf Herabsetzung der Steuer gestellt, sondern namentlich die zur
Berechnung erforderlichen Unterlagen nicht beigebracht hat.
Die Beschwerde ist daher auch insoweit unbegründet, als sie sich gegen die
Eigenverbrauchssteuer für das Abdeckpapier richtet.
2. ­ Der Warenumsatzsteuerbeschluss unterwirft der Abgabe unter anderm die
Lieferung (Art. 13 Abs. 1 lit. a). Als solche gilt auch die Ablieferung der
auf Grund eines Werkvertrages oder Auftrages hergestellten Ware (Art. 15 Abs.
2). Als Herstellung wird angesehen jede Verarbeitung, Bearbeitung,
Zusammensetzung; Instandstellung, Veredelung oder sonstige Umgestaltung einer
Ware (Art. 10 Abs. 2).
Hier fragt sich, ob nach dieser Ordnung für das jeweilige Aufrichten und
Abbrechen des Konzertgerüstes die Steuer geschuldet wird. Dass es sich um
einen Werkvertrag handelt, ist nicht bestritten. Das Werk, das danach
auszuführen ist, ist einerseits das zusammengestellte, gebrauchsfertige,
anderseits das in seine Bestandteile zerlegte Gerüst. Die Beschwerdeführerin
macht jedoch geltend, weder das Zusammenfügen noch das Zerlegen sei

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eine Herstellung im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses, da dadurch keine
neue Ware entstehe. Zu Unrecht. Art. 10 Abs. 2 WUStB führt als Beispiel der
Herstellung ausdrücklich die «Zusammensetzung» an. Voraussetzung ist
allerdings, dass durch das Zusammensetzen ein von den einzelnen Teilen
verschiedenes Produkt, eine neue Ware, entsteht. Gerade das trifft aber im
vorliegenden Falle zu. Was dem Gesangverein gestützt auf den Werkvertrag für
seine Konzerte zur Verfügung gestellt wird, sind nicht mehr einzelne Balkon,
Bretter und Schrauben. Vielmehr wird ihm ein neuer Gegenstand abgeliefert, der
durch sinnreiche Zusammenstellung jener Objekte entstanden ist, ein Gerüst,
das einem bestimmten Zweck, der Aufführung von Konzerten, dient. Dieses
Erzeugnis verschwindet infolge des Abmontierens, und an seine Stelle treten
wieder einzelne Balken, Bretter und Schrauben. Das sind, im Vergleich zum
Gerüst, wiederum neue Gegenstände; wird doch durch das Zerlegen abermals ein
erwünschter Zustand herbeigeführt, da nun der Transport und die Lagerung des
Materials leichter möglich ist. Auch das Abmontieren ist eine Herstellung (a
Bearbeitung» oder «Umgestaltung») im Sinne von Art. 10 Abs. 2. Die einzelnen
Objekte werden der Beschwerdeführerin wieder abgeliefert, indem sie instand
gesetzt wird, darüber zu verfügen (Art. 15 Abs. 1 WUStB). Ob die Herstellung
für den ausführenden Grossisten Arbeit und die Zulieferung von Material oder,
wie es hier beim Aufstellen wie beim Zerlegen in der Regel der Fall sein wird,
nur Arbeit erfordert, ist gleichgültig (Urteile vom 2. März 1945 i. S. Lauper
und vom 21. März 1947 i. S. Karr & Cie., nicht veröffentlicht).
Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Beispiele ähnlicher Vorgänge
rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht. Das Aufrichten und das Abbrechen
eines Zirkuszeltes wird der Warenumsatzsteuer unterliegen, wenn es Gegenstand
eines Werkvertrages ist; nicht aber dann. wenn das Zirkusunternehmen es selbst
ausführt.

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Wenn die Mitglieder des Basler Gesangvereins das Aufstellen und Zerlegen des
Konzertgerüstes selbst besorgten, würde ebenfalls keine Steuerpflicht
entstehen. Beim Transport von Möbeln oder Konzertflügeln handelt es sich
regelmässig nicht um einen Werkvertrag oder Auftrag, sondern um einen
Frachtvertrag, der von der Umsatzsteuer nicht erfasst wird. Das Abmontieren
und Wiederzusammensetzen soll hier nur den Transport erleichtern; es dient
nicht dazu, einen andern, für einen neuen Zweck bestimmten Gebrauchsgegenstand
herzustellen. Auch das Öffnen und Schliessen eines Regenschirmes geschieht
normalerweise nicht auf Grund eines Werkvertrages oder Auftrages und muss
daher schon aus diesem Grunde umsatzsteuerfrei sein.
Unbegründet ist auch der Einwand, die Steuer könne nur von dem Teil der
Rechnung erhoben werden, der sich auf das Aufstellen und Wiederabbrechen des
Gerüstes beziehe, nicht aber auch von den Kosten der Aufbewahrung, des
Transportes und der Versicherung. Das käme nur in Frage, wenn solche Kosten
gesondert in Rechnung gestellt worden wären und es sich zudem um effektive
Auslagen (an Drittpersonen) handelte (Art. 22 Abs. 2 lit. a WUStB), was hier
nicht der Fall ist. Steuerbares Entgelt ist der volle Betrag der in Frage
stehenden Rechnungen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 73 I 264
Date : 01. Januar 1947
Published : 25. September 1947
Source : Bundesgericht
Status : 73 I 264
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Warenumsatzsteuer:1. Steuerbarer Eigenverbrauch von Schleifpapier und Papier zum Abdecken von...


BGE-register
73-I-162 • 73-I-264
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