S. 171 / Nr. 46 Strafgesetzbuch (d)

BGE 72 IV 171

46. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Oktober 1946 i. S.
Kupferschmid.

Regeste:
Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB schützt nur die persönliche Ehre, nicht auch den Ruf. den jemand
als Geschäftsmann haben kann.
L'art. 173 CP ne protège que l'honneur attaché à la personne non la réputation
dont quelqu'un peut jouir en qualité de commerçant.
L'art. 173 CP protegge soltanto l'onore personale e non anche la riputazione,
di cui taluno può godere in qualità di commerciante.

Nachdem Gottfried Kupferschmid Mitte Januar 1944 von einer Reise heimgekehrt
war, erzählte er seiner Ehefrau und einigen Bekannten, er habe in Davos in
einem Hotel einen Kaffee bestellt und sich erkundigt, ob er im betreffenden
Hause übernachten könne. Während er dann das Gastlokal für eine Weile
verlassen habe, sei ihm ein Kärtchen mit der Aufschrift: «Bitte verlassen Sie
dieses Lokal, Ihr Besuch ist nicht erwünscht», auf den Tisch gelegt worden.
Das habe ihn bewogen, wegzugehen und in einem anderen Hotel Unterkunft zu
suchen.

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Dieser Vorfall wurde weitererzählt und ohne Wissen und Willen Kupferschmids
unter Angabe einiger weiterer Einzelheiten am 31. Januar 1944 im «Fricktaler»
und nachher in anderen Zeitungen veröffentlicht. Das veranlasste den Kur- und
Verkehrsverein Davos, sich bei Hering, dem Redaktor des genannten Blattes,
nach dem Urheber des Artikels und dem Hotel, in welchem der Vorfall sich
abgespielt habe, zu erkundigen. Kupferschmid erklärte nun gegenüber Hering und
dann am 18. Februar 1944 in einem Schreiben an den Kur- und Verkehrsverein
Davos, dass der betreffende Gasthof Hotel ... heisse. Im gleichen Sinne
äusserte er sich gegenüber einer anderen Person.
Der Inhaber des erwähnten Hotels, der den geschilderten Vorfall bestreitet,
stellte gegen Kupferschmid Strafantrag wegen übler Nachrede und reichte gegen
das Urteil des Ausschusses des Kantonsgerichts von Graubünden, das den
Angeschuldigten freisprach, Nichtigkeitsbeschwerde ein. Sie wurde vom
Bundesgericht abgewiesen.
Aus den Erwägungen:
Nach Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB muss die Beschuldigung oder Verdächtigung, in welcher die
üble Nachrede liegen soll, dem Betroffenen ein unehrenhaftes Verhalten oder
andere Tatsachen vorwerfen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen. Unter
dem Ruf des Beschuldigten oder Verdächtigten ist seine Geltung als ehrbarer
Mensch verstanden. Art. 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
StGB will nur die persönliche Ehre schützen, nicht
beispielsweise auch den Ruf, den jemand als Geschäftsmann haben kann.
Äusserungen, welche bloss die geschäftlichen Interessen des Beschuldigten oder
Verdächtigten berühren, seiner persönlichen Ehre dagegen nicht Eintrag tun,
fallen daher nicht unter die genannte Bestimmung. Bloss solche Äusserungen
aber hat der Beschwerdegegner getan, als er wiederholt behauptete, es sei ihm
als Gast des Hotels ... in Davos eine Karte auf den Tisch gelegt worden mit
der Aufschrift: «Bitte

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verlassen Sie dieses Lokal, Ihr Besuch ist nicht erwünscht». Wenn ein Hotelier
in sein Haus oder in bestimmte Gastlokale nur Leute aufnehmen will, deren
Äusseres gewissen Anforderungen entspricht, so ist er nichtsdestoweniger ein
ehrbarer Mann. Der unbegründete Vorwurf, er habe jemanden wegen seiner äussern
Erscheinung in höflicher Form zurückgewiesen, mag gewisse Leute abhalten, in
seinem Gasthof einzukehren, macht ihn dagegen als Menschen nicht verächtlich.
Schon aus diesem Grunde hat sich der Beschwerdegegner der üblen Nachrede nicht
schuldig gemacht. Die Frage stellt sich deshalb nicht, ob seine Äusserungen
überhaupt als Kritik am Verhalten des Betriebsinhabers oder nicht vielmehr als
Kritik am Verhalten des Personals oder sogar bloss eines Gastes, der
allenfalls die Karte auf den Tisch des Beschwerdegegners gelegt haben könnte,
aufzufassen waren.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 72 IV 171
Datum : 01. Januar 1946
Publiziert : 18. Oktober 1946
Quelle : Bundesgericht
Status : 72 IV 171
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 173 StGB schützt nur die persönliche Ehre, nicht auch den Ruf. den jemand als Geschäftsmann...


Gesetzesregister
StGB: 173
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
BGE Register
72-IV-171
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