S. 267 / Nr. 48 Staatsverträge (d)

BGE 72 I 267

48. Urteil vom 7. November 1946 i.S. Matt gegen Dapco A.-G. und Obergericht
des Kantons Zürich.

Regeste:
Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.
September 1927. Vollstreckbarerklärung eines dänischen Schiedsspruchs in der
Schweiz Bedeutung des Umstandes, dass nach dänischem Recht Schiedssprüche
nicht als Urteile gelten und ihre Vollstreckung durch Klage auf Erfüllung des
Schiedsspruchs beim ordentlichen Richter nachgesucht werden muss (Erw. 1, 2).
Einfluss schweizerischer Höchstpreisvorschriften und Einfuhrverbote auf
Kaufverträge zwischen ausländischen Lieferanten und schweizerischen
Importeuren (Erw. 3).
Convention de Genève pour l'exécution des sentences arbitrales étrangères, du
26 septembre 1927. Décision d'exéquatur d'une sentence arbitrale danoise en
Suisse, portée du fait que le droit danois n'assimile pas les sentences
arbitrales aux jugements et oblige à en demander l'exécution par une action
ouverte devant le juge ordinaire (consid. 1 et 2).
Quelle est, sur des contrats de vente entre des fournisseurs étrangers et des
importateurs suisses, l'influence de règles suisses

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fixant un maximum pour des prix et interdisant certaines importations?
(consid. 3).
Convenzione di Ginevra per l'esecuzione delle sentenze arbitrali estere (del
26 settembre 1927). Decisione d'exequatur d'una sentenza arbitrale danese in
Isvizzera; portata del fatto che il diritto danese non parifica le sentenze
arbitrali alle sentenze giudiziarie e obbliga a chiederne l'esecuzione
mediante un'azione promossa davanti al giudice ordinario (consid. 1 e 2).
Quale influsso hanno sui contratti di vendita tra fornitori esteri e
importatori svizzeri le disposizioni svizzere concernenti i prezzi massimi e
il divieto d'importazione? (consid. 3).

A. - Der Beschwerdeführer Max Matt in Zürich kaufte am 10. September 1942 von
der Aktiengesellschaft Dapco in Kopenhagen 50 Tonnen getrocknete
Zuckerrübenschnitzel zum Preis von 92 dän. Kronen per 100 kg franko Padborg.
Die Zahlung sollte durch ein vom Käufer sofort zu stellendes unwiderrufliches
Akkreditiv erfolgen. Die Verkäufer garantierten die Exportgenehmigung, die
Käufer die Import- und Zahlungsgenehmigung. Im übrigen unterwarfen sich beide
Parteien den Bestimmungen des Kopenhagener Fob-Schlussscheines und damit der
darin vorgesehenen Schiedsgerichtsbarkeit des «Kopenhagener Beurteilungs- und
Schiedsgerichts-Ausschusses für den Getreide- und Futtermittelhandel». Da der
Beschwerdeführer das vereinbarte Akkreditiv nicht leistete, liess die Dapco
die Ware am 3. November 1942 durch einen vereidigten Makler versteigern und
belangte hierauf den Beschwerdeführer vor dem erwähnten Schiedsgericht für die
Differenz zwischen dem Steigerungserlös und dem Kaufpreis. Durch Schiedsspruch
vom 9. April 1943 verpflichtete das Schiedsgericht den Beschwerdeführer zur
Bezahlung von dän. Kr. 9185.40 an die Dapco und auferlegte ihm die Kosten im
Betrag von dän. Kr. 275.­. Mit Zahlungsbefehl vom 27. Januar 1944 betrieb die
Dapco den Beschwerdeführer in Zürich für diese beiden Posten, in schweiz.
Währung umgerechnet Fr. 8514.36, und stellte, als der Beschwerdeführer Recht
vorschlug, unter Berufung auf das Genfer Abkommen zur Vollstreckung
ausländischer Schiedssprüche vom 26. September

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1927 das Begehren um Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs und Bewilligung
der definitiven Rechtsöffnung für den in Betreibung gesetzten Betrag. Der
Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich entsprach
diesem Begehren. Den hiegegen erhobenen Rekurs wies das Obergericht des
Kantons Zürich am 20. Juli 1946 ab.
B. - Mit rechtzeitig erhobener staatsrechtlicher Beschwerde ersucht Max Matt
das Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 20.
Juli 1946 aufzuheben und dem Schiedsspruch vom 9. April 1943 die
Vollstreckbarerklärung und die definitive Rechtsöffnung zu versagen.
Zur Begründung wird, wie schon vor den kantonalen Instanzen, geltend gemacht:
a) Zum Entscheid über die Vollstreckbarkeit eines dänischen Schiedsspruchs sei
nicht der Einzelrichter im summarischen Verfahren zuständig. Die Vollstreckung
richte sich nicht nach § 377 zürch. ZPO, sondern nach den Bestimmungen des
Protokolls über die Schiedsklauseln vom 24. September 1923 und des Genfer
Abkommens zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September
1927. Bei der Unterzeichnung dieser Staatsverträge habe Dänemark den Vorbehalt
angebracht, dass nach dänischem Recht Schiedssprüche nicht ohne weiteres
vollstreckbar seien, sondern dass die Vollstreckung in jedem Falle bei den
ordentlichen Gerichten verlangt werden müsse. Wenn der Vorbehalt weiter
besage, dass der Schiedsspruch im allgemeinen ohne weitere Prüfung als
Grundlage für das Endurteil zugelassen werde, so heisse dies offenbar, dass
dem ordentlichen Richter auch noch eine gewisse materielle Überprüfung des
Schiedsspruchs zustehe. Wie weit diese gehe, brauche nicht abgeklärt zu
werden. Fest stehe jedenfalls, dass der in Dänemark wohnhafte Schuldner, da
der Schiedsspruch dem ordentlichen Richter zu unterbreiten sei, erheblich
besser stehe als der in der Schweiz wohnhafte Schuldner. Nach

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dem Grundsatz der Reziprozität könne daher ein dänischer Schiedsspruch auch in
der Schweiz nur vom ordentlichen Richter vollstreckbar erklärt werden. Die aus
der Vollstreckbarerklärung durch den Rechtsöffnungsrichter sich ergebende
Schlechterstellung des schweizerischen Schuldners würde gegen die
schweizerische öffentliche Ordnung verstossen (Art. 1 lit. e des Genfer
Abkommens).
b) Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag habe einen
widerrechtlichen Inhalt, weil der vereinbarte Preis den von der
Preiskontrollstelle festgesetzten Höchstpreis übersteige. Daraus folge die
Nichtigkeit des ganzen Vertrags, nicht nur Teilnichtigkeit im Sinne von Art.
20 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR, denn die Verkäuferin habe durch ihr Verhalten nach
Vertragsschluss deutlich zu erkennen gegeben, dass sie das Geschäft nicht zu
einem niedrigern Preis abgeschlossen hätte. Der Schiedsspruch setze sich über
die Nichtigkeit des Kaufvertrags hinweg und verstosse deshalb gegen die
schweizerische öffentliche Ordnung.
C. - Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
Die Beschwerdebeklagte, die Aktiengesellschaft Dapco, beantragt die Abweisung
der Beschwerde unter Kostenfolge.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Das Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. September 1923, dem die
Schweiz im Jahre 1928 beigetreten ist (AS 44 S. 405), regelt die Anerkennung
internationaler Schiedsabreden und Schiedsklauseln, indem es die Gerichte der
Vertragsstaaten, sofern ein Rechtsstreit entgegen einer solchen Vereinbarung
bei ihnen anhängig gemacht wird, verpflichtet, sich auf Antrag eines
Beteiligten unzuständig zu erklären und diese auf das Schiedsverfahren zu
verweisen (Art. 1 und 4 des Protokolls). Dagegen sichert das Protokoll die
Vollstreckung von Schiedssprüchen nur in dem Staate, in dem sie ergangen

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sind, nicht auch in den andern Vertragsstaaten (Art. 3). Diese Lücke ist durch
das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.
September 1927 ausgefüllt worden, dem die Schweiz im Jahre 1930 beigetreten
ist (AS 46 S. 687).
Im vorliegenden Fall ist ausschliesslich streitig, ob und in welchem Verfahren
ein in Dänemark ergangener Schiedsspruch in der Schweiz zur Vollstreckung
zuzulassen ist. Diese Frage ist auf Grund des Genfer Abkommens von 1927 zu
entscheiden. Das vom Beschwerdeführer ausserdem angerufene Protokoll von 1923
enthält hierüber keine Vorschriften und fällt ausser Betracht.
2.- Der Vertreter des Königreiches Dänemark hat bei der Unterzeichnung des
Genfer Abkommen folgende, in der eidgenössischen Gesetzessammlung (AS 46 S.
692) als Vorbehalt. bezeichnete Erklärung abgegeben:
«Nach dem dänischen Rechte kann die Vollstreckung der von einem
Schiedsgerichte gefällten Schiedssprüche nicht ohne weiteres verlangt werden,
um ihre Vollstreckung verlangen zu können, müssen in jedem einzelnen Falle die
ordentlichen Gerichte angerufen werden. Im Verfahren vor diesen Gerichten wird
indessen der Schiedsspruch im allgemeinen ohne weitere Prüfung als Grundlage
für das Endurteil in der Sache zugelassen.»
a) Es fragt sich zunächst, ob diese Erklärung, ähnlich denjenigen anderer
Vertragsstaaten (AS 46 S. 692/3, 47 S. 582, 48 S. 176, 53 S. 979, 55 S. 132),
einen echten Vorbehalt darstellt mit der Wirkung, dass einzelne Bestimmungen
des Abkommens in Dänemark nicht oder nicht im vollen Umfange anwendbar sind,
oder ob nicht die Erklärung lediglich auf eine Besonderheit des dänischen
Rechts hinweisen soll. Dabei ist von den in Rechtsprechung und Lehre der
verschiedenen Vertragsstaaten herrschenden zwei Grundauffassungen über die
Rechtsnatur privater Schiedssprüche auszugehen. Nach der einen stellt der
Schiedsspruch ein prozessuales Urteil dar, das grundsätzlich wie ein
gerichtliches Urteil vollstreckbar ist; nach der andern dagegen gehört der
Schiedsspruch, weil auf Parteivereinbarung beruhend, dem

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Vertragsrecht an (vgl. NUSSBAUM, Probleme des internationalen
Schiedsgerichtswesens, Intern. Jahrbuch für Schiedsgerichtswesen Bd. I S. 11
ff.; BRACHET, De l'exécution internationale des sentences arbitrales, Paris
1928, S. 5 ff., 23 ff., 69 ff.; HOMBERGER, Der private Schiedsspruch im
internationalen Verkehr, ZSR 51 S. 3 ff). Für die Vollstreckung hat allerdings
diese Unterscheidung weitgehend bloss theoretisch Bedeutung. Auch in
denjenigen Ländern, in denen der Schiedsspruch nicht als Urteil gilt, wird
seine Vollstreckung häufig dadurch erleichtert, dass dafür ein besonderes,
einfaches Verfahren zur Verfügung steht, und selbst dort, wo die Vollstreckung
durch Klage auf Erfüllung des Schiedsspruchs bei den ordentlichen Gerichten
nachgesucht werden muss, enthalten sich diese zumeist einer materiellen
Überprüfung des Spruchs und weisen die Klage auf Erfüllung desselben nur ab
beim Vorliegen, besonderer Mängel wie Unverbindlichkeit des Schiedsvertrages,
mangelhaftes Schiedsverfahren, Verstoss des Schiedsspruchs gegen die
öffentliche Ordnung usw.
Das Genfer Abkommen lässt beide Auffassungen über die Rechtsnatur privater
Schiedssprüche zu. Bei seiner Abfassung wurden .Ausdrücke wie «vollstreckbar»
und «rechtskräftig», die als Hinwels auf den Urteilscharakter des
Schiedsspruchs verstanden werden könnten, bewusst vermieden. Das Abkommen
verlangt denn auch von den Vertragsstaaten nicht, dass sie den Schiedsspruch
einem gerichtlichen Urteile gleichstellen, sondern verpflichtet sie in Art. 1
Abs. 1 lediglich, ihn, sofern er «endgültig» ist (Art. 1 lit. d), als wirksam
anzuerkennen («reconnaître l'autorité») und zur Vollstreckung zuzulassen
(«accorder l'exécution»). Die Ausgestaltung des Verfahrens, in dem die
Vollstreckung nachzusuchen ist, bleibt dem internen Recht der Vertragsstaaten
überlassen. Diesen steht es frei, dafür ein einfaches Vollstreckungsverfahren
(vor Gerichten oder andern Behörden) vorzusehen oder aber den aus dem
Schiedsspruch Berechtigten auf den Weg

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des ordentlichen Prozesses, d. h. auf die Erfüllungsklage, zu verweisen
(HOMBERGER a.a.O. S. 21; VOLKMAR, Das Genfer Abkommen, Intern. Jahrbuch für
Schiedgerichtswesen Bd. II S. 143; vgl. auch den Bericht der
Expertenkommission im Journal Officiel des Völkerbundes 1927 S. 892/93).
Obwohl in Dänemark das Schiedsgerichtswesen sehr verbreitet ist (an der
Kopenhagener Börse bestehen zahlreiche ständige Schiedsgerichte), enthält das
dänische Recht keine Vorschriften darüber und kennt auch kein besonderes
Verfahren für die Vollstreckung von Schiedssprüchen. Um die durch einen (in-
oder ausländischen) Schiedsspruch auferlegten Leistungen zu erzwingen, steht
nur die beim ordentlichen Richter zu erhebende Klage auf Erfüllung des
Schiedsspruchs zur Verfügung (BRACHET a.a.O. S. 111, 154; RAFFENBERG, Recht
und Praxis der Schiedsgerichte in Dänemark, Intern. Jahrbuch für
Schiedsgerichtswesen Bd. II S. 1 ff.). Der erste Teil der bei der
Unterzeichnung des Genfer Abkommens abgegebenen Erklärung Dänemarks hat
offenbar keinen andern Sinn, als auf diese mit den Verpflichtungen aus dem
Abkommen durchaus vereinbare Besonderheit des dänischen Rechts aufmerksam zu
machen. Dänemark wollte damit, wie das dänische Aussenministerium der
Beschwerdebeklagten am 12. Juli 1944 bestätigt hat, von vorneherein der
Auffassung entgegentreten, dass die Vollstreckung im Ausland ergangener
Schiedssprüche in Dänemark auf Grund des Abkommens in einem einfachern
Verfahren erwirkt werden könne als die Vollstreckung in Dänemark selbst
ergangener Schiedssprüche. Wenn die Erklärung weiter besagt, dass der
Schiedsspruch indessen ohne weitere Prüfung als Grundlage für das Endurteil in
der Sache zugelassen werde, so ist auch das nur ein Hinweis auf die Praxis der
dänischen Gerichte, die sich einer materiellen Überprüfung der ihnen
vorgelegten Schiedssprüche enthalten und diesen die Anerkennung nur wegen
Unverbindlichkeit des Schiedsvertrages oder

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wegen grober Mängel des Schiedsverfahrens versagen (über diese Praxis
Raffenberg a.a.O. S. 10). Dagegen bestehen weder nach dem Inhalt der Erklärung
noch sonst Anhaltspunkte dafür, dass Dänemark sich damit das Recht hätte
vorbehalten wollen, die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche aus im
Abkommen nicht vorgesehenen Gründen zu verweigern. Der Beschwerdeführer
behauptet denn auch nicht und versucht noch weniger darzutun, dass die
dänischen Gerichte bei der Beurteilung ausländischer Schiedssprüche je die
durch das Abkommen gezogenen Grenzen der Nachprüfung überschritten hätten.
Selbst wenn dies aber der Fall wäre, so wäre der schweizerische Richter wohl
kaum befugt, sich über das Abkommen auch seinerseits hinwegzusetzen durch
Verweigerung der Vollstreckbarkeit für einen dänischen Schiedsspruch trotz
Vorliegens der staatsvertraglichen Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. BGE 58
I 312
, 64 I 266 Erw. 3).
b) Kann demnach der Beschwerdeführer aus der Erklärung Dänemarks als solcher
nichts für sich ableiten, weil sie keinen Vorbehalt gegenüber den
Verpflichtungen aus dem Abkommen darstellt, so fragt sich weiter, ob und
welche Bedeutung für die Anwendung des Abkommens in der Schweiz dem Umstand
zukommt, dass die Vollstreckung ausländischer, also auch schweizerischer,
Schiedssprüche in Dänemark nur beim ordentlichen Richter, durch Klage auf
Erfüllung des Schiedsspruchs, erwirkt werden kann. Der Beschwerdeführer
schliesst daraus, dass nach dem Grundsatz des Gegenrechts auch die
Vollstreckung dänischer Schiedssprüche in der Schweiz nur durch solche Klage
und nicht im Wege des Rechtsöffnungsverfahrens verlangt werden könne. Dieser
Auffassung, die auch HOMBERGER (a.a.O. S. 21/22) teilt, kann indessen nicht
beigepflichtet werden. Nach Art. 1 Abs. 1 des Abkommens ist jeder
Vertragsstaat berechtigt und verpflichtet, ausländische Schiedssprüche gemäss
den im Inland geltenden Verfahrensvorschriften zur Vollstreckung

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zuzulassen, wobei er in der Ausgestaltung des Verfahrens, wie bereits
ausgeführt, völlig frei ist. Die Schweiz ist dem Abkommen ohne Vorbehalt und
in Kenntnis der Erklärung Dänemarks beigetreten. Damit hat sie in Kauf
genommen, dass die Vollstreckbarerklärung schweizerischer Schiedssprüche, was
das dabei einzuschlagende Verfahren betrifft, in einzelnen Staaten weniger
leicht zu erreichen ist als diejenige ausländischer Schiedssprüche in der
Schweiz, und dass dafür insbesondere in Dänemark die ordentlichen Gerichte
angerufen werden müssen. Der Beschwerdeführer behauptet zu Unrecht, diese
Ungleichheit verstosse gegen die schweizerische öffentliche Ordnung. Nach Art.
1 lit. e des Genfer Abkommens darf die Vollstreckung eines Schiedsspruchs
freilich verweigert werden, wenn dessen Anerkennung der öffentlichen Ordnung
des Landes widerspricht, in dem die Vollstreckung begehrt wird. Solche ordre
public-Klauseln in Vollstreckungsabkommen beziehen sich jedoch nur auf den
Inhalt des Entscheids und, was bisher offen gelassen wurde und es auch heute
bleiben kann, allenfalls noch auf Mängel des Verfahrens, in dem er zustande
kam (BGE 57 I 435, 62 I 145, 63 I 301). Die beanstandete Ungleichheit des
Vollstreckungsverfahrens betrifft aber weder den Inhalt des Schiedsspruchs
noch Mängel des Schiedsverfahrens. Sie ist vielmehr eine unmittelbare Folge
des Abkommens selbst, nämlich der Bestimmung, wonach ausländische
Schiedssprüche nach den im Inland geltenden Verfahrensvorschriften zur
Vollstreckung zuzulassen sind (Art. 1 Abs. 1). Die Bestimmungen der von der
Schweiz abgeschlossenen Staatsverträge gelten aber als Landesrecht mit
Gesetzeskraft und können daher nicht gegen die schweizerische öffentliche
Ordnung verstossen (vgl. BGE 63 II 313 /14, 64 I 273 E. 3).
c) Für den Entscheid darüber, in welchem Verfahren nach schweizerischem Recht
die Vollstreckung eines dänischen Schiedsspruchs nachzusuchen ist, könnte
immerhin der Umstand von Bedeutung sein, dass ein solcher Schiedsspruch

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nach dänischem Recht nicht als Urteil gilt. Es lässt sich nämlich die
Auffassung vertreten, dass über die Vollstreckung eines ausländischen, auf
Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gerichteten Schiedsspruchs nur dann im
Rechtsöffnungsverfahren zu entscheiden sei, wenn er nach dem Recht des Landes,
in dem er ergangen ist, bezüglich seiner Rechtskraft einem Urteil
gleichgestellt ist (so BBl 1929 II 151 unten). Ob diese Auffassung zutrifft
oder ob ausländische Schiedssprüche, was die Erzwingung im Vollstreckungswege
betrifft, auf Grund des Genfer Abkommens in der Schweiz allgemein als den
staatlichen Urteilen gleichwertig zu behandeln sind, wie in BGE 61 I 279 /80
angenommen wurde, kann indessen dahingestellt bleiben. Im angefochtenen
Entscheid wird die Zuständigkeit des Einzelrichters im summarischen Verfahren
zum Entscheid darüber, ob der Schiedsspruch zur Vollstreckung zuzulassen sei,
nicht aus Art. 81 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG in Verbindung mit § 283 Ziff. 2 zürch. ZPO und
§ 21 GVG abgeleitet, sondern aus § 377 ZPO. Der Beschwerdeführer behauptet
aber nicht, dass der angefochtene Entscheid auf unrichtiger Auslegung von §
377 ZPO beruhe, noch macht er geltend, dass die Gewährung der Rechtsöffnung
gegen Art. 81 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG verstosse.
3.- Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Vollstreckung des
Schiedsspruchs in der Schweiz sei auch deshalb zu verweigern, weil er der
schweizerischen öffentlichen Ordnung widerspreche; er auferlege dem
Beschwerdeführer Leistungen auf Grund eines Vertrages, der gegen
schweizerische Höchstpreisvorschriften verstosse, also einen widerrechtlichen
Inhalt habe und gemäss Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR nichtig sei.
Der Bundesrat hat durch BRB vom 1. September 1939 (AS 55 S. 817) das
eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement allgemein ermächtigt, Vorschriften
über Warenpreise zu erlassen (Art. 1 lit. a) und private Abreden über Preise
abzuändern oder aufzuheben (Art. 3 lit. b). Die gestützt hierauf erlassenen
Preisvorschriften beziehen

Seite: 277
sich jedoch, wie auf Grund der Verfügung I des EVD vom 2. September 1939 (AS
55 S. 820), insbesondere Art. 2 lit. a, angenommen werden muss, nur auf den
schweizerischen Binnenhandel. Für Geschäfte ausländischer Exportfirmen mit
schweizerischen Käufern bestehen keine entsprechenden allgemein verbindlichen
Vorschriften. Der Erlass solcher erübrigte sich, weil der Bundesrat die
Einfuhr von Waren und deren Verwendung ohnehin durch BRB vom 22. September
1939 (AS 55 S. 1063) einer staatlichen Überwachung unterstellte und das EVD
bezw. die von diesem beauftragten Stellen ermächtigte, die Einfuhr von Waren
zu verbieten oder von Bewilligungen abhängig zu machen (Art. 4). Gestützt
hierauf erklärte das EVD durch Verfügung vom gleichen Tage (AS 55 S. 1067) die
Einfuhr von Waren bewilligungspflichtig und verschaffte sich damit auch die
Möglichkeit, die Einfuhr von Waren zu übersetzten Preisen im Interesse der
inländischen Preisgestaltung zu untersagen.
Der vorliegende Kaufvertrag, dessen Gültigkeit der Beschwerdeführer
bestreitet, ist zwischen einer dänischen Exportfirma und einem schweizerischen
Importeur abgeschlossen worden. Da nach dem Gesagten die schweizerischen
Höchstpreisvorschriften für diesen Vertrag keine Geltung hatten, war sein
Inhalt nicht widerrechtlich. Es kann sich nur fragen, welche Bedeutung dem
Umstand zukommt, dass - wie nach den vom Beschwerdeführer vorgelegten
Schreiben der eidg. Preiskontrollstelle angenommen werden muss - die
Bewilligung zur Einfuhr der gekauften Ware in die Schweiz nicht erhältlich
war. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Erfüllungsort Dänemark war, wie
im angefochtenen Entscheid wohl zutreffend angenommen wird, oder ob die
Versendung der Ware in die Schweiz einen wesentlichen Bestandteil des
Vertrages bildete. Im ersten Falle ist ohne weiteres klar, dass die
Unmöglichkeit, die Ware in die Schweiz zu verbringen, ohne jeden Einfluss auf
die Verpflichtungen des Beschwerdeführers war, dieser hätte die Ware in

Seite: 278
Dänemark abnehmen und im Ausland weiterveräussern können. Im andern Falle
dagegen war zwar der Vertrag nicht widerrechtlich, aber seine Erfüllung
unmöglich (OFTINGER, Gesetzgeberische Eingriffe in das Zivilrecht ZSR 57 S.
590a ff.; COMMENT, Les atteintes portées au droit civil par des mesures
législatives exceptionnelles, ZSR 57 S. 310a ff.). Ob diese Unmöglichkeit
schon bei Vertragsabschluss bestand oder ob sie erst nachträglich eintrat, als
der Beschwerdeführer die Bewilligung für die Einfuhr nachsuchte und nicht
erhielt, ist belanglos, denn sie ist auf jeden Fall vom Beschwerdeführer zu
vertreten, weil er im Kaufvertrag die Erteilung der Einfuhrbewilligung
garantiert hat. Da nach schweizerischem Recht ein auf eine unmögliche Leistung
sich beziehender Garantievertrag gültig ist (von TUHR, Obligationenrecht § 31
Anm. 67; vgl. BECKER, Kommentar 2. Aufl. Art. 119 Nr. 19-22), befreite die
Unmöglichkeit der Einfuhr den Beschwerdeführer nicht von seinen
Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag, zumal er sich vor dessen Abschluss über
die Bedingungen für den Erhalt der Einfuhrbewilligung hätte erkundigen können
(vgl. BGE 42 II 372, 48 II 217, 54 II 337, 57 II 535). Es kann daher keine
Rede davon sein, dass der Schiedsspruch, der ihn zum Ersatz des aus der
Nichterfüllung des Kaufvertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, gegen die
schweizerische öffentliche Ordnung verstösst.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 72 I 267
Datum : 01. Januar 1946
Publiziert : 07. November 1946
Quelle : Bundesgericht
Status : 72 I 267
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927...


Gesetzesregister
OR: 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
SchKG: 81
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
BGE Register
42-II-367 • 48-II-215 • 54-II-333 • 57-I-424 • 57-II-532 • 58-I-307 • 61-I-271 • 62-I-143 • 63-I-297 • 63-II-303 • 64-I-263 • 64-I-268 • 72-I-267
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
genfer abkommen • einfuhr • weiler • abkommen zur vollstreckung ausländischer schiedssprüche • evd • nichtigkeit • einzelrichter • schuldner • bundesgericht • summarisches verfahren • einfuhrbewilligung • protokoll über die schiedsklauseln • entscheid • vertragsabschluss • aktiengesellschaft • rechtsnatur • definitive rechtsöffnung • schweizerisches recht • vollstreckungsverfahren • bundesrat • frage • staatsvertrag • kenntnis • wirkung • erfüllung der obligation • schiedsvereinbarung • unternehmung • begründung des entscheids • richterliche behörde • sicherstellung • prüfung • staatsrechtliche beschwerde • verkäufer • vollstreckbarerklärung • verkäufer • gerichts- und verwaltungspraxis • vertrag • staatsvertragspartei • beurteilung • öffentliche ordnung • kantonales rechtsmittel • rechtskraft • gesetzessammlung • maximum • bestandteil • getreide • gegenrecht • stelle • vertragsrecht • zahlungsbefehl • schaden • teilnichtigkeit • landesrecht • legislative • kaufpreis • wiese • erwachsener • schiedsgerichtsbarkeit • expertenkommission • bedingung • tag • verhalten • gleichwertigkeit
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BBl
1929/II/151