S. 225 / Nr. 50 Obligationenrecht (d)

BGE 71 II 225

50. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Oktober 1945 i.S.
Schweizer gegen Staat Zürich.

Regeste:
Beamtenhaftpflicht, Billigkeitshaftung des Urteilsunfähigen.
Haftung des kantonalen Beamten gegenüber dem Staat für Schaden aus
Dienstpflichtverletzungen und unerlaubter Handlung; anwendbares Recht,
Zulässigkeit der Berufung. Art. 362
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 362 - 1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
1    Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
2    Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Gesamtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.
, 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
ff. OR, Art. 60 Abs. 1 lit. c
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OG (Erw.
1).
Billigkeitshaftung des Urteilsunfähigen, Voraussetzungen. Art. 54 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR
(Erw. 3 - 6, 8).
Responsabilité du fonctionnaire cantonal envers l'Etat en raison du dommage
résultant de la violation des devoirs de la charge et de la commission d'actes
illicites, droit applicable, art. 362 et 41 sv. CO. ­ Recevabilité du recours
en réforme, art. 60 al. 1 er , lettre c OJ (consid. 1).
Responsabilité par motif d'équité d'une personne privée de discernement;
conditions, art. 54 al. 1 er CO (consid. 3 à 6 et 8).
Responsabilità del funzionario cantonale verso lo Stato a motivo del danno
risultante dalla violazione dei doveri di servizio e da atti illeciti; art.
362 e 41 seg. CO. Diritto applicabile, ricevibilità del ricorso per riforma,
art. 60, cp. 1, lett. c, OGF (consid. 1).
Responsabilità, per motivi d'equità, d'una persona incapace di discernimento;
condizioni; art. 54 cp. 1 CO (consid. 3 - 6 e 8).

Aus dem Tatbestand:
Notar Schweizer in Zürich unterschlug aus seiner Amtskasse einen Betrag von
ca. Fr. 40000.­, den er im wesentlichen zur Gewährung von Darlehen an Dritte
verwendete. Ferner verpfändete er einen Schuldbrief, der zu der Erbschaft
Neyroud gehörte, als deren amtlicher Erbschaftsverwalter er bestellt worden
war, und hob vom Postcheckkonto der Erbschaft Geld ab, das er für sich
verwendete. Das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wurde wegen
Urteilsunfähigkeit des Angeschuldigten eingestellt. Dagegen wurde er seines
Amtes enthoben. Mit Rücksicht auf

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seine Urteilsunfähigkeit wurde ihm jedoch für die Dauer von 3 Jahren eine
Rente wegen unverschuldeter Entlassung gewährt, doch behielt sich der Staat
Zürich die Verrechnung mit allfälligen Schadenersatzansprüchen vor.
Vom Gesamtschaden von ca. Fr. 50000.­ konnte ein Teil wieder erhältlich
gemacht werden durch Rückforderung der von Schweizer gemachten Darlehen, ein
anderer Teil wurde gedeckt durch Verrechnung mit Gehalts- und Rentenansprüchen
Schweizers. Für den ungedeckten Schaden von rund Fr. 26,ü000.­ belangte der
Staat Zürich Schweizer.
Das Obergericht Zürich verpflichtete den Beklagten auf Grund von Art. 54 Abs.
1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR zur Bezahlung von Fr. 12000.­.
Auf Berufung Schweizers hin hebt das Bundesgericht dieses Urteil auf und weist
die Sache an die Vorinstanz zurück.
Aus den Erwägungen:
1. ­ Gemäss Art. 362 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 362 - 1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
1    Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
2    Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Gesamtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.
OR stehen die öffentlichen Beamten und
Angestellten unter dem öffentlichen Recht des Bundes und der Kantone. Ihr
Dienstverhältnis wird im vollen Umfang, auch hinsichtlich ihrer
Verantwortlichkeit daraus gegenüber dem Staat, vom einschlägigen öffentlichen
Recht beherrscht. Wie im angefochtenen Entscheid ausgeführt wird, fehlen nun
aber im öffentlichen Recht des Kantons Zürich Bestimmungen über die
Schadenersatzpflicht der Beamten gegenüber dem Staat, und die Vorinstanz hat
aus diesem Grunde Art. 328
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 328 - 1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
1    Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
2    Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung121 ihm billigerweise zugemutet werden kann.122
OR über die Verantwortlichkeit des
Dienstpflichtigen beim Dienstvertrag als anwendbar erklärt. Sofern das dahin
zu verstehen sein sollte, dass das Bundeszivilrecht als solches direkt
Anwendung finde, kann der Vorinstanz jedoch nicht beigepflichtet werden. Art.
362
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 362 - 1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
1    Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
2    Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Gesamtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.
OR, der in Bezug auf die Dienstverhältnisse kantonaler Beamter eine blosse
Anwendungsnorm des in Art. 6 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
ZGB ausgesprochenen Vorbehalts zu Gunsten
des kantonalen öffentlichen Rechts

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darstellt, schliesst eine direkte Anwendbarkeit des eidgenössischen
Zivilrechts schlechthin aus. Es verhält sich nicht etwa so wie bei Art. 61
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 61 - 1 Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
1    Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
2    Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden.
OR,
wonach die Vorschriften von Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR grundsätzlich auch auf die Haftung
öffentlicher Beamter für den in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen
verursachten Schaden Anwendung finden und der Bund oder die Kantone lediglich
die Möglichkeit haben, eine anderweitige Regelung zu treffen. Beim Fehlen
einer gesetzlichen Regelung der Haftung des Beamten aus dem Dienstverhältnis
gegenüber dem Staat kann Art. 328
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 328 - 1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
1    Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
2    Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung121 ihm billigerweise zugemutet werden kann.122
OR vielmehr höchstens als subsidiäres
kantonales Recht in Betracht kommen, das vom Bundesgericht als
Berufungsinstanz nicht überprüft werden kann.
Würde sich im vorliegenden Falle die Verurteilung Schweizers durch die
Vorinstanz wegen Unterschlagung von Staatsgeldern auf dessen Haftung aus dem
Dienstverhältnis stützen, so wäre die Berufung daher insoweit nicht zulässig.
Die Vorinstanz hat jedoch Schweizer unter dem Gesichtspunkt der in der
Unterschlagung von Staatsgeldern liegenden unerlaubten Handlung, also auf
Grund von Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR, ersatzpflichtig erklärt.
Mit dem vertragsähnlichen Anspruch aus dem Dienstverhältnis kann in der Tat
ein solcher aus Delikt konkurrieren (BGE 50 II 378 f.). Dass die
Unterschlagung von Staatsgeldern grundsätzlich eine unerlaubte Handlung im
Sinne von Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR darstellt, liegt auf der Hand. Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR konnte nun, im
Gegensatz zu Art. 328
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 328 - 1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
1    Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
2    Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung121 ihm billigerweise zugemutet werden kann.122
OR, von der Vorinstanz nicht als subsidiäres kantonales
Recht angewendet werden, sondern nur als Bundesrecht. Denn die Deliktshaftung
des Beamten gegenüber dem Gemeinwesen bestimmt sich ausschliesslich und
zwingend nach dem Bundeszivilrecht. Art. 362
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 362 - 1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
1    Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
2    Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Gesamtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.
OR bezieht sich, wie schon aus
seiner Stellung im Gesetz ­ im Titel über den Dienstvertrag ­ hervorgeht,
ausschliesslich auf die im Dienstverhältnis des Beamten verwurzelten
vertragsähnlichen Ansprüche. Eine Befugnis des Gemeinwesens, über die
Deliktshaftung seiner Beamten ihm gegenüber vom

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Bundeszivilrecht abweichende Vorschriften zu erlassen, kann auch nicht etwa
aus Art. 61
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 61 - 1 Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
1    Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
2    Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden.
OR abgeleitet werden. Diese Bestimmung betrifft nur das Verhältnis
des Beamten gegenüber dem geschädigten Dritten (BGE 45 I 73). Sie bezweckt,
dem Gemeinwesen die Möglichkeit einzuräumen, seine Beamten davor zu schützen,
dass sie für jedes leichte Verschulden vom Dritten zur Rechenschaft gezogen
werden können. Dieser Grund entfällt für das interne Verhältnis des Beamten
zum Staat.
Soweit die Vorinstanz den Beklagten Schweizer wegen Veruntreuung von
Staatsgeldern in Anwendung von Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR zu Schadenersatzleistung
verurteilt hat, unterliegt ihr Entscheid daher der Berufung an das
Bundesgericht.
Schweizer hat nun aber nicht nur dem Staat Gelder veruntreut, sondern sich
auch Werte angeeignet, die zu der ihm als amtlichem Erbschaftsverwalter
anvertrauten Erbschaft Neyroud gehörten. Dadurch wurde primär nicht der Staat,
sondern die Erbengemeinschaft Neyroud geschädigt. Ein Anspruch aus unerlaubter
Handlung steht daher lediglich der letzteren zu, nicht dagegen auch dem
Staate. Der von diesem mit der vorliegenden Klage erhobene Anspruch kann
vielmehr nur den Charakter einer Regressforderung auf Grund allfälliger
Bestimmungen des Beamtenverhältnisses Schweizers zum Staat Zürich haben. Es
handelt sich dabei also um eine Forderung auf Grund kantonalen Rechtes. Indem
die Vorinstanz den Beklagten Schweizer auch für diese Forderung unter dem
Gesichtspunkt von Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR ersatzpflichtig erklärt, hat sie somit zu
Unrecht eidgenössisches Zivilrecht angewendet und dieses dadurch verletzt. Ihr
Entscheid muss daher insoweit gemäss Art. 60 Abs. 1 lit. c
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OG aufgehoben und
die Sache zu neuer Entscheidung auf Grund des anwendbaren kantonalen
öffentlichen Rechts an sie zurückgewiesen werden.
Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung des OG wäre die Rückweisung
allerdings nur zulässig, wenn die

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ganz oder teilweise nach eidgenössischem Recht entschiedene Sache
ausschliesslich nach kantonalem Recht zu beurteilen ist. Allein es ist nicht
einzusehen, weshalb ein Urteil, in dem die Vorinstanz auf einen Teil der
Streitsache zu Recht, auf einen andern aber zu Unrecht ein eidgenössisches
Gesetz angewendet hat, hinsichtlich des letzteren Teiles nicht ebenfalls
zurückzuweisen sein sollte, damit auch nach dieser Richtung die allein
zuständige Vorinstanz den Fall unter dem Gesichtspunkt des massgebenden
kantonalen Rechtes überprüfe.
2. ­ Im vorliegenden Fall umfasst der Betrag von Fr. 12000.­, zu dessen
Bezahlung die Vorinstanz den Beklagten Schweizer verurteilt hat, sowohl den
Ersatz des Schadens, der dem Staate aus der Unterschlagung von Staatsgeldern
direkt, wie desjenigen, der ihm nur indirekt, infolge der Veruntreuung von
Mitteln der Erbschaft Neyroud, erwachsen ist. Welcher Teil der Ersatzsumme auf
jeden der beiden Ansprüche entfalle, kann dem angefochtenen Urteil nicht
entnommen werden. Das Bundesgericht ist daher nicht in der Lage, heute schon
ein abschliessendes Urteil zu fällen über die Höhe des Ersatzes wegen
Veruntreuung von Staatsgeldern, in welchem Punkte allein ihm nach den eingangs
gemachten Ausführungen eine Überprüfungsbefugnis zusteht. Doch kann immerhin
die grundsätzliche Frage erörtert werden, ob die Voraussetzungen für eine
Haftung Schweizers aus Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR erfüllt seien.
3. ­ Bei der Beurteilung der Frage nach der Haftung des Beklagten Schweizer
auf Grund von Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR ist davon auszugehen, dass Schweizer im Moment
der Begehung der unerlaubten Handlungen unzurechnungsfähig war, wie die
Vorinstanz auf Grund einer psychiatrischen Expertise ohne Verletzung von
Bundesrecht angenommen hat. Als Rechtsgrundlage für seine Belangbarkeit kann
daher von vorneherein nur Art. 54
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR in Betracht kommen. Danach kann der
Richter aus Billigkeit auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden
verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.

Seite: 230
Der Beklagte Schweizer macht geltend, eine Billigkeitshaftung nach Art. 54
Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR komme bei ihm schon mit Rücksicht auf die gegenseitigen
Vermögensverhältnisse nicht in Betracht; denn während der Kläger ein
finanzkräftiges Staatswesen sei, verfüge er über keinerlei Vermögen und habe
für sich und seine Familie, die aus der Frau und zwei minderjährigen Kindern
besteht, nur das verhältnismässig bescheidene Einkommen von Fr. 8000.­ im
Jahr.
Nun ist allerdings richtig, dass bei der Handhabung des richterlichen
Ermessens im Rahmen von Art. 54
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR vor allem die gegenseitigen
Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen sind (BGE 26 II 327), die hier in der
Tat eher gegen eine Verurteilung Schweizers zu Schadenersatz sprechen. Allein
die Vermögensverhältnisse sind nicht der einzige Umstand, der in Betracht
kommen kann, zumal wenn, wie hier, der Geschädigte ein Gemeinwesen ist, das
als Verwalter öffentlicher Mittel eines erhöhten Schutzes bedarf.
4. ­ Einen Umstand, der für die Annahme einer Billigkeitshaftung Schweizers
spreche, erblickt die Vorinstanz vor allem darin, dass seine
Unzurechnungsfähigkeit zur Zeit, als er die in Frage stehenden Handlungen
beging, nicht ganz unzweideutig feststehe, in diesem Sinn also ein Grenzfall
von Unzurechnungsfähigkeit vorliege. Diese Feststellung wird vom Beklagten
Schweizer zu Unrecht als aktenwidrig angefochten. Im Rahmen der ihr
zustehenden freien Würdigung der ärztlichen Expertise war die Vorinstanz zu
den von ihr gezogenen Schlüssen berechtigt. Im Vorliegen eines derartigen
Grenzfalles von Unzurechnungsfähigkeit kann nun in der Tat ein Umstand
erblickt werden, dem der Richter im Anwendungsgebiet von Art. 54
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR unter dem
Gesichtspunkt der Billigkeit Rechnung tragen darf. Einen Geisteszustand, der
noch fast an den normalen grenzt, völlig gleich zu behandeln wie denjenigen
einer unzweifelhaften Unzurechnungsfähigkeit höchsten Grades, kann unter
Umständen überaus

Seite: 231
unbillig wirken (vgl. denn auch ZBJV 53 S. 236). Auf diesem Standpunkt steht
auch das deutsche Recht (vgl. STAUDINGER, Komm. zum BGB, 9. Auflage § 829
Ziff. 3 lit. d, sowie PLANCK, Komm. zum BGB, Recht der Schuldverhältnisse, 4.
Auflage Band II 2 S. 1773 Ziff. 2 lit. d). Immerhin ist in der Verwendung
dieses Gesichtspunktes grösste Zurückhaltung geboten, da sonst die Gefahr
besteht, dass auf diesem Umwege der Urteilsunfähige praktisch doch für seine
Handlungen verantwortlich gemacht würde.
5. ­ Unter dem Gesichtspunkte der Billigkeit berücksichtigt die Vorinstanz
weiter den Umstand, dass der Beklagte Schweizer beim Staat Zürich, dem er so
grosse Beträge unterschlagen hat, wieder eine Anstellung gefunden habe, indem
er beim Notariat Affoltern a. A. als Kanzlist 1. Klasse angestellt worden sei.
In diesem Zusammenhang erhebt sich zunächst die Vorfrage, ob bei der Prüfung
der Umstände unter dem Gesichtspunkt der Billigkeitshaftung auf die Zeit der
schädigenden Handlungen oder diejenige des Urteils abzustellen sei. Es liegt
auf der Hand, dass eine Lösung im letzteren Sinne dem Richter grössere
Freiheit einräumt und ihn damit in den Stand setzt, der Billigkeit in erhöhtem
Masse zum Durchbruch zu verhelfen. Daher ist auf den Zeitpunkt der
Urteilsfällung abzustellen, wie dies denn beispielsweise auch die herrschende
deutsche Auffassung tut (vgl. darüber etwa Komm. der Reichsgerichtsräte zum
BGB, 8. Aufl., § 829 Ziff. 5, OERTMANN, Komm. zum BGB, Recht der
Schuldverhältnisse, 5. Aufl., § 829 Ziff. 2 b, sowie PLANCK a.a.O.). Es steht
deshalb nichts im Wege, das Entgegenkommen, das im vorliegenden Fall der
Geschädigte dem Schädiger durch dessen Wiederbeschäftigung erwiesen hat, als
Billigkeitsgrund im Sinne des Art. 54
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR wenigstens in gewissem Umfang mit zu
berücksichtigen.
6. ­ Die Vorinstanz hat ferner in Betracht gezogen, dass der Kläger von den
Empfängern des von Schweizer veruntreuten Geldes nur zu einem kleinen Teil
etwas erhältlich

Seite: 232
machen könne. Auch das darf entgegen der Ansicht des Beklagten als
Billigkeitsmoment gewürdigt werden. Es lässt sich nicht bestreiten, dass in
Fällen, wo der Schaden durch Zahlungen Dritter zum grossen Teil gedeckt werden
kann, das Bedürfnis nach der Zusprechung eines Ersatzes auf Grund von Art. 54
Abs. 1
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OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
OR gering ist. Dann ist es aber auch gegeben, das Fehlen einer solchen
anderweitigen Schadensdeckung als Grund gelten zu lassen, der die
Verpflichtung zur Bezahlung eines Ersatzes aus Billigkeitsgründen nahe legen
kann. Nicht angängig ist es dagegen, etwa unter diesem Gesichtspunkt auch das
Bestehen einer Bürgschaft zu berücksichtigen und eine erhöhte Ersatzpflicht
des Unzurechnungsfähigen anzunehmen mit der Begründung, nicht er, sondern der
Bürge müsse ja bezahlen; denn da diesem ein Rückgriffsrecht auf den
Hauptschuldner zusteht, ist es letzten Endes doch er, der belastet wird.
7. ­ .....
8. ­ Es liegen somit verschiedene Momente vor, die eine Verurteilung
Schweizers zu einer gewissen Entschädigung zu rechtfertigen vermögen, obschon
er, gemessen an den Verhältnissen des Kantons Zürich, der viel weniger
zahlungskräftige Teil ist. Immerhin sind die für eine Ersatzpflicht
sprechenden Billigkeitsgründe nicht derart, dass es am Platze wäre, Schweizer
auf unabsehbare Zeiten hinaus finanziell schwer zu belasten. Das wäre aber der
Fall, wenn er verurteilt würde, über den Betrag von rund Fr. 8200.­ hinaus,
den er bereits durch Verrechnung mit Besoldungsansprüchen für 1942 und durch
Freigabe von Rentenansprüchen geleistet hat, weitere Fr. 12000.­ zu bezahlen.
Das müsste dazu führen, dass er mit seiner Familie auf unverhältnismässig
lange Zeit auf das Existenzminimum gesetzt wäre. Eine solche Belastung wäre
jedoch zweifellos unbillig, wenn man in Betracht zieht, dass Schweizer zur
Zeit der Begehung der Tat unzurechnungsfähig war und darum grundsätzlich für
deren Folgen nicht haftbar gemacht werden kann. Er hat vielmehr Anspruch

Seite: 233
darauf, dass ihm und seiner Familie ein wenigstens annähernd standesgemässes
Auskommen nicht auf allzulange Zeit entzogen bleibt (vgl. in diesem Sinne auch
§ 829 BGB, der die Belassung dieses Minimums in Fällen von Billigkeitshaftung
generell vorschreibt). Dies erscheint umso mehr geboten, als Schweizer nicht
mehr pensionsberechtigt ist und die Gefahr eines Rückfalles in seine Krankheit
nicht ausserhalb des Bereiches der Möglichkeit liegt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 II 225
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 08. Oktober 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 II 225
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Beamtenhaftpflicht, Billigkeitshaftung des Urteilsunfähigen.Haftung des kantonalen Beamten...


Gesetzesregister
OG: 60
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
54 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 54 - 1 Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
1    Aus Billigkeit kann der Richter auch eine nicht urteilsfähige Person, die Schaden verursacht hat, zu teilweisem oder vollständigem Ersatze verurteilen.
2    Hat jemand vorübergehend die Urteilsfähigkeit verloren und in diesem Zustand Schaden angerichtet, so ist er hierfür ersatzpflichtig, wenn er nicht nachweist, dass dieser Zustand ohne sein Verschulden eingetreten ist.
61 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 61 - 1 Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
1    Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen.
2    Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden.
328 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 328 - 1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
1    Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
2    Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung121 ihm billigerweise zugemutet werden kann.122
362
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 362 - 1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
1    Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden:233
2    Abreden sowie Bestimmungen von Normalarbeitsverträgen und Gesamtarbeitsverträgen, die von den vorstehend angeführten Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sind nichtig.
ZGB: 6
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
BGE Register
26-II-322 • 45-I-55 • 50-II-375 • 71-II-225
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • beklagter • schaden • unerlaubte handlung • verurteilung • bundesgericht • kantonales recht • frage • geld • verurteilter • familie • schadenersatz • subsidiäres kantonales recht • darlehen • entscheid • dauer • notar • öffentlich-rechtliches dienstverhältnis • sachverhalt • regress
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