BGE 70 IV 212
57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Dezember 1944 i.S. Frey
gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Seite: 212
Regeste:
Art. 252 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 252 - Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern, |
Zeugnis oder die Bescheinigung unmittelbar das Fortkommen der Person, sei es
seiner selbst, sei es eines Dritten erleichtern will.
L'art. 252 ch. 1 CP ne s'applique que lorsque l'auteur cherche par la pièce de
légitimation, le certificatou l'attestation, à améliorer directement sa
situation personnelle ou la situation personnelle d'autrui.
L'art. 252 cp. 1 CP non si applica che allorquando l'autore intenda
conseguire, con le carte di legittimazione, i certificati o gli attestati
contrafatti, un miglioramento immediato della propria condizione personale o
di quella di un terzo.
Aus dem Tatbestand:
Hans Frey legte dem Berthold Signer gefälschte Atteste der Eidgenössischen
Materialprüfungs-Anstalt über das Erzeugnis «Cementin» vor und bewog ihn,
zwecks Herstellung und Vertriebs dieses Erzeugnisses mit ihm eine
Kollektivgesellschaft einzugehen. Diese verwendete die gefälschten Atteste als
Werbemittel. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte Frey in Anwendung
von Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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dieses Urteil gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde machte Frey subsidiär
geltend, er sei für den Gebrauch der falschen Atteste nur nach Art. 252 Ziff.
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 252 - Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern, |
Aus den Erwägungen:
Nach Art. 252 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 252 - Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern, |
Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern (d'améliorer sa
situation ou celle d'autrui), Ausweisschriften, Zeugnisse oder Bescheinigungen
fälscht oder verfälscht oder eine von einem Dritten hergestellte Schrift
dieser Art zur Täuschung missbraucht. Diese Bestimmung übernimmt durch eine
allgemein gehaltene Wendung das Recht verschiedener früherer kantonaler
Gesetze, welche in Anlehnung an das
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französische Recht in kasuistischer Form für die Fälschung von Pässen,
Leumundszeugnissen, Heimatscheinen, Niederlassungsbewilligungen,
Arztzeugnissen und dergleichen Sondernormen enthielten (z.B. Strafgesetzbücher
von Zürich § 103 lit. b, Bern Art. 111, Tessin Art. 222-230). Sie gilt nur
dann, wenn der Täter durch die Ausweisschrift, das Zeugnis oder die
Bescheinigung unmittelbar das Fortkommen der Person, sei es seiner selbst, sei
es eines Dritten, erleichtern will. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt,
wenn die gefälschte oder verfälschte Schrift, wie hier, dazu dienen soll, eine
Ware leichter abzusetzen, dem Täter oder einem Dritten also Einnahmen zu
verschaffen. Wenn dadurch zugleich das Fortkommen der Person erleichtert wird
- was in der Regel nicht einmal in der Absicht des Täters liegt - so geschieht
es nur mittelbar. Im Vordergrund steht der unmittelbare Zweck der Verschaffung
geschäftlicher Vorteile; das führt zur Anwendung des Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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