S. 188 / Nr. 43 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 70 I 188

43. Urteil vom 6. Oktober 1944 i. S. American Express Comp. Inc. gegen
Wehropfer-Rekurskommission des Kantons Zürich.

Regeste:
Wehropfer: 1. Ausländische juristische Personen, die in der Schweiz
Betriebsstätten unterhalten, unterliegen dem eidgenössischen Wehropfer.
2. Sie haben die Steuer zu entrichten für das in diesen Betriebsstätten
angelegten Vermögen; die Schulden werden proportional verlegt.
Sacrifice pour la défense nationale: 1. Les personnes morales étrangères qui
entretiennent en Suisse des établissements stables sont soumises au sacrifice
pour la défense nationale.
2. Elles doivent payer l'impôt sur la fortune investie dans ces
établissements; les dettes sont réparties proportionnellement
Sacrificio per la difesa nazionale: 1. Le persone giuridiche straniere, che
mantengono in Isvizzera aziende stabili, sono assoggettate al sacrificio per
la difesa nazionale.
2. Esse debbono pagare l'imposta sulla sostanza investita in queste aziende; i
debiti sono ripartiti proporzionalmente.


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A. ­ Die Beschwerdeführerin, eine juristische Person ausländischen Rechts mit
Hauptsitz in New York und Zweigniederlassungen in europäischen und
aussereuropäischen Staaten, hat in ihrer Wehropfererklärung für die
schweizerischen Filialen Basel, Genf, Luzern und Zürich, vom 30. Januar 1941,
als steuerpflichtiges Vermögen den Überschuss der schweizerischen Aktiven über
die schweizerischen Passiven nach Massgabe der Buchführung der schweizerischen
Betriebsstätten angegeben. Die Einschätzung dagegen ist ausgegangen vom
Reinvermögen (Gesellschaftskapital und Reserven) der Gesamtunternehmung und
hat davon eine dem Verhältnis der schweizerischen Bruttoaktiven zu den
gesamten Bruttoaktiven entsprechende Quote als wehropferpflichtiges Vermögen
in Anspruch genommen. Im Einsprache- und im Rekursverfahren wurde an dieser
Besteuerung grundsätzlich festgehalten mit zwei Änderungen untergeordneter
Bedeutung: im Einspracheentscheid ist das für die Verteilung massgebende
Kapital um eine dem Bruttowerte des ausländischen Grundbesitzes der
Beschwerdeführerin entsprechende Quote ermässigt worden, im kantonalen
Rekursentscheid wurden ausserdem, auf Begehren der Beschwerdeführerin, unter
Berufung auf BGE 64 I S. 253 die Aktiven der schweizerischen Filialen um 3/4
der internen Guthaben an den Hauptsitz herabgesetzt.
B. ­ Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, den kantonalen
Rekursentscheid aufzuheben und das wehropferpflichtige Vermögen der
Beschwerdeführerin auf den Betrag festzusetzen, der in der Steuererklärung
angegeben worden war. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die
Beschwerdeführerin habe in der Wehropfererklärung, entsprechend dem Wortlaut
von Art. 18, lit. d WOB, den Überschuss der Aktiven über die Passiven der
schweizerischen Betriebsstätten deklariert als den Betrag, über den die
beherrschende Gesellschaft in New York (das eigentliche Steuersubjekt) im
Zeitpunkt des Eintritts der

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Wehropferpflicht tatsächlich und rechtlich als Eigentümer verfügen konnte.
Dies sei das in den schweizerischen Betriebsstätten «angelegte,, Vermögen. Die
hievon abweichende Berechnungsweise der Behörden widerspreche der Anordnung
des Gesetzes. Sie beruhe auf einer Übertragung der bei andern eidgenössischen
Steuererlassen vorgesehenen Besteuerungsweise auf das Wehropfer. Indessen
welche Art. 18 WOB in auffallender Weise ab von der Ordnung der Besteuerung
ausländischer juristischer Personen bei Krisenabgabe (Art. 41) und Wehrsteuer
(Art. 52, Ziff. 2). Auch aus Art. 16 WOB lasse sich nicht ableiten, dass beim
ganzen Wehropferbeschluss die bisherige bundesgerichtliche Praxis für die
interkantonale und internationale Steuerausscheidung massgebend sein solle.
Art. 16 ordne nur die Fälle, wo ein Steuerpflichtiger in der Schweiz und im
Auslande Vermögen und Schulden besitze, nicht diejenigen internationaler
Unternehmungen mit Betriebsstätten, aus deren Buchführung die zugehörigen
Aktiven und Passiven einwandfrei zu ermitteln sind. Eine Angleichung an die
Doppelbesteuerungspraxis finde sich im WOB überhaupt nicht. Dagegen ergebe
sich aus dem Unterschied zu der Ordnung in KrisAB und WStB klar, dass beim
Wehropfer eine völlig andere Besteuerung gewollt gewesen sei. Im Gegensatz zu
jenen andern Gesetzen sei hier nicht von der Passivseite, sondern von der
Aktivseite der Bilanz auszugehen. Dabei habe der Gesetzgeber die einfache, in
Art. 18 WOB enthaltene Formulierung wählen können, weil er davon ausgehen
konnte, dass sich bei Betriebsstätten das gesamte bewegliche und unbewegliche
Vermögen nachweisen lasse, was die Abweichung von früheren und späteren
Formulierungen erkläre und als gewollt erscheinen lasse. Sie sei auch
gerechtfertigt durch die grundsätzliche Verschiedenheit des Gegenstandes der
Besteuerung beim Wehropfer einer- und Krisenabgabe und Wehrsteuer anderseits.
C. ­ Die kantonale Rekurskommission beantragt Abweisung der Beschwerde, die
eidgenössische

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Steuerverwaltung Erhöhung des wehropferpflichtigen Vermögens der
Beschwerdeführerin.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Nach Art. 18, lit. d, WOB haben die ausländischen juristischen Personen,
die in der Schweiz Betriebsstätten unterhalten (Art. 4, Ziff. 3, lit. d WOB),
das Wehropfer von dem darin angelegten Vermögen zu entrichten. Was unter
diesem Vermögen zu verstehen ist, bestimmt sich nach den allgemeinen
Vorschriften über die Bemessung des wehropferpflichtigen Vermögens. Demgemäss
haben sie die Steuer zu entrichten für das in diesen Betriebsstätten angelegte
Reinvermögen (Art. 14, Abs. 1), wobei beim Schuldenabzug (Art. 14, Abs. 2) die
Sondervorschrift zu beobachten ist, die das Gesetz für Steuerpflichtige mit
Auslandsvermögen aufgestellt hat. Der Schuldenabzug richtet sich nach der
steuerrechtlichen Zugehörigkeit der Aktiven, nicht nach der tatsächlichen
Verlegung der Schulden im Rahmen der Wirtschaft des Steuerpflichtigen. Er ist
nur zulässig nach dem Verhältnis des wehropferpflichtigen Vermögens zum
Gesamtvermögen (Art. 16 Satz 2 WOB). Das Beschwerdebegehren, wonach das
wehropferpflichtige Vermögen auf Grund der schweizerischen Bruttoaktiven
einerseits und der tatsächlich den Schweizerbetrieben zugeschriebenen Passiven
anderseits zu berechnen wäre, ist mit dieser Ordnung unvereinbar.
2. ­ Was die Steuerpflichtige zur Begründung ihres Standpunktes vorbringt,
beruht auf Irrtümern über die Herkunft, den Sinn und die Tragweite der in Art.
18 WOB getroffenen Ordnung. Art. 18 WOB enthält, jedenfalls in den hier
massgebenden Beziehungen, keine wesentliche Abweichung von früheren und
späteren. eidgenössischen Steuererlassen; er entspricht vor allem den
Erlassen, die die Beschwerdeführerin angerufen hat. Allerdings dürfen zum
Vergleiche nicht die Vorschriften herangezogen werden, die im Rahmen der in
jenen Erlassen vorgesehenen Sonderbelastung juristischer Personen aufgestellt
sind

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(Art. 41/42 KrisAB, Art. 52 , Abs. 2 WStB). Es ist zu beachten, dass der
Wehropferbeschluss nur eine Ordnung aufstellt, der grundsätzlich in gleicher
Weise natürliche und juristische Personen unterliegen, wobei sich die Fassung
der Vorschriften weitgehend an die Ordnung anlehnt, die in andern
eidgenössischen Erlassen für die Vermögenssteuer natürlicher Personen
aufgestellt ist. Im Rahmen der Besteuerung natürlicher Personen ist aber in
jenen Erlassen, wie in Art. 18, lit. d WOB, von dem Vermögen die Rede, das
Ausländer «in inländischen (schweizerischen) ... Betriebsstätten angelegt
haben». (Art. 20/21, Ziffer 2 KrisAB; Art. 20 , Abs. 1, lit. d, WStB, vgl. auch
lit. c daselbst.) Auch der Schuldenabzug ist in gleicher Weise geordnet, wie
beim Wehropfer (Art. 29/30 KrisAB; Art. 29 WStB). Darüber aber, dass die
Vorschriften über den Schuldenabzug für Ausländer mit Inlandsvermögen, wie für
Inländer mit Auslandsvermögen in gleicher Weise gelten, hat nie ein Zweifel
bestanden (BGE 62 I S. 95, Erw. 1). Die verhältnismässige Verlegung der
Schulden beruht darauf, dass die Schulden auf dem ganzen Vermögen eines
Steuerpflichtigen lasten und dass das Besteuerungsrecht des Staates nicht
davon abhängen kann, wie der Steuerpflichtige selbst seine wirtschaftlichen
Verhältnisse ordnet und wie er dabei seine Schulden verlegt (BGE a.a.O. S. 97
f).
Aus dem Wortlaut von Art. 18, lit. d WOB kann nichts anderes abgeleitet
werden. Der Ausdruck «Vermögen, das ... in schweizerischen Betriebsstätten
angelegt,» ist, braucht nicht als Bezeichnung des Reinvermögens verstanden zu
werden. Die Anlagen kaufmännischer und industrieller Unternehmungen im
Betriebe und in Betriebsstätten sind nicht auf eigene Mittel beschränkt. Dass
aber in Art. 18 unter «Anlagen» nicht Reinvermögen verstanden sein kann,
ergibt sich aus einem Vergleiche mit andern daselbst aufgeführten
Steuerobjekten: a Grundstücke» (lit. a) und a Grundpfandforderungen» (lit. b)
jedenfalls sind Bruttowerte. Dass es bei Betriebsanlagen

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nicht anders sein kann, folgt, wie in Erw. 1 hievor nachgewiesen wurde, aus
der Ordnung des Wehropferbeschlusses.
Ob bei der Ermittlung des steuerbaren Reinvermögens ausgehend von den Aktiven
der inländischen Betriebsstätten die nach Art. 16 WOB zugelassenen Passiven
abgezogen werden (direkte Berechnung) oder zunächst das gesamte Reinvermögen
der Unternehmung berechnet und hierauf der auf die inländischen
Betriebsstätten entfallende Teil ermittelt wird (indirekte Methode) ist hier
unerheblich. Beide Berechnungsweisen müssen bei Unternehmungen, deren
Grundkapital nicht angegriffen ist, zu dem nämlichen Ergebnis führen.
3.- Der Entscheid der kantonalen Rekurskommission beruht auf den in Ziffer 1
hievor dargelegten Grundsätzen. Die Herabsetzung der bilanzmässig
ausgewiesenen Aktiven der Betriebsstätten um 3/4 der internen Guthaben der
Betriebsstätten an den Hauptsitz im Sinne der Praxis in interkantonalen
Doppelbesteuerungsbeschwerden (BGE 64 I S. 259 ff) entspricht einem
ausdrücklichen Begehren der Beschwerdeführerin und kann daher auf sich beruhen
bleiben. Unrichtig war es dagegen, dass bei Feststellung der für Ausscheidung
des steuerbaren Vermögens massgebenden Aktiven der gesamten Unternehmung im
Einspracheentscheid die ausländischen Liegenschaften ausser Betracht gelassen
wurden. Nach Art. 16 WOB ist die Schuldenverlegung im Verhältnis der
inländischen Aktiven zu den gesamten Aktiven vorzunehmen. Ein Grund,
Liegenschaften dabei nicht zu berücksichtigen, besteht nicht. Das
Bundesgericht hat die Steuerberechnung gemäss Art. 16, Abs. 1 Satz 1 VDG in
Verbindung mit Art. 76, Abs. 3 WOB von amteswegen zu berichtigen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 70 I 188
Datum : 01. Januar 1943
Publiziert : 06. Oktober 1944
Quelle : Bundesgericht
Status : 70 I 188
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Wehropfer: 1. Ausländische juristische Personen, die in der Schweiz Betriebsstätten unterhalten...


Gesetzesregister
WStB: 20  29  52
BGE Register
62-I-91 • 64-I-253 • 70-I-188
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
juristische person • hauptsitz • bundesgericht • steuererlass • gesellschaftskapital • direkte bundessteuer • natürliche person • einspracheentscheid • entscheid • bilanz • zweigniederlassung • berechnung • abweisung • bruchteil • ausländisches recht • steuerpflicht • unternehmung • vermögen • begründung des entscheids • richtlinie
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