S. 97 / Nr. 26 Rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotelindustrie (d)

BGE 69 III 97

26. Auszug aus dem Entscheid vom 4. November 1943 i. S. Kengelbacher.

Regeste:
Hotelschutz, Verfahren nach Art. 40 ff. der Vo. vom 19. Dez. 1941.
Eine vom Präsidenten der Nachlassbehörde verfügte Einstellung von Betreibungen
(Art. 42) ist von den Betreibungsämtern, auch solchen anderer Kantone, zu
beachten. Die Zuständigkeit der betreffenden Nachlassbehörde ist von ihnen
nicht zu prüfen.
Mesures juridiques temporaires en faveur de l'industrie hôtelière.
Procédure (art. 40 et suiv. de l'ordonnance du Conseil fédéral du 19 décembre
1941). Lorsque le président de l'autorité de

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concordat a mis le débiteur au bénéfice d'une suspension des poursuites en
vertu de l'art. 42, les offices sont tenus de se soumettre à cette décision
même si elle émane d'une autorité d'un autre canton et sans avoir à rechercher
si cette autorité était compétente pour la prendre.
Misure giuridiche temporanee a favore dell'industria degli alberghi.
Procedura a'sensi degli art. 40 e seg. dell'OCF 19 dicembre 1941. Una
sospensione delle esecuzioni (art. 42) decretata dal presidente dell'autorità
dei concordati dev'essere ossequiata dagli uffici di esecuzione, anche da
quelli di un altro cantone senza indagare se l'autorità dei concordati in
parola fosse competente a decretarla.

Aus dem Tatbestand:
Der Rekurrent wohnt seit 1940 in Zürich. Er ist Eigentümer der Pension
Silvretta in Schuls. Im August 1942 reichte er beim Bezirksgericht Inn in
Schuls als oberer Nachlassbehörde des Ortes der gelegenen Sache ein Gesuch um
Hotelschutzmassnahmen ein. Während des Verfahrens wurde er in Zürich von einem
Grundpfandgläubiger für Zinsen betrieben. Der Präsident der erwähnten
Nachlassbehörde stellte diese Betreibung in Anwendung von Art. 42 der
Hotelschutzverordnung ein. Das Betreibungsamt hielt sich nicht daran, weil für
Hotelschutzmassnahmen nicht die Nachlassbehörde am Ort der gelegenen Sache,
sondern diejenige am Wohnort des Schuldners zuständig sei. Der Schuldner
beschwerte sich mit dem Antrag, das Betreibungsamt sei zur Beachtung der
Einstellungsverfügung anzuhalten. Die kantonalen Instanzen wiesen die
Beschwerde ab. Das Bundesgericht heisst sie gut, im wesentlichen aus folgenden
Erwägungen:
Die Einstellungsverfügung des Präsidenten der Nachlassbehörde stützt sich auf
Art. 42 Abs. 1 der Hotelschutzverordnung vom 19. Dezember 1941. Darnach steht
dem Präsidenten der mit einem Hotelschutzgesuche befassten Nachlassbehörde zu,
die gegen den Gesuchsteller hängigen Betreibungen einzustellen. Das heisst
ohne weiteres, dass jedes schweizerische Betreibungsamt die von dieser
Amtsstelle verfügte Einstellung der Betreibungen zu beachten

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hat. Es handelt sich um die Ausübung einer dem Präsidenten der Nachlassbehörde
durch die Verordnung zugewiesenen Befugnis, keineswegs um einen Eingriff in
Befugnisse, die das Betreibungsamt selbständig auszuüben und hinsichtlich
deren es nur Weisungen der ihm übergeordneten Aufsichtsbehörde
entgegenzunehmen hat (vgl. den Entscheid vom 12. Oktober 1943 in der
Rekurssache der Amtsersparniskasse Burgdorf). Die in Frage stehende Verfügung
ist für die Betreibungsbehörden ebenso verbindlich wie die rechtskräftige
Bestätigung eines Nachlassvertrages durch eine Nachlassbehörde (BGE 59 III 30)
oder, dementsprechend, die Bewilligung von Hotelschutzmassnahmen durch eine
die Hotelschutzbestimmungen anwendende Nachlassbehörde. Vorausgesetzt ist nur,
dass die Verfügung vom Präsidenten einer mit einem Hotelschutzgesuche
befassten Nachlassbehörde ausgeht. Über deren Zuständigkeit hat nur die
Nachlassbehörde selbst zu befinden, ferner allenfalls das Bundesgericht auf
eine gemäss Art. 40 Abs. 2 der Verordnung gegen sie gerichtete Beschwerde. Der
Präsident der Nachlassbehörde handelt, wenn er die Einstellung von
Betreibungen verfügt, ebenso kraft selbständiger Amtsgewalt wie ein auf Grund
von Art. 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
SchKG verfügender Richter, dessen Zuständigkeit sowenig wie die
eines Rechtsöffnungsrichters der Nachprüfung durch die Betreibungsbehörden
unterliegt (BGE 64 III 12).
Übrigens kann Art. 42 der Hotelschutzverordnung sehr wohl dahin verstanden
werden, dass eine Einstellung von Betreibungen auch bei zweifelhafter
Zuständigkeit der vom Schuldner angerufenen Nachlassbehörde zulässig ist, für
solange eben, als das Verfahren bei ihr hängig bleibt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 69 III 97
Datum : 01. Januar 1942
Publiziert : 04. November 1943
Quelle : Bundesgericht
Status : 69 III 97
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Hotelschutz, Verfahren nach Art. 40 ff. der Vo. vom 19. Dez. 1941.Eine vom Präsidenten der...


Gesetzesregister
SchKG: 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
BGE Register
59-III-27 • 64-III-10 • 69-III-97
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • schuldner • bundesgericht • schutzmassnahme • entscheid • einstellung der untersuchung • wiese • weisung • gesuchsteller • weiler • frage