S. 56 / Nr. 15 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 69 III 56

15. Entscheid vom 5. Juli 1943 i. S. Meyer.

Regeste:
Schriftliche Angebote sind grundsätzlich auch in der Fahrnissteigerung
zulässig. Analoge Anwendung von Art. 58 Abs. 4
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 58 - 1 Angebote, die an Bedingungen oder Vorbehalte geknüpft sind oder nicht auf eine bestimmte Summe lauten, darf das Betreibungsamt nicht berücksichtigen.
1    Angebote, die an Bedingungen oder Vorbehalte geknüpft sind oder nicht auf eine bestimmte Summe lauten, darf das Betreibungsamt nicht berücksichtigen.
2    Von Personen, die als Stellvertreter in fremdem Namen oder als Organ einer juristischen Person bieten, kann vor dem Zuschlag der Nachweis der Vertretungsbefugnis verlangt werden. Die allfälligen Ausweise sind, wenn dem Vertretenen zugeschlagen wird, bei den Akten aufzubewahren.
3    Angebote für namentlich nicht bezeichnete oder erst später zu bezeichnende Personen oder für noch nicht bestehende juristische Personen dürfen nicht angenommen werden.
4    Schriftliche Angebote sind bei Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben und unter den gleichen Bedingungen wie mündliche Angebote zu berücksichtigen.86
VZG.
En principe, les offres écrites sont également admissibles en matière de vente
aux enchères de choses mobilières. Application analogique de l'art. 58 al. 4
ORI.
Le offerte scritte sono, in linea di massima, ammissibili anche nella vendita
di mobili ai pubblici incanti. Applicazione per analogia dell'art. 58 cp. 4
RRF.

A. - In einer Betreibung gegen den Nachlass der Witwe Katharina Meyer-Duss
pfändete das Betreibungsamt Basel-Stadt am 6. November 1942 zwei Schuldbriefe
von Er. 1000.- bezw. 3000.-. Am 19. Februar 1943 schrieb der Erbe P.
Meyer-Hüsler in Nebikon, der die Erbschaft in der Betreibung vertrat, dem
Erbschaftsamt Basel-Stadt: «Der Unterzeichnete bringt Ihnen zur Kenntnis, dass
die aus der Erbschaft der Frau Witwe Meyer-Duss zur Verwertung gelangenden
Werttitel nicht unter dem Nennwert veräussert werden dürfen. Sollten die Titel
bei Ihnen nicht zum Nennwert gelangen, so bürgt der Unterzeichnete für die
Erlangung des Nennwertes, indem ich die Titel übernehme.» Das Erbschaftsamt
leitete das Schreiben an das Betreibungsamt zur Kenntnisnahme weiter. Dieses
stellte

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am 4. März dem Absender als dem Vertreter der Erbschaft eine
Steigerungsanzeige zu. An der Steigerung vom 10. März, zu der sich F.
Meyer-Hüsler nicht einfand, wurden die Schuldbriefe zum Preise von insgesamt
Fr. 300.- dem F. Meyer-Dommen zugeschlagen.
B. - F. Meyer-Hüsler führte Beschwerde mit dem Antrag, das Betreibungsamt sei
zu verhalten, ihn mit Fr. 925.- zu entschädigen, eventuell sei der Zuschlag
der Schuldbriefe aufzuheben. Zur Begründung machte er geltend, das
Betreibungsamt habe das von ihm auf den Verwertungstermin hin schriftlich
eingereichte Angebot nicht berücksichtigt und ihn dadurch geschädigt.
Das Betreibungsamt bestritt, dass der Beschwerdeführer, nachdem die Steigerung
anberaumt gewesen sei, ein schriftliches Angebot in der Höhe von Fr. 4000.-
gemacht habe. Übrigens seien nach den in Basel geltenden Gantbedingungen
solche Angebote nicht zu berücksichtigen, und ausserdem müsse der
Zuschlagspreis bar bezahlt werden.
C. - Den abweisenden Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde zog der
Beschwerdeführer unter Festhalten an seinen Anträgen an das Bundesgericht
weiter.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Art. 58 Abs. 4 der Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken, auf
den die Art. 102 und 130 verweisen, bestimmt: «Schriftliche Angebote sind bei
Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben und können unter den
gleichen Bedingungen wie mündliche Angebote berücksichtigt werden.» Für die
Verwertung der beweglichen Sachen und der Forderungen besteht keine
entsprechende Vorschrift. Diese unterschiedliche Regelung hängt indessen nicht
mit irgendwelcher Eigenart der einen oder andern Steigerungsart zusammen. Im
Gegenteil haben hier wie dort die weit vom Steigerungsort entfernt wohnenden
Kaufliebhaber ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihre Teilnahme am
Steigerungstermin durch

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die Zulassung schriftlicher Angebote erleichtert werde. Solche Angebote sind
deshalb grundsätzlich auch in der Steigerung der beweglichen Sachen und der
Forderungen zu berücksichtigen. Freilich wird der Steigerungsbeamte etwa bei
grossen Inventarsteigerungen, zumal im Konkurs, schriftliche Angebote leicht
übersehen können. Solchen Unzukömmlichkeiten kann aber dadurch vorgebeugt
werden, dass in derartigen Fällen ausnahmsweise in der Publikation und in den
Spezialanzeigen ausdrücklich nur mündliche Angebote als zulässig erklärt
werden. Die generelle Nichtberücksichtigung schriftlicher Angebote könnte auch
nicht mit einer allfälligen Ortsübung, Fahrnis nur gegen Barzahlung
zuzuschlagen, begründet werden; denn eine solche Übung widerspricht Art. 129
Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 129 - 1 Die Zahlung muss unmittelbar nach dem Zuschlag geleistet werden. Der Betreibungsbeamte kann jedoch einen Zahlungstermin von höchstens 20 Tagen gewähren. Die Übergabe findet erst statt, wenn das Betreibungsamt unwiderruflich über das Geld verfügen kann.253
1    Die Zahlung muss unmittelbar nach dem Zuschlag geleistet werden. Der Betreibungsbeamte kann jedoch einen Zahlungstermin von höchstens 20 Tagen gewähren. Die Übergabe findet erst statt, wenn das Betreibungsamt unwiderruflich über das Geld verfügen kann.253
2    Die Zahlung kann bis zum Betrag von 100 000 Franken in bar geleistet werden. Liegt der Preis höher, so ist der Teil, der diesen Betrag übersteigt, über einen Finanzintermediär nach dem Geldwäschereigesetz vom 10. Oktober 1997254 abzuwickeln. Im Übrigen bestimmt der Betreibungsbeamte den Zahlungsmodus.255
3    Wird die Zahlung nicht rechtzeitig geleistet, so hat das Betreibungsamt eine neue Steigerung anzuordnen, auf die Artikel 126 Anwendung findet.256
4    Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet.
(vgl. auch Art. 156
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 156 - 1 Für die Verwertung gelten die Artikel 122-143b. Die Steigerungsbedingungen (Art. 135) bestimmen jedoch, dass der Anteil am Zuschlagspreis, der dem betreibenden Pfandgläubiger zukommt, in Geld zu bezahlen ist, wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbaren. Sie bestimmen ferner, dass die Belastung des Grundstücks, die zugunsten des Betreibenden bestand, im Grundbuch gelöscht wird.
1    Für die Verwertung gelten die Artikel 122-143b. Die Steigerungsbedingungen (Art. 135) bestimmen jedoch, dass der Anteil am Zuschlagspreis, der dem betreibenden Pfandgläubiger zukommt, in Geld zu bezahlen ist, wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbaren. Sie bestimmen ferner, dass die Belastung des Grundstücks, die zugunsten des Betreibenden bestand, im Grundbuch gelöscht wird.
2    Vom Grundeigentümer zu Faustpfand begebene Eigentümer- oder Inhabertitel werden im Falle separater Verwertung auf den Betrag des Erlöses herabgesetzt.
und 259
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 259 - Für die Steigerungsbedingungen gelten die Artikel 128, 129, 132a, 134-137 und 143 sinngemäss. An die Stelle des Betreibungsamtes tritt die Konkursverwaltung.
) SchKG, wonach dem Erwerber ein
Zahlungstermin gewährt werden kann. Von dieser Möglichkeit wird denn auch bei
Zuschlag an einen schriftlich Bietenden regelmässig Gebrauch zu machen sein.
Hegt indessen der Steigerungsbeamte begründete Zweifel an der
Zahlungsfähigkeit eines solchen Bieters, so kann er von diesem vor der
Steigerung vorsorglich Barzahlung oder Sicherheitsleistung einfordern, wobei
für die Kosten der daherigen Korrespondenz der Bieter aufzukommen haben wird.
Immerhin darf der Steigerungsbeamte schriftliche Angebote, die als solche
nicht ohne weiteres erkennbar oder inhaltlich unklar sind, unberücksichtigt
lassen, ansonst das Risiko seiner Verantwortlichkeit in unzumutbarer Weise
erhöht würde. Ein solcher Fall lag hier vor; denn dem Schreiben des
Rekurrenten an das Erbschaftsamt liess sich nicht mit Sicherheit entnehmen,
dass es als förmliches schriftliches Angebot gelten wolle, zumal da es nicht
an das Betreibungsamt gerichtet und zudem die Steigerung damals noch nicht
angesetzt war. Das Betreibungsamt handelte deshalb auch von diesem
Gesichtspunkt aus richtig, als es dem Schreibenden, der als Vertreter der
betriebenen Erbschaft ohnehin an der Steigerung

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interessiert war, in der Folge Zeit und Ort derselben speziell anzeigte. Es
durfte nun abwarten, ob er an der Steigerung persönlich erscheinen oder ein
unmissverständliches schriftliches Angebot einreichen werde. Anderseits hätte
der Rekurrent durch die Steigerungsanzeige auf die Möglichkeit aufmerksam
werden können, dass sein Schreiben nicht als Angebot aufgefasst worden sei.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 69 III 56
Datum : 01. Januar 1942
Publiziert : 04. Juli 1943
Quelle : Bundesgericht
Status : 69 III 56
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Schriftliche Angebote sind grundsätzlich auch in der Fahrnissteigerung zulässig. Analoge Anwendung...


Gesetzesregister
SchKG: 129 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 129 - 1 Die Zahlung muss unmittelbar nach dem Zuschlag geleistet werden. Der Betreibungsbeamte kann jedoch einen Zahlungstermin von höchstens 20 Tagen gewähren. Die Übergabe findet erst statt, wenn das Betreibungsamt unwiderruflich über das Geld verfügen kann.253
1    Die Zahlung muss unmittelbar nach dem Zuschlag geleistet werden. Der Betreibungsbeamte kann jedoch einen Zahlungstermin von höchstens 20 Tagen gewähren. Die Übergabe findet erst statt, wenn das Betreibungsamt unwiderruflich über das Geld verfügen kann.253
2    Die Zahlung kann bis zum Betrag von 100 000 Franken in bar geleistet werden. Liegt der Preis höher, so ist der Teil, der diesen Betrag übersteigt, über einen Finanzintermediär nach dem Geldwäschereigesetz vom 10. Oktober 1997254 abzuwickeln. Im Übrigen bestimmt der Betreibungsbeamte den Zahlungsmodus.255
3    Wird die Zahlung nicht rechtzeitig geleistet, so hat das Betreibungsamt eine neue Steigerung anzuordnen, auf die Artikel 126 Anwendung findet.256
4    Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet.
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 156 - 1 Für die Verwertung gelten die Artikel 122-143b. Die Steigerungsbedingungen (Art. 135) bestimmen jedoch, dass der Anteil am Zuschlagspreis, der dem betreibenden Pfandgläubiger zukommt, in Geld zu bezahlen ist, wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbaren. Sie bestimmen ferner, dass die Belastung des Grundstücks, die zugunsten des Betreibenden bestand, im Grundbuch gelöscht wird.
1    Für die Verwertung gelten die Artikel 122-143b. Die Steigerungsbedingungen (Art. 135) bestimmen jedoch, dass der Anteil am Zuschlagspreis, der dem betreibenden Pfandgläubiger zukommt, in Geld zu bezahlen ist, wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbaren. Sie bestimmen ferner, dass die Belastung des Grundstücks, die zugunsten des Betreibenden bestand, im Grundbuch gelöscht wird.
2    Vom Grundeigentümer zu Faustpfand begebene Eigentümer- oder Inhabertitel werden im Falle separater Verwertung auf den Betrag des Erlöses herabgesetzt.
259
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 259 - Für die Steigerungsbedingungen gelten die Artikel 128, 129, 132a, 134-137 und 143 sinngemäss. An die Stelle des Betreibungsamtes tritt die Konkursverwaltung.
VZG: 58
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 58 - 1 Angebote, die an Bedingungen oder Vorbehalte geknüpft sind oder nicht auf eine bestimmte Summe lauten, darf das Betreibungsamt nicht berücksichtigen.
1    Angebote, die an Bedingungen oder Vorbehalte geknüpft sind oder nicht auf eine bestimmte Summe lauten, darf das Betreibungsamt nicht berücksichtigen.
2    Von Personen, die als Stellvertreter in fremdem Namen oder als Organ einer juristischen Person bieten, kann vor dem Zuschlag der Nachweis der Vertretungsbefugnis verlangt werden. Die allfälligen Ausweise sind, wenn dem Vertretenen zugeschlagen wird, bei den Akten aufzubewahren.
3    Angebote für namentlich nicht bezeichnete oder erst später zu bezeichnende Personen oder für noch nicht bestehende juristische Personen dürfen nicht angenommen werden.
4    Schriftliche Angebote sind bei Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben und unter den gleichen Bedingungen wie mündliche Angebote zu berücksichtigen.86
BGE Register
69-III-56
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • bewegliche sache • basel-stadt • witwe • barzahlung • antrag zu vertragsabschluss • kenntnis • bieter • begründung des entscheids • sicherstellung • erbe • beginn • schuldbetreibungs- und konkursrecht • persönliches erscheinen • richtigkeit • bedingung • bundesgericht • zweifel • verhalten • schutzmassnahme