S. 213 / Nr. 34 Familienrecht (d)

BGE 69 II 213

34. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Juni 1943 i. S. Weber
gegen Blaser geschiedene Weber.


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Regeste:
Ehescheidung. Die güterrechtliche Auseinandersetzung ist wenn möglich im
Scheidungsprozesse selbst vorzunehmen. Die Parteien können einen dem
Scheidungsurteil vorausgehenden Tag der Abrechnung annehmen. Wie weit kommt
kantonales Prozessrecht zur Anwendung? Art. 154 ZGB.
Berufungsverfahren. Erledigt das Bundesgericht die Streitigkeit teilweise
durch Endurteil, teilweise durch Rückweisung an die kantonale Instanz, so hat
diese nur über die zurückgewiesenen Punkte neu zu urteilen. Ob in diesem
Rahmen neue Behauptungen und Beweismittel zulässig sind, entscheidet sich nach
kantonalem Recht. Art. 82 und 84 OG.
Divorce. Le règlement des intérêts civils doit si possible intervenir pendant
le procès en divorce. Les parties peuvent choisir comme date du règlement de
compte une date antérieure au jugement de divorce. Dans quelle mesure faut-il
tenir compte du droit cantonal de procédure? Art. 154 CC.
Procédure de recours. Lorsque le Tribunal fédéral liquide l'affaire en partie
seulement, en renvoyant pour le surplus la cause à la juridiction cantonale,
celle-ci n'a à se prononcer que sur les points réservés. La question de savoir
si, sur ces points-là, les parties peuvent alléguer de nouveaux faits ou
invoquer de nouvelles preuves dépend du droit cantonal (art. 82 et 84 OJ).
Divorzio. La liquidazione dei rapporti patrimoniali deve essere fatta, se
possibile, nel corso del processo di divorzio. Le parti possono scogliere come
data per questa liquidazione un giorno anteriore alla sentenza di divorzio. In
quale misura devesi tener conto delle norme di procedura cantonale? Art. 154
CC.
Procedura di ricorso. Se il Tribunale federale decide la vertenza solo in
parte e rimanda pel rimanente la causa alla giurisdizione cantonale, questa
deve pronunciarsi soltanto sui punti lasciati indecisi. La questione se su
questi punti le parti possono allegare fatti nuovi o invocare nuove prove
dipende dal diritto cantonale. Art. 82 e 84 OGF.

Aus den Erwägungen:
1.- Das Obergericht hatte nur diejenigen Streitpunkte neu zu beurteilen, die
das Bundesgericht im frühern Berufungsverfahren (Entscheidung vom 22. Januar
1942) nicht selbst endgültig beurteilt, sondern eben zu neuer Beurteilung an
die Vorinstanz zurückgewiesen hatte. Nun betraf die Rückweisung nur die von
Dispositiv 7 des früheren obergerichtlichen Urteils vom 14. Oktober 1941
getroffene güterrechtliche Auseinandersetzung, und auch sie nur teilweise,
indem das Bundesgericht die

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Ersatzforderung der Beklagten für Eingebrachtes endgültig auf Fr. 2900.-
bestimmte und eine Reihe von Posten der Vorschlagsberechnung beurteilte,
soweit diese Posten überhaupt streitig waren.
Hievon abweichend möchte der Kläger nachträglich den Vor- bezw. Rückschlag im
gesamten neu auf den Tag der rechtskräftigen Scheidung, 22. Januar 1942,
berechnet wissen. Indessen waren die Parteien im Verfahren vor der Rückweisung
von einem auf den 21. März 1941 aufgestellten amtlichen Inventar ausgegangen,
und im Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts vom 22. Januar 1942 ist
bereits gesagt, dass die an sich auf den Tag der rechtskräftigen Scheidung
vorzunehmende güterrechtliche Auseinandersetzung im Einverständnis der
Parteien auf einen früheren Zeitpunkt vorgenommen werden kann. Es hat als
Wille des ZGB zu gelten, dass die bei Scheidung der Ehe notwendige
güterrechtliche Auseinandersetzung wenn möglich im Scheidungsprozess selbst
vorgenommen werde. Diesem Gesetzeswillen dient die Annahme eines Tages der
Abrechnung, der so weit zurückliegt, dass die tatbeständlichen Grundlagen noch
im Scheidungsprozesse vollständig beigebracht werden können. Bis zu welchem
Prozessstadium dies geschehen kann, bestimmt das Prozessrecht. Zur
rechtswirksamen Annahme eines solchen Abrechnungstages bedarf es entgegen der
Ansicht des Klägers keines privatrechtlichen Vertrages. Vielmehr handelt es
sich um prozessuale Anträge der Parteien. Es ist also eine Frage des
Prozessrechts, ob ein derartiger Abrechnungstag mit genügender Bestimmtheit
beiderseits angenommen, d. h. eben beantragt sei, ausdrücklich oder allenfalls
nur stillschweigend, und ob diese Annahme als vorbehaltlos zu gelten habe,
ohne Rücksicht auf allfällige bis zur rechtskräftigen Scheidung der Ehe noch
eintretende Änderungen. Indem die Vorinstanz dies im vorliegenden Falle
bejaht, wendet sie somit kantonales Prozessrecht an, das vom Bundesgericht im
Berufungsverfahren nicht zu überprüfen ist.

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2.- Für die demnach auf den 21. März 1941 vorzunehmende Auseinandersetzung
(mit Einschluss transitorischer Posten) waren anderseits in dem auf den
Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts folgenden Verfahren vor Obergericht
neue Tatsachen und Beweismittel nicht von Bundesrechts wegen ausgeschlossen.
Der Streit war im Rahmen des von der Rückweisung betroffenen Streitpunktes in
die Lage versetzt, in der er sich vor Ausfällung des vom Bundesgericht
aufgehobenen früheren kantonalen Urteils befunden hatte. Das nunmehr
einzuschlagende Verfahren war wiederum vom kantonalen Prozessrecht beherrscht,
insbesondere auch hinsichtlich der Zulassung neuer Tatsachen und Beweismittel
(BGE 61 II 358). Solche waren aber, ebenso neue Rechtsbegehren, nach dem
Entscheid des Obergerichts in diesem Prozessstadium nicht mehr zulässig. Dabei
muss es sein Bewenden haben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 69 II 213
Datum : 01. Januar 1942
Publiziert : 17. Juni 1943
Quelle : Bundesgericht
Status : 69 II 213
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Ehescheidung. Die güterrechtliche Auseinandersetzung ist wenn möglich im Scheidungsprozesse selbst...


Gesetzesregister
OG: 82  84
ZGB: 154
BGE Register
61-II-358 • 69-II-213
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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