S. 72 / Nr. 20 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 68 III 72

20. Auszug aus dem Entscheid vom 17. Juni 1942 i. S. Thut.

Regeste:
Gebührenberechnung; Überprüfung der Rechtmässigkeit der gebührenpflichtigen
Verfügungen; Beschwerdefrist.
Art. 16 GebT ist extensiv dahin auszulegen, dass die Rechtmässigkeit der
gebührenpflichtigen Verfügungen des Betreibungsamts (nicht nur vom
Zivilgericht auf Schadenersatzklage gemäss Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG hin, sondern auch) von
den Aufsichtsbehörden bei Nachprüfung der Gebührenberechnung, ohne dass es der
Aufhebung der Verfügungen bedarf, (vorfrageweise) zu beurteilen ist.
Voraussetzung hiefür ist aber, dass die Beschwerde in der Gebührenfrage in
einem Zeitpunkt geführt wird, wo die Beschwerde gegen die beanstandeten
Verfügungen selbst noch nicht verspätet wäre.
Calcul des émoluments; examen de la légalité des opérations soumises au tarif,
délai de plainte.
L'art. 16 du tarif des frais doit être interprété en ce sens qu'il incombe aux
autorités de surveillance, lorsqu'elles ont à examiner la régularité d'un
compte d'émoluments, de se prononcer (à titre préjudiciel) sur la légitimité
des opérations de l'office de poursuites pour lesquelles un émolument peut
être réclamé,

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et quand bien même il ne serait pas nécessaire de prononcer l'annulation de
ces opérations. (Ce pouvoir n'appartient pas seulement au juge saisi d'une
action en dommages-intérêts en vertu de l'art. 5 LP.)
Mais il faut pour cela que la plainte concernant la question des émoluments
ait été déposée à un moment où il aurait encore été temps de porter plainte
contre les opérations elles-mêmes.
Calcolo delle tasse; esame della legalità delle operazioni soggette alla
tariffa; termine di reclamo.
L'art. 16 della tariffa dev'essere interpretato nel senso che incombe alle
autorità di vigilanza, chiamate ad esaminare la regolarità del conto delle
tasse, di pronunciarsi, a titolo pregiudiziale sulla legalità delle operazioni
dell'ufficio d'esecuzione, per le quali può esser chiesta una tassa, anche se
non fosse necessario di dichiarare nulle queste operazioni. (Questa competenza
non spetta soltanto al giudice adito con un'azione di risarcimento dei danni
ai sensi dell'art. 5 LEF.)
Occorre però che il reclamo concernente la questione delle tasse sia stato
inoltrato allorchè sarebbe stato ancora possibile di impugnare tempestivamente
le operazioni stesse.

Tatbestand (gekürzt):
A. - Josef Thut schuldete der Einwohnergemeinde Littau
Grundbuchbereinigungskosten von Fr. 18.50. Die Gläubigerin hob hiefür mit
Begehren vom 26. August 1941 Betreibung auf Grundpfandverwertung an. Das
Betreibungsamt Littau zeigte den Mietern des Schuldners die Zinsensperre an
und nahm gewisse Liegenschaftsverwaltungshandlungen vor. Es nahm an Mietzinsen
vom 1. bis 30. September 1941 Fr. 292.- ein, wovon ein Mieter bereits am 1.
September Fr. 74.- bezahlte, und ging einen Mietvertrag zur Wiederbesetzung
einer Wohnung ein, woraus sich Schwierigkeiten ergaben, weil der Schuldner
selbst die gleiche Wohnung bereits anderweitig vermietet hatte.
Nachdem der Schuldner die Betreibungsforderung anerkannt hatte, schloss das
Betreibungsamt das Verfahren ab und erstellte die Kostenrechnung, worin es
Gebühren von Fr. 46.90 für die Liegenschaftsverwaltung aussetzte. Am 9.
Oktober 1941 zeigte es dem Schuldner an, dass die Kostenrechnung während 10
Tagen zur Einsicht aufliege.

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B. - Mit Eingabe vom 27. Oktober 1941 führte der Schuldner gegen die
Kostenrechnung Beschwerde.
C. - Die untere kantonale Aufsichtsbehörde sah zwar die Beschwerde als
verspätet an, setzte aber doch von Amtes wegen gemäss Art. 15 GebT die
Gebührenrechnung auf Fr. 14.80 herab; überdies erteilte sie dem
Betreibungsbeamten eine Rüge und belegte ihn mit einer Busse.
D. - Den hiegegen vom Betreibungsbeamten ergriffenen Rekurs hiess die obere
kantonale Aufsichtsbehörde dahin gut, dass sie auf die Beschwerde des
Schuldners nicht eintrat, die Gebührenrechnung in Anwendung von Art. 15 GebT
bloss auf Fr. 43.40 reduzierte und die Busse aufhob.
E. - Im vorliegenden Rekurs beantragt der Schuldner, der erstinstanzliche
Entscheid sei wiederherzustellen und das Betreibungsamt zu verhalten, Art. 97
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 97 - 1 Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
1    Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
2    Es wird nicht mehr gepfändet als nötig ist, um die pfändenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen und Kosten zu befriedigen.

SchKG zu beachten. Die SchKG tritt darauf nicht ein, aus folgenden
Erwägungen:
Die Vorinstanz hält die Beschwerde des Schuldners an die untere
Aufsichtsbehörde mit folgender Begründung für verspätet: Zwar laufe für
denjenigen, der nach Art. 17 GebT die Zustellung einer detaillierten
Kostenrechnung nachsuche, die Frist zur Beschwerde gegen den Gebührenbezug von
dieser Zustellung an, sofern jenes Gesuch innerhalb der Beschwerdefrist seit
Kenntnis vom Globalbetrag der Kosten gestellt worden sei (BGE 63 III 38);
diese Erwägung treffe jedoch auf den vorliegenden Fall nicht zu, weil Art. 20
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 20 - 1 Über die Kosten der Verwaltung hat das Betreibungsamt eine besondere Rechnung zu führen, die gleichzeitig mit der Verteilungsliste den Beteiligten zur Einsicht aufzulegen ist und der Beschwerde an die kantonalen Aufsichtsbehörden unterliegt. Diese entscheiden endgültig, soweit es sich nicht um die Anwendung der Gebührenverordnung handelt.34
1    Über die Kosten der Verwaltung hat das Betreibungsamt eine besondere Rechnung zu führen, die gleichzeitig mit der Verteilungsliste den Beteiligten zur Einsicht aufzulegen ist und der Beschwerde an die kantonalen Aufsichtsbehörden unterliegt. Diese entscheiden endgültig, soweit es sich nicht um die Anwendung der Gebührenverordnung handelt.34
2    Die Entschädigung, die ein Dritter für die Verwaltung und Bewirtschaftung zu beanspruchen hat (Art. 16 Abs. 3 hiervor), wird im Streitfalle von den kantonalen Aufsichtsbehörden festgesetzt.

VZG die Bekanntgabe der detaillierten Rechnung zum voraus vorschreibe, hiefür
aber die Form der öffentlichen Auflage genügen lasse. Der Schuldner habe aber
die Anzeige der Auflage spätestens am 10. Oktober 1941 erhalten...; die
Beschwerdefrist sei also am 20. Oktober abgelaufen...
Diesen Erwägungen der Vorinstanz ist beizutreten. Infolgedessen fehlt dem
Schuldner gemäss BGE 68 III 3 die Legitimation zur Weiterziehung des
Entscheides der

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Vorinstanz, die auf seine Beschwerde nicht eingetreten ist, sondern lediglich
von Amtes wegen bezw. auf Rekurs des Betreibungsbeamten hin die Anwendung des
GebT überprüft hat.
Die Vorinstanz erachtet sich bei dieser Überprüfung nicht für befugt, die
Gebührenrechnung weiter als auf Fr. 43.40 herabzusetzen, weil der Schuldner,
der zwar nicht die Tarifwidrigkeit gewisser Gebühren behaupte, wohl aber
geltend mache, bestimmte Verwaltungshandlungen des Betreibungsamts und damit
auch die dafür berechneten Gebühren seien materiell nicht gerechtfertigt,
diese Kritik mangels rechtzeitiger Beschwerde gegen jene Handlungen verspätet
vorbringe. In der Tat macht Art. 16 GebT, der in seinem Anwendungsbereich das
OR ausschliesst, die Rückerstattung oder Streichung einer tarifmässigen Gebühr
von der formellen Aufhebung der betreffenden gebührenpflichtigen Verfügung des
Betreibungsamts abhängig. Der Schuldner beantragte jedoch in seiner Beschwerde
gar keine solche Aufhebung. Indessen ist Art. 16 GebT über seinen Wortlaut
hinaus dahin auszulegen, dass die Rechtmässigkeit der fraglichen Verfügungen
(nicht nur vom Zivilgericht auf Schadenersatzklage gegen den
Betreibungsbeamten gemäss Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG hin, sondern auch) von den
Aufsichtsbehörden bei Überprüfung der Gebührenrechnung, und zwar
vorfrageweise, zu beurteilen ist; denn es rechtfertigt sich nicht, den
Schuldner nur deshalb auf den Weg des Zivilprozesses zu verweisen, weil er
keinen Aufhebungsantrag gestellt hat, während doch die Nachprüfung der
Gebührenberechnung, an der ihm hier vor allem gelegen ist, zu den Aufgaben der
Aufsichtsbehörden gehört. Dies setzt aber voraus, dass die Beschwerde in der
Gebührenfrage in einem Zeitpunkt geführt wird, wo die Beschwerde gegen die
beanstandeten Verfügungen selbst noch nicht verspätet wäre. Die Frist für
diese Beschwerde beginnt aber in einem Falle wie dem vorliegenden ebenfalls
von der vorgeschriebenen Auflage der Kostenrechnung an zu

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laufen, bei welcher Gelegenheit der Schuldner die Vornahme jener Handlungen in
Erfahrung bringen konnte. Der Rekurrent hat aber diese Frist, wie bemerkt,
unbenützt verstreichen lassen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 68 III 72
Datum : 31. Dezember 1942
Publiziert : 17. Juni 1942
Quelle : Bundesgericht
Status : 68 III 72
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Gebührenberechnung; Überprüfung der Rechtmässigkeit der gebührenpflichtigen Verfügungen...


Gesetzesregister
SchKG: 5 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 97 - 1 Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
1    Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
2    Es wird nicht mehr gepfändet als nötig ist, um die pfändenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen und Kosten zu befriedigen.
VZG: 20
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 20 - 1 Über die Kosten der Verwaltung hat das Betreibungsamt eine besondere Rechnung zu führen, die gleichzeitig mit der Verteilungsliste den Beteiligten zur Einsicht aufzulegen ist und der Beschwerde an die kantonalen Aufsichtsbehörden unterliegt. Diese entscheiden endgültig, soweit es sich nicht um die Anwendung der Gebührenverordnung handelt.34
1    Über die Kosten der Verwaltung hat das Betreibungsamt eine besondere Rechnung zu führen, die gleichzeitig mit der Verteilungsliste den Beteiligten zur Einsicht aufzulegen ist und der Beschwerde an die kantonalen Aufsichtsbehörden unterliegt. Diese entscheiden endgültig, soweit es sich nicht um die Anwendung der Gebührenverordnung handelt.34
2    Die Entschädigung, die ein Dritter für die Verwaltung und Bewirtschaftung zu beanspruchen hat (Art. 16 Abs. 3 hiervor), wird im Streitfalle von den kantonalen Aufsichtsbehörden festgesetzt.
BGE Register
63-III-37 • 68-III-3 • 68-III-72
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • betreibungsamt • betreibungsbeamter • weiler • vorinstanz • frist • beschwerdefrist • von amtes wegen • busse • zivilgericht • kenntnis • prüfung • sachverhalt • rechtsmittel • entscheid • kommunikation • veröffentlichung • begründung des entscheids • gesuch an eine behörde • tag
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