S. 16 / Nr. 5 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 67 III 16

5. Entscheid vom 17. Januar 1941 i. S. Keller.


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Regeste:
Die Erklärung eines Rechtsvorschlags unter dem Vorbehalt einer schriftlichen
Bestätigung vor Fristablauf und mit Wirkung erst vom Zeitpunkt dieser
Bestätigung an ist ungültig.
Zulässig dagegen ein vorzeitiger Rechtsvorschlag unter dem Vorbehalt des
Rückzugs vor Ablauf der Frist. (Art. 74
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
, 76
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 76 - 1 Der Inhalt des Rechtsvorschlags wird dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitgeteilt; erfolgte kein Rechtsvorschlag, so ist dies auf derselben vorzumerken.
1    Der Inhalt des Rechtsvorschlags wird dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitgeteilt; erfolgte kein Rechtsvorschlag, so ist dies auf derselben vorzumerken.
2    Diese Ausfertigung wird dem Betreibenden unmittelbar nach dem Rechtsvorschlag, und wenn ein solcher nicht erfolgt ist, sofort nach Ablauf der Bestreitungsfrist zugestellt.
SchKG).
N'est pas valable l'opposition formée sous réserve de confirmation écrite dans
le délai et pour produire effet seulement à partir de cette confirmation.
En revanche, est valable l'opposition prématurée sous réserve de retrait avant
l'expiration du délai. (Art. 74 et 76 LP.)
Non è valida l'opposizione fatta sotto riserva di conferma scritta entro il
termine e con effetto soltanto a partire da questa conferma.
È invece valida l'opposizione prematura, sotto riserva di ritiro prima della
scadenza del termine (art. 74 e 76 LEF).

Der Anwalt des Schuldners Keller, dem am 27. November 1940 ein Zahlungsbefehl
zugestellt worden war, erkundigte sich am Freitag den 6. Dezember telephonisch
beim Betreibungsamt, ob die Rechtsvorschlagsfrist, statt am Samstag den 7.,
erst am Montag den 9. Dezember ablaufe, was bejaht wurde. Im weiteren Verlauf
des Telephongesprächs erklärte der Anwalt nach der Feststellung der
Vorinstanz, «dass ein Rechtsvorschlag erhoben werde, dass aber die
schriftliche Bestätigung möglichst lange hinausgeschoben werde.» Diese wurde
dann am 9. Dezember, aber erst um 21 Uhr zur Post gegeben, weshalb das
Betreibungsamt den Rechtsvorschlag als verspätet erklärte. Das Begehren des
Schuldners, denselben als durch das Telephongespräch vom 6. Dezember mündlich
erfolgt zu betrachten, lehnte das Betreibungsamt ab. Eine Beschwerde des
Schuldners hiegegen mit der Begründung, bei dem Telephongespräch habe er den
Willen zur Bestreitung der Forderung zum Ausdruck gebracht, was entscheidend
und genügend sei, wies die Aufsichtsbehörde ab.
Mit dem vorliegenden Rekurse hält der Schuldner an seinem Begehren samt
Begründung fest.

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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Streitig ist nur der Sinn der telephonischen Erklärung des
Schuldnervertreters, nicht die Rechtserheblichkeit der Unterredung als
solcher; denn das Betreibungsamt hat sich auf das Telephongespräch eingelassen
und den Rekurrenten nicht etwa auf einen andern Weg verwiesen, um den
Rechtsvorschlag zu erklären. Ob nur deshalb, weil es in dieser Erklärung
keinen Rechtsvorschlag erblickte, ist nicht von Belang; war die Erklärung als
Rechtsvorschlag genügend, so muss das Betreibungsamt sie als solchen gelten
lassen. Eine Einwendung gegen die bloss telephonische Form der Erklärung
erhebt es denn auch gar nicht.
Mit der Hinausschiebung einer «schriftlichen Bestätigung» des Rechtsvorschlags
bis ans Ende der Rechtsvorschlagsfrist bezweckte der Anwalt des Rekurrenten,
zu vermeiden, dass das Zahlungsbefehlsdoppel mit dem Rechtsvorschlag schon vor
Ablauf dieser Frist dem Gläubiger zugestellt werde. Nach Art. 76 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 76 - 1 Der Inhalt des Rechtsvorschlags wird dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitgeteilt; erfolgte kein Rechtsvorschlag, so ist dies auf derselben vorzumerken.
1    Der Inhalt des Rechtsvorschlags wird dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitgeteilt; erfolgte kein Rechtsvorschlag, so ist dies auf derselben vorzumerken.
2    Diese Ausfertigung wird dem Betreibenden unmittelbar nach dem Rechtsvorschlag, und wenn ein solcher nicht erfolgt ist, sofort nach Ablauf der Bestreitungsfrist zugestellt.
SchKG
hat die Zustellung jedoch sofort nach erklärtem Rechtsvorschlage zu erfolgen.
Der Schuldner kann nicht vorzeitig Rechtsvorschlag erklären, aber die Wirkung
desselben, bestehend in der Mitteilung an den Gläubiger, die diesen ungesäumt
zu weiteren Rechtsvorkehren veranlassen kann, auf das Ende der
Rechtsvorschlagsfrist hinausschieben. Es gibt nur eine gegenwärtige, nicht
eine betagte Rechtsvorschlagserklärung. Es kann dem Schuldner nicht verstattet
werden, die Rechtsvorschlagsfrist zum Nachteil des Gläubigers voll
auszunützen, ohne sich gleichzeitig der Gefahr ihrer allfälligen Versäumnis,
z. B. durch eine Verhinderung an ihrer Wahrung im letzten Moment, auszusetzen.
Er kann sich nicht die Vorteile dilatorischen Vorgehens aneignen, ohne die
Nachteile in Kauf zu nehmen. Eine schriftliche Bestätigung eines rechtzeitig
mündlich angebrachten Rechtsvorschlags zur

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Beweissicherung hat weder vor noch nach Ablauf der Frist einen Sinn. Entweder
wird der Rechtsvorschlag mündlich erklärt, und dann bedarf es keiner
nachfolgenden schriftlichen Bestätigung; oder aber es wird noch der Zukunft
anheimgestellt, ob der Rechtsvorschlag schriftlich erklärt werde. Ein mündlich
erklärter ist sofort zu protokollieren, und der Rekurrent hätte sich, wenn die
telephonische Erklärung schon als Rechtsvorschlagserklärung gemeint war, bloss
im Verlaufe des gleichen Gesprächs zu vergewissern brauchen, ob dies geschehe,
womit die Situation klar gewesen wäre. Es liegt aber auf der Hand, dass der
Rekurrent selbst nicht der Meinung war, er habe mit der telephonischen
Erklärung vom 6. Dezember schon alles erforderliche getan. Glaubte er
wirklich, den Rechtsvorschlag schon damit gültig erklärt zu haben, so hatte es
(entgegen seiner Behauptung in der Beschwerde an die Vorinstanz) keinen Sinn,
sich im gleichen Gespräch so eingehend darüber zu vergewissern, dass die
Rechtsvorschlagsfrist nicht schon am 7., sondern erst am 9. Dezember ablaufe;
denn eine gar nicht erforderliche bezw. nach seiner Meinung bloss zu
Beweiszwecken bestimmte schriftliche Bestätigung konnte nicht selbst auch an
die Frist gebunden sein.
Dem Gesagten widerspricht es nicht, dass natürlich ein vorzeitiger
Rechtsvorschlag unter dem Vorbehalt des Rückzugs vor Ablauf der Frist
zuzulassen ist (BGE 51 III 35). Dabei handelt es sich aber um eine vorderhand
bestimmte, sofort wirksame Bestreitung, deren sofortige Mitteilung an den
Gläubiger der Schuldner nicht hindern kann und auch nicht hindern will, worauf
es vorliegend dem Rekurrenten gerade ankam.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 67 III 16
Datum : 31. Dezember 1941
Publiziert : 16. Januar 1941
Quelle : Bundesgericht
Status : 67 III 16
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Die Erklärung eines Rechtsvorschlags unter dem Vorbehalt einer schriftlichen Bestätigung vor...


Gesetzesregister
SchKG: 74 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
76
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 76 - 1 Der Inhalt des Rechtsvorschlags wird dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitgeteilt; erfolgte kein Rechtsvorschlag, so ist dies auf derselben vorzumerken.
1    Der Inhalt des Rechtsvorschlags wird dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitgeteilt; erfolgte kein Rechtsvorschlag, so ist dies auf derselben vorzumerken.
2    Diese Ausfertigung wird dem Betreibenden unmittelbar nach dem Rechtsvorschlag, und wenn ein solcher nicht erfolgt ist, sofort nach Ablauf der Bestreitungsfrist zugestellt.
BGE Register
51-III-35 • 67-III-16
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
rechtsvorschlag • schuldner • betreibungsamt • wille • vorinstanz • frist • termin • vorteil • fälligkeit • nichtigkeit • begründung des entscheids • angabe • schuldbetreibungs- und konkursrecht • rechtsvorkehr • zahlungsbefehl • betagter • samstag • einwendung • weiler • wiese
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