BGE 67 III 105
33. Entscheid vom 23. Juni 1941 i. S. Pfister.
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Regeste:
Der Vollzug einer Requisitorialpfändung darf nicht aus dem Grunde abgelehnt
werden, weil das ersuchende Amt gar nicht zur Durchführung der Betreibung
zuständig sei. Beschwerden wegen solcher Unzuständigkeit sind bei den dem
ersuchenden Amte vorgesetzten Aufsichtsbehörden anzubringen. Art. 89
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen. |
Exécution d'une saisie par délégation. L'office requis ne peut refuser son
concours par le motif que l'office requérant ne serait pas compétent pour
exercer la poursuite. La plainte pour incompétence doit être portée devant les
autorités de surveillance dont dépend l'office requérant. Art. 89 LP.
Effettuazione d'un pignoramento per delega. L'ufficio richiesto non può
rifiutare il suo concorso pel motivo che l'ufficio richiedente non ha la
competenza di procedere all'esecuzione. Il reclamo per incompetenza dev'essere
inoltrato alle autorità di vigilanza, da cui dipende l'ufficio richiedente.
Art. 89 LEF.
Die Rekurrentin ist in Basel betrieben, wo ihr Ehemann ein Anwaltsbureau
führt. Das Betreibungsamt Basel-Stadt beauftragte das Betreibungsamt Binningen
mit der Pfändung der dortigen Liegenschaft der Rekurrentin, in der die
Ehegatten wohnen. Das ersuchte Amt schickte sich an, den Auftrag auszuführen.
Nun führte die durch den Ehemann vertretene Schuldnerin gegen das
Betreibungsamt Basel-Stadt Beschwerde mit dem Antrag, die Betreibung sei
mangels örtlicher Zuständigkeit als nichtig aufzuheben, und gegen das
Betreibungsamt Binningen mit dem Antrag, dieses Amt sei anzuweisen, den
Requisitionsauftrag, weil vom örtlich unzuständigen Betreibungsamt ausgehend,
als nichtig nicht auszuführen. Die erstere Beschwerde ist bei der
Aufsichtsbehörde von Basel-Stadt hängig. Auf die letztere trat die
Aufsichtsbehörde von Baselland am 9. Juni 1941 nicht ein, weil Beschwerden
wegen unzulässigen Pfändungsauftrages bei den dem ersuchenden Amte
vorgesetzten Aufsichtsbehörden anzubringen seien. Demgegenüber verlangt die
Schuldnerin mit dem vorliegenden Rekurs Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zur materiellen Beurteilung, eventuell unmittelbar Gutheissung des
Beschwerdeantrages.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Die Rekurrentin verkennt nicht, dass Beschwerden wegen Unzulässigkeit eines
Rechtshülfeauftrages grundsätzlich gegen das ersuchende Amt zu richten und
also bei den diesem vorgesetzten Behörden anzubringen sind. Sie möchte aber
den vorliegenden Fall als Ausnahme behandelt wissen unter Hinweis auf JAEGER,
zu Art. 89
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen. |
zu prüfen habe, «wenn eine Rechtshülfepflicht nach dem System des Gesetzes
nicht besteht». Die dort erwähnte Entscheidung betrifft jedoch einerseits den
Fall einer anderswo als am ordentlichen Betreibungsort geführten
Arrestbetreibung, in welche keine andern als die arrestierten Gegenstände
einbezogen werden dürfen, und anderseits den Fall der Betreibung für eine
öffentlichrechtliche Forderung des Betreibungskantons, wofür seinerzeit
ausserhalb dessen Gebietes keine Vollstreckungshandlungen zulässig waren (BGE
25 I 586 = Sep.-Ausg. 2, 288). Im vorliegenden Fall aber handelt es sich um
keine Beschränkungen des räumlichen Bereiches der Vollstreckbarkeit, sondern
um die Frage des ordentlichen Betreibungsortes. Darauf ist die
Aufsichtsbehörde von Baselland mit Recht nicht eingetreten. Es steht nicht
entgegen, dass die Rechtsprechung die Vorschriften über den Betreibungsort,
speziell den ordentlichen, als zwingend bezeichnet hat in dem Sinne, dass eine
durch ein anderes Betreibungsamt angeordnete Pfändung als nichtig zu gelten
habe; denn keinesfalls ist es Sache der Aufsichtsbehörden eines andern
Kantons, eine solche Pfändung aufzuheben. Das steht ausschliesslich den
Aufsichtsbehörden desjenigen Kantons zu, in dem die betreffende Betreibung
geführt wird. Somit darf ein derartiges Rechtshülfegesuch nicht abgelehnt
werden aus dem Grunde, dass das ersuchende Amt zur Durchführung der Betreibung
gar nicht zuständig sei. Dem ersuchten Amt und den
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ihm vorgesetzten Behörden steht nur zu, beim ersuchenden Amt und den
Aufsichtsbehörden des betreffenden Kantons wegen des Betreibungsortes
vorstellig zu werden, was aber hier, nachdem das Betreibungsamt Basel-Stadt
auf seinem Auftrag beharrt und anderseits die Schuldnerin selbst auch bei der
Aufsichtsbehörde von Basel-Stadt Beschwerde geführt hatte, nicht mehr in Frage
kam. Der Pfändungsauftrag blieb daher vollziehbar, sofern nicht die
Aufsichtsbehörde von Basel-Stadt mit einer Sistierungsverfügung oder mit einer
Entscheidung über den Betreibungsort in der von der Schuldnerin beantragten
Weise dem Vollzug entgegentrat - was aber nicht etwa zur Aufhebung des
rechtskräftig gewordenen Zahlungsbefehls, sondern nur des
Fortsetzungsverfahrens Veranlassung geben durfte bezw. geben wird (BGE 56 III
232).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.