S. 18 / Nr. 5 Sachenrecht (d)

BGE 66 II 18

5. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. April 1940 i. S. Kellenberger gegen
Lienhard u. Kons.


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Regeste:
I. Übergang der Rechte von Pfändungsgläubigern an die Konkursmasse? Ist eine
Pfändung infolge Ergebnislosigkeit des Verwertungsverfahrens dahingefallen, so
kann sie keine Wirkungen mehr äussern. Erw. 2.
II. Art. 903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
ZGB gilt, unter Ausschluss von 886, auch für die Nachverpfändung
von Inhaberpapieren. Erw. 3 u. 4.
I. Les droits des créanciers saisissants passent-ils à la masse en faillite?
Lorsqu'une saisie est tombée parce que la procédure de réalisation est restée
sans résultats, elle ne peut plus avoir aucun effet. Consid. 2.
II. L'art. 903 CC vaut aussi, à l'exclusion de l'art. 866 CC, en cas
d'engagement subséquent d'un titre au porteur déjà grevé d'un droit de gage.
I. I diritti dei creditori partecipanti al pignoramento passano alla massa
fallimentare? Un pignoramento, diventato caduco pel fatto che la procedura di
realizzazione è stata infruttuosa non può più avere nessun effetto. Consid. 2.
II. L'art. 903 CC torna applicabile, ad esclusione dell'art. 866 CC anche per
la costituzione in pegno posteriore di un titolo al portatore.

A. - Jakob Baumann in Opfikon hatte einen auf seiner Liegenschaft errichteten
Inhaberschuldbrief von Fr. 17000.- der Zürcher Kantonalbank für einen
Baukredit von Fr. 3903.- verpfändet. Durch schriftliche Erklärung vom 6. April
1935 räumte er dem J. Kellenberger für ein Darlehen von Fr. 3500.- ein
Nachpfandrecht an dem Schuldbrief ein. Am 15. August 1935 sodann bestätigte er
durch eine gleiche schriftliche Erklärung seinem Stiefsohn E. Freissler, dass
er ihm für eine Forderung von Fr. 8500.- den Titel verpfände, im Nachgang zu
den Pfandrechten der Kantonalbank und Kellenbergers. Freissler gab hievon den
beiden vorgehenden Pfandgläubigern am 1. Mai 1936 schriftlich Kenntnis.

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Kellenberger machte der Kantonalbank von der zu seinen Gunsten erfolgten
Pfandbestellung am 9. Mai 1936 schriftliche Mitteilung.
In einer Reihe von Betreibungen gegen Baumann wurde dessen Liegenschaft am 6.
Januar 1936 für Forderungen des Klägers H. Lienhard im Betrage von Fr. 1461.20
und am 28. April 1936 für Forderungen des Klägers E. Girsberger im Betrage von
Fr. 1363.06 gepfändet. Kellenberger und Freissler machten ihre Nachpfandrechte
an dem auf der Liegenschaft lastenden Schuldbrief geltend. Lienhard und
Girsberger bestritten die Pfandrechte, worauf Kellenberger und Freissler
Widerspruchsklagen erhoben. Kellenberger zog seine Klage nachträglich zurück,
die Klage Freisslers wurde in zwei Betreibungen geschützt, in drei
Betreibungen abgewiesen. Das Verwertungsverfahren über die Liegenschaft
verlief mangels genügenden Angebotes ergebnislos. Darauf erwirkten Lienhard
und Girsberger Nachpfändung des Schuldbriefes, die jedoch auf Beschwerde des
Schuldners aufgehoben wurde (Entscheid der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichtes vom 17. März 1939, BGE 65 III 33). Am 25.
April und 3. Mai 1939 erfolgte nach Darstellung von Lienhard und Girsberger
eine neue Nachpfändung des Schuldbriefes zu ihren Gunsten.
B. - Am 12. Mai 1939 brach über Baumann der Konkurs aus. In dem am 27. Juni
1939 aufgelegten Kollokationsplan wurden die Forderungen Kellenbergers im
Betrage von Fr. 4235.- (Fr. 3500.- Kapital plus Zins vom 8. April 1935 bis 8.
April 1939), zuzüglich 5 1/2% Zins seit 8. April 1939, und die Forderungen
Freisslers im Betrage von Fr. 9433.80 (Fr. 8500.- Kapital plus Zins vom 4.
April 1937 bis 15. Juni 1939), zuzüglich 5% Zins seit 15. Juni 1939, als durch
den Inhaberschuldbrief von Fr. 17000.- pfandversichert kolloziert, die
Forderungen Kellenbergers mit Nachpfandrecht an erster, die Forderungen
Freisslers mit Nachpfandrecht an zweiter Stelle nach dem Pfandrecht der
Zürcher Kantonalbank.

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C. - Diese Kollozierung ist von drei Gläubigern V. Klasse, H. Lienhard, E.
Girsberger und F. Seitz, rechtzeitig angefochten worden. Sie verlangen mit
getrennten Klagen, einerseits gegen Kellenberger, anderseits gegen Freissler,
dass die Forderungen der Beklagten als nicht pfandversichert in V. Klasse zu
kollozieren seien.
Beide Klagen sind von den kantonalen Instanzen gutgeheissen worden, vom
Einzelrichter des Bezirkes Bülach durch Urteile vom 4. August 1939, vom
Obergericht des Kantons Zürich durch Urteile vom 16. November 1939.
D. - Die Beklagten haben gegen die beiden Urteile des Obergerichtes die
Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
Die Kläger haben Abweisung der Berufung beantragt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- (Berufungsstreitwert).
2.- Die Kläger berufen sich darauf, dass Kellenberger bei der Pfändung der
Liegenschaft für Lienhard und Girsberger in einzelnen Betreibungen durch
Nichterhebung, in andern durch nachträglichen Rückzug der Widerspruchsklage
auf seine Pfandansprache am Schuldbrief verzichtet habe und dass die
Widerspruchsklage Freisslers in drei Betreibungen rechtskräftig abgewiesen
worden sei. Diese Verzichte und abweisenden Urteile seien für die ganzen
betreffenden Betreibungen und damit auch für die Nachpfändung des
Schuldbriefes rechtswirksam gewesen. Somit habe im Zeitpunkt der
Konkurseröffnung zu Gunsten der Pfändungsgläubiger Lienhard und Girsberger ein
Vorrecht bestanden, in der Weise, dass ihnen aus der Verwertung der
Liegenschaft oder des Schuldbriefes der Betrag zuzuweisen gewesen wäre, den
die Beklagten kraft ihrer Pfandrechte zu beanspruchen gehabt hätten. Nach
herrschender Lehre und Rechtsprechung trete aber die Konkursmasse in die
Rechte der Pfändungsgläubiger ein. Die Rechte von Lienhard und Girsberger

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seien deshalb auf die Konkursmasse übergegangen, sodass die Beklagten ihre
Pfandrechtsansprüche gegen die Masse ebensowenig geltend machen können, wie
sie dieselben gegen die genannten Pfändungsgläubiger geltend zu machen
vermöchten.
Über die Nachpfändung des Schuldbriefes vom 25. April/ 3. Mai 1939 finden sich
in den Akten keine Ausweise. Es wird indessen von den Beklagten nicht
bestritten, dass diese zweite Nachpfändung, unmittelbar vor der
Konkurseröffnung, tatsächlich stattgefunden hat, nachdem die erste, vom Herbst
1938, auf Beschwerde hin aufgehoben worden war. Unrichtig ist hingegen die
Auffassung der Kläger, dass die Erledigung der Pfandansprachen, welche die
Beklagten bei der Pfändung der Liegenschaft im Jahre 1936 am Schuldbrief
geltend machten, für die Nachpfändung des Titels im Jahre 1939 Recht
geschaffen habe. Das kann schon deswegen nicht zutreffen, weil die Pfändung
der Liegenschaft mit der ergebnislosen zweiten Steigerung dahingefallen ist
und daher bei der Nachpfändung des Schuldbriefes keine Wirkungen mehr äussern
konnte.
Aus dem nämlichen Grunde erübrigt es sich, den Grundsatz der Praxis, wonach
die Rechte der Pfändungsgläubiger auf die Konkursmasse übergehen (BGE 61 III
56
), zu überprüfen. Da im Zeitpunkt der Konkurseröffnung ein den Pfandrechten
der Beklagten vorgehendes Pfändungsbeschlagsrecht am Schuldbrief nicht
bestanden hat - die Nachpfändung erfolgte erst im April/ Mai 1939, also lange
nach der Bestellung der Pfandrechte -, so konnten solche Rechte von
Pfandgläubigern auch nicht auf die Masse übergehen.
Die betreibungsrechtlichen Einwendungen, welche die Kläger gegen die
Kollokation erheben, sind somit unzutreffend.
3.- Zum gleichen Ergebnis sind auch die Vorinstanzen gekommen, doch haben sie
die Klage dann aus materiellen Gründen gutgeheissen. Das Obergericht geht
davon

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aus, dass Art. 903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
ZGB, der die Nachverpfändung von Forderungen regle, auf
Inhaberpapiere keine Anwendung finde. Zwar scheine der Wortlaut zunächst für
das Gegenteil zu sprechen, aber damit würde sich nicht die sachlich richtige
Lösung ergeben. Der Rechtsverkehr behandle Inhaberpapiere durchwegs als
körperliche Sachen, und es sei kein Grund erkennbar, warum das bei der
Nachverpfändung anders sein sollte. Kraft der allgemeinen Verweisung von Art.
899 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 899 - 1 Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
1    Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
2    Das Pfandrecht an ihnen steht, wo es nicht anders geordnet ist, unter den Bestimmungen über das Faustpfand.
gelte daher für die Nachverpfändung von Inhaberpapieren die
Vorschrift von Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB mit dem sachenrechtlichen Besitz- und
Publizitätsprinzip, demzufolge nach Befriedigung des ersten Pfandgläubigers
der nachgehende den unmittelbaren Besitz an der Sache erhalte. Für die
Bestellung eines (ersten) Pfandrechts am Inhaberpapier sei das
Faustpfandprinzip in Art. 901 zudem ausdrücklich anerkannt. Ferner könne für
die Auffassung, dass Art. 903 auf Inhaberpapiere nicht anwendbar sei, auf die
Entstehungsgeschichte verwiesen werden; man habe vom genannten Prinzip nur
gewöhnliche Forderungen ausnehmen wollen. Gelte aber für Inhaberpapiere Art.
886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB, so seien gültige Pfandrechtsbestellungen zu Gunsten der Beklagten
nicht zustandegekommen. Der Schuldner Baumann habe weder die Kantonalbank bei
der Nachverpfändung des Titels an Kellenberger noch Kellenberger bei der
Nachverpfändung an Freissler schriftlich benachrichtigt, die Anzeige sei
vielmehr im ersten Falle von Kellenberger, im zweiten von Freissler
ausgegangen. Sodann fehle in beiden Fällen die schriftliche Anweisung des
Schuldners an den vorgehenden Pfandgläubiger, nach seiner Befriedigung das
Pfand an den nachgehenden herauszugeben.
Dieser Betrachtungsweise kann sich das Bundesgericht nicht anschliessen.
Art. 903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
ZGB bestimmt für die gültige Begründung eines nachgehenden
«Forderungspfandrechtes», dass der Gläubiger der Forderung oder der
nachgehende Pfandgläubiger den vorgehenden Pfandgläubiger von der

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Nachverpfändung schriftlich zu benachrichtigen hat. Nach dem allgemeinen
rechtlichen Sprachgebrauch bezeichnet der Ausdruck Forderungspfandrecht das
Pfandrecht an irgend einer Forderung; auch das Pfandrecht an einer Forderung,
die in einem Wertpapier und speziell in einem Inhaberpapier verkörpert ist,
stellt ein Forderungspfandrecht dar. Ob der Ausdruck tatsächlich in diesem
allgemeinen Sinne verwendet ist, steht damit freilich noch nicht fest; das
muss aus dem Zusammenhang von Art. 903 mit den übrigen Vorschriften des
Gesetzes ermittelt werden.
Art. 903 steht im Abschnitt über «Das Pfandrecht an Forderungen und andern
Rechten». Dass in dieser Überschrift unter Forderungen alle Kategorien von
Forderungen verstanden sind, ergibt sich aus den im Abschnitt enthaltenen
Bestimmungen, welche sowohl das Pfandrecht an gewöhnlichen Forderungen (Art.
900) wie an Inhaber- und andern Wertpapierforderungen (Art. 901) betreffen.
Die Art. 900-903 sind sodann unter dem gemeinsamen Rand-Obertitel «B.
Errichtung» (sc. des Pfandrechtes) zusammengefasst und durch fortlaufende
Nummerierung ihrer einzelnen, speziellen Randtitel einander gleichgeordnet;
dabei lautet der Randtitel von Art. 903 ganz allgemein «Nachverpfändung». Der
Wortlaut der Bestimmung bringt also zusammen mit ihrer Stellung im Gesetze und
dem Randtitel klar zum Ausdruck, dass sich Art. 903 auf alle Forderungen,
sowohl auf gewöhnliche wie auf Wertpapier-, und des nähern auch auf
Inhaberpapierforderungen, bezieht. In Übereinstimmung damit spricht der
französische Text und Randtitel des Art. 903 von «créance» schlechthin,
während der Randtitel zu Art. 900 «Créances ordinaires» lautet. Für die
Anwendung der Vorschriften über das Faustpfand, die nach Art. 899 gelten,
«soweit es nicht anders geordnet ist», bleibt daher hier kein Raum. Die
Verpfändung von Forderungen jeder Art ist in den Art. 900 und 901, ihre
Nachverpfändung in Art. 903 erschöpfend

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und abschliessend geregelt. Daraufhin deutet auch der besondere Inhalt des
Art. 901 Abs. 1, der die Verpfändung von Inhaberpapieren zwar nach dem
Faustpfandprinzip, aber doch ausdrücklich behandelt. Das lässt erkennen, dass
für die Inhaberpapiere nicht einfach der Gesetzesabschnitt über das Faustpfand
vorbehalten bleiben sollte.
Die Vorinstanz gibt denn auch selber zu, dass die hier vertretene Auffassung
sich zunächst aufdränge. Wenn sie trotzdem auf Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB zurückgreift, so
geschieht das im Bestreben, die sachlich richtige Lösung zu finden. In der Tat
ist nicht zu bestreiten, dass die konsequente Befolgung der
Gesetzessystematik, welche das Inhaberpapier im allgemeinen wie eine
körperliche Sache behandelt, für die Nachverpfändung die Anwendung des Art.
886 nahelegen würde. Die Erwägungen, welche die Vorinstanz darüber anstellt,
wären daher für eine Gesetzesrevision der Beachtung wert. De lege lata jedoch
sind sie unbehelflich. Was die Vorinstanz will, wäre nicht mehr Auslegung,
sondern Korrektur des Gesetzes. Art. 903 stellt sich, wie eben ausgeführt
wurde, nach Wortlaut und Zusammenhang als die erschöpfende Regelung der
Nachverpfändung von Forderungen, einschliesslich der Nachverpfändung von
Inhaberpapierforderungen, dar. Darauf muss sich der Rechtsverkehr verlassen
können. Es darf ihm bei der an sich klaren und geschlossenen Ordnung der Art.
900
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 900 - 1 Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
1    Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
2    Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
3    Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
-903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
ZGB nicht zugemutet werden, im Gesetze und vielleicht sogar in den
Gesetzesmaterialien Umschau zu halten, ob nicht doch etwas anderes gelte. So
würden diese Bestimmungen geradezu irreführend wirken und eine stossende
Rechtsunsicherheit schaffen. Die Kommentare bejahen demgemäss die
Anwendbarkeit von Art. 903 auf Inhaberpapiere ohne nähere Begründung; sie wird
als selbstverständlich betrachtet.
Man könnte sich übrigens fragen, ob bei der Nachverpfändung eines
Inhaberpapiers die Anzeige an den vorgehenden Pfandgläubiger nach Art. 903
nicht eine Besitzanweisung im Sinne von Art. 924 einschliesse (wobei

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der nachgehende Pfandgläubiger dazu als durch den Pfandvertrag ermächtigt
gelten dürfte). Auf jeden Fall ist aber das von der Vorinstanz verteidigte
Besitz- und Publizitätsprinzip solange nicht gefährdet, als der Titel sich
beim vorgehenden Pfandgläubiger befindet und damit der Verfügungsgewalt des
Eigentümers entzogen bleibt; und dass der vorgehende Pfandgläubiger, der die
Anzeige von der Nachverpfändung gemäss Art. 903 erhalten hat, nach seiner
Befriedigung den Titel zum mindesten nicht etwa in gutem Glauben dem
Eigentümer zurückgeben kann, liegt auf der Hand (vgl. hiezu LEEMANN, Nr. 2 zu
Art. 903).
Schliesslich spricht auch die Entstehungsgeschichte des Art. 903 keineswegs
gegen seine Anwendung auf Inhaberpapiere, wie die Vorinstanz annimmt. Die von
ihr zitierte Beratung im Nationalrat ist widerspruchsvoll und zeigt lediglich,
dass man sich über die Tragweite der Vorschrift keine bestimmte Rechenschaft
gab. Dagegen hatte schon in der Expertenkommission der Referent Huber
ausdrücklich und grundsätzlich erklärt:«Man könnte allerdings das
Inhaberpapier wie eine bewegliche Sache behandeln und ein Faustpfandrecht
daran geben; es wird jedoch auch die Verpfändung von Inhaberpapieren unter der
Verpfändung von Rechten behandelt.» (III. Protokoll S. 120/ 21.) Dass man
hievon bei Aufnahme der heutigen Bestimmung des Art. 903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
, die im Vorentwurf
noch nicht enthalten war, hätte abgehen wollen, ist nirgends ersichtlich.
4.- Gilt somit Art. 903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
ZGB, so ist die Bestellung der von den Beklagten
beanspruchten Nachpfandrechte gültig zustandegekommen. Kellenberger hat die
Kantonalbank als vorgehende Pfandgläubigerin am 9. Mai 1936 schriftlich von
der Nachverpfändung des Schuldbriefs benachrichtigt, und Freissler hat
seinerseits Kellenberger über die zu seinen Gunsten erfolgte Bestellung eines
zweiten Nachpfandrechtes am 1. Mai 1936 eine entsprechende schriftliche
Mitteilung zugehen lassen.

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Die Vorinstanz stellt sich freilich auf den Standpunkt, eine Anweisung an den
vorgehenden Pfandgläubiger gemäss Art. 886
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
ZGB, den Titel nach seiner
Befriedigung an den nachgehenden Pfandgläubiger herauszugeben, wäre selbst
dann erforderlich, wenn im übrigen Art. 903 gelten sollte. Diese Auffassung
ist indessen bereits durch die vorstehenden Ausführungen widerlegt. Da Art.
903 die Nachverpfändung von Inhaberpapieren erschöpfend regelt, kann Art. 886
weder direkt noch analog und weder ganz noch teilweise zur Anwendung kommen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Zürich vom 16. November 1939 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 66 II 18
Datum : 01. Januar 1940
Publiziert : 10. April 1940
Quelle : Bundesgericht
Status : 66 II 18
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : I. Übergang der Rechte von Pfändungsgläubigern an die Konkursmasse? Ist eine Pfändung infolge...


Gesetzesregister
ZGB: 886 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 886 - Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faustpfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
899 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 899 - 1 Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
1    Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
2    Das Pfandrecht an ihnen steht, wo es nicht anders geordnet ist, unter den Bestimmungen über das Faustpfand.
900 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 900 - 1 Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
1    Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
2    Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
3    Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
903
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 903 - Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vorgehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nachgehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benachrichtigt wird.
BGE Register
61-III-54 • 65-III-33 • 66-II-18
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
inhaberpapier • beklagter • vorinstanz • kantonalbank • bundesgericht • besteller • konkursmasse • zins • schuldner • widerspruchsklage • mass • richtigkeit • wertpapier • sachenrecht • faustpfand • kollokationsplan • pfand • entscheid • kommunikation • historische auslegung
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