BGE 65 II 141
27. Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1939 i. S. Bühler gegen
Stadtrat Luzern.
Regeste:
Entmündigung (Art. 369 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 369 - 1 Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen. |
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1 | Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen. |
2 | Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann. |
3 | Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 395 - 1 Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen. |
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1 | Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen. |
2 | Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen oder die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt. |
3 | Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen. |
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Unterschied:
Die mit der Vormundschaft verbundene persönliche Fürsorge kann nicht durch
Beiratschaft gewährt werden.
Interdiction (art. 369 ff. CC) et mise sous curatelle (art. 395 CC) différence
qualitative:
L'assistance personnelle que comporte l'interdiction ne peut être assurée par
le moyen de la mise sous curatelle.
Interdizione (art. 369 e seg. CC) e inabilitazione (art. 395 CC), differenza
qualitativa:
L'assistenza personale che comporta l'interdizione non può essere assicurata
mediante l'inabilitazione.
Der im Jahre 1881 geborene Jakob Bühler, pensionierter Bauamtsarbeiter, mit
dem sich die Vormundschaftsbehörde schon im Jahre 1926 wegen seines Trinkens
hatte beschäftigen
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müssen, wurde am 29. Oktober 1938 in Anwendung von Art. 370
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 370 - 1 Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt. |
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1 | Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt. |
2 | Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen. |
3 | Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen. |
doch hat der Regierungsrat des Kantons Luzern als Weiterziehungsinstanz diese
Massnahme und den damit verbundenen Entzug der elterlichen Gewalt am 21.
September 1939 aufgehoben und eine blosse Beiratschaft mit Vermögensverwaltung
angeordnet. Mit der vorliegenden zivilrechtlichen Beschwerde beantragt Bühler,
auch die Beiratschaft sei aufzuheben. Der Vernehmlassung des Regierungsrates
ist zu entnehmen, dass eine vormundschaftliche Fürsorge als unerlässlich, ein
die Entmündigung rechtfertigender Grad von Trunksucht jedoch nicht als
erwiesen erachtet wurde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Beiratschaft kann statt Vormundschaft in Frage kommen, wo eine zu
selbständigem Handeln nicht genügend befähigte Person des Schutzes in
wirtschaftlicher Beziehung in einer der in Art. 395
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 395 - 1 Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen. |
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1 | Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen. |
2 | Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen oder die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt. |
3 | Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen. |
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bedarf, ohne dass ein genügender Grund zum vollständigen Entzug der
Handlungsfähigkeit durch Entmündigung vorliegt. Wenn aber in erster Linie
nicht wirtschaftliche, sondern persönliche Fürsorge in Frage kommt, wie hier,
wo es sich darum handelt, dem zweifellos abnormalen Hang des Beschwerdeführers
zum Trinken entgegenzuwirken und ihm den nötigen moralischen Halt zu geben,
ist mit einer Beiratschaft nicht zu helfen, da sie eben nicht wie die
Vormundschaft neben wirtschaftlicher auch persönliche Fürsorge zu gewähren
vermag. Wenn der Regierungsrat hier die Beiratschaft als eine mildere Form des
vormundschaftlichen Eingriffs anordnete in der Meinung, sie gewähre
ebensolchen Schutz wie die Entmündigung, nur in etwas minderem Masse, so hat
er diesen qualitativen Unterschied zwischen Vormundschaft und Beiratschaft
übersehen. Die persönliche Fürsorge, deren der Beschwerdeführer allenfalls
bedarf, erhält er durch die Beiratschaft nicht. In wirtschaftlicher Beziehung
aber besteht keine genügende Veranlassung zu vormundschaftlichen Massnahmen.
Somit
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ist die von der Vorinstanz angeordnete Beiratschaft aufzuheben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und die vom
Regierungsrat angeordnete Beiratschaft aufgehoben.