S. 18 / Nr. 6 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 63 III 18

6. Entscheid vom 12. Februar 1937 i. S. Waldmeier.

Regeste:
Anfechtung ausser Konkurs, SchKG Art. 285 ff. Der zur Anfechtungsklage
Legitimierte kann die Pfändung von anfechtbar veräusserten Vermögensstücken
(oder die Teilnahme an einer solchen Pfändung) verlangen, sobald er dartut,
dass der Erwerber («Anfechtungsbeklagte») sich durch blosse aussergerichtliche
Erklärung der Anfechtung unterzogen hat.
Action révocatoire hors faillite, art. 285 et sv. LP. Celui qui a qualité pour
intenter l'action révocatoire peut requérir la saisie ou la participation à la
saisie de biens aliénés sujets à ladite action, dès qu'il établit que
l'acquéreur, défendeur à l'action, a acquiescé à celle-ci extrajudiciairement.
Azione rivocatoria fuori del fallimento, art. 285 segg. LEF. Chi può proporre
l'azione rivocatoria può chiedere il sequestro (o partecipare al sequestro) di
beni alienati con atti rivocabili se è in grado di provare che il terzo
detentore (cioè il convenuto) si è sottoposto, con una dichiarazione
estragiudiziale, all'azione stessa.

A. - An einer für eine Forderung des Rechtsvorgängers des Rekurrenten von Fr.
521. 35 gegen O. A. Schreiber

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vollzogenen Pfändung nahm am 19. August 1935 dessen Ehefrau für eine Forderung
von Fr. 5000 teil, ohne dass ihr Anspruch bestritten wurde. Da sich die
Pfändung als ungenügend erwies, erhob der Rekurrent gegen die 3 Söhne des
Betriebenen (und seiner Ehefrau), denen dieser am 1. August 1935 seine
Liegenschaft Grossmatt verkauft hatte, Anfechtungsklage, welcher sich die
Beklagten dann in der Klagebeantwortungsschrift unterzogen. Als infolgedessen
am 28. Oktober 1936 für den Rekurrenten auch noch diese Liegenschaft gepfändet
wurde, wollte die Ehefrau des Betriebenen auch an dieser Pfändung teilnehmen,
und als das Betreibungsamt diese Teilnahme nicht ohne weiteres zuliess, liess
sie am 10. November an ihre Söhne schreiben: «Namens der Frau Mathilde
Schreiber erkläre ich nun, dass auch Ihre Mutter den Kaufvertrag über die
«Grossmatt» anficht, weil derselbe eine Benachteiligung der Gläubiger des
Herrn O. A. Schreiber darstellt, und weil auch sie (Ihre Mutter) zu diesen
Gläubigern gehört und ein Recht darauf hat, für ihre Frauensgutsforderung aus
den vorhandenen Aktiven befriedigt zu werden. Ich fordere Sie daher auf, mir
zuhanden der Frau Mathilde Schreiber und des Betreibungsamtes Wegenstetten zu
erklären, ob Sie damit einverstanden sind, dass das Grundstück «Grossmatt» zu
Gunsten Ihrer Mutter gepfändet und verwertet wird. Sollten Sie hiermit nicht
einverstanden sein, so müsste. ich den Kaufvertrag vom 1. August 1935 zwischen
Ihrem Vater und Ihnen gerichtlich anfechten». Darauf antworteten die 3 Söhne
am 12. November, «dass sie bereits auf ihre Rechte aus dem Kaufvertrag
«Grossmatt» verzichtet haben. Es steht also nichts entgegen, dass die
«Grossmatt» von Frau Mathilde Schreiber gepfändet werden kann. Einen Prozess
lehnen wir also ab.» Nichtsdestoweniger hielt das Betreibungsamt an seiner
Ablehnung der Anschlusspfändung fest. Darauf führte die Ehefrau des
Betriebenen Beschwerde mit dem Antrag, es sei die von ihr in der Betreibung
gegen ihren Ehemann und bei

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Pfändung des Grundstücks «Grossmatt» angemeldete Frauengutsforderung von Fr.
5000 zuzulassen und dem Gläubiger eine zehntägige Frist zur Bestreitung
derselben anzusetzen.
B. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 26. Januar 1937 die Beschwerde
zugesprochen.
C. - Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen mit
dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Hätte der Betriebene keinen anfechtbaren Liegenschaftsverkauf mit seinen
Söhnen geschlossen, so wäre die (verkaufte) Liegenschaft schon im Sommer 1935
für den Rekurrenten bezw. dessen Rechtsvorgänger gepfändet worden und hätte
die Ehefrau des Betriebenen an dieser Pfändung teilnehmen können. Der Umstand,
dass eine solche Pfändung zunächst durch ein anfechtbares Rechtsgeschäft
gehindert worden ist und erst nach erfolgreicher Anfechtung hat stattfinden
können, vermag keinen zureichenden Grund dafür abzugeben, die Ehefrau
nachträglich von der Teilnahme an dieser Pfändung auszuschliessen. (Nichts
Gegenteiliges ergibt sich aus BGE 53 III 113, weil es dort gerade der
Anfechtungsbeklagte selbst war, der an der Pfändung des Anfechtungsklägers in
ein Vermögensstück teilnehmen wollte, welches durch die anfechtbare
Rechtshandlung sein (des Anfechtungsbeklagten und Teilnahmeprätendenten)
Eigentum geworden und ungeachtet der erfolgreichen Anfechtungsklage geblieben
war. Sollte die Ehefrau des Betriebenen mit dem anfechtbaren Rechtsgeschäft
auch einverstanden gewesen sein - was nicht näher festgestellt ist, sondern
einfach aus den nahen Familienbeziehungen geschlossen werden will, - so hätten
die Söhne vielleicht hieraus eine Einwendung gegen ihre nachträgliche
Anfechtung herleiten können: allein sie haben es nicht getan. Glaubt

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der Rekurrent, hieraus eine Einwendung gegen die Teilnahme an seiner Pfändung
herleiten zu können, so wird ihm der Prozess über den Anspruch auf
privilegierte Anschlusspfändung oder allfällig noch der Kollokationsprozess
hiezu genügend Gelegenheit geben, während er sich an einem allfälligen
Anfechtungsprozess zwischen der Ehefrau des Betriebenen und deren gemeinsamen
Söhnen ohnehin nicht hätte beteiligen können. Insbesondere genügten für die
beanspruchte Teilnahme der Ehefrau aussergerichtliche Erklärungen der Ehefrau
gegenüber den Söhnen, sie fechte den Liegenschaftsverkauf an, und der Söhne,
sie anerkennen die Anfechtung als begründet. Es ist nicht einzusehen, wieso es
eines gerichtlichen Anfechtungsurteiles oder auch nur der Erhebung einer
gerichtlichen Anfechtungsklage bedurft hätte. Das Anfechtungsrecht unterliegt
der Disposition der Parteien, abgesehen vom Anfechtungstitel, dessen
Vorhandensein jedoch von den Betreibungsbehörden, die ihn selbst ausgestellt
haben, ebensogut nachgeprüft werden kann wie von den zur Entscheidung über
eine allfällige Anfechtungsklage berufenen Gerichten. Auch der Rekurrent
selbst hat ja kein gerichtliches Urteil über den Anfechtungsgrund erstritten,
sondern die Anfechtungsbeklagten haben sich seiner Klage unterzogen, weshalb
das Prozessgericht ebenfalls nicht in den Fall gekommen sein wird, das
Vorliegen eines Anfechtungstitels zu prüfen, wozu auch gar keine Veranlassung
mehr vorlag, sobald der staatliche Justizapparat nicht weiter in Anspruch
genommen wurde. Kann aber die gerichtliche Anfechtungsklage ohne gerichtliche
Sachprüfung zum Erfolg führen, so liesse es sich nicht rechtfertigen, einer
der gerichtlichen Klage vorgängigen aussergerichtlichen Anerkennung der
Anfechtbarkeit durch den präsumtiven Anfechtungsbeklagten den gleichen Erfolg
zu versagen, sondern die paulianische Anfechtung in jedem Falle von der
Inanspruchnahme des staatlichen Justizapparates (unter Umständen mehrfach
wegen des gleichen Anfechtungsgrundes)

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abhängig zu machen, auch wo die Beteiligten übereinstimmend der Meinung sind,
es sei ein Anfechtungsgrund gegeben. (Nichts anderes ergibt sich auch aus der
von v.- TUHR, Obligationenrecht § 3, Note 20 gezogenen Parallele zwischen Art.
545 Ziff. 7
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1    Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1  wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist;
2  wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll;
3  wenn der Liquidationsanteil eines Gesellschafters zur Zwangsverwertung gelangt oder ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder unter umfassende Beistandschaft gestellt wird;
4  durch gegenseitige Übereinkunft;
5  durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen worden ist;
6  durch Kündigung von seiten eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist;
7  durch Urteil des Gerichts282 im Falle der Auflösung aus einem wichtigen Grund.
2    Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der Vertragsdauer oder, wenn sie auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden ist, ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden.
OR und Art. 285 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:499
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht501 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.502
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.503
. SchKG; denn sobald sämtliche Gesellschafter
darüber einig sind, einer von ihnen könne aus wichtigem Grund die Auflösung
der Gesellschaft verlangen, so bedarf es zur Auflösung der Gesellschaft auch
keines richterlichen Urteils mehr).
Demnach erkennt die Schuld betr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 63 III 18
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 12. Februar 1937
Quelle : Bundesgericht
Status : 63 III 18
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Anfechtung ausser Konkurs, SchKG Art. 285 ff. Der zur Anfechtungsklage Legitimierte kann die...


Gesetzesregister
OR: 545
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1    Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1  wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist;
2  wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll;
3  wenn der Liquidationsanteil eines Gesellschafters zur Zwangsverwertung gelangt oder ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder unter umfassende Beistandschaft gestellt wird;
4  durch gegenseitige Übereinkunft;
5  durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen worden ist;
6  durch Kündigung von seiten eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist;
7  durch Urteil des Gerichts282 im Falle der Auflösung aus einem wichtigen Grund.
2    Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der Vertragsdauer oder, wenn sie auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden ist, ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden.
SchKG: 285
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 285 - 1 Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
1    Mit der Anfechtung sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung nach den Artikeln 286-288 entzogen worden sind.498
2    Zur Anfechtung sind berechtigt:499
1  jeder Gläubiger, der einen provisorischen oder definitiven Pfändungsverlustschein erhalten hat;
2  die Konkursverwaltung oder, nach Massgabe der Artikel 260 und 269 Absatz 3, jeder einzelne Konkursgläubiger.
3    Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht501 oder von einem Gläubigerausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.502
4    Nicht anfechtbar sind ferner andere Verbindlichkeiten, die mit Zustimmung des Sachwalters während der Stundung eingegangen wurden.503
BGE Register
53-III-112 • 63-III-18
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
anfechtungsklage • betreibungsamt • mutter • weiler • einwendung • auflösung der gesellschaft • ehegatte • entscheid • paulianische anfechtung • richterliche behörde • abweisung • kantonales rechtsmittel • frist • not • biene • beklagter • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bundesgericht • eigentum • wille
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