S. 264 / Nr. 55 Prozessrecht (d)

BGE 63 II 264

55. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. September 1937 i. S.
Hernandez gegen Hernandez.

Regeste:
Ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid, der die besondern Voraussetzungen
zur Scheidung von Ausländern in der Schweiz gemäss Art. 7 h NAG verneint, kann
mit Berufung an das Bundesgericht gezogen werden, ein solcher dagegen, der dem
ausländischen Kläger den schweizerischen Wohnsitz

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abspricht und demzufolge die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ablehnt,
mit zivilrechtlicher Beschwerde. Jener ist ein Haupturteil, dieser ein blosser
Gerichtsstandsentscheid.
Art. 66 ff ., besonders 58, und Art. 87 Ziff. 3 OG.

Die Klägerin, Deutsche von Geburt, welche durch die mit dem Beklagten im Jahre
1922 in Köln eingegangene Ehe dessen spanische Staatsangehörigkeit erworben
hatte, verlangt mit Klage vom 9. September 1935 bei den Gerichten von Basel,
wo der Beklagte seit 1933 in Anstellung ist und wohnt, die Scheidung der Ehe
mit Nebenfolgen. Der Beklagte hat mit Berufung auf den in Art. 144 ZGB
aufgestellten Scheidungsgerichtsstand des klagenden Ehegatten örtliche
Unzuständigkeit der Basler Gerichte eingewendet, da die Klägerin selbständigen
Wohnsitz in Köln habe.
Das Zivilgericht von Basel hat die Unzuständigkeitseinrede verworfen, das
Appellationsgericht hat sie dagegen mit Urteil vom 2. April 1937 geschützt und
die Scheidungsklage von der Hand gewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung wie auch zivilrechtliche
Beschwerde an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag, die Gerichte von
Basel als zuständig zu erklären.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Hat das in letzter Instanz urteilende kantonale Gericht die Zuständigkeit
bejaht und zugleich über die Hauptsache entschieden, so kann die
Zuständigkeitsfrage zusammen mit der Hauptsache auf dem Wege der Berufung an
das Bundesgericht gezogen werden, vorausgesetzt dass die Hauptsache der
Berufung unterliegt und die Anwendung einer eidgenössischen Gerichtsstandsnorm
in Frage steht (BGE 57 II 133 ff.). Hier liegt aber nur ein Entscheid über die
Anwendung der Gerichtsstandsnorm des Art. 144 ZGB vor, wofür nach Art. 87
Ziff. 3 O G die zivilrechtliche Beschwerde gegeben ist. Allerdings sind der
Berufung auch solche Urteile in Scheidungssachen

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unterstellt worden, die auf die Prüfung der geltend gemachten Scheidungsgründe
nicht eintreten, weil die besondern Voraussetzungen zur Scheidung von
Ausländern in der Schweiz gemäss Art. 7 h NAG (Art. 59
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
ZGB Schl) nicht erfüllt
seien (BGE 54 II 225 ff.). Dabei handelt es sich aber um Voraussetzungen
materiellrechtlicher Art, bei deren Fehlen die betreffenden Ehegatten
überhaupt kein Recht haben, einen Anspruch auf Scheidung ihrer Ehe vor
schweizerischen Gerichten auszutragen, gleichgültig wo sie wohnen. Der
Entscheid über diese Grundlagen des Klagerechts ist ein Haupturteil im Sinne
von Art. 58
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
OG., das denn auch nur und erst dann zu fällen ist, wenn die
örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach dem durch Art. 7 h NAG
auch für Ausländer aufgestellten Wohnsitzprinzip des Art. 144 ZGB bejaht
wurde. Hier aber dreht sich der Streit gerade um diese örtliche Zuständigkeit,
also um eine nach eidgenössischem Recht zu beurteilende Gerichtsstandsfrage.
Dass die Klägerin, falls die Gerichte von Basel nicht zuständig sein sollten,
keinen andern schweizerischen Gerichtsstand zur Verfügung hat, ändert daran
nichts. Das ist nur eine Folge davon, dass nach den zur Zeit wie schon bei der
Klageeinreichung gegebenen tatsächlichen Verhältnissen kein anderer
schweizerischer Ort für sie als Wohnsitz in Betracht kommt, was den Erwerb
eines solchen Wohnsitzes in Zukunft jedoch bei sonst gegebenen Voraussetzungen
nicht ausschliesst. In jedem Falle greift die an das formelle Moment des
Wohnsitzes anknüpfende Gerichtsstandsnorm Platz, was die Streitigkeit als
solche gemäss Art. 87 Ziff. 3 OG kennzeichnet (vgl. auch BGE 62 II 53 ff.).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 63 II 264
Date : 01. Januar 1936
Published : 16. September 1937
Source : Bundesgericht
Status : 63 II 264
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid, der die besondern Voraussetzungen zur Scheidung von...


Legislation register
EÖBV: 7h
OG: 58  66  87
ZGB: 59  144
BGE-register
54-II-225 • 57-II-133 • 62-II-53 • 63-II-264
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