S. 14 / Nr. 4 Obligationenrecht (d)

BGE 63 II 14

4. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Februar 1937 i. S. Spar-
und Leihkasse Huttwil A.-G. gegen Steuri und Konsorten.


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Regeste:
Geschäftsübernahme mit Aktiven und Passiven: Wirkung auf Bürgschaften des
Altschuldners. Berechnung der Frist des Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
OR bei auf Kündigung
gestellten Forderungen. Zustimmung des Bürgen zur Schuldübernahme durch
konkludentes Verhalten. OR Art. 181, 178.

Aus dem Tatbestand:
Am 3. November 1930 gewährte die Klägerin, die Spar- und Leihkasse Huttwil
A.-G., der Kommanditgesellschaft Steiger & Cie ein Darlehen von Fr. 20000.-,
sichergestellt durch ein Pfandrecht auf der Liegenschaft der Schuldnerin,
sowie durch eine Solidarbürgschaft der Bürgschaftsgenossenschaft des
bernischen Gewerbes für Fr. 7000.- und eine Solidarbürgschaft des F. Steuri
und des A. Bühler für Fr. 13000.-. Am 30. Mai 1932 wurde die
Kommanditgesellschaft Steiger & die im Handelsregister gelöscht und die
Aktiven und Passiven derselben von der neugegründeten Steiger & Cie A.-G.
übernommen; die öffentliche Bekanntmachung der Geschäftsübernahme

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erfolgte im Schweiz. Handelsamtsblatt vom 4. Juni 1932. Am 20. Mai 1933 geriet
die Steiger & Cie A.-G. in Konkurs. Die Klägerin stellte den Bürgen die
Einladung zur Gläubigerversammlung zu mit der Aufforderung, ihre Interessen
selbst zu wahren. Die Bürgen nahmen an der Gläubigerversammlung teil. Am 24.
Oktober 1933 schrieb ferner Notar M. an die Klägerin, er ersuche sie im
Auftrag der Bürgen der Firma Steiger & Cie A.-G. um eine genaue Aufstellung
der der Klägerin auf den Hypotheken geschuldeten Kapitalzinse und Kosten.
Die Klägerin kam im Konkurs der Steiger & Cie A.-G. mit rund Fr. 20000.- zu
Verlust. Sie belangte daher die Bürgen. Der Appellationshof Bern wies ihre
Klage ab. Das Bundesgericht heisst die Berufung der Klägerin hiegegen
grundsätzlich gut.
Aus den Erwägungen:
4.- Durch die Geschäftsübernahme mit Aktiven und Passiven im Sinne von Art.
181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
OR ging die Darlehensschuld der Firma Steiger & Cie auf die neugegründete
Aktiengesellschaft über; dagegen haftete die alte Schuldnerin von Gesetzes
wegen noch während 2 Jahren solidarisch mit der neuen Schuldnerin weiter.
Während der 2 jährigen Frist des Art. 181 ist die Schuldübernahme somit
kumulativ. Dies hat zur Folge, dass während dieser Frist auch die Bürgen des
alten Schuldners weiterhaften. Denn Art. 178
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 178 - 1 Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
1    Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
2    Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
OR, wonach bei einer
Schuldübernahme die Bürgen dem Gläubiger nur weiterhaften, wenn sie der
Schuldübernahme zugestimmt haben, bezieht sich selbstverständlich nur auf die
privative, nicht dagegen auf die kumulative Schulübernahme, da bei dieser ja
die Rechtslage des Bürgen nicht verschlechtert, sondern gegenteils verbessert
wird (BECKER, Anm. 4 zu Art. 178
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 178 - 1 Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
1    Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
2    Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
OR). Mit Ablauf der 2 Jahre des Art. 18
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR
dagegen wird die Schuldübernahme zur privativen, und insoweit gelangt daher
Art. 178
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 178 - 1 Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
1    Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
2    Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
OR zur Anwendung: Der alte Schuldner wird frei, und für den neuen
Schuldner haftet der Bürge

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nur, wenn er der Schuldübernahme zustimmt. Diese Zustimmung kann mit Rücksicht
auf die besondere Ordnung des Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
OR innerhalb der zweijährigen Frist
formlos erfolgen; denn selbst wenn man mit der herrschenden Meinung annimmt,
dass die Zustimmung, um formlos gültig zu sein, spätestens gleichzeitig mit
der Schuldübernahme erklärt werden müsse (BECKER, Anm. 9, OSER-SCHÖNENBERGER,
Anm. 10 zu Art. 178
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 178 - 1 Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
1    Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
2    Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
OR; BGE 60 II S. 333), so ist im Sonderfalle des Art. 181
die Zustimmung immer rechtzeitig, wenn sie innerhalb der 2 Jahre erfolgt,
bevor die kumulative Schuldübernahme zur privativen wird.
5.- Es fragt sich daher, ob im vorliegenden Fall die Bürgen eine solche
Zustimmungserklärung, sei es auch nur durch konkludentes Verhalten, vor dem 4.
Juni 1934 abgegeben haben. An diesem Datum nämlich war die zweijährige Frist
des Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
OR zu Ende. Denn wie die Vorinstanz zutreffend entschieden hat,
beginnt die Frist bei einer auf Kündigung gestellten Forderung mit dem Tage zu
laufen, auf welchen die Kündigung nach der Geschäftsübernahme erstmals hätte
erfolgen können; dieser Tag war hier der 4. Juni 1934, da nach den
Vertragsbestimmungen die Darlehensgeberin nach Ablauf eines Jahres seit
Vertragsschluss das Darlehen jederzeit ohne Kündigung einfordern konnte. Zur
Begründung ihrer Auffassung hat die Vorinstanz die für den Beginn der
Verjährung bei auf Kündigung gestellten Forderungen geltende Regel des Art.
130 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 130 - 1 Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
1    Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
2    Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.
OR herangezogen. Zu Unrecht glaubt die Klägerin hiegegen etwas
ableiten zu können daraus, dass es sich hier nicht um eine Verjährung, sondern
um eine Befristung handelt. Hier wie dort ist die Überlegung massgebend, dass
der Gläubiger nicht schon durch blosse Untätigkeit dem Verlust eines Rechtes
entgehen soll. Diese Lösung rechtfertigt sich aber auch aus einem andern
Grunde: Die Weiterhaftung des alten Schuldners nach . Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
OR bildet das
Korrelat dazu, dass der Gläubiger gegen die Schuldübernahme als solche keine

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Einsprache erheben kann. Es soll ihm daher Gelegenheit geboten werden, innert
der zwei Jahre gegen den alten Schuldner vorzugehen, indem er die fällige oder
fällig werdende Forderung bei diesem eintreibt. Wenn er nun bei einer auf
Kündigung gestellten Forderung die Kündigung unterlässt, so hat das seinen
Grund offenbar darin, dass er den neuen Schuldner als sicher genug betrachtet.
Er stimmt also durch sein Verhalten der Schuldübernahme zu, und damit entfällt
auch die innere Berechtigung für eine weitere Haftung des alten Schuldners.
Von diesem Zeitpunkt an soll deshalb der Gläubiger das Risiko für die
Forderung allein tragen müssen. Auf Grund derselben Überlegung hat denn auch
das Bundesgericht erst kürzlich, in BGE 61 II S. 104, bei der Abtretung einer
auf Kündigung gestellten Forderung die Gewährleistung für die Einbringlichkeit
derselben, Art. 171 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 171 - 1 Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
1    Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
2    Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.
3    Bei der unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.
OR, in gleicher Weise eingeschränkt.
6.- Eine stillschweigende Zustimmung zur Schuldübernahme ist im vorliegenden
Fall nun in der Tat darin zu erblicken, dass die Bürgen an der
Gläubigerversammlung im Konkurs teilnahmen und dass Notar Morgenthaler in
ihrem Namen bei der Klägerin um eine Aufstellung über die geschuldeten
Kapitalzinse und Kosten nachsuchte. Zwar hatten sie mit Rücksicht auf ihre
Haftung während der 2 Jahre des Art. 181
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
OR, die ja noch nicht abgelaufen
waren, ebenfalls ein Interesse an einer bestmöglichen Verwertung der
Liegenschaft, welche neben ihnen für das Darlehen haftete, so dass ihre
Teilnahme an der Gläubigerversammlung auch beim Fehlen einer
Zustimmungsabsicht zur Schuldübernahme ihre. Berechtigung gehabt hätte. Allein
dadurch, dass sie sich in dieser Weise in den Konkurs einmischten, ohne
zugleich zu erklären, dass dies ausschliesslich zur Wahrung ihrer Interessen
als Bürgen der Altschuldnerin geschehe, erweckten sie bei der Klägerin den
Eindruck, dass sie der Schuldübernahme zustimmten. Ihre Berufung darauf, dass
sie damals der rechtsirrtümlichen Meinung gewesen seien, auch für die

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neue Schuldnerin zu haften, kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht
gehört werden. Denn dieses Verhalten war für die Klägerin offenbar insofern
bestimmend, als sie es nun unterliess, sofort und direkt gegen die Bürgen
vorzugehen. Hiezu wäre sie, da Solidarbürgschaft vorlag, befugt gewesen, ohne
sich vorerst um die Wiedereintragung der gelöschten Kommanditgesellschaft
bemühen zu müssen. Ob die Bürgen zu Recht oder Unrecht bei der Frage der
Beschlussfähigkeit der Gläubigerversammlung nicht mitgezählt wurden, ist ohne
Bedeutung, wie es auch unerheblich wäre, wenn sie zur Gläubigerversammlung
überhaupt nicht zugelassen worden wären. Massgebend ist einzig und allein,
dass ihre Absicht, an der Gläubigerversammlung teilzunehmen, den Rückschluss
auf ihren Willen zur Zustimmung zur Schuldübernahme gestattete.
Unstichhaltig ist schliesslich auch, entgegen der Ansicht der Vorinstanz, der
Einwand der Bürgen, sie hätten dem Notar Morgenthaler keinen Auftrag gegeben,
den Brief vom 24. Oktober 1933 zu schreiben. Massgebend ist, dass die Bürgen
den Notar mit der Besorgung der ganzen Angelegenheit, d. h. mit der Wahrung
ihrer Interessen im Konkurs der Aktiengesellschaft, beauftragt hatten.
Infolgedessen müssen sie nach der Regel von Art. 396 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 396 - 1 Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt er sich nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.
1    Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt er sich nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.
2    Insbesondere ist in dem Auftrage auch die Ermächtigung zu den Rechtshandlungen enthalten, die zu dessen Ausführung gehören.
3    Einer besonderen Ermächtigung bedarf der Beauftragte, wenn es sich darum handelt, einen Vergleich abzuschliessen, ein Schiedsgericht anzunehmen, wechselrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen, Grundstücke zu veräussern oder zu belasten oder Schenkungen zu machen.251
OR seine
Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 63 II 14
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 09. Februar 1937
Quelle : Bundesgericht
Status : 63 II 14
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Geschäftsübernahme mit Aktiven und Passiven: Wirkung auf Bürgschaften des Altschuldners. Berechnung...


Gesetzesregister
OR: 18 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
130 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 130 - 1 Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
1    Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
2    Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.
171 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 171 - 1 Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
1    Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
2    Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.
3    Bei der unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.
178 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 178 - 1 Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
1    Die Nebenrechte werden vom Schuldnerwechsel, soweit sie nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind, nicht berührt.
2    Von Dritten bestellte Pfänder sowie die Bürgen haften jedoch dem Gläubiger nur dann weiter, wenn der Verpfänder oder der Bürge der Schuldübernahme zugestimmt hat.
181 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 181 - 1 Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
1    Wer ein Vermögen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt, wird den Gläubigern aus den damit verbundenen Schulden ohne weiteres verpflichtet, sobald von dem Übernehmer die Übernahme den Gläubigern mitgeteilt oder in öffentlichen Blättern ausgekündigt worden ist.
2    Der bisherige Schuldner haftet jedoch solidarisch mit dem neuen noch während dreier Jahre, die für fällige Forderungen mit der Mitteilung oder der Auskündigung und bei später fällig werdenden Forderungen mit Eintritt der Fälligkeit zu laufen beginnen.66
3    Im übrigen hat diese Schuldübernahme die gleiche Wirkung wie die Übernahme einer einzelnen Schuld.
4    Die Übernahme des Vermögens oder des Geschäfts von Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, richtet sich nach den Vorschriften des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200367.68
396
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 396 - 1 Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt er sich nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.
1    Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt er sich nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.
2    Insbesondere ist in dem Auftrage auch die Ermächtigung zu den Rechtshandlungen enthalten, die zu dessen Ausführung gehören.
3    Einer besonderen Ermächtigung bedarf der Beauftragte, wenn es sich darum handelt, einen Vergleich abzuschliessen, ein Schiedsgericht anzunehmen, wechselrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen, Grundstücke zu veräussern oder zu belasten oder Schenkungen zu machen.251
BGE Register
60-II-332 • 61-II-102 • 63-II-14
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • frist • vorinstanz • notar • kommanditgesellschaft • darlehen • bundesgericht • verhalten • tag • aktiengesellschaft • innerhalb • konkludentes verhalten • einladung • stichtag • bilanz • sachverhalt • kumulative schuldübernahme • fristberechnung • begründung des entscheids • unternehmung
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